A. Problem und Ziel
Mit der Verordnung zum Asylverfahrensbeschleunigungsgesetz vom 24. Oktober 2015 (BGBl. I S. 1789) wurden für Staatsangehörige aus Albanien, Bosnien und Herzegowina, Kosovo, Nordmazedonien, Montenegro und Serbien (Westbalkan) die Möglichkeiten der legalen Migration erweitert, um die Asylmigration aus diesen Staaten zu verringern. Ebenso wurden nach Bosnien und Herzegowina, Nordmazedonien und Serbien mit dem Asylverfahrensbeschleunigungsgesetz vom 20. Oktober 2015 (BGBl. I. S 1722) die Länder Albanien, Kosovo und Montenegro als sichere Herkunftsstaaten eingestuft.
Durch die Änderung der Beschäftigungsverordnung (BeschV) erhielten Staatsangehörige des Westbalkan nach § 26 Abs. 2 BeschV die Möglichkeit, unabhängig von ihrer persönlichen Qualifikation eine Ausbildung oder eine Beschäftigung in Deutschland aufzunehmen. Voraussetzungen hierfür sind ein konkretes Ausbildungs- oder Arbeitsplatzangebot und eine Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit, die die Arbeitsbedingungen prüft und die Vorrangprüfung durchführt. Zwingende Voraussetzung ist zudem, dass das zweckentsprechende Visum im Herkunftsstaat beantragt wird und die Antragsteller in den letzten 24 Monaten vor Antragsstellung in Deutschland keine Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz bezogen haben. Ein Leistungsbezug ist in den Fällen unschädlich, in denen nach dem 1. Januar 2015 und vor Inkrafttreten der Verordnung am 24. Oktober 2015 der Asylantrag gestellt wurde und die Antragssteller nach Inkrafttreten der Verordnung unverzüglich ausgereist sind.
Die Regelung wurde stark nachgefragt und hat sich bewährt. Die Arbeitsmarktintegration ist erfolgreich gelungen und es sind stabile Arbeitsverhältnisse entstanden.
§ 26 Absatz 2 BeschV ist jedoch auf fünf Jahre befristet und läuft zum 31. Dezember 2020 aus.
B. Lösung
Die Regelung des § 26 Absatz 2 BeschV wird entfristet. Staatsangehörige aus den oben genannten Staaten des Westbalkans erhalten so weiterhin die Möglichkeit der legalen Migration durch einen erleichterten Arbeitsmarktzugang, unabhängig von ihrer persönlichen Qualifikation.
C. Alternativen
Bei einem Verzicht auf die Änderung der Beschäftigungsverordnung sind negative Auswirkungen für den Arbeitsmarkt zu erwarten.
D. Haushaltsausgaben ohne Erfüllungsaufwand
Durch die Änderung der Beschäftigungsverordnung sind keine zusätzlichen Haushaltsausgaben zu erwarten.
E. Erfüllungsaufwand
E.1 Erfüllungsaufwand für Bürgerinnen und Bürger
Für Bürgerinnen und Bürger entsteht kein Erfüllungsaufwand.
E.2 Erfüllungsaufwand für die Wirtschaft
Für die Wirtschaft entsteht kein zusätzlicher Erfüllungsaufwand.
E.3 Erfüllungsaufwand der Verwaltung
Für die Bundesagentur für Arbeit, die deutschen Auslandsvertretungen und die Ausländerbehörden entsteht kein zusätzlicher Erfüllungsaufwand, da nach einer Entfristung nicht mit einer stärkeren Inanspruchnahme der Regelung zu rechnen ist als bisher.
F. Weitere Kosten
Die Änderung der Beschäftigungsverordnung wirkt sich nicht auf die Einzelpreise, das allgemeine Preisniveau und das Verbraucherpreisniveau aus.
Verordnungsantrag der Länder Rheinland-Pfalz, Bremen, Thüringen
Entwurf einer Verordnung zur Änderung der Beschäftigungsverordnung
Die Ministerpräsidentin Mainz, 2. September 2020
des Landes Rheinland-Pfalz
An den Präsidenten des Bundesrates
Herrn Ministerpräsidenten
Dr. Dietmar Woidke
Sehr geehrter Herr Präsident,
die Landesregierungen von Rheinland-Pfalz, Bremen und Thüringen haben beschlossen, dem Bundesrat den als Anlage beigefügten Entwurf einer Verordnung zur Änderung der Beschäftigungsverordnung zuzuleiten.
Ich bitte Sie, die Vorlage gemäß § 36 Absatz 2 der Geschäftsordnung des Bundesrates in die Tagesordnung der 993. Sitzung des Bundesrates am 18. September 2020 aufzunehmen und anschließend den Ausschüssen zur Beratung zuzuweisen.
Mit freundlichen Grüßen
Malu Dreyer
Entwurf einer Verordnung zur Änderung der Beschäftigungsverordnung
Vom ...
Auf Grund des § 42 Absatz 1 Nummer 1 und 4 des Aufenthaltsgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 25. Februar 2008 (BGBl. I S. 162), zuletzt geändert durch Artikel 169 der Verordnung vom 19. Juni 2020 (BGBl. I S. 1328), verordnet das Bundesministerium für Arbeit und Soziales:
Artikel 1
Änderung der Beschäftigungsverordnung
Die Beschäftigungsverordnung vom 6. Juni 2013 (BGBl. I S. 1499), zuletzt geändert durch Artikel 2 der Verordnung vom 23. März 2020 (BGBl. I S. 655), wird wie folgt geändert:
§ 26 Abs. 2 wird wie folgt gefasst:
(2) Für Staatsangehörige von Albanien, Bosnien und Herzegowina, Kosovo, Nordmazedonien, Montenegro und Serbien können Zustimmungen mit Vorrangprüfung zur Ausübung jeder Beschäftigung erteilt werden. Die erstmalige Zustimmung darf nur erteilt werden, wenn der Antrag auf Erteilung des Aufenthaltstitels bei der jeweils zuständigen deutschen Auslandsvertretung im Herkunftsstaat gestellt wurde."
Artikel 2
Inkrafttreten
Diese Verordnung tritt am 01. Januar 2021 in Kraft.
Der Bundesrat hat zugestimmt.
Begründung:
Die Westbalkanregelung wurde 2015 eingeführt, um Anreize für den Zuzug von Asylbewerberinnen und Asylbewerbern aus den Westbalkanstaaten zu senken und zugleich neue Möglichkeiten für die Einwanderung von Arbeitskräften zu schaffen. Staatsangehörige der Westbalkanstaaten Albanien, Bosnien und Herzegowina, Kosovo, Montenegro, Nordmazedonien und Serbien können demnach seit dem 1. Januar 2016 unabhängig von ihrer beruflichen Qualifikation eine Beschäftigung ausüben, sofern - neben anderen Voraussetzungen - eine verbindliche Arbeitsplatzzusage und die Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit vorliegen. Die Regelung hat einen großen Zuspruch erfahren und ist bis zum 31. Dezember 2020 befristet.
Das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) der Bundesagentur für Arbeit hat im Auftrag des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales die Regelung evaluiert und kommt zu dem Ergebnis, dass die Arbeitsmarktintegration - auch im Vergleich zu anderen Migrantengruppen - erfolgreich gelungen ist.
Im Evaluierungsbericht vom April 2020 wird ausgeführt, dass es sich um sehr stabile Arbeitsverhältnisse handelt, 58 vomH. der zugezogenen Personen eine qualifizierte Beschäftigung auf Fachkraftniveau ausüben und angemessene Löhne gezahlt werden. Lediglich 1 vomH. der zugezogenen Personen haben sich jemals arbeitslos gemeldet oder vorübergehend staatliche Leistungen bezogen.
In dem Zeitraum vom Inkrafttreten der Westbalkanregelung bis Ende des Jahres 2019 wurden insgesamt ca. 92.400 Visa erteilt. Aktuell sind noch ca. 192.000 Terminanfragen bei den deutschen Auslandesvertretungen anhängig. Die Kapazitätsengpässe und überlangen Wartezeiten bei den deutschen Auslandvertretungen von mehreren Monaten bis zu über einem Jahr haben einen deutlich größeren Erfolg der Regelung verhindert.
Die Westbalkanregelung wird von den Arbeitgebern wegen den vorhanden informellen Qualifikationen und beruflichen Erfahrungen sehr stark nachgefragt. So haben 59 vomH. der eingereisten Personen eine betriebliche oder berufliche Ausbildung von mindestens zwei Jahren und verfügen vielfach über mehrjährige berufliche Erfahrungen. Darüber hinaus verfügen 10 vomH. über einen Hochschulabschluss.
Eine Verlängerung der Westbalkanregelung liegt daher im öffentlichen Interesse. Denn die Regelung leistet nicht nur einen wünschenswerten Beitrag zur Verringerung irregulärer Migration, sondern ist inzwischen für die Sicherung des Arbeitskräftebedarfs der deutschen Wirtschaft von maßgeblicher Bedeutung. Die bisherige Voraussetzung wonach in den letzten 24 Monaten vor Antragstellung in Deutschland keine Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz bezogen werden dürfen, entfällt im vorliegenden Verordnungsentwurf, da sich die zugrundeliegende Ausgangsituation verändert hat und die Asylmigration aus den Westbalkanstaaten nur noch eine untergeordnete Rolle spielt. Zudem gelten durch die Einstufung als sichere Herkunftsstaaten nunmehr allgemeine Regelungen mit vergleichbar einschränkender Wirkung.
Auch wenn sich aktuell durch die Covid-19 Pandemie steigende Arbeitslosenzahlen ergeben, steht dieses einer Verlängerung der Regelung nicht entgegen. Insbesondere im Baugewerbe sowie im Sozial- und Gesundheitsbereich, in dem der Großteil der Beschäftigten aus den Westbalkanländern tätig ist, bestehen trotz der Auswirkungen der Covid-19 Pandemie weiterhin entsprechende Bedarfe. Durch die in jedem Einzelfall erforderliche Vorrangprüfung durch die Bundesagentur für Arbeit ist zudem sichergestellt, dass sich keine Nachteile für bevorrechtigte Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ergeben.