A. Rechtslage und Problem
Die Führungsaufsicht gewährleistet eine nachsorgende Betreuung von Täterinnen und Tätern, deren gesellschaftliche Wiedereingliederung nach ihrer Entlassung aus dem Straf- oder Maßregelvollzug aus unterschiedlichen Gründen gefährdet erscheint und die daher im Besserungs- und im Sicherungsinteresse in besonderem Maße kontrollierender Begleitung und Unterstützung bedürfen. Die Führungsaufsicht hat damit eine erhebliche kriminalpolitische und praktische Bedeutung. Ihre Regelungen bedürfen in zweifacher Hinsicht der Weiterentwicklung. Zum einen sollte das bisherige Höchstmaß der Freiheitsstrafe von drei Jahren auf ein Höchstmaß von fünf Jahren angehoben werden, zum anderen sollte die Umsetzung der Regelungen, mit denen Weisungen der Führungsaufsicht in Bezug auf die elektronische Aufenthaltsüberwachung ausgestaltet werden, verbessert werden.
1. Erhöhung des Strafrahmens bei Verstößen gegen Weisungen der Führungsaufsicht
Das ausdifferenzierte System der Führungsaufsicht soll mit seinen vielfältigen Möglichkeiten von Weisungen gewährleisten, dass der hiervon erfasste Personenkreis von der Begehung weiterer Straftaten abgehalten wird. Dies erfordert, dass ein hinreichend abschreckendes und wirksames Sanktionssystem im Fall der Nichteinhaltung der Weisungen vorhanden ist. Dabei ist besonders zu bedenken, dass es sich bei den Probandinnen und Probanden in aller Regel um hafterfahrene Personen handelt, die durch kurzzeitige Freiheitsstrafen oder gar lediglich eine Geldstrafe nicht in ausreichendem Maß davon abgehalten werden können, gegen die für notwendig erachteten und gerichtlich festgesetzten Weisungen zu verstoßen. Ein Weisungsverstoß, beispielsweise die Missachtung eines Kontaktverbots mit Kindern durch einen verurteilten Sexualstraftäter, kann in vielen Fällen der erste Schritt hin zur Begehung von weiteren erheblichen Straftaten sein. Die bisherige Strafandrohung in § 145a Satz 1 Strafgesetzbuch wird der Bedeutung der Führungsaufsicht als Schutzinstrument vor neuen Straftaten nicht hinreichend gerecht.
Die in Baden-Württemberg eingerichtete "Kommission Kinderschutz" hat u.a. auch die Vorschriften zur Führungsaufsicht einer Bewertung unterzogen. Die "Kommission Kinderschutz" war im Zusammenhang mit dem so genannten "Staufener Missbrauchsfall" eingerichtet worden. Im Herbst 2017 wurde bekannt, dass ein damals neunjähriger Junge nicht nur von seiner Mutter und ihrem Freund auf schwerste Weise sexuell missbraucht, sondern auch über das "Darknet" weiteren Männern gegen Geld zu diesem Zweck angeboten und von diesen in der Folge missbraucht worden war. Der Haupttäter und damalige Lebensgefährte der Mutter stand vor und während der Missbrauchstaten unter Führungsaufsicht. Die führungsaufsichtsrechtliche Weisung, zu Kindern keinen unbeaufsichtigten Kontakt aufzunehmen, befolgte er nicht. Dieser Kontakt führte letztendlich zu den zahlreichen Missbrauchstaten zu Lasten des Jungen. Auch eine im Zeitraum der Missbrauchstaten erfolgte Verurteilung des Haupttäters wegen Verstoßes gegen das im Rahmen der Führungsaufsicht erteilte Kontaktverbot mit Kindern gemäß § 145a Satz 1 Strafgesetzbuchs hielt ihn von weiteren Missbrauchshandlungen nicht ab. Dieser Fall zeigt beispielhaft, dass die bestehende Strafandrohung nicht ausreicht, um die Probandinnen und Probanden anzuhalten, die Weisungen, die zum Schutz der Allgemeinheit und vielfach von Kindern, erteilt worden sind, einzuhalten. Die Weisungsverstöße können dann den ersten Schritt auf dem Weg zum (erneuten) Missbrauch von Kindern und Jugendlichen darstellen. In ihrem Abschlussbericht vom Februar 2020 hat sich die "Kommission Kinderschutz" für eine Verschärfung der Strafandrohung des § 145a Strafgesetzbuch ausgesprochen.
Mit der vorgesehenen Anhebung des Höchstmaßes der Freiheitsstrafe wird durch den Gesetzgeber nach der zuletzt durch das Gesetz vom 13. April 2007 erfolgten Anhebung des Höchstmaßes von damals einem Jahr auf drei Jahre nochmals deutlich gemacht, dass es sich bei den Verstößen gegen Weisungen der Führungsaufsicht nicht um Taten im unteren Kriminalitätsbereich handelt. Das Höchstmaß der Freiheitsstrafe von fünf Jahren wird zudem dem Charakter des Delikts als konkretes Gefährdungsdelikt besser gerecht.
2. Verbesserungen bei der Durchsetzung von Weisungen der Führungsaufsicht
Führungsaufsichtsrechtliche Weisungen sind nicht zwangsweise gegen den Willen der verurteilten Person durchsetzbar. Je nach Weisung erfordern sie in unterschiedlichem Maß die Mitwirkung der verurteilten Person oder sind von dieser zumindest zu dulden. Dies gilt auch für die Weisung nach § 68b Absatz 1 Satz 1 Nummer 12 StGB, die für eine elektronische Überwachung des Aufenthaltsortes erforderlichen technischen Mittel ständig in betriebsbereitem Zustand bei sich zu führen und deren Funktionsfähigkeit nicht zu beeinträchtigen. Gegenwärtig erfolgt die elektronische Aufenthaltsüberwachung in Deutschland noch ausnahmslos mittels der sogenannten "Elektronischen Fußfessel", also einem Sender, der am Unterschenkel der verurteilten Person mit einem flexiblen, aber stabilen Befestigungsband angebracht wird. Das Befestigungsband lässt sich unbefugt nur mit erheblichem Kraftaufwand unter Zuhilfenahme geeigneten Schneidewerkzeugs entfernen. Bislang gibt es keine rechtliche Möglichkeit, die Geräte zur Elektronischen Aufenthaltsüberwachung der verurteilten Person gegen ihren Willen anzulegen. Dieser Umstand kann insbesondere im Zusammenhang mit solchen Probandinnen und Probanden Gefahren hervorrufen, bei denen die Elektronische Aufenthaltsüberwachung in der Führungsaufsicht zum Schutz potenzieller Opfer und damit zur Überwachung einer Verbotszone angeordnet wurde. Um zu verhindern, dass nicht kooperierende Risikoprobanden in einem solchen Fall ohne den für die Elektronische Aufenthaltsüberwachung erforderlichen Sender am Fuß mit unkalkulierbarem Risiko für die zu schützenden Opfer (zunächst) aus der Justizvollzuganstalt in Freiheit entlassen werden müssen, kommt strafprozessual derzeit nur die Möglichkeit der Beantragung eines Untersuchungshaftbefehls gegen die verurteilte Person wegen eines Weisungsverstoßes gem. § 145a StGB in Betracht, sofern Haftgründe vorliegen. Als solcher Haftgrund wäre einzig Fluchtgefahr nach § 112 Absatz 2 Nummer 2 StPO denkbar; eine solche Fluchtgefahr kann jedoch nur bejaht werden, wenn hierfür hinreichende Tatsachen vorliegen.
Um eine angeordnete Elektronische Aufenthaltsüberwachung tatsächlich umsetzen zu können, hat die "Kommission Kinderschutz" empfohlen, für diese Weisung gesetzliche Vorschriften zur zwangsweisen Durchsetzbarkeit einzuführen.
Es besteht gesetzgeberischer Handlungsbedarf.
B. Lösung
Der Entwurf sieht zum einen die Erhöhung des Strafrahmens in § 145a Satz 1 Strafgesetzbuch von drei auf fünf Jahre vor. Mit dieser Regelung soll erreicht werden, dass die überwiegend hafterfahrenen Probandinnen und Probanden angehalten werden die ihnen zum Schutz der Bevölkerung auferlegten Weisungen auch tatsächlich einzuhalten. Dadurch sollen die Probandinnen und Probanden motiviert werden, künftig ein straffreies Leben zu führen. Es soll zudem der Schutz potentieller Opfer vor erneuten Straftaten der Probandinnen und Probanden erhöht werden.
Zum anderen soll die nach § 68a Absatz 3 StGB für die Überwachung des Verhaltens der verurteilten Person und die Erfüllung der Weisungen zuständige Aufsichtsstelle die gesetzliche Befugnis erhalten, unmittelbaren Zwang gegen die verurteilte Person anordnen zu dürfen, wenn diese bei der Anlegung der elektronischen Fußfessel nicht freiwillig mitwirkt. Hierzu bietet sich die Ergänzung des § 68a Absatz 3 StGB um einen Satz 2 an.
C. Alternativen
Beibehaltung des bisherigen, unbefriedigenden Zustands.
D. Haushaltsaufgaben ohne Erfüllungsaufwand
Keine.
E. Erfüllungsaufwand
E.1 Erfüllungsaufwand für Bürgerinnen und Bürger
Keiner.
E.2 Erfüllungsaufwand für die Wirtschaft
Keiner.
E.3 Erfüllungsaufwand der Verwaltung
Keiner.
F. Weitere Kosten
Durch die Erhöhung des Strafrahmens können den Länderhaushalten Verfahrens- und Vollzugskosten in überschaubarem Umfang entstehen, deren Höhe sich nicht näher beziffern lässt.
Die Möglichkeit, das Anlegen der elektronischen Aufenthaltsüberwachung auch zwangsweise durchsetzen zu können, kann im Einzelfall zu Einsparungen führen, weil zeit- und personalintensive Überzeugungsarbeit nicht kooperationsbereiter Probanden sowie die Kosten einer Strafverfolgung wegen Verstoßes gegen eine strafbewehrte Weisung gem. § 145a StGB sowie etwaige Untersuchungshaftkosten jedenfalls am Tag der Entlassung aus der Haft entfielen. Dem gegenüberzustellen sind mögliche Folgekosten, die für Alarmkontrollen am Entlassungsort eines Probanden notwendig werden, wenn dieser nach einer zwangsweisen Anlegung versuchen sollte, sich der elektronischen Aufenthaltsüberwachung durch Zerstören des Bandes am Fuß oder schlichtes Nichtladen des Akkus zu entziehen.
Gesetzesantrag des Landes Baden-Württemberg
Entwurf eines ... Gesetzes zur Änderung des Strafgesetzbuches - Stärkung der Führungsaufsicht
Der Ministerpräsident Stuttgart, 23. Juni 2020
des Landes Baden-Württemberg
An den Präsidenten des Bundesrates
Herrn Ministerpräsidenten
Dr. Dietmar Woidke
Sehr geehrter Herr Präsident,
die Landesregierung von Baden-Württemberg hat beschlossen, dem Bundesrat den als Anlage beigefügten Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Strafgesetzbuches - Stärkung der Führungsaufsicht mit dem Ziel zuzuleiten, die Einbringung gemäß Artikel 76 Absatz 1 Grundgesetz beim Deutschen Bundestag zu beschließen.
Ich bitte Sie, die Vorlage gemäß § 36 Absatz 2 der Geschäftsordnung des Bundesrates in die Tagesordnung der 992. Sitzung des Bundesrates am 3. Juli 2020 aufzunehmen und sie anschließend den Ausschüssen zur Beratung zuzuweisen.
Mit freundlichen Grüßen
Winfried Kretschmann
Entwurf eines ... Gesetzes zur Änderung des Strafgesetzbuches - Stärkung der Führungsaufsicht
Vom ...
Der Bundestag hat das folgende Gesetz beschlossen:
Artikel 1
Änderung des Strafgesetzbuchs
Das Strafgesetzbuch in der Fassung der Bekanntmachung vom 13. November 1998 (BGBl. I S. 3322), zuletzt geändert durch..., wird wie folgt geändert:
1. In § 145a Satz 1 wird das Wort "drei" durch das Wort "fünf" ersetzt.
2. In § 68a Absatz 3 wird folgender Satz 2 angefügt:
"Zur Durchsetzung einer Weisung nach § 68b Absatz 1 Satz 1 Nummer 12 kann die Aufsichtsstelle unmittelbarem Zwang anordnen, wenn die verurteilte Person bei der Anlegung des für eine elektronische Überwachung ihres Aufenthaltsortes erforderlichen technischen Mittels nicht freiwillig mitwirkt."
Artikel 2
Inkrafttreten
Dieses Gesetz tritt am Tag nach der Verkündung in Kraft.
Begründung:
A. Allgemeiner Teil
I. Zielsetzung des Entwurfs und Notwendigkeit der Änderungen
Die Führungsaufsicht gewährleistet eine nachsorgende Betreuung von Täterinnen und Tätern, deren gesellschaftliche Wiedereingliederung nach ihrer Entlassung aus dem Straf- oder Maßregelvollzug aus unterschiedlichen Gründen gefährdet erscheint und die daher im Besserungs- und im Sicherungsinteresse in besonderem Maße kontrollierender Begleitung und Unterstützung bedürfen. Die Führungsaufsicht hat damit eine erhebliche kriminalpolitische und praktische Bedeutung. Ihre Regelungen bedürfen in zweifacher Hinsicht der Weiterentwicklung. Zum einen sollte das bisherige Höchstmaß der Freiheitsstrafe von drei Jahren auf ein Höchstmaß von fünf Jahren angehoben werden, zum anderen sollte die Umsetzung der Regelungen, mit denen Weisungen der Führungsaufsicht in Bezug auf die elektronische Aufenthaltsüberwachung ausgestaltet werden, verbessert werden.
1. Erhöhung des Strafrahmens bei Verstößen gegen Weisungen der Führungsaufsicht
Das ausdifferenzierte System der Führungsaufsicht soll mit seinen vielfältigen Möglichkeiten von Weisungen gewährleisten, dass der hiervon erfasste Personenkreis von der Begehung weiterer Straftaten abgehalten wird. Dies erfordert, dass ein hinreichend abschreckendes und wirksames Sanktionssystem im Fall der Nichteinhaltung der Weisungen vorhanden ist. Dabei ist besonders zu bedenken, dass es sich bei den Probandinnen und Probanden in aller Regel um hafterfahrene Personen handelt, die durch kurzzeitige Freiheitsstrafen oder gar lediglich eine Geldstrafe nicht in ausreichendem Maß davon abgehalten werden können, gegen die für notwendig erachteten und gerichtlich festgesetzten Weisungen zu verstoßen. Ein Weisungsverstoß, beispielsweise die Missachtung eines Kontaktverbots mit Kindern durch einen verurteilten Sexualstraftäter, kann in vielen Fällen der erste Schritt hin zur Begehung von weiteren erheblichen Straftaten sein. Die bisherige Strafandrohung in § 145a Satz 1 Strafgesetzbuch wird der Bedeutung der Führungsaufsicht als Schutzinstrument vor neuen Straftaten nicht hinreichend gerecht.
Die in Baden-Württemberg eingerichtete "Kommission Kinderschutz" hat u.a. auch die Vorschriften zur Führungsaufsicht einer Bewertung unterzogen. Die "Kommission Kinderschutz" war im Zusammenhang mit dem so genannten "Staufener Missbrauchsfall" eingerichtet worden. Im Herbst 2017 wurde bekannt, dass ein damals neunjähriger Junge nicht nur von seiner Mutter und ihrem Freund auf schwerste Weise sexuell missbraucht, sondern auch über das "Darknet" weiteren Männern gegen Geld zu diesem Zweck angeboten und von diesen in der Folge missbraucht worden war. Der Haupttäter und damalige Lebensgefährte der Mutter stand vor und während der Missbrauchstaten unter Führungsaufsicht. Die führungsaufsichtsrechtliche Weisung, zu Kindern keinen unbeaufsichtigten Kontakt aufzunehmen, befolgte er nicht. Dieser Kontakt ermöglichte letztendlich die zahlreichen Missbrauchstaten zu Lasten des Jungen. Auch eine im Zeitraum der Missbrauchstaten erfolgte Verurteilung des Haupttäters wegen Verstoßes gegen das im Rahmen der Führungsaufsicht erteilte Kontaktverbot mit Kindern gemäß § 145a Satz 1 Strafgesetzbuchs hielt ihn von weiteren Missbrauchshandlungen nicht ab. Dieser Fall zeigt beispielhaft, dass die bestehende Strafandrohung nicht ausreicht, um die Probandinnen und Probanden anzuhalten, die Weisungen, die zum Schutz der Allgemeinheit und vielfach von Kindern, erteilt worden sind, einzuhalten. Die Weisungsverstöße können dann den ersten Schritt auf dem Weg zum (erneuten) Missbrauch von Kindern und Jugendlichen darstellen. In ihrem Abschlussbericht vom Februar 2020 hat sich die "Kommission Kinderschutz" für eine Verschärfung der Strafandrohung des § 145a Strafgesetzbuch ausgesprochen.
Mit der vorgesehenen Anhebung des Höchstmaßes der Freiheitsstrafe wird durch den Gesetzgeber nach der zuletzt durch das Gesetz vom 13. April 2007 erfolgten Anhebung des Höchstmaßes von damals einem Jahr auf drei Jahre nochmals deutlich gemacht, dass es sich bei den Verstößen gegen Weisungen der Führungsaufsicht nicht um Taten im unteren Kriminalitätsbereich handelt. Das Höchstmaß der Freiheitsstrafe von fünf Jahren wird zudem dem Charakter des Delikts als konkretes Gefährdungsdelikt besser gerecht.
2. Verbesserungen bei der Durchsetzung von Weisungen der Führungsaufsicht
Führungsaufsichtsrechtliche Weisungen sind nicht zwangsweise gegen den Willen der verurteilten Person durchsetzbar. Je nach Weisung erfordern sie in unterschiedlichem Maß die Mitwirkung der verurteilten Person oder sind von dieser zumindest zu dulden. Dies gilt auch für die Weisung nach § 68b Absatz 1 Satz 1 Nummer 12 StGB, die für eine elektronische Überwachung des Aufenthaltsortes erforderlichen technischen Mittel ständig in betriebsbereitem Zustand bei sich zu führen und deren Funktionsfähigkeit nicht zu beeinträchtigen. Gegenwärtig erfolgt die elektronische Aufenthaltsüberwachung in Deutschland noch ausnahmslos mittels der sogenannten "Elektronischen Fußfessel", also einem Sender, der am Unterschenkel der verurteilten Person mit einem flexiblen, aber stabilen Befestigungsband angebracht wird. Das Befestigungsband lässt sich unbefugt nur mit erheblichem Kraftaufwand unter Zuhilfenahme geeigneten Schneidewerkzeugs entfernen. Bislang gibt es keine rechtliche Möglichkeit, die Geräte zur Elektronischen Aufenthaltsüberwachung der verurteilten Person gegen ihren Willen anzulegen. Dieser Umstand kann insbesondere im Zusammenhang mit solchen Probandinnen und Probanden Gefahren hervorrufen, bei denen die Elektronische Aufenthaltsüberwachung in der Führungsaufsicht zum Schutz potenzieller Opfer und damit zur Überwachung einer Verbotszone angeordnet wurde. Um zu verhindern, dass nicht kooperierende Risikoprobanden in einem solchen Fall ohne den für die Elektronische Aufenthaltsüberwachung erforderlichen Sender am Fuß mit unkalkulierbarem Risiko für die zu schützenden Opfer (zunächst) aus der Justizvollzuganstalt in Freiheit entlassen werden müssen, kommt strafprozessual derzeit nur die Möglichkeit der Beantragung eines Untersuchungshaftbefehls gegen die verurteilte Person wegen eines Weisungsverstoßes gem. § 145a StGB in Betracht, sofern Haftgründe vorliegen. Als solcher Haftgrund wäre einzig Fluchtgefahr nach § 112 Absatz 2 Nummer 2 StPO denkbar; eine solche Fluchtgefahr kann jedoch nur bejaht werden, wenn hierfür hinreichende Tatsachen vorliegen.
Um eine angeordnete Elektronische Aufenthaltsüberwachung tatsächlich umsetzen zu können, hat die "Kommission Kinderschutz" empfohlen, für diese Weisung gesetzliche Vorschriften zur zwangsweisen Durchsetzbarkeit einzuführen.
Es besteht gesetzgeberischer Handlungsbedarf.
Der Entwurf sieht zum einen die Erhöhung des Strafrahmens in § 145a Satz 1 Strafgesetzbuch von drei auf fünf Jahre vor. Mit dieser Regelung soll erreicht werden, dass die überwiegend hafterfahrenen Probandinnen und Probanden angehalten werden die ihnen zum Schutz der Bevölkerung auferlegten Weisungen auch tatsächlich einzuhalten. Dadurch sollen die Probandinnen und Probanden motiviert werden, künftig ein straffreies Leben zu führen. Es soll zudem der Schutz potentieller Opfer vor erneuten Straftaten der Probandinnen und Probanden erhöht werden.
Zum anderen soll die nach § 68a Absatz 3 StGB für die Überwachung des Verhaltens der verurteilten Person und die Erfüllung der Weisungen zuständige Aufsichtsstelle die gesetzliche Befugnis erhalten, unmittelbaren Zwang gegen die verurteilte Person anordnen zu dürfen, wenn diese bei der Anlegung der elektronischen Fußfessel nicht freiwillig mitwirkt. Hierzu bietet sich die Ergänzung des § 68a Absatz 3 StGB um einen Satz 2 an.
II. Gesetzgebungskompetenz; Vereinbarkeit mit EU-Recht
Die Gesetzgebungskompetenz des Bundes folgt aus Artikel 74 Nummer 1 des Grundgesetzes (Strafrecht).
Der Entwurf ist mit dem Recht der Europäischen Union und völkerrechtlichen Verträgen, die die Bundesrepublik Deutschland abgeschlossen hat, vereinbar.
III. Auswirkungen
Auswirkungen auf den Bundeshaushalt sind durch den Entwurf nicht zu erwarten. Durch die Erhöhung des Strafrahmens können den Länderhaushalten Verfahrens- und Vollzugskosten in überschaubarem Umfang entstehen, deren Höhe sich nicht näher beziffern lässt.
Die Möglichkeit, das Anlegen der elektronischen Fußfessel auch zwangsweise durchsetzen zu können, kann im Einzelfall zu Einsparungen führen, weil zeit- und personalintensive Überzeugungsarbeit nicht kooperationsbereiter Probanden sowie die Kosten einer Strafverfolgung wegen Verstoßes gegen eine strafbewehrte Weisung gem. § 145a StGB sowie etwaige Untersuchungshaftkosten jedenfalls zunächst entfielen. Dem sind mögliche Folgekosten gegenüberzustellen, die für Alarmkontrollen am Entlassungsort eines Probanden notwendig werden, wenn dieser nach einer zwangsweisen Anlegung versuchen sollte, sich der elektronischen Aufenthaltsüberwachung durch Zerstören des Bandes am Fuß oder durch schlichtes Nichtladen des Akkus zu entziehen.
Für Bürgerinnen und Bürger entsteht kein Erfüllungsaufwand.
B. Besonderer Teil
Zu Artikel 1 (Änderung des Strafgesetzbuches)
Die Änderungen sollen gewährleisten, dass unter Führungsaufsicht stehende Probandinnen und Probanden die ihnen auferlegte Weisungen, die dem Schutz der Bevölkerung vor neuen Straftaten durch diese Personen dienen, einzuhalten.
Zu Nummer 1 (§ 145a Satz 1 Strafgesetzbuch)
Der Empfehlung der "Kommission Kinderschutz" folgend wird die Strafandrohung für Verstöße gegen Führungsaufsichtsweisungen in § 145a Satz 1 Strafgesetzbuch auf fünf Jahre erhöht. Bei erheblichen Verstößen gegen Weisungen der Führungsaufsicht ist es durch die Änderung möglich, auch längere Freiheitsstrafen zu verhängen und im anschließenden Strafvollzug nachhaltiger auf die teilweise sehr hafterfahrenen Probandinnen und Probanden einzuwirken. Die Probandinnen und Probanden werden so motiviert, die ihnen auferlegten Weisungen einzuhalten. Die höhere Strafobergrenze wertet das Institut der Führungsaufsicht auch nach außen hin sichtbar auf.
Die Erhöhung des Strafrahmens ist verhältnismäßig. Neben dem Weisungsverstoß ist weiterhin erforderlich, dass dadurch der Zweck der Maßregel gefährdet wird. Es handelt sich um die Verschiebung der Strafobergrenze. Bei der konkreten Sanktionierung von Verstößen sind weiterhin die jeweiligen Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen.
Zu Nummer 2 (§ 68b Absatz 3 Satz 2 Strafgesetzbuch)
Der Empfehlung der "Kommission Kinderschutz" folgend wird der Führungsaufsichtsstelle, die für die Überwachung des Verhaltens der verurteilten Person und die Erfüllung der gerichtlich angeordneten Weisungen zuständig ist, die Befugnis eingeräumt unmittelbaren Zwang anzuordnen, wenn Probanden an der Umsetzung der Weisung nach § 68b Absatz 1 Satz 1 Nummer 12 StGB nicht freiwillig mitwirken. Hierdurch wird die missliche Situation vermieden, dass ein im Rahmen der angeordneten Führungsaufsicht mit der Weisung "Elektronische Aufenthaltsüberwachung" (EAÜ) belegter Proband nach Verbüßen seiner (End)Strafe aus der Strafhaft entlassen werden muss, obwohl er sich weigert, die elektronische Fußfessel als das derzeit übliche technische Mittel der EAÜ anzulegen.
Auch wenn insoweit die Möglichkeit besteht, den Probanden wegen Verstoßes gegen eine bestimmte Weisung der in § 68 Absatz 1 StGB bezeichneten Art gem. § 145a StGB strafrechtlich zu belangen, kann mit der bloßen Strafverfolgung, die zunächst eines Antrags der Aufsichtsstelle nach § 145a Satz 2 StGB bedarf, das mit der EAÜ-Weisung verbundene Ziel - Kontrolle des Aufenthalts des noch gefährlichen Probanden zum Schutz der Bevölkerung vor neuen Straftaten - jedenfalls solange nicht hinreichend erreicht werden, bis das Strafverfahren rechtskräftig abgeschlossen ist oder gegen den Probanden Untersuchungshaft angeordnet wurde. Da mit diesen Konsequenzen allenfalls mittelfristig und nicht unbedingt zu rechnen ist, sind darüber hinaus vor allem kurzfristig wirkende geeignete Maßnahmen erforderlich. Die Anordnung von unmittelbarem Zwang erscheint hierzu als das geringste Eingriffsmittel. Auch wenn der Proband sich nachfolgend des Bandes wieder entledigen könnte, hätte er im Vergleich zur unüberwachten Entlassung zunächst eine weitere Hemmschwelle zu überwinden, bevor er etwaige weitere Straftaten ohne sofortiges Entdeckungsrisiko wagen könnte. Zudem geht mit der Zerstörung des Bandes die sofortige Alarmierung der Überwachungsstellen einher, die die Kontrolle vor Ort veranlasst.
Zu Artikel 2 (Inkrafttreten)
Die Vorschrift regelt das Inkrafttreten.