948. Sitzung des Bundesrates am 23. September 2016
A
Der federführende Verkehrsausschuss (Vk) und der Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (U) empfehlen dem Bundesrat, zu dem Gesetzentwurf gemäß Artikel 76 Absatz 2 des Grundgesetzes wie folgt Stellung zu nehmen:
1. Zum Gesetzentwurf allgemein
Der Bundesrat begrüßt, dass der am 3. August 2016 vom Kabinett beschlossene Bundesverkehrswegeplan (BVWP) 2030, im Vergleich zu früheren Plänen, das Investitionsvolumen für die Erhaltung der Verkehrswege von Straße, Schiene und Wasserstraße mit 69 Prozent am Gesamtvolumen deutlich erhöht. Diese Erhöhung ist die notwendige Antwort auf die Herausforderungen einer dauerhaften Sicherung und Werterhaltung der Infrastrukturen in Deutschland und kann dazu führen, dass im Straßenbereich der Sanierungsstau deutlich sinkt. Der Bundesrat begrüßt das Bekenntnis der Bundesregierung zum Klimaschutz und die Unterzeichnung des Pariser Klimaschutzabkommens. Auch der Verkehrssektor muss einen Beitrag zum Klimaschutz leisten. Hierzu sind die Sanierung, Modernisierung und der Aus- und Neubau der Verkehrsinfrastruktur wesentliche Voraussetzungen. Insbesondere muss die Schiene auch in ländlichen Räumen einen Beitrag zu nachhaltiger Mobilität leisten.
- a) Der Bundesrat weist darauf hin, dass der Sanierungsstau bei der Schiene hingegen unverhältnismäßig viel größer ist und die im BVWP vorgesehenen Investitionen im Bereich Schiene nicht ausreichen, um dieses Missverhältnis auszugleichen. Für einige Schienenprojekte, darunter wichtige Knoten, fehlt bisher die Verlässlichkeit ihrer Umsetzung durch die noch nicht erfolgte Bewertung im "Potenziellen Bedarf (PB)". Damit besteht die Gefahr, dass schon heute dringend notwendige Investitionen auf der Schiene erst im Zeitraum nach 2030 erfolgen. Der für den Klimaschutz und die Nachhaltigkeit im Bereich Mobilität so bedeutsame Schienenverkehr hat somit auch zeitlich einen Finanzierungsnachteil.
- b) Der Bundesrat stellt fest, dass trotz der Neuerungen im Bundesverkehrswegeplan die zu erwartenden Wirkungen für den Klimaschutz weiterhin unzureichend sind. Die bisherigen Klimaschutzmaßnahmen im Verkehrssektor haben kaum Verbesserungen erbracht. Der Verkehrsbereich verantwortet 20 Prozent der Treibhausgasemissionen mit steigender Tendenz. Der BVWP würde selbst bei vollständiger Umsetzung des potenziellen Bedarfs noch keine ausreichende Infrastrukturentwicklung im Schienenverkehr sichern.
- c) Nach Ansicht des Bundesrates erfordern die vereinbarten Ziele des Pariser Klimaschutzabkommens eine Nachjustierung des Bundesverkehrswegeplans insgesamt und somit auch eine wirksame Stärkung der Schienenverkehrswege für den Personen- und Güterverkehr sowie der Anlagen des kombinierten Verkehrs. Hierbei sind deutlich mehr Anreize zur Verlagerung des Straßenverkehrs auf Schiene und Binnenschiff sowie eine stärkere Vernetzung der Verkehrsmittel mit modernsten Technologien erforderlich.
- d) Der Bundesrat ist der Auffassung, dass Schienenverbindungen zwischen Oberzentren genauso wie Achsen zwischen Oberzentren bei Bundesfernstraßen im BVWP insgesamt und im Besonderen im Bundesschienenwegeausbaugesetz angemessene Berücksichtigung finden müssen. Die Ausbauverpflichtung umfasst nach dem Grundgesetz jede Eisenbahninfrastruktur des Bundes, unabhängig von ihrer Nutzung. Insbesondere die Anbindung überregional bedeutsamer Schienenstrecken und ländlicher Räume ist beim Schienenwegeausbau des Bundes angemessener zu entwickeln und zu stärken, um ein Ungleichgewicht in der Entwicklung zwischen ländlichen und städtischen Räumen vermeiden zu können.
- e) Der Bundesrat hält es für erforderlich, dass zur Erhöhung der Akzeptanz von Schienenprojekten in der Bevölkerung der Verkehr auf der Schiene leiser werden muss und fordert die Bundesregierung auf, den hierfür erforderlichen Lärmschutz im Schienenverkehr vor allem für Güterwagen, aber auch an Bahnstrecken, zügig auszubauen und weiterzuentwickeln.
- f) Der Bundesrat stellt weiter fest, dass für den Ausbau des Güterverkehrs auf der Schiene alle Terminals des kombinierten Verkehrs und Umschlagplätze von besonderer Bedeutung sind. Investitionen in die Schienenwege der Eisenbahnen des Bundes dürfen nicht einseitig Terminals der DB und ihrer Tochterfirmen gegenüber anderen Betreiber bevorzugen.
- g) Der Bundesrat setzt sich dafür ein, dass die Elektrifizierung des Bahnnetzes verstärkt fortgeführt wird, um schrittweise mit der Dekarbonisierung der Bahnstromversorgung den klimafreundlichen Umbau der Infrastruktur zu forcieren und Optimierungspotenziale für den Bahnverkehr zu heben.
- h) Der Bundesrat hält es für erforderlich, dass zur Finanzierung des klimafreundlichen Umbaus der Infrastruktur und für den Substanzerhalt im Schienenverkehrsbereich die ab 2018 weiter steigenden Einnahmen aus der Lkw-Maut genutzt werden müssen.
- i) Der Bundesrat bittet den Deutschen Bundestag, sich bei den folgenden Beratungen der Ausbaugesetze zum Bundesverkehrswegeplan für entsprechende Verbesserungen des Bundesschienenausbaugesetzes im Sinne des Klimaschutzes und eines zukunftsfähigen Personen- und Güterverkehrs in der Fläche einzusetzen.
2. Zum Gesetzentwurf allgemein
Der Bundesrat begrüßt den am 3. August 2016 vom Bundeskabinett beschlossenen Bundesverkehrswegeplan (BVWP) 2030 und die Entwürfe der sich daraus ergebenden Ausbaugesetze.
- a) Der Bundesrat sieht es als besonderen Erfolg an, dass es im Zusammenspiel zwischen Bund und Ländern gelungen ist, die vereinbarte Grundkonzeption umzusetzen. Es ist gut, dass ein starker Fokus auf dem Erhalt der Infrastruktur liegt. Hierfür sind 69 Prozent der Mittel vorgesehen. Deutschlands Infrastruktur wird von der Umsetzung dieses BVWP stark profitieren und für die Herausforderungen des wachsenden Personen- und Güterverkehrs fit gemacht werden. Die Engpassbeseitigung wird entscheidend vorangebracht, der strukturelle Zusammenhalt Deutschlands wird gefördert, die Verbindungen in die Nachbarstaaten werden verbessert und die TEN-Korridore ausgebaut. In der Gesamtschau aller Verkehrsträger werden 87 Prozent der Mittel für den Neu- und Ausbau in großräumig bedeutsame Projekte investiert. Der Umweltbericht verdeutlicht, dass Infrastrukturausbau und guter Umweltschutz Hand in Hand gehen können.
- b) Der Bundesrat begrüßt besonders, dass die Bundesregierung bei den Schienenmaßnahmen gegenüber dem Entwurf eine weitere Verbesserung durchgeführt hat.
Zu den in der Entwurfsfassung des BVWP 2030 vorgesehenen Mitteln sind weitere 3 Milliarden Euro für Maßnahmen im Schienennetz hinzugekommen. Gleichzeitig ist das Niveau der geplanten Investitionen in neue Schienenausbauprojekte (exklusive des Erhaltungsanteils) für den Zeitraum 2016-2030 auf das gleiche Niveau wie bei der Straße angepasst worden. Im Ergebnis sollen zwischen 2016 und 2030 wie bei der Straße 18,3 Milliarden Euro in neue Schienenwegeausbauprojekte investiert werden. Damit können weitere wichtige Vorhaben umgesetzt werden. Der ökologisch sinnvolle Verkehrsträger Schiene wird damit weiter gestärkt. Mit den Vorhaben im "Potenziellen Bedarf, die in den Vordringlichen Bedarf aufsteigen können" gibt es die Möglichkeit weitere wichtige Maßnahmen in der Laufzeit des BVWP 2030 anzugehen. Hier ist eine zügige Bewertung der Projekte und Entscheidung, ob sie in den Vordringlichen Bedarf aufgenommen werden, wichtig. Der Bundesrat fordert die Bundesregierung auf dafür Sorge zu tragen, dass die ausstehende Bewertung jetzt zügig abgeschlossen wird.
- c) Mit der Beschlussfassung zur Dritten Änderung des Bundesschienenwegeausbaugesetzes wird die Grundlage für wichtige Aus- und Neubauvorhaben gelegt. Die Bundesregierung wird aufgefordert, mit der DB AG zügig die erforderlichen Planungsvereinbarungen abzuschließen und die Umsetzung der Vorhaben bis 2030 zu gewährleisten.
- d) Der Bundesrat fordert die Bundesregierung auf, nach positiver Bewertung ihres Nutzen-Kosten- Verhältnisses auch die Vorhaben des Fernverkehrs aus dem Potentiellen Bedarf in den Vordringlichen Bedarf zu übernehmen und leistungsfähig auszubauen, die die Verbindung Deutschlands besonders in die europäischen Nachbarstaaten erheblich verbessern. Zur Herstellung eines einheitlichen Wirtschafts- und Verkehrsraums innerhalb der Europäischen Union sind leistungsfähige grenzüberschreitende internationale Schienenverbindungen eine wesentliche Voraussetzung.
- e) Der Bundesrat sieht in der erstmals durchgeführten Beteiligung der Öffentlichkeit im Rahmen der Strategischen Umweltprüfung einen großen Schritt hin zur transparenten und bürgernahen Planung.
- f) Um den Schienenverkehr weiter zu stärken und die Akzeptanz in der Bevölkerung zu erhöhen, bittet der Bundesrat, den eingeschlagenen Weg zur Reduzierung des Eisenbahnlärms weiterzugehen und sowohl den aktiven Lärmschutz an den Schienenfahrzeugen wie auch den Ausbau des passiven Lärmschutzes fortzuführen.
3. Zu Artikel 1 Nummer 3 (Anlage (zu § 1), Abschnitt 2, Unterabschnitt 2, Satz 2 BSWAG)
In Artikel 1 Nummer 3 Anlage 1 (zu § 1), Abschnitt 2, Unterabschnitt 2 ist Satz 2 wie folgt zu fassen:
"Sobald nachgewiesen ist, dass diese Projekte die Kriterien für die Aufnahme in den Vordringlichen Bedarf erfüllen, werden sie in den Vordringlichen Bedarf aufgenommen."
Begründung:
Die Formulierungsänderung dient der Klarstellung, dass für die Bewertung der im Unterabschnitt 2 gelisteten Projekte (Vorhaben des Potentiellen Bedarfs, die in den Vordringlichen Bedarf aufsteigen können) die gleichen Kriterien verwandt werden, die für die Aufnahme der bereits im Vordringlichen Bedarf aufgeführten Projekte benutzt wurden. Dies geht aus der bisherigen Formulierung ("übliche Kriterien") nicht ausreichend hervor.
B
- 4. Der Ausschuss für Städtebau, Wohnungswesen und Raumordnung empfiehlt dem Bundesrat, gegen den Gesetzentwurf gemäß Artikel 76 Absatz 2 des Grundgesetzes keine Einwendungen zu erheben.