Der Chef des Bundeskanzleramtes
Berlin, 12. August 2015
An den Präsidenten des Bundesrates
Herrn Ministerpräsidenten
Volker Bouffier
Sehr geehrter Herr Präsident,
die Bundesregierung hat in ihrer heutigen Kabinettsitzung eine Neufassung der Geschäftsordnung des Bundessicherheitsrates (GO BSR) beschlossen.
Die GO BSR wurde zuletzt im Juni 2014 geändert mit dem Ziel, die Maßnahmen des Koalitionsvertrags zur Verbesserung der Transparenz im Bereich Rüstungsexportpolitik sowie den Beschluss des Deutschen Bundestages vom 8. Mai 2014 auf Antrag der Regierungsfraktionen "Mehr Transparenz bei Rüstungsexportentscheidungen sicherstellen" (DS 18/1334) zu implementieren. Dabei wurde durch Anfügung eines neuen § 8 eine Unterrichtung des Deutschen Bundestages über abschließende Genehmigungsentscheidungen des BSR vorgesehen. Das federführende Ressort (in der Regel BMWi) führt nun bei grundsätzlicher Beibehaltung der Geheimhaltungsverpflichtung zeitnah eine schriftliche Unterrichtung zu Beschreibung und Anzahl der genehmigten Güter sowie zum Empfängerland durch. Anschließend kann auf der Grundlage einzelner Erwägungsgründe eine mündliche Erläuterung erfolgen.
Nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 21. Oktober 2014 zur Beantwortung parlamentarischer Anfragen zu Rüstungsexporten ist nun eine weitere Anpassung der GO BSR erfolgt. So wird entsprechend den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts für die Beantwortung parlamentarischer Fragen zu Rüstungsexporten die Unterrichtung künftig auch zwei weitere Parameter umfassen, nämlich die beteiligten deutschen Unternehmen und das Gesamtvolumen des Geschäfts, soweit nicht im Einzelfall verfassungsrechtlich geschützte Interessen einer Veröffentlichung entgegenstehen. Dies ist z.B. der Fall, wenn sich aus der Nennung der Anzahl der Rüstungsgüter und des Gesamtvolumens der Einzelpreis berechnen ließe (vgl. hierzu Urteil des BVerfG vom 21. Oktober 2014 2 BvE 5/11 Rn. 185). Daneben hat eine schon längere Zeit anstehende verfahrensmäßige und redaktionelle Überarbeitung der GO BSR stattgefunden.
Der heutige Beschluss der Bundesregierung ist als Anlage beigefügt.
Die Neufassung der Geschäftsordnung des Bundessicherheitsrates (GO BSR) wurde mit gleichlautendem Schreiben auch dem Präsidenten des Deutschen Bundestages zugeleitet sowie unter www.bundesregierung.de veröffentlicht.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Helge Braun
Geschäftsordnung des Bundessicherheitsrates
§ 1
- (1) Der Bundessicherheitsrat ist ein Kabinettausschuss der Bundesregierung.
- (2) Der Bundessicherheitsrat berät Fragen der Sicherheitspolitik, insbesondere auf allen Gebieten der Verteidigung sowie der Abrüstung und Rüstungskontrolle. Er trifft Vorentscheidungen, soweit sie möglich sind, oder bereitet die einschlägigen politischen Entscheidungen der Bundeskanzlerin oder des Bundeskanzlers oder der Bundesregierung vor. Der Bundessicherheitsrat kann endgültig entscheiden, soweit nicht nach dem Grundgesetz oder einem Bundesgesetz ein Beschluss der Bundesregierung erforderlich ist. Die Sitzungen des Bundessicherheitsrates sind geheim.
- (3) Die zuständigen Mitglieder der Bundesregierung haben den Bundessicherheitsrat über die Planung und Durchführung der Maßnahmen von besonderer Bedeutung auf dem Gebiet der Sicherheitspolitik laufend zu unterrichten.
§ 2
- (1) Den Vorsitz des Bundessicherheitsrates führt die Bundeskanzlerin oder der Bundeskanzler, den stellvertretenden Vorsitz führt deren Stellvertreterin oder Stellvertreter. Den Beauftragten Vorsitz führt die Bundesministerin oder der Bundesminister der Verteidigung. Der Beauftragte Vorsitz wird ausgeübt, wenn die Personen nach Satz 1 verhindert sind.
- (2) Mitglieder des Bundessicherheitsrates sind die Bundesministerinnen und Bundesminister des Auswärtigen, des Innern, der Justiz und für Verbraucherschutz, der Finanzen, für Wirtschaft und Energie, der Verteidigung, für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung und die Chefin oder der Chef des Bundeskanzleramtes. Andere Mitglieder der Bundesregierung werden zu den Sitzungen des Bundessicherheitsrates hinzugezogen, wenn Angelegenheiten beraten werden, die ihren Geschäftsbereich berühren.
§ 3
- (1) An den Sitzungen des Bundessicherheitsrates nehmen dessen Mitglieder sowie die hinzugezogenen Mitglieder der Bundesregierung, im Verhinderungsfall die zu deren Vertretung befugten Personen, ferner die Chefin oder der Chef des Presse- und Informationsamtes der Bundesregierung oder die zu deren Vertretung befugte Person, die Generalinspekteurin oder der Generalinspekteur der Bundeswehr, die oder der Beauftragte der Bundesregierung für Fragen der Abrüstung und Rüstungskontrolle sowie die Personen, die mit der Geschäftsführung (§ 5 Abs. 1) und mit der Protokollführung (§ 7 Abs. 1) beauftragt sind, teil. Außerdem können die Chefin oder der Chef des Bundespräsidialamtes oder die zur Vertretung befugten Personen sowie die Leiterin oder der Leiter Kanzlerbüro oder die zur Vertretung befugten Personen teilnehmen.
- (2) Der Vorsitz kann die Sitzungen des Bundessicherheitsrates auf die Mitglieder der Bundesregierung beschränken.
- (3) Der Vorsitz kann anderen Personen die Teilnahme an der Sitzung des Bundessicherheitsrates im Einzelfall oder für dauernd gestatten.
§ 4
- (1) Der Vorsitz setzt die Tagesordnung im Benehmen mit den im Bundessicherheitsrat vertretenen Ressorts fest und bestimmt Ort und Zeit der Sitzungen. Bei Verhinderung der Bundeskanzlerin oder des Bundeskanzlers stimmt sich die Chefin oder der Chef des Bundeskanzleramtes mit den im Bundessicherheitsrat vertretenen Ressorts ab und übernimmt danach für die Bundeskanzlerin oder den Bundeskanzler die Einladung.
- (2) Die von Mitgliedern der Bundesregierung vorgelegten Entwürfe und die Ausführungen sind der Chefin oder dem Chef des Bundeskanzleramtes in vier Abdrucken einzureichen. Gleichzeitig sind je drei Abdrucke den Mitgliedern des Bundessicherheitsrates sowie den sonst beteiligten Mitgliedern der Bundesregierung und je ein Abdruck der Chefin oder dem Chef des Bundespräsidialamtes sowie des Presse- und Informationsamtes der Bundesregierung unmittelbar zuzuleiten.
- (3) Der Vorsitz kann die Verteilung von Entwürfen und Ausführungen auf die Mitglieder der Bundesregierung, die Mitglieder des Bundessicherheitsrates sind, beschränken.
- (4) Die Übersendung von Vorlagen hat so rechtzeitig zu erfolgen, dass für eine sachliche Prüfung vor der Beratung noch ausreichend Zeit bleibt.
§ 5
- (1) Die Geschäfte des Bundessicherheitsrates führt eine Beamtin oder ein Beamter oder ein weiblicher oder männlicher Offizier des Bundeskanzleramtes (geschäftsführende Beamtin/weiblicher Offizier oder geschäftsführender Beamter/Offizier).
Sie oder er veranlasst die Einladung zu den Sitzungen unter Beifügung der Tagesordnung.
- (2) Ein interministerielles Sekretariat, für das die Mitglieder des Bundessicherheitsrates Verbindungsbeamtinnen oder Verbindungsbeamte und Verbindungsoffiziere benennen, bereitet unter der Leitung der geschäftsführenden Beamtin/des weiblichen Offiziers oder des geschäftsführenden Beamten/Offiziers die Sitzungen des Bundessicherheitsrates vor. Es schlägt insbesondere die Beratungsgegenstände sowie die Reihenfolge ihrer Behandlung vor und sorgt für die rechtzeitige Einreichung der Vorlagen.
§ 6
- (1) Der Bundessicherheitsrat kann interministerielle Ausschüsse bilden. Diese Ausschüsse haben innerhalb der ihnen zugewiesenen Aufgaben beschlussreife Vorlagen an den Bundessicherheitsrat vorzubereiten.
- (2) Ein Vorbereitungsausschuss, dem in der Regel je eine Staatssekretärin oder ein Staatssekretär der sachlich beteiligten Bundesministerien (§ 2 Abs. 2) angehört, erörtert und koordiniert unter dem Vorsitz der geschäftsführenden Beamtin/des weiblichen Offiziers oder des geschäftsführenden Beamten/ Offiziers den Stand der Gesamtarbeiten und veranlasst die frühzeitige Unterrichtung der Mitglieder des Bundessicherheitsrates.
- (3) Die geschäftsführende Beamtin/der weibliche Offizier oder der geschäftsführende Beamte/ Offizier des Bundessicherheitsrates nimmt an den Besprechungen der interministeriellen Ausschüsse teil.
§ 7
- (1) Über die Ergebnisse der Beratungen des Bundessicherheitsrates wird ein Protokoll aufgenommen. Vor der Versendung des Protokolls holt die geschäftsführende Beamtin/der weibliche Offizier oder der geschäftsführende Beamte/Offizier die Zustimmung des Vorsitzes ein.
- (2) Das Protokoll wird den Mitgliedern des Bundessicherheitsrates sowie der Chefin oder dem Chef des Bundespräsidialamtes und der Chefin oder dem Chef des Presse- und Informationsamtes der Bundesregierung übersandt. Hinzugezogenen Mitgliedern der Bundesregierung werden die Sitzungsergebnisse, die ihr Ressort betreffen, schriftlich mitgeteilt.
- (3) Die Verteilung des Protokolls kann auf die Mitglieder des Bundessicherheitsrates beschränkt werden.
§ 8
- (1) Die Bundesregierung unterrichtet den Deutschen Bundestag über abschließende Genehmigungsentscheidungen, denen eine Befassung des Bundessicherheitsrates vorangegangen ist. Diese Unterrichtung erfolgt grundsätzlich schriftlich und beinhaltet Art und Anzahl der genehmigten Güter, das Empfängerland, die beteiligten deutschen Unternehmen und das Gesamtvolumen des Geschäfts, soweit nicht im Einzelfall verfassungsrechtlich geschützte Interessen einer Veröffentlichung entgegenstehen. Eine anschließende mündliche Erläuterung kann auf der Grundlage einzelner Erwägungsgründe erfolgen. Die Geheimhaltung gemäß § 1 Abs. 2 Satz 4 gilt insoweit nicht.
- (2) Genehmigungsentscheidungen des Vorbereitungsausschusses sowie Genehmigungsentscheidungen auf der Grundlage vorangegangener Voranfragen werden dem Bundessicherheitsrat zur abschließenden Billigung vorgelegt.
§ 9
Diese Geschäftsordnung tritt am 12. August 2015 in Kraft. Gleichzeitig tritt die Geschäftsordnung des Bundessicherheitsrates vom 27. Januar 1959 in der Fassung vom 4. Juni 2014 außer Kraft.