Der Präsident des Senats der Freien und Hansestadt Hamburg Hamburg, 1. Oktober 2019
An den Präsidenten des Bundesrates
Herrn Ministerpräsidenten
Daniel Günther
Sehr geehrter Herr Präsident,
die Landesregierungen von Hamburg und Bremen haben beschlossen, dem Bundesrat die als Anlage beigefügte Entschließung des Bundesrates - Arbeitnehmerfreizügigkeit - Transnationale Zusammenarbeit verbessern zuzuleiten.
Ich bitte Sie, die Vorlage gemäß § 36 Absatz 2 der Geschäftsordnung des Bundesrates auf die Tagesordnung der 981. Sitzung des Bundesrates am 11. Oktober 2019 zu setzen und sie anschließend den zuständigen Ausschüssen zur Beratung zuzuweisen.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Peter Tschentscher
Erster Bürgermeister
Entschließung des Bundesrates - Arbeitnehmerfreizügigkeit - Transnationale Zusammenarbeit verbessern
I. Der Bundesrat stellt fest:
Die Arbeitnehmerfreizügigkeit hat in Europa eine wachsende Bedeutung im Hinblick auf die Deckung des Fachkräftemangels gewonnen. Gleichzeitig werden auf dem Arbeitsmarkt neue Formen von Ausbeutung von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern bekannt. Oft resultiert die Benachteiligung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer aus dem Ausland aus fehlender Kenntnis des deutschen Arbeitsrechts. Die Beratungspraxis und die Erfahrungen in der internationalen Zusammenarbeit zeigen Unzulänglichkeiten in der länderübergreifenden Zusammenarbeit. Hier kommt es zu Friktionen bei der Aufklärung und Bekämpfung von auf Ausbeutung angelegten Strukturen, die die Arbeitnehmerfreizügigkeit missbrauchen.
Der Deutsche Zoll entdeckt regelmäßig auf Baustellen, im Speditions-, Transport- und Logistikgewerbe oder in Restaurantküchen in Deutschland Verstöße gegen arbeits- und sozialversicherungsrechtliche Vorschriften.
Laut Statistik der Bundesagentur für Arbeit gab es im Juni 2018 rund 2,1 Mio. sozialversicherungspflichtig Beschäftigte aus dem EU-Ausland in Deutschland. Knapp 900.000 Beschäftigte kommen aus den Ländern Bulgarien, Polen und Rumänien und stellen damit eine große Gruppe da. Der Aufklärungsbedarf der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer aus diesen Ländern ist besonders groß.
Die im Februar 2019 von Europäischem Parlament, Rat und Kommission beschlossene Errichtung der Europäischen Arbeitsbehörde (ELA) soll dazu dienen, die Mitgliedstaaten bei der Umsetzung von EU-Rechtsvorschriften in Bezug auf die Arbeitskräftemobilität in der gesamten Union und auf die Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit zu unterstützen. Ferner wird sie Arbeitnehmern und Arbeitgebern Informationen über die komplexen Aspekte der grenzüberschreitenden Arbeitskräftemobilität bereitstellen.
II. Der Bundesrat fordert die Bundesregierung auf:
- 1. Sich für die zügige Errichtung und adäquate Ausstattung der Europäischen Arbeitsbehörde einzusetzen, damit diese die ihr zugewiesenen Aufgaben zügig wahrnehmen kann. Dazu gehören insbesondere:
- - die Erleichterung des Zugangs der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, Arbeitgeber und nationalen Verwaltungen zu Informationen über ihre Rechte und Pflichten in Fällen grenzüberschreitender Mobilität,
- - die Unterstützung der Koordinierung der Mitgliedstaaten bei der grenzüberschreitenden Durchsetzung einschlägiger Unionsvorschriften; dazu gehört auch die Unterstützung konzertierter und gemeinsamer Kontrollen,
- - die Unterstützung der Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten bei der Bekämpfung nicht angemeldeter Erwerbstätigkeit;
- - die Unterstützung der Behörden der Mitgliedstaaten bei der Lösung grenzüberschreitender Streitfälle.
- 2. Sich in diesem Zusammenhang auch dafür einzusetzen, dass eine Überprüfung der Maßnahmen zur Umsetzung der Entsenderichtlinie (96/71/EG) und der Durchsetzungsrichtlinie (2014/67/EU) erfolgt.
- 3. bilaterale Vereinbarungen zur Zusammenarbeit insbesondere mit den Entsendeländern Polen, Bulgarien und Rumänien abzuschließen, die die Aufklärung über ausbeuterische Strukturen verbessern und deren Bekämpfung erleichtern.