Der Bundesrat hat in seiner 980. Sitzung am 20. September 2019 beschlossen, zu dem Gesetzentwurf gemäß Artikel 76 Absatz 2 des Grundgesetzes wie folgt Stellung zu nehmen:
1. Zu Artikel 2 Nummer 2a - neu - (§ 115 Absatz 1 Satz 3 Nummer 1 Buchstabe b, Nummer 2 Buchstabe a und b Satz 4 a - neu -, Satz 5 ZPO)
In Artikel 2 ist nach Nummer 2 folgende Nummer 2a einzufügen:
"2a. § 115 Absatz 1 wird wie folgt geändert:
- a) In Satz 3 Nummer 1 Buchstabe b sowie Nummer 2 Buchstabe a und b wird jeweils das Wort "höchsten" gestrichen und werden jeweils vor dem Wort "gemäß" die Wörter "vom Bund" eingefügt.
- b) Nach Satz 4 wird folgender Satz 4a eingefügt:
"Soweit am Wohnsitz der Partei aufgrund einer Neufestsetzung oder Fortschreibung nach § 29 Absatz 2 bis 4 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch höhere Regelsätze gelten, sind diese heranzuziehen."
- c) In Satz 5 werden nach der Angabe "Nummer 2" die Wörter "und nach Satz 5" eingefügt."
Begründung:
Derzeit richten sich die Freibeträge für die Prozesskostenhilfe (PKH) gemäß § 115 Absatz 1 Satz 3 der Zivilprozessordnung (ZPO) nach dem jeweils höchsten Regelsatz, der nach der Anlage zu § 28 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XII) festgesetzt oder fortgeschrieben worden ist. Das bedeutet: Sobald ein Land oder eine Kommune eine Regelsatzabweichung nach oben vornimmt, richten sich hiernach die PKH-Freibeträge im gesamten Bundesgebiet. Die Stadt München hat etwa seit dem 1. April 2012 kontinuierlich für ihr Gebiet gemäß § 29 SGB XII
Regelsätze beschlossen, die höher sind als im restlichen Bundesgebiet. In der Folge sind die PKH-Freibeträge im gesamten Bundesgebiet entsprechend angestiegen, ohne dass dies dort aufgrund erhöhter Lebenshaltungskosten gerechtfertigt wäre. Diese Sach- und Gesetzeslage erscheint weder (sozial) gerecht noch sinnvoll.
Unter dem Gesichtspunkt der vom Grundgesetz vorgesehenen Normenhierarchie erscheint es bedenklich, dass es der Bundesgesetzgeber in § 115 Absatz 1 Satz 3 Nummer 1 Buchstabe b und Nummer 2 ZPO jedem Land bzw. jeder Kommune quasi "blanko" überlassen hat, bundesweit die Höhe der PKH-Freibeträge festzulegen.
Die Verweisung in § 115 Absatz 1 Satz 3 ZPO auf die Anlage zu § 28 SGB XII wurde durch das "Gesetz zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zweiten und Zwölften Buches Sozialgesetzbuch" eingeführt, das mit Wirkung zum 30. März 2011 in Kraft getreten ist und mit dem im Wesentlichen die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts aus der Entscheidung vom 9. Februar 2010 ("Hartz-IV-Urteil") umgesetzt werden sollten (vergleiche BR-Drucksache 661/10 (PDF), Seite 74 f., 79). Bis zu dieser Gesetzesänderung wurde in § 115 Absatz 1 Satz 3 ZPO nicht auf die Anlage zu § 28 SGB XII verwiesen (welche es zuvor so auch noch gar nicht gab), sondern auf den "höchsten durch Rechtsverordnung nach § 28 Absatz 2 Satz 1 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch festgesetzten Regelsatz". Davon waren regionale Abweichungen durch die Sozialhilfeträger nicht umfasst.
Die Möglichkeit der Festsetzung regional geltender (höherer) Regelsätze durch örtliche Träger der Sozialhilfe und die möglichen Folgen für die PKH-Freibeträge erschließen sich zudem nur über ein recht komplexes Zusammenspiel der Vorschriften und resultieren letztlich aus § 29 Absatz 5 SGB XII.
Mit der derzeit allen PKH-Antragstellerinnen und -stellern in ganz Deutschland zu Gute kommenden Berücksichtigung der an regionalen Besonderheiten orientierten PKH-Freibeträge wird Ungleiches gleich behandelt.
Sachgerecht erscheint es, einen Gleichlauf von PKH-Recht mit dem Sozialrecht herzustellen. Es entspricht dem sozialen Gerechtigkeitsempfinden, dass für die Berechnung der Bedürftigkeit einer Antragstellerin oder eines Antragstellers im Rahmen des PKH-Verfahrens - sofern vorhanden - der jeweils regional geltende, an den Lebenshaltungskosten orientierte Regelsatz nach den §§ 28 ff. SGB XII maßgeblich sein soll. Damit wird dem vom Sozialrecht anerkannten Umstand Rechnung getragen, dass regionale Besonderheiten und statistisch nachweisbare, regionale Abweichungen beim Einkommen und bei den Verbrauchsausgaben vorhanden sein können. Diese sollen gegebenenfalls auch nur regional unmittelbar auf die PKH-Freibeträge durchschlagen. Etwaige soziale Schieflagen, die sich aufgrund örtlich stark unterschiedlicher Lebenshaltungskosten ergeben, sollten in erster Linie über eine Anpassung der sozialen Regelsätze - und nicht über die PKH-Freibeträge - ausgeglichen werden; die PKH-Freibeträge sollten dem für Antragstellerinnen und -steller aus der entsprechenden Region nur folgen.
Kleinere regionale Unterschiede bei den Lebenshaltungskosten können über den Sicherheitszuschlag von zehn Prozent nach § 115 Absatz 1 Satz 3 Nummer 2 Buchstabe a ZPO auf die bundeseinheitlich ermittelten Regelsätze aufgefangen werden. Erforderlichenfalls sollte man diskutieren, ob der Sicherheitszuschlag hierfür leicht (um ein oder zwei Prozentpunkte) erhöht werden sollte. Die im PKH-Bereich durch eine Änderung potenziell entstehende Unübersichtlichkeit der Freibeträge ist dadurch wesentlich eingeschränkt, dass derzeit - soweit ersichtlich - nur in einem Land - nämlich Bayern (dort etwa die Stadt München und die Landkreise München und Fürstenfeldbruck) - eine solche Abweichung von den bundeseinheitlichen Regelsätzen nach §§ 28 ff. SGB XII vorgenommen wird. Im Übrigen kann das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz gesetzlich verpflichtet werden, zusätzlich zu der - ohnehin ungefähr einmal je Kalenderjahr erfolgenden - Bekanntgabe der aktuell geltenden Beträge auch bei etwaigen regionalen Neufestsetzungen diese im Bundesgesetzblatt bekanntzugeben.
Eine Übergangsregelung ist wegen § 115 Absatz 1 Satz 4 ZPO entbehrlich.
2. Zu Artikel 2 Nummer 5 (§ 139 Absatz 1 Satz 3 ZPO)
Der Bundesrat bittet zu prüfen, ob es zur praktischen Durchsetzung der in Artikel 2 Nummer 5 vorgesehenen Ergänzung des § 139 Absatz 1 ZPO-E flankierender Präklusionsvorschriften bedarf, um einer darauf beruhenden Strukturierungsanordnung des Gerichts zur Durchsetzung verhelfen zu können.
Begründung:
Die klarstellende Ergänzung der die Prozessleitungsbefugnis des Gerichts regelnden Vorschriften der ZPO, sachdienliche Strukturierungs- und Abschichtungsmaßnahmen treffen zu dürfen, ist ausdrücklich zu begrüßen.
Um den mit einer Strukturierungsanordnung bezweckten, der Prozessökonomie dienenden Beschleunigungseffekt zu erreichen, erscheint es nach Auffassung der gerichtlichen Praxis sinnvoll, diese Befugnis mit flankierenden Maßnahmen wie einer sich an § 531 Absatz 2 Nummer 1 ZPO orientierenden Präklusionsregelung zu verbinden, um einer besseren Streitstoffaufbereitung auch tatsächlich zum Durchbruch zu verhelfen.
3. Zu Artikel 2 Nummer 6 Buchstabe b (§ 144 Absatz 3 Satz 2 - neu - ZPO)
In Artikel 2 Nummer 6 Buchstabe b ist dem § 144 Absatz 3 folgender Satz anzufügen:
" § 379 findet mit der Maßgabe Anwendung, dass das Gericht den Auslagenvorschuss unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstands nach billigem Ermessen einer oder mehreren Parteien auferlegen kann."
Begründung:
Wie im Gesetzentwurf erwähnt, besteht bereits nach geltendem Recht für die Gerichte die Möglichkeit, einen Sachverständigen als fachlichen Berater heranzuziehen. Dass von dieser Möglichkeit bislang nur zurückhaltend Gebrauch gemacht wird, liegt nach Stellungnahme der Gerichte nicht zuletzt daran, dass die Hinzuziehung des Sachverständigen gemäß § 144 ZPO nach bisherigem Recht nicht von der Zahlung eines Kostenvorschusses abhängig gemacht werden kann (vergleiche BGH, NJW-RR 2010, 1059, m.w. N.).
Dieser Umstand dürfte gerade bei komplexen, technisch komplizierten Sachverhalten - mithin Fällen, in denen die Hinzuziehung eines Sachverständigen besonders angebracht wäre - des Öfteren dazu führen, dass die Gerichte von der Möglichkeit des § 144 ZPO keinen Gebrauch machen. Denn gerade in solchen Fällen können Sachverständige häufig nicht zu den Regelsätzen des JVEG gewonnen werden. Die Voraussetzungen für eine Erhöhung sind mangels Einzahlung eines Kostenvorschusses in der Regel nicht gegeben, vergleiche § 13 JVEG. Es erscheint daher sachgerecht, dem Gericht auch im Rahmen des § 144 ZPO ausdrücklich die Möglichkeit zu eröffnen, die Hinzuziehung des Sachverständigen von der Zahlung eines Kostenvorschusses abhängig zu machen. Ob es hiervon Gebrauch macht - und welche Partei hierbei in welchem Umfang herangezogen wird - sollte dem Ermessen des Gerichts unter Berücksichtigung des Sach- und Streitstandes überlassen werden.
4. Zu Artikel 2 Nummer 11 (§ 348 Absatz 1 Satz 2 Nummer 2 ZPO)
Der Bundesrat bittet, im weiteren Gesetzgebungsverfahren die Formulierung in § 348 Absatz 1 Satz 2 Nummer 2 ZPO-E
"...die Zuständigkeit der Kammer nach § 72a Absatz 1 und 2 des Gerichtsverfassungsgesetzes oder nach dem Geschäftsverteilungsplan des Gerichts wegen der Zuordnung des Rechtsstreits zu den nachfolgenden Sachgebieten begründet ist ..." klarstellend dahin zu ändern, dass eine Zuordnung des Rechtsstreits zu den nachfolgend aufgeführten Sachgebieten dann nicht erforderlich ist, wenn die Zuständigkeit der Kammer nach § 72a Absatz 1 und 2 des Gerichtsverfassungsgesetzes begründet ist.
Begründung:
§ 348 Absatz 1 Satz 2 Nummer 2 ZPO-E lässt nach seinem Wortlaut zwei unterschiedliche Lesarten mit abweichendem Inhalt zu, was Rechtsunsicherheiten hervorrufen kann:
Variante 1
"Die Zivilkammer entscheidet durch eines ihrer Mitglieder als Einzelrichter. Dies gilt nicht, wenn
- 1. ...
- 2. die Zuständigkeit der Kammer [nach § 72a Absatz 1 und 2 des Gerichtsverfassungsgesetzes oder nach dem Geschäftsverteilungsplan des Gerichts]∗ wegen der Zuordnung des Rechtsstreits zu den nachfolgenden Sachgebieten begründet ist: ..."
In dieser Variante wäre die Kammer als Dreiergremium - unabhängig davon, ob die Einrichtung des Spezialspruchkörpers aufgrund bundesgesetzlicher Anordnung oder aufgrund eines "freien" Präsidiumsbeschlusses erfolgt ist - immer nur dann originär zuständig, wenn kumulativ eines der im Gesetz nachfolgend aufgeführten Sachgebiete betroffen ist.
Variante 2
"Die Zivilkammer entscheidet durch eines ihrer Mitglieder als Einzelrichter. Dies gilt nicht, wenn
- 1. ...
- 2. die Zuständigkeit der Kammer nach § 72a Absatz 1 und 2 des Gerichtsverfassungsgesetzes oder [nach dem Geschäftsverteilungsplan des Gerichts wegen der Zuordnung des Rechtsstreits zu den nachfolgenden Sachgebieten] ∗ begründet ist: ..."
In diesem Fall wäre die Kammer als Dreiergremium in den Fällen des § 72a GVG immer originär zuständig, gleich ob eines der nachfolgend aufgeführten Sachgebiete betroffen ist oder nicht. Letzteres wäre nur bei der Einrichtung von Spezialkammern durch "freien" Präsidiumsbeschluss von Bedeutung.
Der dargestellte Unterschied ist bisher nicht von Belang, da der Sachgebietskatalog des § 72a Satz 1 GVG de lege lata vollständig in dem des § 348 Absatz 1 Satz 2 Nummer 2 ZPO enthalten ist. Dieses soll sich nach dem vorliegenden Gesetzentwurf allerdings ändern, da § 72a Absatz 1 GVG-E auch "erbrechtliche Streitigkeiten" und "insolvenzrechtliche Streitigkeiten und Beschwerden sowie Anfechtungssachen nach dem Anfechtungsgesetz" benennt, die § 348 Absatz 1 Satz 2 Nummer 2 ZPO nicht aufgeführt sind. Selbiges gilt für Sachgebiete, die die Länder aufgrund der in § 72a Absatz 2 GVG-E enthaltenen Verordnungsermächtigung über § 348 Absatz 1 Satz 2 Nummer 2 ZPO hinaus zur Spezialmaterie erklären werden.
Diesseits wird zwar davon ausgegangen, dass die Bundesregierung eine Regelung im Sinne der Variante 2 beabsichtigt, schließlich werden in der Begründung des Gesetzentwurfes lediglich "redaktionelle Anpassungen" angeführt. Es erscheint also fernliegend, dass eine "völlig neue Variante" - Spezialisierung eines Spruchkörpers aufgrund bundesgesetzlicher Anordnung bei originärer Zuständigkeit des Einzelrichters - gewollt ist. Letztlich würde es auch einen Wertungswiderspruch darstellen, wenn der Bundesgesetzgeber wegen der besonderen Bedeutung einer Materie - zulässiger Weise - durch Anordnung obligatorischer Spezialkammern in die Unabhängigkeit der Präsidien eingriffe, dort aber dann originär (nur) den Einzelrichter vorsähe.
Um konkret drohende Streitigkeiten über die korrekte Besetzung des Gerichts - und damit über das verfassungsrechtliche Gebot des gesetzlichen Richters gemäß Artikel 101 des Grundgesetzes - in erbrechtlichen und insolvenzrechtlichen Streitigkeiten - sowie in von den Ländern über § 348 Absatz 1 Satz 2 Nummer 2 ZPO hinaus erklärten Spezialmaterien - zu vermeiden, sollte im weiteren Gesetzgebungsverfahren eine eindeutige Formulierung im Sinne der Variante 2 gefunden werden.
5. Zu Artikel 2 Nummer 11a - neu - (§ 522 Absatz 1 Satz 4, Absatz 3 ZPO)
Nach Artikel 2 Nummer 11 ist folgende Nummer 11a einzufügen:
"11a. § 522 wird wie folgt geändert:
- a) Absatz 1 Satz 4 wird aufgehoben.
- b) Absatz 3 wird wie folgt gefasst:
(3) Gegen Beschlüsse nach Absatz 1 und 2 steht dem Berufungsführer das Rechtsmittel zu, das bei einer Entscheidung durch Urteil zulässig wäre." '
Begründung:
Die bislang geltende künstliche Aufspaltung der Rechtsmittel gegen Entscheidungen des Berufungsgerichts sollte bereinigt werden.
Nach bisherigem Recht gestaltet sich das Rechtsmittelsystem gegen Entscheidungen des Berufungsgerichts wie folgt:
Erachtet dieses die Berufung als unzulässig, kann es einerseits die Berufung durch Beschluss als unzulässig verwerfen, § 522 Absatz 1 Satz 3 ZPO; in diesem Fall ist statthafter Rechtsbehelf die Rechtsbeschwerde, § 522 Absatz 1 Satz 4 ZPO. Verwirft es die Berufung stattdessen durch Urteil, bleibt es beim Rechtsmittel der Revision bzw. Nichtzulassungsbeschwerde.
Im Falle der Zurückweisung der Berufung unter den Voraussetzungen des § 522 Absatz 2 Satz 1 ZPO steht dem Beschwerdeführer dagegen die Nichtzulassungsbeschwerde als Rechtmittel zu, das bei einer Entscheidung durch Urteil zulässig wäre, § 522 Absatz 3 ZPO.
Sachliche Gründe für die Aufspaltung der Rechtsbehelfe bestehen weder nach geltendem Recht noch nach den Änderungen durch den vorliegenden Gesetzentwurf. So findet insbesondere die Wertgrenze für die Nichtzulassungsbeschwerde allgemein keine Anwendung, wenn die Berufung als unzulässig verworfen wurde, § 26 Nummer 8 Satz 2 EGZPO bzw. § 544 Absatz 2 Nummer 2 ZPO-E. Die Zulässigkeit der Rechtsbeschwerde ist ferner an dieselben Voraussetzungen geknüpft, die für die Zulassung der Revision gelten, vergleiche § 543 Absatz 2 Satz 1, § 574 Absatz 2 ZPO.
Die Aufspaltung hat primär historische Hintergründe: Bei Schaffung von § 522 Absatz 1 Satz 4 ZPO war eine Anfechtung von Beschlüssen nach § 522 Absatz 2 ZPO noch nicht vorgesehen, § 522 Absatz 3 ZPO alter Fassung Im Rahmen der Änderung von § 522 Absatz 3 ZPO hat sich der Gesetzgeber ausdrücklich gegen die Rechtsbeschwerde als statthaftes Rechtsmittel entschieden, da diese als Rechtsmittel gegen Neben- und Zwischenentscheidungen konzipiert und damit systematisch nicht das richtige Rechtsmittel gegen eine die Instanz abschließende Entscheidung sei (vergleiche BT-Drucksache 17/5334, Seite 8).
Das jetzige Gesetzesvorhaben bietet die Gelegenheit, diesen zutreffenden Gedanken konsequent umzusetzen und das Rechtsmittelsystem zu vereinfachen.
6. Zu Artikel 2 Nummer 15a - neu - (§ 614 Satz 2 ZPO)
Zu Artikel 2 ist nach Nummer 14 folgende Nummer 15a einzufügen:
"15a. § 614 Satz 2 wird wie folgt gefasst:
"Abweichend von § 543 ist die Revision stets statthaft." '
Begründung:
Die Gelegenheit revisionsrechtlicher Änderungen sollte zur Beseitigung einer Unklarheit genutzt werden, die mit dem Gesetz zur Einführung einer zivilprozessualen Musterfeststellungsklage entstanden ist. Es sollte ausweislich der Stellungnahme des Bundesrates (in BR-Drucksache 176/18(B) , Nummer 2 f.) sowie der Einschätzung des Rechtsausschusses des Deutschen Bundestages (BT-Drucksache 19/2741, S. 26) erreicht werden, dass die Revision gegen Musterfeststellungsurteile "ungeachtet des § 26 Nummer 8 EGZPO stets zulässig ist". Hierfür ist in § 614 Satz 2 ZPO die Vermutung grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des § 543 Absatz 2 Nummer 1 ZPO geschaffen worden. Diese Regelung ist indessen unklar und führt zu Auslegungsproblemen. So ist offen und in der Literatur umstritten, ob es eines Zulassungsakts des Oberlandesgerichts (überhaupt) noch bedarf. Ferner ist unklar, ob gegebenenfalls die Nichtzulassung unterhalb der Wertgrenze beschwerdefähig ist (vergleiche im Einzelnen Toussaint FD-ZVR 2018, 408457). Deshalb scheint eine Klarstellung angezeigt.
7. Zu Artikel 3 Nummer 3 (§ 72a Absatz 1 Nummer 7 GVG), Nummer 4 (§ 119a Absatz 1 Nummer 7 GVG)
Der Bundesrat bittet im weiteren Gesetzgebungsverfahren hinsichtlich der in § 72a Absatz 1 Nummer 7 und § 119a Absatz 1 Nummer 7 GVG-E jeweils vorgesehenen Aufnahme von "insolvenzrechtliche[n] Streitigkeiten und Beschwerden sowie Anfechtungssachen nach dem Anfechtungsgesetz" um eine klarstellende Regelung im Gesetzeswortlaut, dass hiervon Feststellungklagen nach den §§ 180 ff. der Insolvenzordnung (InsO) nicht erfasst sind.
Begründung:
In der Begründung des Gesetzentwurfs wird ausgeführt, dass Feststellungklagen nach den §§ 180 ff. InsO nicht erfasst sein sollen. Diese mögen zwar insolvenzbezogen im Sinne des Artikels 6 Absatz 1 der Verordnung 2015/848 über Insolvenzverfahren sein, allerdings könne diese Insolvenzbezogenheit allein aus dem prozessualen Kontext und insbesondere aus der Rechtskrafterstreckung des § 183 Absatz 1 InsO folgen, wohingegen der Klageanspruch in aller Regel nicht insolvenzrechtlich zu qualifizieren ist, sodass eine Einbeziehung in das Sachgebiet keinen Beitrag zur Spezialisierung der Kammern leisten könne.
Im Interesse der Normenklarheit sollte diese Bereichsausnahme ausdrücklich Eingang in die jeweilige Gesetzesformulierung finden, um Anwendungsprobleme zu vermeiden.
8. Zu Artikel 3 Nummer 4 (§ 119a Absatz 1 Nummer 7 GVG)
In Artikel 3 Nummer 4 sind in § 119a Absatz 1 Nummer 7 die Wörter "und Beschwerden" zu streichen.
Begründung:
§ 119a Absatz 1 Nummer 7 GVG-E sieht entsprechend der Regelung des § 72a Absatz 1 Nummer 7 GVG-E auch auf der Ebene der Oberlandesgerichte die obligatorische Einrichtung von Spezialspruchkörpern für insolvenzrechtliche Streitigkeiten und Beschwerden vor. Insolvenzrechtliche Beschwerdesachen im eigentlichen Sinne, das heißt Beschwerden gegen Entscheidungen des Insolvenzgerichts, kommen allerdings nach dem Instanzenzug bei den Oberlandesgerichten nicht vor, sondern nur bei den Landgerichten. Anders als in § 72a Absatz 1 Nummer 7 GVG-E geht es bei der Einbeziehung der Beschwerden in § 119a Absatz 1 Nummer 7 GVG-E daher auch nicht um die insolvenzrechtlichen Beschwerdesachen im eigentlichen Sinne, sondern um solche Beschwerdesachen, die "mit Streitigkeiten im Zusammenhang stehen, für die in erster Instanz die insolvenzrechtliche Spezialkammer beim Landgericht zuständig ist (zum Beispiel Beschwerden wegen der Ablehnung von Prozesskostenhilfe)", Einzelbegründung des Gesetzentwurfes zu Artikel 3 Nummer 4 Absatz 1 in BR-Drucksache 366/19 (PDF), Seite 20.
Für die Einbeziehung dieser Beschwerden bedarf es des Zusatzes "und Beschwerden" in § 119a Absatz 1 Nummer 7 GVG-E nicht. Auch wenn zum Beispiel Prozesskostenhilfeverfahren keine Streitigkeiten im eigentlichen Sinne sind, werden sie nach bisheriger Auffassung als Nebenverfahren von dem Begriff der Streitigkeit mit umfasst (vergleiche OLG Saarbrücken, Beschl. vom 05.12.2012 - 5 W 412/12 -, juris, Rn. 6; Zöller-Greger, ZPO, 32. Aufl. 2018, § 348 Rn. 2, jeweils zu § 348 ZPO). Vielmehr wirft die ausdrückliche Erwähnung der Beschwerden nur in § 119a Absatz 1 Nummer 7 GVG-E, aber nicht in § 119a Absatz 1 Nummer 1 bis 6 GVG-E neue Auslegungsfragen auf. Sie legt nahe, dass bei den Sachgebieten nach § 119a Absatz 1 Nummer 1 bis 6 GVG-E Beschwerden mit entsprechenden Bezügen zum Beispiel in Prozesskostenhilfeverfahren nicht (mehr) in die Zuständigkeit der Spezialsenate fallen. Ein solches Verständnis der Regelung kann nicht gewollt sein.
In § 72a Absatz 1 Nummer 7 GVG-E muss es dagegen bei der ausdrücklichen Erwähnung der insolvenzrechtlichen Beschwerden bleiben. Die dort gemeinten Beschwerden gegen Entscheidungen des Insolvenzgerichts gehören nicht als Nebenverfahren zu einer eigentlichen Rechtsstreitigkeit und würden von dem Begriff nur der insolvenzrechtlichen Streitigkeiten nicht ohne weiteres erfasst.
∗ Die Klammerung erfolgt nur zur Verdeutlichung.