Der Bundesrat hat in seiner 971. Sitzung am 19. Oktober 2018 die aus der Anlage ersichtliche Entschließung gefasst
Anlage
Entschließung des Bundesrates zu mehr Transparenz und Kundenschutz bei Internetverträgen
- 1. Der Bundesrat betrachtet mit Sorge, dass Kundinnen und Kunden, die mit einem Telekommunikationsunternehmen einen Vertrag über schnelle Internetverbindungen abgeschlossen haben, in vielen Fällen die vertraglich zugesicherte maximale Datenübertragungsrate nicht einmal ansatzweise zur Verfügung gestellt bekommen.
- 2. Der Bundesrat ist der Überzeugung, dass weitere Maßnahmen ergriffen werden müssen, um mehr Transparenz für Verbraucherinnen und Verbraucher sowie die Wirtschaft über den nach einem Vertragsabschluss zu erwartenden Leistungsumfang sicherzustellen.
- 3. Zum Erreichen dieses Ziels kommen verschiedene Instrumente in Betracht. Der Bundesrat bittet die Bundesregierung daher um Prüfung, ob:
- a) Anbieter von Internetzugangsdiensten Kundinnen und Kunden vor Vertragsabschluss über die tatsächlich realisierbare Breitband-Geschwindigkeit anhand von Vergleichsberechnungen mit vergleichbaren Anschlüssen im selben Einzugsgebiet aufklären sollten,
- b) gesetzliche Regelungen geschaffen werden sollten, die es Kundinnen und Kunden ermöglichen, den vereinbarten Preis zu mindern, wenn es zu einer deutlichen Abweichung von der vereinbarten Datenübertragungsrate kommt. Als deutliche Abweichung ist die Grenze bei weniger als 90 Prozent der vertraglich vereinbarten normalen Bandbreite festzusetzen,
- c) bei erheblichen, kontinuierlichen oder regelmäßig wiederkehrenden Abweichungen bei der Geschwindigkeit oder bei anderen Dienstqualitätsparametern von Internetzugangsdiensten pauschalierte Schadenersatzansprüche für Verbraucherinnen und Verbraucher vorgesehen werden sollten,
- d) die Breitbandmessungen der Bundesnetzagentur als Grundlage für eine widerlegbare Vermutung einer nicht vertragskonformen Leistung des Anbieters von Internetzugängen dienen sollten,
- e) die Instrumente der Bundesnetzagentur hinsichtlich ihrer Eingriffsmöglichkeiten bei Abweichungen von den zugesicherten Bandbreiten bis hin zur Verhängung von Bußgeldern weiter ausgebaut werden sollten.
Begründung:
Die Versorgung der Bevölkerung und der Wirtschaftsteilnehmer mit schnellen Internetzugängen ist mit Blick auf die Zukunfts- und Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands essentiell. Der Ausbau des Breitbandnetzes wird daher von Bund, Ländern, Kommunen und Telekommunikationsanbietern vorangetrieben. Es genügen jedoch nicht allein Investitionen in eine bessere digitale Infrastruktur, sondern der Erfolg dieser Maßnahmen muss sich daran messen lassen, welche Breitband-Geschwindigkeit bei den Haushalten und Unternehmen tatsächlich ankommt.
Die tatsächlich erhaltene Datenübertragungsrate ist entsprechend der vorliegenden Daten der Bundesnetzagentur deutlich niedriger als die vertraglich vereinbarte maximale Datenübertragungsrate. So erhielten laut aktueller Veröffentlichung der Bundesnetzagentur im Jahresbericht Breitbandmessung 28,4 Prozent der Nutzerinnen und Nutzer weniger als die Hälfte der vertraglich vereinbarten maximalen Leistung. Beim Upload fallen die Zahlen etwas positiver aus. Es ist nicht die erste Untersuchung, die zeigt, dass Kundinnen und Kunden oftmals nicht die vertraglich vereinbarte maximale Datenübertragungsrate erhalten.
Damit Verbraucherinnen und Verbraucher sowie Unternehmen einschätzen können, welche Leistung der Anbieter am Ende tatsächlich zur Verfügung stellen kann, sollte der Anbieter vor Vertragsabschluss Informationen über den Leistungsumfang in der Nachbarschaft übersenden. Kann der Anbieter seine zugesicherten Leistungen nicht einhalten, müsste das spürbare Konsequenzen für die Unternehmen haben. Bisher steht den Kundinnen und Kunden zwar ein Kündigungsrecht zu. Da es aber oft keine leistungsstärkere Alternative zum gewählten Anbieter gibt, bleibt dieses Instrument ohne konkreten Nutzen.
Einige Neuerungen für mehr Verbraucherschutz in diesem Bereich sind erst kürzlich in Kraft getreten, derzeit kann die Wirkung der neuen Instrumente (zum Beispiel Schlichtungsstelle und Messtool der Bundesnetzagentur) in der Praxis noch nicht abschließend bewertet werden. Es erscheint sinnvoll, vor einer abschließenden Festlegung über die optimalen weiteren Instrumente für mehr Transparenz von der Bundesregierung jetzt eine Prüfung der eingebrachten Maßnahmen und Themenfelder zu erbitten. Die Rechte von Verbraucherinnen und Verbrauchern und Wirtschaftskunden müssen gewahrt werden. Die Bundesregierung müsste deshalb gegebenenfalls gesetzlich nachsteuern. Zwar gab es mit der Umsetzung der Verordnung zur Förderung der Transparenz auf dem Telekommunikationsmarkt (TK Transparenzverordnung - TKTransparenzV) vom 19. Dezember 2016 durch das Verhängen von Bußgeldern durch die Bundesnetzagentur und die Verbesserung der Informationspflichten durch das sogenannte Produktinformationsblatt positive Signale. Die Praxis zeigt aber, dass dies nicht ausreicht. Verbraucherinnen und Verbraucher haben nach wie vor keine durchsetzbaren Rechte, falls es zu wiederholten Abweichungen der vertraglich vereinbarten Datenübertragungsrate kommt. Ziel sollte es sein, einen transparenten Markt zu schaffen, in dem Verbraucherinnen und Verbraucher vor Mogelpackungen geschützt werden. Regelmäßige Geschwindigkeitsunterschreitungen sind gerade in Zeiten eines steigenden Bedarfs an hohen Bandbreiten ein wachsendes Ärgernis, insbesondere wenn kostenpflichtige Dienste nicht einwandfrei genutzt werden können. Verbraucherinnen und Verbraucher benötigen hier gegebenenfalls rechtliche wie auch technische Sicherheiten. Die allgemeinen Kündigungsregeln im Zivilrecht können dies nicht abschließend gewährleisten.
Verbraucherinnen und Verbraucher und die Wirtschaft, die ein Recht auf Erfüllung der vereinbarten Geschwindigkeit haben, müssten daher den vereinbarten Preis mindern können, wenn die Leitungsgeschwindigkeit nachgewiesenermaßen nicht der versprochenen Bandbreite entspricht. Bei erheblichen, kontinuierlichen oder regelmäßig wiederkehrenden Abweichungen bei der Geschwindigkeit oder bei anderen Dienstqualitätsparametern von Internetzugangsdiensten sollte geprüft werden, ob Schadenersatzansprüche erhoben werden können. Neben Problemen mit der Geschwindigkeit bei Internetzugangsdiensten beschweren sich Verbraucherinnen und Verbraucher oft über Verzögerung, Verzögerungsschwankungen und Paketverlust. Unter Verzögerung (oder auch Latenz/Ping-Wert genannt) versteht man die Ladezeit für den Aufbau einer Webseite. Bei einem Paketverlust gehen bestimmte Daten verloren, das heißt das Bild ruckelt oder es fehlen bestimmte Abschnitte auf einer Seite. Beide Aspekte sind neben der Geschwindigkeit, also der Bandbreite, wichtige Parameter für die Qualität des Anschlusses. Die Rechtsdurchsetzung könnte durch eine Beweiserleichterung vereinfacht werden. Daher sollten die Breitbandmessungen der Bundesnetzagentur als Grundlage für eine widerlegbare Vermutung einer nicht vertragskonformen Leistung des Anbieters von Internetzugangsdiensten dienen. Damit müsste der Anbieter in einem möglichen Gerichtsverfahren nachweisen, dass er die versprochene Leistung tatsächlich erbracht hat.