Stellungnahme des Bundesrates
Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung des Rechts des Angeklagten auf Vertretung in der Berufungsverhandlung und über die Anerkennung von Abwesenheitsentscheidungen in der Rechtshilfe

Der Bundesrat hat in seiner 928. Sitzung am 28. November 2014 beschlossen, zu dem Gesetzentwurf gemäß Artikel 76 Absatz 2 des Grundgesetzes wie folgt Stellung zu nehmen:

1. Zu Artikel 1 Nummer 5 (§ 329 Absatz 1 Satz 1, Absatz 1 Satz 2 Nummer 2 und Nummer 3, Absatz 2 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1 StPO), Nummer 6 Buchstabe b (§ 330 Absatz 2 Satz 2 StPO)

Artikel 1 ist wie folgt zu ändern:

Begründung:

Durch die qualifizierte Anforderung an die schriftliche Vertretungsvollmacht des Verteidigers wird sichergestellt, dass die Vertretung des Angeklagten im jeweiligen Berufungshauptverhandlungstermin und die (weitere) Durchführung der Berufung, die für den Angeklagten eine negative Kostenfolge und die in § 329 Absatz 2 StPO-E genannten Zwangsmaßnahmen auslösen kann, auch seinem aktuellen Willen entspricht. Ebenso wird hierdurch dem Missbrauch der Verwendung einer vom Angeklagten bereits im Ermittlungsverfahren ausgestellten pauschalen Vollmacht, die formularmäßig eine Vertretungsvollmacht für eine etwaige Berufungsverhandlung enthält, vorgebeugt. Zudem trägt die Qualifizierung der Vertretungsvollmacht dem Umstand Rechnung, dass der Abwesenheitsverhandlung in der Strafprozessordnung Ausnahmecharakter innewohnt.

2. Zu Artikel 1 Nummer 5 ( § 329 Absatz 6 StPO)

In Artikel 1 Nummer 5 ist in § 329 Absatz 6 der Punkt am Ende durch die Wörter ", sofern er nicht durch einen Verteidiger mit schriftlicher Vertretungsvollmacht vertreten wurde." zu ersetzen.

Begründung:

Es bedarf der Klarstellung, dass für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand kein Raum ist, wenn der Angeklagte in der Hauptverhandlung wirksam vertreten worden ist. Hiervon geht auch die Begründung des Gesetzentwurfs aus. Der Wortlaut der Regelung lässt hingegen Interpretationsmöglichkeiten zu. Dies zeigt insbesondere der Umstand, dass der Referentenentwurf bei gleichlautendem Wortlaut in seiner Begründung noch ausdrücklich davon ausgegangen war, dass eine Wiedereinsetzung auch in Betracht komme, wenn gemäß § 329 Absatz 2 StPO-E in Anwesenheit des den Angeklagten vertretenden Verteidigers verhandelt worden ist. Die nach dem Gesetzentwurf vorgesehene Möglichkeit der Wiedereinsetzung sollte daher ausdrücklich auf die Fälle der Berufungsverwerfung beschränkt bleiben, in denen weder der Angeklagte noch ein Verteidiger mit schriftlicher Vertretungsvollmacht erschienen ist. In den Fällen, in denen ein Verteidiger mit schriftlicher Vertretungsvollmacht erschienen ist, ist zur Wahrung der Rechte des Angeklagten das Rechtsmittel der Revision ausreichend.