956. Sitzung des Bundesrates am 31. März 2017
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Der Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit empfiehlt dem Bundesrat, zu der Vorlage gemäß §§ 3 und 5 EUZBLG wie folgt Stellung zu nehmen:
Zur Vorlage allgemein
- 1. Der Bundesrat begrüßt, dass mit dem Verordnungsvorschlag nach Ablauf der Beschränkung des sogenannten Stop-the-Clock-Beschlusses zum 31. Dezember 2016 Rechtssicherheit hinsichtlich des Geltungsbereiches des Emissionshandels im Luftverkehr geschaffen werden soll. Im Hinblick auf den seit 1. Januar 2017 geltenden Geltungsbereich stellt der Bundesrat allerdings fest, dass die seit 2013 eingeführte Einschränkung des Anwendungsbereichs der EU-Emissionshandelsrichtlinie auf Flüge innerhalb des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR) weiterhin Gültigkeit besitzt und interkontinentale Flüge weiterhin nicht dem Emissionshandel unterliegen.
Zudem ist der von der Internationalen Zivilluftfahrtorganisation (International Civil Aviation Organization - ICAO) vorgeschlagene globale marktbasierte Mechanismus (GMBM) bisher nur in groben Zügen erkennbar; die für seine Anwendung erforderlichen Vorschriften und Detailregelungen sind noch zu entwickeln. Damit weist der GMBM ein geringes Anspruchsniveau auf. Er setzt auf ein CO₂-neutrales Wachstums des Luftverkehrs ab 2021. Über das Niveau von 2020 hinausgehende Emissionen sollen durch geeignete Klimaschutzprojekte kompensiert werden. Der GMBM soll ab 2021 auf freiwilliger Basis in einer Pilotphase beginnen und erst ab 2027 verpflichtend werden. Der Bundesrat bittet daher die Bundesregierung, sich dafür einzusetzen, dass möglichst rasch konkrete Instrumente und Umsetzungsregeln für den GMBM erarbeitet werden.
Zu Artikel 28b
- 2. In Artikel 28b des Verordnungsvorschlags ist eine Berichterstattung durch die Kommission über die Richtlinien und Instrumente der ICAO vorgesehen, die dazu dienen können, den GMBM ab 2021 anzuwenden. Einen Termin für die Vorlage dieses Berichtes enthält der Vorschlag nicht.
Der Bundesrat ist der Auffassung, dass die mögliche Einführung eines GMBM rechtzeitig vor Beginn der vierten Handelsperiode eingehend geprüft und hinsichtlich ihrer Auswirkungen auf das EU-Emissionshandelssystem (ETS) bewertet werden muss. Hierzu bedarf es eines detaillierten Vergleichs der Instrumente GMBM und Emissionshandel unter mindestens den folgenden Aspekten:
- - Bewertung der von der ICAO zur Umsetzung eines GMBM vorgeschlagenen Rechtsinstrumente, - Kohärenz des GMBM mit den Zielen und Regeln des ETS,
- - Vergleich der Auswirkungen einer Umsetzung des ETS gemäß dem ursprünglichen geographischen Anwendungsbereich gegenüber der Einbindung des GMBM,
- - Vergleich der Auswirkungen eines linearen Reduktionsfaktors im ETS gegenüber einem CO₂-neutralen Wachstum des Luftverkehrs,
- - Umfang der Teilnahme am GMBM, insbesondere in der Der Bundesrat bittet die Bundesregierung, sich weiter dafür einzusetzen, dass ein solcher Bericht spätestens Ende 2018 vorgelegt wird, damit genügend zeitlicher Spielraum verbleibt, um Regelungen für die vierte Periode des Emissionshandels (2021 bis 2030) festzulegen.
Zur Vorlage im Übrigen
- 3. Der Bundesrat stellt fest, dass der Beschränkung der von dem Luftverkehr verursachten Treibhausgasimmissionen zur Erreichung des in Paris vereinbarten globalen Klimaschutzziels eine große Bedeutung zukommt. Er verweist in diesem Zusammenhang auf die Problematik der zu erwartenden stark steigenden Emissionen des globalen Luftverkehrs und hält deshalb über den EWR hinausgehende Lösungsansätze für notwendig. Der Bundesrat hält es vor dem Hintergrund der für die EU in Anspruch zu nehmenden Vorbildrolle bei der globalen Emissionsminderung für erforderlich, dass zumindest in den Jahren nach 2021 der Luftverkehr im EWR an der Reduzierung der Emissionen in demselben Umfang teilnimmt wie die übrigen dem Emissionshandel unterworfenen Sektoren. Eine Ausnahme von der im ETS - und im Lastenausgleich - vorgesehenen Reduktionsverpflichtung ist auch vor dem Hintergrund der verdichteten Geographie Europas nicht gerechtfertigt.
Begründung (nur gegenüber dem Plenum):
Es ist ein Gebot der allgemeinen Gerechtigkeit, dass alle Wirtschaftssektoren grundsätzlich den gleichen Reduktionsverpflichtungen im Rahmen des ETS unterliegen. Ein Grund, für den innereuropäischen Luftverkehr eine Ausnahme zu ermöglichen, ist nicht ersichtlich und wäre darüber hinaus ein problematisches Präjudiz für andere Bereiche des klimapolitisch nicht unproblematischen Verkehrssektors, dies auch vor dem Hintergrund, dass die Geographie Europas auch außerhalb des Luftverkehrs eine schnelle Beförderung von Personen zulässt.
Das von der ICAO auf den Weg gebrachte Offsetting-System ohne Kappungsgrenze und mit der Möglichkeit der Kompensation von Emissionssteigerungen durch Ausgleichsmaßnahmen würde für den EWR ein Rückschritt gegenüber der aktuellen Systemgestaltung bedeuten. Seine Anwendung auf den EWR ist deshalb abzulehnen. Nicht unproblematisch ist in diesem Zusammenhang Artikel 28b Ziffer 2 des Verordnungsvorschlags, nach dem der von der Kommission zu erstellende Bericht Wege, inwieweit die beschriebenen ICAO-Instrumente durch eine Änderung der ETS-Richtlinie in Unionsrecht übernommen werden können, und dabei gegebenenfalls auch die Vorschriften für innereuropäische Flüge prüfen soll. Dies erscheint auch nicht völlig kongruent mit dem grundsätzlich ergebnisoffenen Ansatz in der Begründung des Änderungsvorschlags.
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- 4. Der federführende Ausschuss für Fragen der Europäischen Union, der Verkehrsausschuss und der Wirtschaftsausschuss empfehlen dem Bundesrat, von der Vorlage gemäß §§ 3 und 5 EUZBLG Kenntnis zu nehmen.