Der Ministerpräsident des Landes Nordrhein-Westfalen Düsseldorf, 30. April 2019
An den Präsidenten des Bundesrates
Herrn Ministerpräsidenten
Daniel Günther
Sehr geehrter Herr Bundesratspräsident,
die Landesregierung von Nordrhein-Westfalen hat beschlossen, dem Bundesrat den als Anlage beigefügten Antrag für eine Entschließung des Bundesrates zur Stärkung der Unabhängigkeit des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) zuzuleiten.
Ich bitte, die Vorlage gemäß § 36 Absatz 2 der Geschäftsordnung des Bundesrates in die Tagesordnung der Sitzung des Bundesrates am 17. Mai 2019 aufzunehmen und anschließend den zuständigen Ausschüssen zur Beratung zuzuweisen.
Mit freundlichen Grüßen
Armin Laschet
Entschließung des Bundesrates zur Stärkung der Unabhängigkeit des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK)
Der Bundesrat möge folgende Entschließung fassen:
- - Der Bundesrat begrüßt die Vereinbarung der Regierungsparteien im Koalitionsvertrag, die Medizinischen Dienste der Krankenversicherung (MDK) zu stärken und deren Unabhängigkeit zu gewährleisten.
- - Zwar ist die fachliche Unabhängigkeit des MDK grundsätzlich gesetzlich normiert, so sind die Gutachterinnen und Gutachter nur ihrem ärztlichen Gewissen unterworfen. Allerdings beschweren sich nicht nur Versicherte, sondern auch viele Fachverbände darüber, dass die Gutachter des MDK letztlich indirekt doch in einem Abhängigkeitsverhältnis zu Kranken- oder Pflegekassen stehen. So sind die Organisationsstrukturen von Krankenkassen und MDK verflochten, der Verwaltungsrat des MDK wird von den Verwaltungsräten der Krankenkassen gewählt, bis zu 1/4 der Mitglieder des Verwaltungsrates können hauptamtliche Krankenkassenmitarbeiter sein. Richtlinien z.B. für die einheitliche Begutachtung werden nicht vom MDK selbst sondern vom Medizinischen Dienst des GKV-Spitzenverbandes (MDS) erlassen. Hier gilt es zukünftig jeden Anschein einer Einflussnahme auf die Gutachtertätigkeit des MDK seitens der Krankenoder der Pflegekassen zu vermeiden.
- - Der Bundesrat bittet daher, zeitnah die notwendigen gesetzlichen Änderungen vorzunehmen, um die Rolle des MDK als unabhängige Gutachterorganisation im Bereich der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung zu stärken. Er sieht es dabei insbesondere als notwendig an,
- o die MDKs als selbstständige Körperschaften des öffentlichen Rechts und nicht mehr als Arbeitsgemeinschaften der Krankenkassen auszugestalten,
- o dabei an der föderalen Struktur der Medizinischen Dienste wegen der notwendigen Kenntnis der regionalen Strukturen und der Nähe zu den regionalen Verantwortlichen des Gesundheitswesens festzuhalten,
- o den MDS von der Trägerschaft des GKV-Spitzenverbandes zu lösen und als eigenständige Körperschaft des öffentlichen Rechts mit den einzelnen MDKs als Träger einzurichten,
- o die Richtlinienkompetenz des neu aufgestellten MDS zu stärken, um den möglichen Einfluss auf die Begutachtungspraxis bei den einzelnen MDKs zu reduzieren,
- o klarzustellen, dass die Unabhängigkeit der Gutachtertätigkeit für den MDK für alle Berufsgruppen und damit z.B. auch für Pflegefachkräfte gilt,
- o sicherzustellen, dass die Mitglieder des Verwaltungsrates nicht mehr allein von den Krankenkassen und ihren Verbänden bestimmt, sondern z.B. im Zuge der Sozialversicherungswahlen direkt gewählt werden,
- o zu prüfen, ob eine Erweiterung der Mitglieder im Verwaltungsrat, z.B. um Vertreter der Ärzteschaft oder der Pflegeberufe, geeignet ist, die Akzeptanz der Entscheidungen der Selbstverwaltung des MDK zu erhöhen,
- o eine Unvereinbarkeit zwischen einem Amt im MDK und einem Amt bei einer Krankenkasse bzw. deren Verbänden gesetzlich zu verankern (d.h. ein Verwaltungsratsmitglied des MDK darf kein Amt in der Selbstverwaltung der GKV ausüben oder hauptamtlich bei einer Krankenkasse angestellt sein) und o die finanzielle Unabhängigkeit des MDK von den Kostenträgern so sicherzustellen, dass die einzelnen MDKs die für ihre Aufgabenstellung notwendigen personellen und materiellen Ressourcen zur Verfügung haben.
Begründung:
In einem Gesundheitssystem ist Transparenz ganz wichtig, dagegen krankt das deutsche Gesundheitswesen vielfach an einer Misstrauenskultur. Deshalb ist richtig und wichtig, dass der MDK in eine unabhängige Trägerschaft überführt wird. Derzeit herrscht bei vielen der Eindruck vor, dass der MDK ein "verlängerter Arm der Kranken- und Pflegekassen" ist. Um hier für Klarheit zu sorgen, reicht es nicht aus, einige nur geringfügige Anpassungen vorzunehmen. Vielmehr muss der MDK weitgehend vom Einfluss der Krankenkassen gelöst werden. Da MDK-Entscheidungen für Pflegebedürftige und Patienten oft enorme finanzielle Auswirkungen haben, bedarf es einer klaren inhaltlichen, organisatorischen, personellen und finanziellen Trennung von den Krankenkassen. Pflegebedürftige und Krankgeschriebene müssen ohne jeden Zweifel auf die Unabhängigkeit der Gutachter vertrauen können.