Empfehlungen der Ausschüsse
Entwurf eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Asylgesetzes

970. Sitzung des Bundesrates am 21. September 2018

Der federführende Ausschuss für Innere Angelegenheiten empfiehlt dem Bundesrat, zu dem Gesetzentwurf gemäß Artikel 76 Absatz 2 des Grundgesetzes wie folgt Stellung zu nehmen:

1. Zu Artikel 1 Nummer 01 - neu - (§ 73 Absatz 2a Satz 2 und 3 AsylG), Artikel 1a - neu - (§ 26 Absatz 3 Satz 1 Nummer 2, Satz 3 Nummer 2 AufenthG)

Begründung:

Im Gesetzentwurf wird richtig angemerkt, dass das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) in den Jahren 2015 und 2016 zur Beschleunigung der Verfahren in vielen Fällen die Asylanträge ohne die sonst obligatorische Anhörung im rein schriftlichen Verfahren entschieden hat. Angaben zur Identität, Staatsangehörigkeit sowie zum Fluchtgeschehen wurden nicht immer hinreichend überprüft. Richtig ist auch, dass aufgrund dieser Vorgeschichte den Widerrufs- bzw. Rücknahmeverfahren eine besondere Bedeutung zukommt. Die im Gesetzentwurf vorgesehene Mitwirkungspflicht ist zu unterstützen; gleichwohl ist sie zur Erreichung des Gesetzesziels nicht ausreichend. Mindestens ebenso dringlich ist, dass die im Jahr 2015 erfolgten Änderungen des Aufenthaltsgesetzes und des damaligen Asylverfahrensgesetzes hinsichtlich des Widerrufs- und Rücknahmeverfahrens wieder rückgängig gemacht werden.

Mit dem Gesetz zur Neubestimmung des Bleiberechts und der Aufenthaltsbeendigung vom 27. Juli 2015 (BGBl. I S. 1386) wurde § 26 Absatz 3 AufenthG insoweit geändert, als die Ausländerbehörde nach drei Jahren eine Niederlassungserlaubnis erteilen muss, wenn sie vom BAMF bis zum Fristablauf keine Mitteilung erhalten hat. Vor dieser Neuregelung musste eine Niederlassungserlaubnis erteilt werden, wenn das BAMF mitgeteilt hatte, dass die Voraussetzungen für einen Widerruf oder eine Rücknahme nicht vorliegen.

§ 73 Absatz 2a Satz 2 AsylVfG, (heute: Asylgesetz) sah vor, dass das Ergebnis der Widerrufsprüfung - sie muss nach § 73 Absatz 2a Satz 1 AsylG heute wie damals spätestens nach Ablauf von drei Jahren erfolgen - der Ausländerbehörde mitzuteilen war. Durch Artikel 1 Nummer 28 des Asylverfahrensbeschleunigungsgesetzes vom 20. Oktober 2015 (BGBl. I S. 1722) wurde § 73 Absatz 2a Satz 2 AsylVfG so geändert, dass eine Mitteilung an die Ausländerbehörde nur dann erforderlich ist, wenn die Voraussetzungen für den Widerruf oder die Rücknahme vorliegen; ansonsten kann die Mitteilung entfallen. Die beschriebene Änderung hatte zur Folge, dass aus dem Zwang zur Prüfung der Widerrufsgründe durch das BAMF ein Zwang zur Erteilung der Niederlassungserlaubnis durch die Ausländerbehörde wurde.

Wegen dieser misslichen Lage bat das BMI mit Schreiben vom 26. Januar und 27. Februar 2018 die Länder, die Erteilung einer Niederlassungserlaubnis gemäß § 26 Absatz 3 AufenthG durch die Ausländerbehörden in bestimmten Fällen für die Dauer von drei Monaten vorübergehend aufzuschieben, um die Verfestigung eines Aufenthaltsstatus in Fällen zu vermeiden, in denen ein Widerrufs- oder Rücknahmegrund vorliegt. Damit wurde auf den Umstand reagiert, dass das BAMF die Frist zur Mitteilung über das Vorliegen von Widerrufs-oder Rücknahmegründen gemäß § 73 Absatz 2a Satz 1 AsylG gegenüber den Ausländerbehörden offenbar in einer nicht zu vernachlässigenden Anzahl von Fällen nicht einhalten konnte. Da für die Erteilung einer Niederlassungserlaubnis gemäß § 26 Absatz 3 Satz 3 AufenthG bei Vorliegen der Voraussetzungen kein Ermessen besteht, kann eine solche Notlösung in der Praxis das Problem nicht wirklich lösen.

Aus diesem Grund ist die Rechtslage vor dem Jahr 2015 wiederherzustellen. Damit ist verfahrensmäßig auch bei starker Belastung des BAMF abgesichert, dass die Ausländerbehörden keine Niederlassungserlaubnisse als dauerhaftes Bleiberecht erteilen, obwohl geprüft oder ungeprüft Widerrufs- oder Rücknahmegründe vorliegen.

2. Zu Artikel 1 Nummer 1 (§ 73 Absatz 3a Satz 2 AsylG)

In Artikel 1 Nummer 1 § 73 Absatz 3a ist Satz 2 wie folgt zu ändern:

Begründung:

Zu Buchstabe a:

Der Gesetzentwurf sieht vor, dass auch im Widerrufs- und Rücknahmeverfahren Maßnahmen zur Sicherung, Feststellung und Überprüfung der Identität getroffen werden. Um dies auch unter Sicherheitsgesichtspunkten möglichst umfassend tun zu können, sollte ein Abgleich mit der Fundpapierdatenbank nach § 49b AufenthG (§ 16 Absatz 4a AsylG) sowie eine Verarbeitung und Nutzung der erhobenen Daten für Zwecke des Strafverfahrens oder zur Gefahrenabwehr bzw. zur Identifizierung unbekannter oder vermisster Personen (§ 16 Absatz 5 Satz 1 und 2 AsylG) zulässig sein. Daher ist § 16 AsylG in vollem Umfang für entsprechend anwendbar zu erklären.

Zu Buchstabe b:

Der Gesetzentwurf sieht vor, dass auch im Widerrufs- und Rücknahmeverfahren Maßnahmen zur Sicherung, Feststellung und Überprüfung der Identität getroffen werden. Durch die Streichung des zweiten Halbsatzes von § 73a Absatz 3a Satz 2 AsylG ist auf die Maßgabe zu verzichten, wonach eine erkennungsdienstliche Behandlung im Widerrufs- oder Rücknahmeverfahren nur zulässig sein soll, soweit die Identität des Ausländers entgegen einer zuvor bestehenden Verpflichtung nicht gesichert worden ist. Es ist nicht ersichtlich, weshalb nach einem zwischenzeitlichen Überschreiten der Altersgrenze des § 16 Absatz 1 Satz 1 und 2 AsylG im Widerrufs- und Rücknahmeverfahren pauschal auf die vollständige erkennungsdienstliche Behandlung verzichtet werden soll. Eine möglichst vollständige erkennungsdienstliche Behandlung ist vielmehr zur Verhinderung von falschen und Mehrfachidentitäten bedeutend.