Empfehlungen der Ausschüsse
Allgemeine Verwaltungsvorschrift zur Kennzeichnung von Luftfahrthindernissen

985. Sitzung des Bundesrates am 14. Februar 2020

A

Der federführende Verkehrsausschuss (Vk) und der Wirtschaftsausschuss (Wi) empfehlen dem Bundesrat, der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift gemäß Artikel 85 Absatz 2 des Grundgesetzes nach Maßgabe folgender Änderungen zuzustimmen:

1. Zu Artikel 1 Nummer 6.3 Satz 4, 5 und 5a - neu - AVV

In Artikel 1 ist Nummer 6.3 wie folgt zu ändern:

Begründung:

Die derzeitige Formulierung besagt nicht eindeutig, wo der Radarreflektor für die Navigation in der Schifffahrt anzubringen ist. Des Weiteren wird klargestellt, dass es zu keiner Verwechslung zwischen den Markern für die Luftfahrt und die Schifffahrt kommen darf. Deshalb sind Marker für die Luftfahrt stets farbig zu markieren und Radarreflektoren, die nicht in diesen Markern integriert sind und an einem anderen als dem oberen Seil angebracht werden, unauffällig für die Luftfahrt, also olivgrün.

2. Zu Artikel 1 Anhang 6 Nummer 1 Absatz 1 Satz 2 und 3, Absatz 2 Satz 1, Absatz 4 Satz 5, Nummer 2 Absatz 3 Buchstabe a Nummer 6 und 7 - neu -,

Buchstabe b Nummer 1 AVV

In Artikel 1 ist Anhang 6 wie folgt zu ändern:

Begründung:

Die Länder begrüßen die Neufassung der AVV, soweit damit Anpassungen an die internationalen Vorgaben der ICAO vorgenommen und Erleichterungen im Genehmigungsverfahren (zum Beispiel hinsichtlich Anlagen mit einer Rotorblattlänge von mehr als 65 Metern) erreicht werden.

Die Länder haben jedoch weiterhin Zweifel am Sicherheitsniveau der Bedarfsgesteuerten Nachtkennzeichnung (BNK) mittels Transpondertechnik, wie sie im Anhang 6 der AVV vorgesehen ist. Insbesondere fehlt eine Rückfallebene im Fall des Transponderausfalls. Die Konferenzen der Innenminister und der Verkehrsminister haben beschlossen, dass die Transponder-BNK erst eingeführt werden soll, wenn die Sicherheitsbedenken ausgeräumt wurden. Dass die AVV der Bundesregierung in diesem Punkt dennoch nahezu unverändert vorgelegt wird, ist für die Länder nicht akzeptabel.

Mit den oben genannten Änderungen soll nunmehr eine Fassung des Anhangs 6 geschaffen werden, die zum einen in Umsetzung von § 9 Absatz 8 des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) die Nutzung der Transpondertechnologie grundsätzlich ermöglicht, zugleich aber den Sicherheitsbedenken der Länder in ausreichendem Umfang Rechnung trägt. Wie der Bund tragen die Länder die Verantwortung, die hohen Standards für die Sicherheit des Luftverkehrs im Sinne der Bürgerinnen und Bürger zu wahren und weiter zu verbessern.

Zugleich wird eine bestmögliche Förderung der Umsetzung der Energiewende dann erreicht, wenn die BNK möglichst technologieoffen ausgestaltet ist. Mit der Radartechnik existiert bereits eine erprobte und sichere Alternative zur Transpondertechnologie. Die von der Bundesregierung vorgelegte Fassung des Anhangs 6 der AVV enthält jedoch an mehreren Stellen erhöhte Anforderungen für die Nutzung der Radartechnik gegenüber der AVV a.F., die weder hinreichend mit Sicherheitserwägungen begründet werden können, noch einem offenen Wettbewerb um die bestmögliche Ausstattung von Windenergieanlagen (WEA) mit BNK dienlich sind.

Zu Buchstabe a Doppelbuchstabe aa:

Es ist nicht ersichtlich, warum sich die Forderung nach der Installation einer zusätzlichen Infrarotkennzeichnung nicht allein auf Transponder gestützte BNK beziehen soll, sondern diese auch für radargestützte Systeme künftig verpflichtend sein soll. Begründet wurde die geplante Einführung der Infrarotkennzeichnung mit dem Argument der Sicherheitserhöhung bei einem Transponderausfall oder der bewussten Nichtaktivierung des Transponders durch den Luftfahrzeugführer (zum Beispiel bei Sicherheitsbehörden). Denn in diesen Fällen steht die Erkennbarkeit von WEA mit einer Transponder-BNK in Frage. Für WEA mit radargestützter BNK aber kann dieser Fall nicht eintreten. Im Falle eines Ausfalls oder einer Störung des Radarsystems der WEA wird diese die reguläre Beleuchtung ohnehin dauerhaft bis zur Beseitigung der Störung aktivieren, sodass es einer zusätzlichen Infrarotkennzeichnung nicht bedarf.

Zu Buchstabe a Doppelbuchstabe bb:

Der von der Detektionstechnik zu erfassende Wirkungsraum wird in der AVV-Fassung der Bundesregierung in vertikaler Hinsicht vom Boden bis zu einer Höhe von 600 Meter definiert und hinsichtlich seiner horizontalen Ausdehnung mit einem Radius von mindestens 4 000 Metern beschrieben. Die Forderung, den Wirkungsraum bis zum Boden zu erfassen, stellt jedoch insbesondere primärradargestützte Systeme mindestens vor erhebliche Schwierigkeiten und würde bei Bestandsanlagen zudem aufwendige technische Ertüchtigungen der Radartechnik erforderlich machen. Es ist zugleich nicht ersichtlich, warum eine Erstreckung des Detektionsraumes bis zum Boden aus Sicherheitsgründen erforderlich sein sollte. Weder findet in diesem Bereich angesichts geltender Mindestflughöhen regulärer Flugverkehr statt, noch erscheint es naheliegend, dass ein Flugzeug im Notfall bodennah eine Strecke von mindestens vier Kilometern (= in der AVV genannter Radius) zurücklegt, um sodann auf eine nicht beleuchtete WEA zu treffen. Im Sinne einer Technologieoffenheit der BNK sollte stattdessen ohne Beeinträchtigung der Luftsicherheit eine Untergrenze des Wirkungsraumes von 50 Metern über Grund festgelegt werden. Zugleich würde dies die Anzahl von Fehlerkennungen durch Bewegungen im Bodenbereich verringern, hiermit die Häufigkeit der Aktivierung der Beleuchtung reduzieren und hierüber stärker zu der bezweckten Akzeptanzerhöhung von WEA beitragen.

Zu Buchstabe a Doppelbuchstabe cc:

Die Änderung unter Buchstabe a Doppelbuchstabe cc dient der semantischen Klarstellung der Funktion der externen Aktivierung und Deaktivierung der Nachtkennzeichnung.

Zu Buchstabe b Doppelbuchstabe aa:

Die Änderung durch die neu eingefügte Nummer 6 setzt die Anforderung an eine Rückfallebene in den Fällen eines Transponderausfalls oder einer notwendigen Transponderdeaktivierung um. Die per Entschließung des Bundesrates in seiner 973. Sitzung am 14. Dezember 2018 (BR-Drucksache 614/2/18) geforderte Sicherheitsbewertung konnte die begründeten Zweifel der Länder am Verzicht auf eine Rückfallebene nicht ausräumen. Die Verkehrsministerkonferenz beschloss am 09./10. Oktober 2019, dass einer luftverkehrsrechtlichen Zulassung der transpondergestützten BNK erst dann zugestimmt werden kann, wenn davon ausgehende negative Auswirkungen auf die Sicherheit des Luftverkehrs ausgeschlossen werden können. Diese Auffassung wird von der Ständigen Konferenz der Innenminister- und Senatoren der Länder geteilt. Durch die vorgeschlagene Ergänzung können die negativen Auswirkungen auf die Sicherheit des Luftverkehrs erheblich reduziert werden.

Es handelt es sich bei der anzufügenden Nummer 7 um eine Folgeänderung zu Buchstabe a Doppelbuchstabe aa. Die Infrarotkennzeichnung wird so auf die Transponder-BNK beschränkt.

Zu Buchstabe b Doppelbuchstabe bb:

Die von der Bundesregierung gegenüber der a.F. der AVV vorgesehene Reduktion der Radarrückstrahlfläche von 4 m2 auf 1 m2 ist zu vermeiden. Insoweit würden künftig deutlich höhere Anforderungen an die Radartechnik gestellt, ohne dass es bisher zu sicherheitsrelevanten Ereignissen gekommen wäre, die für die vorgesehene Reduktion sprechen würden. Soweit als Begründung hierfür die Feststellungen des vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie beauftragten flugbetrieblichen Gutachtens herangezogen werden, überzeugt dies nicht. Denn dieses stützt sich insoweit maßgeblich auf die geringen Rückstrahlflächen von militärischem Fluggerät. Dieses ist seinerseits aber mit ergänzenden technischen Systemen ausgestattet, die ein Erkennen der WEA selbst im Fall einer unterbliebenen Beleuchtungsaktivierung gewährleisten. Im Sinne einer tatsächlichen Technologieoffenheit und auch unter Bestandschutzgesichtspunkten für bestehende radargestützte BNK-Anlagen wird daher auf die Änderung gegenüber den Vorgaben der AVV a.F. verzichtet.

3. Hilfsempfehlung zu Ziffer 2

Zu Artikel 1 Anhang 6 Nummer 1 Absatz 4 Satz 5 und Nummer 2 Absatz 3 Buchstabe a Nummer 6 - neu - AVV

In Artikel 1 ist Anhang 6 wie folgt zu ändern:

Begründung:

Die Länder begrüßen die Neustrukturierung des Anhangs 6 der AVV, welche die Anwendungsfälle der BNK über Windenergieanlagen hinaus erweitert und technologieoffen gestaltet ist. Wie der Bund tragen die Länder die Verantwortung, die hohen Standards für die Sicherheit des Luftverkehrs im Sinne der Bürgerinnen und Bürger zu wahren und weiter zu verbessern.

Die Änderung unter Buchstabe a dient der semantischen Klarstellung der Funktion der externen Aktivierung und Deaktivierung der Nachtkennzeichnung. Die Änderung unter Buchstabe b setzt die Anforderung an eine Rückfallebene in den Fällen eines Transponderausfalls oder einer notwendigen Transponderdeaktivierung um. Die per Entschließung des Bundesrates in seiner 973. Sitzung am 14. Dezember 2018 (BR-Drucksache 614/2/18) geforderte

Sicherheitsbewertung konnte die begründeten Zweifel der Länder am Verzicht auf eine Rückfallebene nicht ausräumen. Die Verkehrsministerkonferenz beschloss am 09./10. Oktober 2019, dass einer luftverkehrsrechtlichen Zulassung der transpondergestützten BNK erst dann zugestimmt werden kann, wenn davon ausgehende negative Auswirkungen auf die Sicherheit des Luftverkehrs ausgeschlossen werden können. Diese Auffassung wird von der Ständigen Konferenz der Innenminister- und Senatoren der Länder geteilt. Durch die vorgeschlagene Ergänzung können die negativen Auswirkungen auf die Sicherheit des Luftverkehrs deutlich reduziert werden.

4. Zu Artikel 1 Anhang 6 Nummer 2 Absatz 6 - neu - und Nummer 3 Absatz 1 Satz 2 AVV

In Artikel 1 ist Anhang 6 wie folgt zu ändern:

Begründung:

Die Forderung nach einem Qualitätsmanagementsystem (QM-System) nach ISO 9001, das der Hersteller zur Gewährleistung der dauerhaften Produktsicherheit führen muss, soll verpflichtend eingeführt werden. Die Formulierung der Änderung greift dazu auf die Ausgestaltung des Referentenentwurfs der AVV vom 10. September 2019 zurück.

Bereits die Ergebnisse des vom Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) beauftragten flugbetrieblichen Gutachtens zur bedarfsgesteuerten Nachtkennzeichnung vom 7. Juni 2019 forderten für die Sicherheit des Luftverkehrs eine Zulassung als Entwicklungsbetrieb nach EASA Part-21. Diese Forderung setzte das BMVI im Referentenentwurf der AVV lediglich abgeschwächt um, in dem es ein Qualitätsmanagementsystem nach ISO 9001 vorschrieb.

Entsprechend der Begründung der Bundesratsdrucksache im Teil B zu Anhang 6 Abschnitt 2 Nummer 5 sieht das BMVI in der Verpflichtung der Hersteller ein QM-System nach ISO 9001 zu führen, vor dem Hintergrund einer Serienfertigung, einen guten Kompromiss zur fortwährenden Gewährleistung der baumustergeprüften Eigenschaften eines BNK-Systems.

Der nunmehr in der Bundesratsdrucksache vorgesehene Verzicht auf eine Verpflichtung der Hersteller, ein QM-System zu führen, missachtet obige Sicherheitserwägungen und ist abzulehnen.

Ebenso soll von der als Ausgleich zu fehlenden QM-Systemen vorgesehenen technischen Abnahme im Einzelfall durch die zuständige Luftfahrtbehörde abgesehen werden. Diese ist in keiner Weise geeignet, die Maßnahmen für die dauerhafte Produktsicherheit der Hersteller zu ersetzen. Weiterhin steht der den zuständigen Luftfahrtbehörden entstehende hohe Erfüllungsaufwand mit dem Mehrwert einer solchen Abnahme in keinem Verhältnis.

Der nach Anhang 6 Abschnitt 3 ohnehin vorgesehene Nachweis des Herstellers und/oder Anlagenbetreibers über die standortbezogene Erfüllung der Anforderungen auf Basis einer festgeschriebenen Prüfanweisung weist die Funktionstüchtigkeit der installierten BNK-Systeme in ausreichendem Maße nach.

B

5. Der Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit empfiehlt dem Bundesrat, der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift gemäß Artikel 85 Absatz 2 des Grundgesetzes zuzustimmen.