Gesetzesantrag der Länder Hamburg, Bremen
Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Baugesetzbuchs (BauGB) und Stärkung der Wirksamkeit der sozialen Erhaltungssatzungen nach § 172 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 BauGB

A. Problem und Ziel

Soziale Erhaltungssatzungen nach § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BauGB dienen dem Erhalt der Zusammensetzung der Wohnbevölkerung urbaner innenstadtnaher Quartiere und fördern den sozialen Zusammenhalt. Dabei bilden soziale Erhaltungssatzungen nach § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BauGB im Zusammenhang mit Umwandlungsverordnungen nach § 172 Abs. 1 Satz 4 BauGB einen wesentlichen Teil der Wohnungsbestandspolitik der Länder, indem die Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen unter Genehmigungsvorbehalt gestellt wird. Insbesondere Altbauquartiere mit urbaner Mischung und zunehmend auch Quartiere der Nachkriegsjahrzehnte sind begehrt und stehen unter einem starken Aufwertungs- und Verdrängungsdruck.

In Hamburg hat eine Abfrage bei den betroffenen Bezirksämtern ergeben, dass die Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen überwiegend über die Ausnahmeregelung des § 172 Abs. 4 S. 3 Nr. 6, S. 4 und 5 BauGB genehmigt wird. Auch Ergebnisse aus Berlin zeigen, dass in ca. 90 % der Fälle eine Umwandlung aufgrund dieser Ausnahmeregelung genehmigt werden musste. Zur Sicherung des Mietwohnungsbestandes mit bezahlbaren Mieten muss die Möglichkeit, Mietwohnungen in Eigentumswohnungen umzuwandeln, in Gebieten mit Erhaltungssatzungen nach § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BauGB eingeschränkt werden.

Diese Ausnahmeregelung führt zu einem Anspruch auf Umwandlung von Mietwohnungen in Eigentumswohnungen, wenn sich der Eigentümer bzw. die Eigentümerin verpflichtet, innerhalb von sieben Jahren ab der Begründung von Wohnungseigentum Wohnungen nur an Mieterinnen und Mieter zu veräußern.

Diese Ausnahmeregelung mindert damit die Schutzwirkung der sozialen Erhaltungssatzungen nach § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BauGB erheblich. Die schutzwürdigen Mieterinnen und Mieter in den Gebieten mit einer sozialen Erhaltungssatzung können sich den Erwerb einer Wohnung in der Regel nicht leisten. Der derzeit schon knappe Mietwohnungsbestand mit bezahlbaren Mieten wird so dauerhaft verringert. Die sich daraus ergebenden negativen städtebaulichen Folgen müssen durch Staatsausgaben ausgeglichen werden.

Ziel der Bundesratsinitiative ist daher, die Streichung der Ausnahmeregelung des § 172 Abs. 4 S. 3 Nr. 6, S. 4 und 5 BauGB.

B. Lösung

Streichung des Ausnahmetatbestandes des § 172 Abs. 4 S. 3 Nr. 6, S. 4 und 5 BauGB.

C. Alternativen

Im Sinne der Zielsetzung keine.

D. Finanzielle Auswirkungen für die öffentlichen Haushalte

Keine.

E. Sonstige Kosten

Keine.

F. Bürokratiekosten

Keine.

Gesetzesantrag der Länder Hamburg, Bremen
Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Baugesetzbuchs (BauGB) und Stärkung der Wirksamkeit der sozialen Erhaltungssatzungen nach § 172 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 BauGB

Der Präsident des Senats Hamburg, 29. Oktober 2019 der Freien und Hansestadt Hamburg

An den Präsidenten des Bundesrates
Herrn Ministerpräsidenten
Daniel Günther

Sehr geehrter Herr Präsident,
die Landesregierungen von Hamburg und Bremen haben beschlossen, dem Bundesrat den als Anlage mit Begründung beigefügten Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Baugesetzbuchs (BauGB) und Stärkung der Wirksamkeit der sozialen Erhaltungssatzungen nach § 172 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 BauGB zuzuleiten.

Ich bitte Sie, die Vorlage gemäß § 36 Absatz 2 der Geschäftsordnung des Bundesrates auf die Tagesordnung der 982. Sitzung des Bundesrates am 8. November 2019 zu setzen und sie anschließend den zuständigen Ausschüssen zur Beratung zuzuweisen.

Mit freundlichen Grüßen
Dr. Peter Tschentscher
Erster Bürgermeister

Anlage
Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Baugesetzbuchs (BauGB) und Stärkung der Wirksamkeit der sozialen Erhaltungssatzungen nach § 172 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 BauGB

Vom ...

Der Bundestag hat das folgende Gesetz beschlossen:

Artikel 1

§ 172 Absatz 4 des Baugesetzbuchs in der Fassung der Bekanntmachung vom 3. November 2017 (BGBl. I S. 3634) wird wie folgt geändert:

Artikel 2
Inkrafttreten

Dieses Gesetz tritt am Tag nach der Verkündung in Kraft.

Begründung:

I. Allgemeiner Teil

Soziale Erhaltungssatzungen dienen der Erhaltung der Zusammensetzung der Wohnbevölkerung aus städtebaulichen Gründen. Einer in städtebaulicher Hinsicht nachteiligen Veränderung der Sozialstruktur kann in diesen Gebieten entgegengewirkt werden. Bewohnerinnen und Bewohner sollen vor Verdrängung geschützt werden. Insbesondere Altbauquartiere mit urbaner Mischung und zunehmend auch Quartiere der Nachkriegsjahrzehnte sind begehrt und stehen unter einem starken Aufwertungs- und Verdrängungsdruck. Dabei kommt dem Schutz von Mieterinnen und Mietern vor den Folgen einer Umwandlung ihrer Wohnung in Wohnungseigentum nach dem Wohnungseigentumsgesetz heute eine zunehmend größere Bedeutung zu.

Soziale Erhaltungssatzungen nach § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BauGB im Zusammenhang mit Umwandlungsverordnungen nach § 172 Abs. 1 Satz 4 BauGB bilden in diesem Zusammenhang einen wesentlichen Teil der Wohnungsbestandspolitik der Länder, indem die Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen unter Genehmigungsvorbehalt gestellt wird.

In Hamburg hat eine Abfrage bei den betroffenen Bezirksämtern ergeben, dass die Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen überwiegend über die Ausnahmeregelung des § 172 Abs. 4 S. 3 Nr. 6, S. 4 und 5 BauGB genehmigt wird. Auch Ergebnisse aus Berlin zeigen, dass in ca. 90 % der Fälle eine Umwandlung aufgrund dieser Ausnahmeregelung genehmigt werden musste. Zur Sicherung des Mietwohnungsbestandes mit bezahlbaren Mieten muss die Möglichkeit, Mietwohnungen in Eigentumswohnungen umzuwandeln in Gebieten mit sozialen Erhaltungssatzungen nach § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BauGB, eingeschränkt werden.

Diese Ausnahmeregelung führt zu einem Anspruch auf Umwandlung von Mietwohnungen in Eigentumswohnungen, wenn sich der Eigentümer bzw. die Eigentümerin verpflichtet, innerhalb von sieben Jahren ab der Begründung von Wohnungseigentum Wohnungen nur an Mieterinnen und Mieter zu veräußern.

Diese Ausnahmeregelung mindert damit die Schutzwirkung der sozialen Erhaltungssatzungen nach § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BauGB erheblich. Die schutzwürdigen Mieterinnen und Mieter in den Gebieten mit einer Erhaltungssatzung können sich den Erwerb einer Wohnung in der Regel nicht leisten. Der derzeit schon knappe Mietwohnungsbestand mit bezahlbaren Mieten wird so dauerhaft verringert. Die sich daraus ergebenden negativen städtebaulichen Folgen müssen durch Staatsausgaben reguliert werden. Der mittelbare Schutz bestehender Mietverhältnisse ist vom städtebaulichen Schutzzweck sozialer Erhaltungssatzungen gedeckt.

Ziel der Änderung des BauGB ist daher, die Ausnahmemöglichkeiten von der Genehmigungspflicht der Umwandlungsverordnung einzuschränken und den Mietwohnungsbestand mit bezahlbaren Mieten zu schützen.

Mit der Abschaffung der Ausnahmeregelung wird Art. 14 GG nicht unverhältnismäßig eingeschränkt. Auch ohne diesen Genehmigungsanspruch ist der Genehmigungsvorbehalt gem. § 172 Abs. 1 S. 1 Nr. 2, Abs. 4 BauGB für Umwandlungen in Gebieten mit sozialer Erhaltungssatzung mit geltender Umwandlungsverordnung gem. § 172 Abs. 1 S. 4 BauGB eine verhältnismäßige Inhalts- und Schrankenbestimmung von Art. 14 GG, die dem Allgemeinwohl dient. Denn erst mit dem Erlass der Umwandlungsverordnung wird der zusätzliche Genehmigungsvorbehalt eingeführt. Die Umwandlungsverordnung hat eine Geltungsdauer von 5 Jahren, um sicherzustellen, dass spätestens zu diesem Zeitpunkt die Erforderlichkeit erneut zu überprüfen ist. Schließlich wird im Genehmigungsverfahren der konkrete Einzelfall auf seine Vereinbarkeit mit den Erhaltungszielen der sozialen Erhaltungssatzung geprüft. Umwandlungen bedeuten typischerweise, dass die Wohnungen in einem Mietshaus in Eigentumswohnungen überführt werden, sodass sie anschließend verkauft werden können. Die neue Eigentümerin bzw. Eigentümer meldet dann häufig Eigenbedarf an oder erhöht die Mietpreise nach entsprechender Modernisierung, so dass grundsätzlich eine Verdrängungsgefahr der vorhandenen Bevölkerung in diesen Fällen vorliegt.

Zu den einzelnen Bestimmungen

Zu Artikel 1:

Artikel 1 sieht die Streichung des Ausnahmetatbestandes des § 172 Abs. 4 S. 3 Nr. 6, S. 4 und 5 BauGB vor.

Zu Artikel 2:

Artikel 2 regelt das Inkrafttreten des Gesetzes.