Unterrichtung durch die Bundesregierung
Mitteilung der Kommission der Europäischen Gemeinschaften an den Rat und das Europäische Parlament: Aktionsprogramm zur Verringerung der Verwaltungslasten der EU - branchenspezifische Pläne zur Verringerung der Verwaltungslasten und Maßnahmen für das Jahr 2009 KOM (2009) 544 endg.; Ratsdok. 15019/09

Übermittelt vom Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie am 29. Oktober 2009 gemäß § 2 des Gesetzes über die Zusammenarbeit von Bund und Ländern in Angelegenheiten der Europäischen Union vom 12. März 1993 (BGBl. I S. 313), zuletzt geändert durch das Föderalismusreform-Begleitgesetz vom 5. September 2006 (BGBl. I S. 2098).

Die Kommission der Europäischen Gemeinschaften hat die Vorlage am 22. Oktober 2009 dem Bundesrat zugeleitet.

Die Vorlage ist von der Kommission am 22. Oktober 2009 dem Generalsekretär/Hohen Vertreter des Rates der Europäischen Union übermittelt worden.


Hinweis: vgl.
Drucksache 116/09 (PDF) = AE-Nr. 090097 und AE-Nr. 070158.

Der Umdruck erfolgt auf Verlangen des Landes Baden-Württemberg vom 06. Oktober 2009 gemäß § 45a GO BR.

Aktionsprogramm zur Verringerung der Verwaltungslasten in der EU - branchenspezifische Pläne zur Verringerung der Verwaltungslasten und Maßnahmen für das Jahr 2009

1. Einleitung

Im Januar 2007 stellte die Kommission ein ehrgeiziges Aktionsprogramm1 zum Abbau unnötiger Verwaltungslasten für Unternehmen in der EU vor. Der Europäische Rat billigte das Programm im März 20072 und kam überein, dass die mit EU-Rechtsvorschriften verbundenen Verwaltungslasten und damit auch nationale Maßnahmen zur Durchführung oder Umsetzung dieser Rechtsvorschriften bis zum Jahr 2012 um 25 % verringert werden sollten. Ferner forderte der Rat die Mitgliedstaaten auf, "sich ähnlich ehrgeizige nationale Ziele zu setzen".

Das Aktionsprogramm ist ein wesentliches Element der allgemeinen Kommissionsagenda für bessere Rechtsetzung: Intervention da, wo es erforderlich ist, umfassende Einbeziehung der Interessenträger und Beschränkung der Verwaltungslasten für öffentliche Behörden, Unternehmen und Bürger auf ein zur Verwirklichung gesellschaftspolitischer Ziele notwendiges Mindestmaß. Die Strategie der Kommission zur Förderung von Wettbewerbsfähigkeit, Wachstum und Beschäftigung bildet eine solide Grundlage des Programms3. Die Verringerung der mit der Regulierung für Unternehmen verbundenen Kosten steht ebenfalls mit dem "Small Business Act" und dem darin verankerten Grundsatz "Vorfahrt für KMU" in Einklang. Die Verringerung unnötiger Verwaltungslasten hat mit der Wirtschaftskrise an Bedeutung gewonnen, denn gerade die kleinen und mittleren Unternehmen benötigen rasch Hilfe. Darüber hinaus stellt das Programm in einer Zeit, in der die Möglichkeiten der EU und der Mitgliedstaaten, finanzielle Unterstützung zu leisten, erheblich gesunken ist, eine sinnvolle Ergänzung der direkten Haushaltszuschüsse dar. Aus diesen Gründen wurde die Verringerung der Verwaltungslasten im Rahmen des Europäischen Konjunkturbelebungsplans den Bereichen zugeordnet, in denen dringender Handlungsbedarf besteht.

Anfang 2009 verpflichtete sich die Kommission dazu, branchenspezifische Pläne zur Verringerung der Verwaltungslasten für alle 13 vorrangigen Bereiche vorzulegen, zusätzliche Maßnahmen zur Verringerung der Verwaltungslasten bis zum Ende ihrer Amtszeit vorzubereiten4 und alles in ihrer Macht stehende zu unternehmen, die bis 2012 angestrebte 25 %ige Verringerung der Verwaltungslasten zu verwirklichen. In dieser Mitteilung werden beide Aspekte behandelt, indem ein Überblick über die bisherigen Fortschritte und Erfahrungen sowie über die künftigen Maßnahmen gegeben wird.

2. Ergebnisse der EU-Basisberechnung und Überblick über die branchenspezifischen Pläne zur Verringerung der Verwaltungslasten

Mit Billigung des Europäischen Rates und Unterstützung des Europäischen Parlaments führte die Kommission eine Bewertung der Verwaltungslasten5 durch, die Unternehmen entstehen, weil sie nach geltendem EU-Recht Behörden oder privaten Stellen Informationen über ihre Produktion oder Tätigkeiten bereitstellen müssen6. Die EU-Basisberechnung umfasst Lasten aufgrund von EU-Rechtsvorschriften sowie den nationalen Maßnahmen zu ihrer Durchführung oder Umsetzung. Bei der Berechnung wird das Standardkostenmodell (SCM) der EU verwendet, in das die spezifischen Erfahrungen einzelner Mitgliedstaaten einfließen. Die qualitativen und quantitativen Ergebnisse dieser Maßnahme stellen einen wertvollen Beitrag für die Festlegung der Schwerpunkte und die Konzeption der Vorschläge zum Lastenabbau dar.

Die EU-Basisberechnung für die 72 Rechtsakte im Rahmen des Aktionsprogramms und die 13 einschlägigen vorrangigen Bereiche ist abgeschlossen7. Die zu Beginn der Gesetzgebungsperiode (2005) durch diese Rechtsvorschriften verursachten Verwaltungslasten lassen sich insgesamt schätzungsweise mit etwa 123,8 Mrd. EUR beziffern8.

Im Rahmen der Maßnahme wurden insgesamt 486 EU-Informationspflichten9 sowie über 10 000 nationale Verpflichtungen erfasst, mit denen auf das EU-Recht zurückgehende Verpflichtungen durchgeführt oder umgesetzt werden. Über 700 nationale Informationspflichten gehen über die rechtlichen Anforderungen der EU hinaus. Bei der Bewertung der Verwaltungslasten für die Unternehmen wurde berücksichtigt, dass sie in vielen Fällen die Auflagen auch dann erfüllen würden, wenn keine rechtliche Verpflichtung bestünde ("Businessasusual-Kosten").

In Tabelle 1 sind die geschätzten Verwaltungslasten nach vorrangigen Bereichen sowie die branchenspezifischen Einsparungen aufgeführt. Bei letzteren handelt es sich um das Gesamteinsparungspotenzial von eingeleiteten und vorgeschlagenen Maßnahmen sowie in einigen Fällen von Maßnahmen im Vorbereitungsstadium. Die Angaben zeigen deutlich, wie weit die einschlägigen Bemühungen vorangekommen sind und dass in einigen Bereichen das Ziel einer 25 %igen Lastenverringerung erheblich übertroffen wurde. Die in Anhang C vorgestellten branchenspezifischen Pläne zur Verringerung der Verwaltungslasten belegen konkret, warum das Programm wichtig ist, wem damit geholfen wird und wie.

Nachstehend werden die wichtigsten Ergebnisse der EU-Basisberechnung und der für die Kommission durchgeführten Begleitstudien dargelegt:10

Tabelle 1 - Verwaltungslasten und Lastenverringerung (auf der Grundlage von 72 Rechtsakten)

Vorrangiger Bereich Verwaltungslasten (in EUR) Branchenspezifische Verringerung (in EUR) Verringerung in % der Lasten
Landwirtschaft / Agrarsubventionen12 5 289 700 000 -1 891 400 000 -36 %
Jahresabschlüsse / Gesellschaftsrecht 14 589 100 000 -8 274 500 000 -57 %
Kohäsionspolitik 929 100 000 -222 600 000 -24 %
Umwelt 1 180 600 000 -242 100 000 -21 %
Finanzdienstleistungen 939 600 000 -141 600 000 -15 %
Fischerei 73 900 000 -33 400 000 -45 %
Lebensmittelsicherheit 4 073 300 000 -1 281 800 000 -31 %
Arzneimittelrecht 943 500 000 -154 600 000 -16 %
Öffentliches Auftragswesen 216 300 000 -60 100 000 -28 %
Statistik 779 500 000 -328 100 000 -42 %
Steuern/Zoll 87 005 300 000 -26 334 200 000 -30 %
Verkehr 3 861 700 000 -748 200 000 -19 %
Arbeitsumgebung / Beschäftigungsverhältnisse 3 879 200 000 -659 600 000 -17 %
Insgesamt 123 760 800 000 -40 372 200 000 -33 %

3. Erfüllung der Zielvorgabe für EU-Rechtsvorschriften

Die Verringerung der Verwaltungslasten wurde zwar nicht erst 2005 in Angriff genommen15, während der Amtszeit dieser Kommission wurden jedoch wichtige Schritte zur Erfüllung der im März 2007 vereinbarten EU-Zielvorgabe einer 25 %igen Verringerung der Verwaltungslasten unternommen. Die Kommission hat bereits mögliche Maßnahmen zum Abbau der Verwaltungslasten aufgezeigt, die weit über das angestrebte Ziel hinausgehen. Mit den von der Kommission eingeleiteten oder vorgeschlagenen und bereits angenommenen einschlägigen Maßnahmen könnte eine Verringerung der Belastung um 7,6 Mrd. EUR erzielt werden. Durch weitere von der Kommission vorgeschlagene, aber noch nicht beschlossene Maßnahmen könnte dieser Betrag um 30,7 Mrd. EUR steigen. Vorbereitende Arbeiten für weitere Lastenverringerungen könnten zur Vorlage von 31 zusätzlichen Maßnahmen führen, mit denen sich mindestens noch 2,1 Mrd. EUR einsparen ließen. Insgesamt könnten so die auf 123,8 Mrd. EUR geschätzten Kosten für Verwaltungslasten, die mit EU-Rechtsvorschriften verbunden sind, um 40,4 Mrd. EUR oder 33 % verringert werden.

Um eindeutig herauszustellen, welche Ergebnisse bisher erzielt wurden, wird in dieser Mitteilung zwischen Maßnahmen unterschieden, die angenommen sind (d. h. vom Europäischen Parlament und vom Rat verabschiedete Rechtsvorschriften oder von der Kommission angenommene Durchführungsvorschriften), die vorgeschlagen sind (d. h. beim Europäischen Parlament und beim Rat anhängige Legislativvorschläge) und die gerade vorbereitet werden16.

Einige der Maßnahmen zum Bürokratieabbau betreffen ausschließlich die EU-Ebene, andere dagegen erfordern eine Zusammenarbeit zwischen der EU und den Mitgliedstaaten. In Fällen, in denen diese Maßnahmen im Wesentlichen auf die Mitgliedstaaten abzielen, besteht die Rolle der Kommission darin, diese Veränderungen zu erleichtern.

Tabelle 2 - Stand der Durchführung / Branchenspezifische Pläne zur Verringerung der Verwaltungslasten (auf der Grundlage von 72 Rechtsakten)

Vorrangiger Bereich Angenommene Maßnahmen Vorgeschlagene Maßnahmen Maßnahmen in Vorbereitung
in EUR % in EUR % in EUR %
Landwirtschaft/ Agrarsubventionen 7 -1 891 400 000 -36 % 0 0 0 % 1 0 0 %
Jahresabschlüsse / Gesellschaftsrecht 5 -1 362 900 000 -9 % 2 -6 911 600 000 -47 % 2 0 0 %
Kohäsionspolitik 4 -117 600 000 -13 % 1 -50 000 000 -5 % 1 -55 000 000 -6 %
Umwelt 1 -3 600 000 -0.3 % 5 -238 500 000 -20 % 4 0 0 %
Finanzdienstleistungen 5 -142 500 000 -15 % 1 900 000 0.1 % 1 0 0 %
Fischerei 1 -19 000 000 -26 % 2 -14 400 000 -19 % 0 0 0 %
Lebensmittelsicherheit 5 -24 600 000 -0.6 % 1 103 800 000 3 % 2 -1 361 000 000 -33 %
Arzneimittelrecht 2 -40 100 000 -4 % 1 -61 000 000 -6 % 2 -53 500 000 -6 %
Öffentliche Ausschreibungen 1 -12 500 000 -6 % 0 0 0 % 2 -47 600 000 -22 %
Statistik 7 -328 100 000 -42 % 0 0 0 % 6 0 0 %
Steuern/Zoll 4 -3 133 100 000 -4 % 2 -23 201 100 000 -27 % 3 0 0 %
Verkehr 4 -403 800 000 -10 % 3 -344 400 000 -9 % 1 0 0 %
Arbeitsumgebung17 2 -92 600 000 -2 % 0 0 0 % 6 -567 000 000 -15 %
INSGESAMT 48 -7 571 800 000 -6 % 18 -30 716 300 000 -25 % 31 -2 084 100 000 -2 %

3.1. Bislang erzielte Ergebnisse - verabschiedete Maßnahmen

Seit dem Beginn der Gesetzgebungsperiode wurden wichtige Schritte zur Verringerung der Verwaltungslasten in allen vorrangigen Bereichen unternommen. Das Parlament und der Rat haben bislang 33 von der Kommission vorgelegte Legislativvorschläge verabschiedet, was zu einem Abbau der mit den Verwaltungslasten einhergehenden Kosten um schätzungsweise 5,7 Mrd. EUR führen sollte. Gleichzeitig leitete die Kommission 15 Maßnahmen ein (z.B. Durchführungsvorschriften, Leitlinien und IT-Instrumente), die Entlastungen in Höhe von 1,9 Mrd. EUR bringen könnten. Einige dieser Maßnahmen wurden bereits im Rahmen von Maßnahmenpaketen technischer Art aus den Jahren 2007 und 2008 vorgelegt, durch die sofortige und umfassende Vorteile oder eine entsprechende Minderung der Irritationen (Schnellmaßnahmen "fast track actions") erzielt werden sollten. Die Kommission bedauert, dass die Verabschiedung einiger dieser Maßnahmen durch das Europäische Parlament und den Rat so schleppend vorankommt18.

Maßnahmen zum Abbau der Verwaltungslasten mit sofortiger Wirkung


Für die Erstellung von Handelsstatistiken (Intrastat) sind Unternehmen verpflichtet, ihre Warenein- und -ausfuhr innerhalb der Gemeinschaft zu melden. Durch die Anhebung des Schwellenwertes, unterhalb dessen keine Meldepflicht besteht, hat sich die Zahl der meldepflichtigen Unternehmen seit 2004 schätzungsweise halbiert (von 720 000 auf etwa 350 000); Hauptbegünstigte dieser Maßnahme sind die KMU.


Besonderes Augenmerk wurde auf die Bereiche gelegt, auf die ein Großteil der Verwaltungslasten entfällt, beispielsweise das Mehrwertsteuerrecht und das Gesellschaftsrecht. Außerdem wurde darauf geachtet, dass Unternehmen das kostensparende Potenzial der neuen Technologien und Lösungen für elektronische Behördendienste weitestmöglich nutzen konnten und dass die Belastungen für die KMU verringert wurden. Einige der bereits angenommenen Maßnahmen sind:

Verringerung der Verwaltungslasten: ein dynamischer Prozess


Für die Erfassung der Fahrt- und Ruhezeiten von Lastwagenfahrern werden Fahrtenschreiber verwendet. Während die Bedienung analoger Fahrtenschreiber zahlreiche Handgriffe erfordert, verringert der Einsatz digitaler Fahrtenschreiber die im Durchschnitt für die Erfassung erforderliche Zeit. Mit der Verordnung (EG) Nr. 561/2006 wurde die Verwendung digitaler Fahrtenschreiber für Verkehrsunternehmen in der EU verpflichtend eingeführt. Durch diese Umstellung verringern sich die Verwaltungslasten um durchschnittlich 37 EUR je Fahrer und Jahr. Da noch immer 74 % der Fahrer analoge Fahrtenschreiber verwenden, können mit dieser Maßnahme noch Einsparungen von bis zu 286 Mio. EUR jährlich erzielt werden. Als Nebeneffekt dieser Verordnung ergab sich jedoch eine nichteinheitliche Regelung von Fahrt- und Ruhezeiten der Nichtberufskraftfahrer, wodurch die Handwerksbetriebe im Vergleich zu den Landwirten benachteiligt werden.

Im Juli 2009 legte die Kommission den Entwurf einer Durchführungsmaßnahme vor, in der 12 konkrete Methoden für eine einfachere Verwendung digitaler Fahrtenschreiber beschrieben wurden. Die von den Fahrern dafür aufgewendete Zeit sollte sich im Durchschnitt um 10 % verringern. Da 6 Millionen Fahrer davon betroffen sind und sich die durchschnittlichen Kosten eines Arbeitstages auf 147 EUR belaufen, könnten so 234 Mio. EUR jährlich eingespart werden.

Im Rahmen der geplanten Überarbeitung der Verordnung (EG) Nr. 3821/1985 wird die Kommission die erwähnte Regelung vereinheitlichen und beide Branchen bei Entfernungen bis 100 km von den EU-Bestimmungen über Fahrt- und Ruhezeiten ausnehmen, womit sie auch von der Fahrtenschreiberpflicht bei Strecken bis 100 km entbunden sind. Dies sollte zu einer erheblichen Verringerung der Verwaltungslasten von Landwirten und Handwerksbetrieben, die ja keine Berufskraftfahrer sind, führen und weiterhin ein hohes Sozialschutzniveau für Fahrer und die Sicherheit im Straßenverkehr gewährleisten.


Ferner ist anzumerken, dass mit dem "neuen Rechtsrahmen für die Vermarktung von Erzeugnissen", der im Jahr 2010 in Kraft tritt, die auf nationale Rechtsvorschriften basierenden Kosten verringert werden21. Der neue Rechtsrahmen sieht insbesondere die Ausweitung des Grundsatzes der gegenseitigen Anerkennung auf Wirtschaftsbereiche vor, die unter den nicht harmonisierten Ansatz fallen. Dies wird zu erheblich verringerten Verwaltungslasten für Unternehmen führen.

3.2. Bislang erzielte Ergebnisse - vorgeschlagene Maßnahmen

Neben den bereits beschlossenen Maßnahmen liegen 18 Maßnahmenvorschläge der Kommission zur Annahme vor. Das Einsparungspotenzial dieser Vorschläge wird auf 30,7 Mrd. EUR geschätzt22.

Besondere Anstrengungen wurden bei den unter das Aktionsprogramm fallenden Rechtsvorschriften gemacht. Zwei der 2009 vorgelegten Vorschläge sind besonders wichtig; sie betreffen die im Mehrwertsteuerrecht vorgesehenen Rechnungsstellungsregeln (vgl. Kasten zur elektronischen Rechnungsstellung) sowie den Anwendungsbereich der EU-Rechnungslegungs-Richtlinien (Nichtanwendung der EU-Rechnungslegungsregeln auf Kleinstunternehmen).

Weitere, vor 2009 von der Kommission vorgeschlagene horizontale und branchenbezogene Maßnahmen, die noch vom Gemeinschaftsgesetzgeber erlassen werden müssen, betreffen neue Regeln, die die Meldungen im Rahmen der Pharmakovigilanz betreffen23.

Pharmaunternehmen müssten nur eine vereinfachte "Pharmakovigilanz-Stammdokumentation" im Genehmigungsverfahren vorlegen, vorausgesetzt sie führen ein ausführliches Dossier in ihren Betrieben. Die Meldung von Nebenwirkungen würde vereinfacht, so dass Unternehmen, die Inhaber der Zulassung sind, weniger und dafür stichhaltigere regelmäßig aktualisierte Unbedenklichkeitsberichte (PSUR) zu erstellen hätten. Ressourcen, die derzeit für Meldepflichten eingesetzt werden, würden für die Analyse der Daten über die messbare Wirkung von Arzneimitteln, also die Sicherheit von Arzneimitteln, besser genutzt.

In ihren dritten strategischen Überlegungen zur Verbesserung der Rechtsetzung vom 28. Januar 2009 verpflichtete sich die Kommission, noch vor Ende ihrer Amtszeit weitere Maßnahmen zur Verringerung des Verwaltungsaufwands vorzulegen. In der Zwischenzeit schlug die Kommission 7 einschlägige Maßnahmen vor oder leitete sie ein und 7 weitere sollten bis Jahresende folgen24.

Vorschläge mit beträchtlichem Potenzial


Im Januar 2009 schlug die Kommission vor, die elektronische Rechnungsstellung zu fördern bzw. Hindernisse für die elektronische Rechnungsstellung durch Unternehmen zu beseitigen. Nach den Rechnungsstellungsregeln der MWSt-Richtlinie können die Mitgliedstaaten zusätzliche Auflagen erlassen, damit Rechnungen den geltenden Bestimmungen entsprechen. Diese zusätzlichen Auflagen und die damit verbundene mangelnde Harmonisierung zwischen den Mitgliedstaaten hindern die Unternehmen daran, kostensparende Unternehmenspraktiken wie die elektronische Rechnungssetzung in vollem Umfang zu nutzen. Angesichts der 17 Milliarden MWSt-Rechnungen, die jährlich in Europa ausgestellt werden, würde die Umstellung auf ein rein elektronisches Rechnungsstellungssystem beträchtliche Zeit- und Kostenersparnisse für mehr als 22 Millionen steuerpflichtige Unternehmen bringen. Würden alle Unternehmen nur mehr elektronische Rechnungen verschicken, könnten mittelfristig bis zu 18,4 Mrd. EUR eingespart werden.

Dies ist die bei weitem größte von der Kommission vorgeschlagene Kostenersparnis. Daher ist es außerordentlich wichtig, dass der Rat die Gleichbehandlung von auf Papier und elektronisch ausgestellten Rechnungen schnell verabschiedet.


Des Weiteren schlägt die Kommission eine erhebliche Vereinfachung der Zulassungsverfahren für Biozid-Produkte vor, die voraussichtlich zu einer Verringerung der Verwaltungslasten in Höhe von 140 Mio. EUR jährlich führen25. Der Abschluss der Pilotphase von "Pan-European Public eProcurement On-Line" (PEPPOL) ist ein wichtiger Schritt, der es allen Unternehmen ermöglicht, während des gesamten Vergabeverfahrens auf elektronischem Wege mit allen europäischen Regierungsstellen Kontakt aufzunehmen.

Außerdem prüft die Kommission, ob bis Jahresende ein Vorschlag auf der Grundlage des im Mai 2009 vergebenen Preises der EU für die beste Idee zum Bürokratieabbau26 unterbreitet werden kann. Demnach sollen Handwerksbetriebe von der Fahrtenschreiberpflicht entbunden werden, wenn sie ihre Dienstleistungen innerhalb einer vertretbaren Entfernung anbieten27.

Aber auch Einsparmaßnahmen, die nicht unter das Aktionsprogramm fallen, wurden weiterverfolgt. Der Vorschlag zur Prospekt-Richtlinie28 würde beispielweise dazu führen, dass die dem Emittenten von börsennotierten Wertpapieren auferlegten doppelten Pflichten gestrichen würden. Desgleichen würden neue Maßnahmen im Arzneimittelsektor unnötige Verpflichtungen aufheben, die für Träger- oder Hilfsstoffe gelten, und den Grundsatz der automatischen gegenseitigen Anerkennung im Bereich der Zulassung ausweiten.

3.3. Angestrebte Ergebnisse - Maßnahmen in Vorbereitung

In fast allen Schwerpunktbereichen werden weitere Maßnahmen zum Abbau der Verwaltungslasten vorbereitet. Durch sie sollen vor allem Störfaktoren beseitigt werden, so dass Unternehmen die Verringerung der Verwaltungslast tatsächlich spüren. Im Zeitplan dieser vorbereitenden Arbeiten ist berücksichtigt, dass Maßnahmen bis 2012 verabschiedet sein müssen29.

Diese Vorarbeiten könnten zu 31 weiteren Maßnahmen führen, die u. a. die folgenden Bereiche betreffen:

4. Fortschritte auf einzelstaatlicher Ebene

Alle Mitgliedstaaten kamen der Aufforderung des Europäischen Rates (März 2007) nach, ambitionierte nationale Ziele zum Abbau unnötiger Verwaltungslasten festzusetzen. In vielen Mitgliedstaaten sind darüber hinaus Maßnahmen für eine bessere Rechtsetzung in die Konjunkturprogramme eingeflossen. Dies zeigt, dass sich alle EU-Mitgliedstaaten nachdrücklich dafür einsetzen, die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen - vor allem für KMU - zu verbessern.

Dennoch besteht noch Spielraum für Verbesserungen. Einige Mitgliedstaaten, u. a. Dänemark, Deutschland, die Niederlande, Österreich, Schweden und das Vereinigte Königreich30, nehmen beim Abbau der Verwaltungslasten eindeutig die Spitzenplätze ein. Doch auch bei diesen Mitgliedstaaten sind noch deutliche Unterschiede in der konkreten Umsetzung der Pläne zur Verringerung der Verwaltungslasten feststellbar.

Daher ist es wichtig, die Mitgliedstaaten bei ihren Bemühungen zu unterstützen, da die Unternehmen im Alltag von den Vorteilen der EU-Maßnahmen häufig nur dann profitieren, wenn die einzelstaatlichen Behörden die neuen Möglichkeiten voll ausschöpfen, um einige Unternehmen von der verpflichtenden Übermittlung bestimmter Informationen zu befreien, von Überregulierungen abzusehen und die Verwaltungslasten, die ausschließlich auf nationale Bestimmungen zurückgehen, zu verringern. Die Kommission ist zu einem Erfahrungsaustausch mit den Mitgliedstaaten bereit und wird ihnen bei der Ausarbeitung neuer Methoden und der Ermittlung möglicher Einsparungspotenziale zur Seite stehen. Angesichts der herausragenden Bedeutung einer besseren Rechtsetzung wird die Kommission auch weiterhin eng mit den Mitgliedstaaten zusammenarbeiten und ihre Leistungen im Rahmen der Lissabon-Agenda für die Zeit nach 2010 überwachen31.

5. Empfehlungen zum Geltungsbereich des Aktionsprogramms

Wenngleich diese Mitteilung belegt, dass schon viel erreicht wurde, ist die Kommission der Ansicht, dass es noch Raum für weitere Verbesserungen gibt. So hat sie die ursprünglichen, im Programm aufgelisteten 42 Rechtsvorschriften im Januar 2009 um 30 Vorschriften ergänzt.

Außerdem wurden die Vorschläge der Mitgliedstaaten und der Interessensträger, die zum einen im Rahmen der Hochrangigen Gruppe unabhängiger Interessenträger und zum anderen bei der Online-Befragung der Kommission32 eingeholt wurden, gründlich geprüft und die Ergebnisse der im Januar 2009 vorgelegten analytischen Prüfung des gemeinschaftlichen Besitzstands33 eingehend untersucht.

Im Rahmen dieser Überprüfungen stieß die Kommission auf 28 Rechtsvorschriften, bei denen eine weitere Verringerung der Verwaltungslasten möglich wäre, und die gegebenenfalls in der Amtszeit der nächsten Kommission in neue einschlägige Initiativen eingehen könnten. Entweder würde dazu der Geltungsbereich der derzeitigen 13 vorrangigen Bereiche ausgeweitet oder es würden neue Bereiche in das Aktionsprogramm aufgenommen, die das Zivilrecht/Strafrecht, den Binnenmarkt für Waren, FuE-Finanzierungsprogramme und den Tourismus betreffen34. So würde auch gewährleistet, dass diese Problematik im Vereinfachungsprogramm voll und ganz berücksichtigt wird.

6. Schlussfolgerungen

Die Kommission ist entschlossen vorgegangen, um ihren Aufgaben im Rahmen des Aktionsprogramms nachzukommen. Dank einer konstruktiven Partnerschaft mit dem Europäischen Parlament und dem Rat, den Mitgliedstaaten und den Interessensträgern konnte sich die Kommission der Zielvorgabe einer 25 %igen Verringerung beachtlich annähern. Besonders profitierte die Kommission von den konkreten Vorschlägen der Hochrangigen Gruppe unabhängiger Interessenträger im Bereich Verwaltungslasten. Diese Vorschläge mit Bezug zu den 72 bereits im Aktionsprogramm genannten Rechtsvorschriften flossen in die branchenbezogenen Pläne zur Verringerung der Verwaltungslasten35 ein. Auch weitere Vorschläge der Interessenträger erwiesen sich als höchst nützlich und leisteten einen Beitrag zu einer möglichen, von der neuen Kommission zu verabschiedenden Ausweitung des Aktionsprogramms36.

Die Hochrangige Gruppe unabhängiger Interessenträger war bei der Überprüfung der Machbarkeit der vorgeschlagenen Maßnahmen und bei der Ermittlung neuer Ideen zur Verringerung der Verwaltungslasten äußerst hilfreich. Präsident Barroso kündigte daher an, dass er die neue Kommission um eine Verlängerung ihres Mandats (das im August 2010 ausläuft) bitten werde. Auch die öffentliche Off- und Online-Konsultation in den Mitgliedstaaten war sehr nützlich.

Die bislang von der Kommission vorgestellten Maßnahmen könnten den europäischen Unternehmen jährlich Einsparungen in Höhe von 38,3 Mrd. EUR bringen. Dies entspräche einer Verringerung der Verwaltungslasten um 31 %. Die Umsetzung dieser Errungenschaft in konkrete, für die Unternehmen spürbare Maßnahmen hängt jetzt jedoch davon ab, ob das Europäische Parlament und der Rat tatsächlich entschlossen sind, die anstehenden Maßnahmen rasch zu verabschieden, und auch davon, welche Entscheidungen die Mitgliedstaaten zur Durchführung dieser Änderungen treffen. Die Mitgliedstaaten sollten auch die von den gemeinschaftlichen Rechtsvorschriften bereits heute gebotenen Möglichkeiten voll ausschöpfen, um von Auflagen für bestimmte Unternehmenstypen wie KMU abzusehen; außerdem sollten sie nicht über die von der EU auferlegte Meldepflicht hinausgehen.

Für eine bessere Rechtsetzung sind auf lange Sicht Führungsqualitäten und Engagement der Politik erforderlich. Bei diesen Langzeitprojekten müssen alle an der Rechtsetzung Beteiligten dafür sorgen, dass die Unternehmen vom Programm zum Abbau der Verwaltungslasten der Unternehmen profitieren. Dies ist auch eine Frage der künftigen Akzeptanz der EU durch die breite Öffentlichkeit. Daher muss unbedingt sichergestellt werden, dass neue Informationspflichten und neue Verwaltungslasten auf ein Mindestmaß begrenzt und zugleich bestehende Verwaltungslasten weiter abgebaut werden, damit die Maßnahmen in jeder Branche tatsächlich Wirkung zeigen.

Darum führt die Kommission ihren Kampf an zwei Fronten fort. Zum einen überprüft sie von sich aus geltende Rechtsvorschriften und stellt sicher, dass vorgeschlagen wird, etwaige veraltete Verpflichtungen abzuschaffen. Zum anderen gewährleistet sie mit Hilfe ihres Folgenabschätzungssystems, dass im Rahmen neuer politischer Maßnahmen nur unbedingt notwendige Auflagen eingeführt werden37. Die Kommission wird also regelmäßig prüfen, ob mit Rechtsvorschriften das gewünschte Ziel erreicht wurde und ob mit ihnen vom Gesetzgeber nicht beabsichtigte Belastungen einhergegangen sind. Mit ambitionierten Zielvorgaben, innovativen Denkansätzen und neuen Techniken wird die Europäische Union Nutzen aus den abgespeckten Vorschriften ziehen, ohne künftig auf ihre hohen sozialen, wirtschaftlichen und ökologischen Standards zu verzichten.