Unterrichtung durch das Europäische Parlament
Entschließung des Europäischen Parlaments vom 20. Juni 2007 zu den Millenniums-Entwicklungszielen - Zwischenbilanz (2007/2103(INI))

Zugeleitet mit Schreiben des Generalsekretärs des Europäischen Parlaments - 3509 - vom 10. Juli 2007.

Das Europäische Parlament hat die Entschließung in der Sitzung am 20. Juni 2007 angenommen.

Das Europäische Parlament,

A. in der Erwägung, dass 2007 die Hälfte des für die Umsetzung der Millenniums-Entwicklungsziele bis 2015 angesetzten Zeitraums verstrichen ist und sich damit die einmalige Gelegenheit bietet, eine Bestandsaufnahme der noch unerledigten Punkte vorzunehmen,

B. in der Erwägung, dass viele südlich der Sahara gelegenen Länder in Afrika keine Aussicht haben, auch nur eines der MDGs zu verwirklichen, und dass es auch in vielen Ländern mit mittlerem Einkommen Regionen und Millionen von Menschen umfassende ethnische Gruppen gibt, die nur unbefriedigende Fortschritte machen,

C. in der Erwägung, dass der Europäische Rat im Mai 2005 unter Bezugnahme auf die Agenda des G8-Gipfels in Gleneagles im Juli 2005 übereinkam, dass bis zum Jahr 2015 0,7 % des Bruttoinlandsprodukts (BIP) als öffentliche Entwicklungshilfe (ODA) vergeben werden sollten und dass diese Erhöhung der Hilfe eine grundlegende Voraussetzung für die Erreichung der MDGs bildete,

D. in der Erwägung dass der Entwicklungshilfeausschuss der OECD (Development Assistance Committee - nachstehend DAC) erlaubt, ODA-Beiträge der Geberländer als Schuldenerlass anzurechnen, obwohl damit keinerlei Transfer neuer Mittel von den Geber- zu den Empfängerländern verbunden ist,

E. in der Erwägung, dass der Schuldenerlass als eine der Zielsetzungen des Millenniums-Entwicklungsziels Nr. 8 darauf abzielt, "die Schuldenprobleme der Entwicklungsländer durch Maßnahmen auf nationaler und internationaler Ebene umfassend anzugehen, damit ihre Schulden auf lange Sicht tragbar werden",

F. in der Erwägung, dass inzwischen 24 Länder, davon 18 in Afrika, in den Genuss eines Schuldenerlasses gekommen sind, dass jedoch ein sehr viel weitergehender Schuldenerlass notwendig ist,

G. in der Erwägung, dass jährlich öffentliche Entwicklungshilfe in Höhe von 6,9 Milliarden EUR erforderlich ist, wenn die MDGs für Grundbildung erreicht werden sollen, sowie in der Erwägung, dass der Gesamtumfang der öffentlichen Entwicklungshilfe - zu der die Europäische Union 0,8 Milliarden beiträgt - bei 1,6 Milliarden EUR liegt,

H. in der Erwägung, dass der geschätzte Finanzbedarf zur Erreichung der MDGs im Gesundheitsbereich bei 21 Milliarden EUR jährlich liegt und die gegenwärtigen Mittel lediglich 36 % dieses Bedarfs ausmachen, sowie in der Erwägung, dass selbst mit einer vorgezogenen Erhöhung der öffentlichen Entwicklungshilfe der Europäischen Union die verfügbaren Beträge 2010 lediglich 41 % der erforderlichen 21 Milliarden EUR erreichen werden und eine Finanzierungslücke von 11,9 Milliarden EUR jährlich bleibt,

I. in der Erwägung, dass trotz erheblicher Fortschritte in Richtung auf eine allgemeine Grundschulbildung in den letzten Jahren nach wie vor rund 77 Millionen Kinder im Grundschulalter derzeit keine Schule besuchen und dass das Ziel, das geschlechtsspezifische Ungleichgewicht in Grundschulen bis zum Jahr 2005 zu korrigieren, verfehlt wurde,

J. in der Erwägung, dass Kinderarbeit den Kindern das Recht auf Bildung verweigert, das ein grundlegendes Instrument darstellt, damit künftige Generationen der Armut entrinnen können,

K. in der Erwägung, dass die drei MDGs im Bereich Gesundheit, nämlich zur Kindersterblichkeit, zur Müttersterblichkeit und zur Bekämpfung von HIV/AIDS, Tuberkulose und Malaria, die geringsten Aussichten haben, bis zum Jahr 2015 erreicht zu werden,

L. in der Erwägung, dass laut UNO-Bericht über die Millenniumsziele 2006 trotz der Fortschritte in einigen Ländern die Infektionsrate bei HIV/AIDS weiterhin steigt, dass die Zahl der infizierten Menschen von 36,2 Millionen im Jahre 2003 auf 38,6 Millionen im Jahr 2005 (von denen die Hälfte Frauen sind) zugenommen hat und dass die auf AIDS zurückzuführenden Todesfälle 2005 trotz erweitertem Zugang zu antiretroviralen Therapien ebenfalls zugenommen haben,

M. in der Erwägung, dass derzeit mehr als 90% der Mittel im Bereich der Gesundheitsforschung für Krankheiten ausgegeben werden, die nur knapp 10% der Weltbevölkerung betreffen, sowie in der Erwägung, dass Patentsysteme als Anreiz für F&E in entwickelten Ländern funktioniert haben mögen, dies jedoch nicht der Fall gewesen ist bei vernachlässigten Krankheiten, von denen die Armen betroffen sind,

N. in der Erwägung, dass einigen Schätzungen zufolge zwei Millionen Lehrer und mehr als vier Millionen medizinische Fachkräfte in den Entwicklungsländern fehlen und dass es in den meisten Fällen keine Strategien für Ausbildung und Einstellung gibt,

O. in der Erwägung, dass das Recht auf Nahrung von fundamentaler Bedeutung ist, damit alle anderen Menschenrechte wahrgenommen werden können, und dass seine Verwirklichung eine Voraussetzung für die Erreichung der gesamten Palette der MDG ist; und in der Erwägung, dass laut UN-Bericht 2006 über die MDG die Fortschritte, um den Hunger zu bekämpfen, zu langsam waren und dass die Zahlen in den letzten Jahren sogar noch gestiegen sind und dass daher 854 Millionen Menschen (17% der Weltbevölkerung) tagtäglich Hunger leiden und jeden Tag fast 16.000 Kinder an den Folgen des Hungers sterben,

P. in der Erwägung, dass die Bekämpfung der Unterernährung alarmierend langsam voranschreitet, dass 27% der Kinder unterernährt sind und 53% der Todesfälle bei Kindern unter 5 Jahren im Zusammenhang mit Unterernährung stehen,

Q. in der Erwägung, dass laut UN-Entwicklungsprogramm (UNDP) mindestens 19 Länder ihre MDG-Bedarfsermittlungen abgeschlossen haben und weitere 55 dabei sind, diese zu erstellen, dass jedoch bisher kein einziges Land auf niedrigem Einkommensniveau in Afrika diese Strategien umsetzt,

R. in der Erwägung, dass die Untersuchung zum Monitoring der Pariser Erklärung, die 2006 durchgeführt wurde, enttäuschende Ergebnisse in Bezug auf die Umsetzung der Zusagen zur Harmonisierung, Angleichung und Eigenverantwortung zu Tage gefördert hat,

S. in der Erwägung, dass die Europäische Union, das Vereinigte Königreich, die Niederlande, Schweden, Irland, Dänemark und Deutschland den Anteil der über allgemeine Haushaltszuschüsse gewährten Hilfe aufstocken,

T. in der Erwägung, dass die Qualität der Entwicklungshilfe genauso wichtig ist wie die Quantität, berücksichtigt man die Aufnahmefähigkeit der betroffenen Länder,

U. in der Erwägung, dass Fortschritte zur Erreichung der Millenniums-Entwicklungsziele radikale Maßnahmen erfordern, um die strukturellen Gründe für Armut anzugehen, einschließlich der Notwendigkeit eines fairen und gerechten, auf Regeln basierenden Handelssystems, das darauf ausgerichtet ist, den Handel zu fördern und die Ungleichgewichte im Welthandel insbesondere dort, wo Afrika betroffen ist, zu korrigieren,

V. in der Erwägung, dass das Parlament in seiner Entschließung vom 6. Juli 2006 zu fairem Handel und Entwicklung7 die Rolle des fairen Handels bei der Verbesserung des Lebensstandards von Kleinbauern und Erzeugern in den Entwicklungsländern anerkennt, da er ein nachhaltiges Produktionsmodell mit garantierten Einkommen für die Erzeuger ermöglicht,

W. in der Erwägung, dass eine verstärkte Unterstützung des Privatsektors, insbesondere von kleinen und mittleren Unternehmen, ein Motor für die Entwicklung und die Schaffung neuer Märkte sowie auch für die Schaffung von Arbeitsplätzen ist,

X. in der Erwägung, dass die Verwirklichung der Millenniums-Entwicklungsziele eine der Prioritäten der Europäischen Union darstellt und dass die wesentliche Rolle der Gebietskörperschaften bei der Verwirklichung dieser Ziele von den Vereinten Nationen anerkannt wurde,

Y. in der Erwägung, dass schätzungsweise zwei Milliarden Menschen in der Welt keinen Zugang zu modernen Energieträgern haben und dass kein Land die Armut in erheblichem Umfang verringern konnte, ohne den Energieverbrauch deutlich zu erhöhen,

Z. in der Erwägung, dass der erwähnte Stern-Bericht über die wirtschaftlichen Aspekte des Klimawandels und der Vierte Sachstandsbericht zum Klimawandel unmissverständlich nachgewiesen haben, dass der Klimawandel die größten Auswirkungen auf Entwicklungsländer hat und dass für viele der weltweit am meisten gefährdeten Gemeinschaften der Klimawandel bereits eine Realität ist,

AA. in der Erwägung, dass nach vorläufigen Schätzungen der Weltbank jährlich 10 bis 40 Milliarden USD für eine "klimasichere" Entwicklung in den ärmsten Ländern nötig sein werden, und in der Erwägung, dass die Beiträge zu Anpassungsfonds innerhalb des Rahmenübereinkommens der Vereinten Nationen über Klimaänderungen nicht mehr als 150 bis 300 Millionen USD pro Jahr betragen,

AB. in der Erwägung, dass von Konflikten heimgesuchte instabile Staaten 9% der Bevölkerung der Entwicklungsländer stellen, dass jedoch 27% der extrem Armen, fast ein Drittel aller Todesfälle bei Kindern und 29% der Zwölfjährigen, die 2005 die Grundschule nicht abgeschlossen haben, auf die instabilen Staaten entfallen,

AC. in der Erwägung, dass eine gute Regierungsführung und verbesserte institutionelle Kapazitäten wesentlich sind, um die Bereitstellung von grundlegenden sozialen Dienstleistungen und Infrastrukturen sowie Sicherheit für die Bürger zu gewährleisten,

AD. in der Erwägung, dass die Verwirklichung der Millenniums-Entwicklungsziele nicht nur einen gewaltigen Schritt zur Verminderung von Armut und Leiden weltweit bedeuten, sondern auch die Fähigkeit der internationalen Gemeinschaft unter Beweis stellen würde, praktische Ziele für eine globale Partnerschaft aufzustellen und zu verfolgen,

Erhöhung der Hilfe

Schuldenerlass

Finanzierung der menschlichen und sozialen Entwicklung

Prioritäten der menschlichen und sozialen Entwicklung

Qualität der Hilfe und Armut als Schwerpunkte der Entwicklungsarbeit

Allgemeine Budgethilfen

Regierungsführung

Frieden und Sicherheit

Handel

Klimawandel

Milleniums-Entwicklungsziele - Die Agenda für die Zeit danach