942. Sitzung des Bundesrates am 26. Februar 2016
A
Der Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (U) und der Wirtschaftsausschuss (Wi) empfehlen dem Bundesrat, zu der Vorlage gemäß §§ 3 und 5 EUZBLG wie folgt Stellung zu nehmen:
Zum Paket der Kreislaufwirtschaft
- 1. Der Bundesrat begrüßt, dass die Kommission mit der Vorlage eines Pakets zur Kreislaufwirtschaft am Ziel, die Ressourceneffizienz zu verbessern und einer Kreislaufwirtschaft in ganz Europa näher zu kommen, festhält. Mit dem überarbeiteten Vorschlag geht die Kommission den Weg zur Erreichung dieses Ziels weiter.
- 2. Der Bundesrat betont aber erneut, dass eine konsequente EU-weite Umsetzung der geltenden Anforderungen der abfallrechtlichen Richtlinien absolut vordringlich ist, bevor neue, noch anspruchsvollere Anforderungen gesetzt werden. Er verweist insofern auf Ziffer 4 seiner Stellungnahme zum Kreislaufwirtschaftspaket von 2014 (BR-Drucksache 311/14(B) ). Leider lässt die Vorlage wirksame Maßnahmen zur Erreichung dieses Zieles immer noch zu wenig erkennen.
Zur Vorlage allgemein
- 3. Der Bundesrat begrüßt den Richtlinienvorschlag mit den Verbesserungen gegenüber dem alten Paket von 2014 und das Ziel der Kommission, die Umwelt zu schützen und eine stärker kreislauforientierte Wirtschaft zu schaffen. Dazu gehören auch die Verbesserung der Abfallbewirtschaftungspraktiken, die Anregung von Innovationen im Recyclingsektor und die Schaffung von Anreizen zur Änderung des Verbraucherverhaltens. Insgesamt sollen dadurch nachhaltiges Wachstum und neue Arbeitsplätze geschaffen, weniger Treibhausgasemissionen erzeugt und direkte Einsparungen dank besserer Abfallbewirtschaftungspraktiken erreicht werden. Der vorgelegte Richtlinienvorschlag sollte jedoch noch verbessert werden.
- 4. Der Bundesrat begrüßt grundsätzlich den von der Kommission vorgelegten Richtlinienvorschlag. Mit dem Ziel einer Optimierung der Kreislaufwirtschaft besteht Einverständnis.
- 5. Der Bundesrat bittet die Bundesregierung, sich bei den weiteren Beratungen auf EU-Ebene dafür einzusetzen, dass durch die Änderungen der Richtlinie 2008/98/EG keine zusätzliche Bürokratie für Verwaltung und Wirtschaft in Deutschland entsteht.
- 6. Der Bundesrat hält Änderungen am Richtlinienvorschlag für notwendig und bittet die Bundesregierung, bei den anstehenden Verhandlungen auf EU-Ebene den nachfolgenden Bedenken Rechnung zu tragen:
Im Einzelnen
Zu Artikel 1 allgemein
- 7. Der Bundesrat begrüßt, dass der Vorschlag der Kommission auch die Steigerung der Ressourceneffizienz zum Ziel hat. Allerdings vermisst er die Aufnahme konkreter umsetzbarer Regelungen zur Erreichung dieses Ziels.
Der Bundesrat bittet die Bundesregierung darauf hinzuwirken, dass die zur Erreichung dieses Ziels notwendigen Maßnahmen, wie sie zum Teil in der Mitteilung der Kommission "Den Kreislauf schließen - Ein Aktionsplan der EU für die Kreislaufwirtschaft" (COM (2015) 614 final) enthalten sind, zügig im geltenden Recht verankert werden.
- 8. Der Bundesrat begrüßt die Aktivitäten der Kommission, der Vermeidung, der Wiederverwendung und dem Recycling von Abfällen künftig ein noch größeres Gewicht einzuräumen und beim Recycling über die zahlenmäßigen Quoten hinaus auch die Qualität stärker in den Vorgaben zu verankern, um Rohstoffe und Umwelt zu schonen.
- 9. Der Bundesrat weist darauf hin, dass nach der Abfallhierarchie des Artikels 4 das Recycling gegenüber der energetischen Verwertung und der thermischen Behandlung vorrangig ist. Er bittet die Bundesregierung, auf klare Signale für eine konsequente Umsetzung dieses Vorrangs hinzuwirken und sich insbesondere dafür einzusetzen, dass das Verbot der Ablagerung nicht vorbehandelter Abfälle mit deutlichen Impulsen zugunsten einer vorrangigen stofflichen Verwertung verknüpft wird.
- 10. Der Bundesrat stellt fest, dass der Vorschlag der Kommission Impulse zum Aufbau der Recyclingnetze in Europa vermissen lässt, und bittet die Bundesregierung sicherzustellen, dass die hierfür notwendigen Maßnahmen verankert werden.
11. Zu Artikel 1 Nummer 2 Buchstabe a (Artikel 3 Nummer 1a)
Der Bundesrat bittet die Bundesregierung, im weiteren Verfahren darauf hinzuwirken, dass die Beschreibung der Siedlungsabfälle dahingehend geändert wird, dass sie sich auf alle Haushaltsabfälle sowie Abfälle aus dem Einzelhandel, von Unternehmen und aus Bürogebäuden und Einrichtungen, in denen von der Art und Zusammensetzung her mit Haushaltsabfällen vergleichbare Abfälle anfallen, bezieht. Die im Kommissionsvorschlag einbezogenen Straßenreinigungsabfälle, Marktabfälle und ähnlichen Abfälle sollten unberücksichtigt bleiben. Diese Abfälle stammen weder aus privaten Haushalten, noch sind sie mit Haushaltsabfällen vergleichbar.
Die in Artikel 3 Nummer 1a Buchstabe b vorgeschlagene Regelung, wonach unter den Begriff "Siedlungsabfälle" auch gemischte Abfälle und getrennt gesammelte Abfälle aus anderen Quellen zu fassen sind, die in Bezug auf Beschaffenheit, Zusammensetzung und Menge mit Haushaltsabfällen vergleichbar sind, bedarf insbesondere hinsichtlich des Kriteriums "Menge" einer vollzugstauglichen Konkretisierung, damit industrielle Monochargen nicht zur Beschönigung der Recyclingquote herangezogen werden können.
Zu Artikel 1 Nummer 2 Buchstabe a (Artikel 3 Nummer 1a) Definition "Siedlungsabfall"
- 12. Bei der vorgeschlagenen Definition des Siedlungsabfalls ist nicht eindeutig, welche Abfälle konkret gemeint sind. Nach dem Europäischen Abfallartenkatalog umfassen diese alle Abfälle des Kapitels
- 20. Es sind jedoch sowohl bestimmte Abfälle der Gruppe 20 03 ausgeschlossen als auch Abfälle, die im Kapitel 20 gar nicht aufgeführt sind (Klärschlämme, Bau- und Abbruchabfälle). Eine eindeutigere Begriffsbestimmung ist erforderlich, da sich Verwertungsquoten auf "Siedlungsabfälle" beziehen, deren Erfüllung sehr davon abhängt, welche Abfälle den Siedlungsabfällen zugerechnet werden. Hierfür sollte überprüft werden, ob zur Klarstellung auf die entsprechenden Schlüssel des Europäischen Abfallartenkatalogs verwiesen werden kann.
Unklar ist zum Beispiel, ob zu den getrennt gesammelten Abfällen auch Verpackungen der Gruppe 15 01 zählen. Eine getrennte Sammlung insbesondere von Glas und Kunststoffen ist ohne die Einbeziehung von Verpackungen mangels Masse nicht praktikabel, die Quotenerfüllung dürfte hier bei null Prozent liegen. Sind Verpackungen nicht vom Siedlungsabfallbegriff umfasst, würde es zu einer erheblichen Inkonsequenz der Gesamtregelungen führen und einem Bruch mit dem zumindest in Deutschland üblichen Begriffsverständnis und der statistischen Erfassung bedeuten. Der Begriff "Verpackungen" sollte in der Aufzählung ergänzt werden.
Zu den Siedlungsabfällen gehören auch Abfälle, die als gefährlich eingestuft werden, zum Beispiel Pestizide (20 01 19) oder Holz mit gefährlichen Bestandteilen (20 01 37). Dies sollte in der Aufzählung verdeutlicht werden, andernfalls könnte der Schluss gezogen werden, dass solche Abfälle nicht zu den Siedlungsabfällen gehören und in der Statistik oder bei einer Quotenberechnung nicht zu berücksichtigen sind.
Überprüft werden sollte auch, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang Bauabfälle, die in kleinen Mengen in Haushalten, zum Beispiel beim Umbau eines Badezimmers entstehen, von der Begriffsbestimmung umfasst sind. Boden und Steine (20 02 02), die in größeren Mengen zum Beispiel bei Gartenbaubetrieben entstehen können, sind den Siedlungsabfällen zugeordnet, Boden und Steine (17 05 04), die zum Beispiel beim privaten Umbau einer Garageneinfahrt anfallen, jedoch nicht.
- 13. Der Begriff "Weißware" in Buchstabe a zweiter Spiegelstrich kann gestrichen werden. Er taucht in der gesamten Richtlinie und deren Begründung nicht auf, wird auch in der Richtlinie 2012/19/EU über Elektro- und Elektronik-Altgeräte nicht verwendet; die damit gewöhnlich umschriebenen großen Elektroaltgeräte sind bereits mit Nummer 1a Buchstabe a erster Spiegelstrich vollständig abgedeckt.
14. Zu Artikel 1 Nummer 2 Buchstabe c (Artikel 3 Nummer 4) Definition "Bioabfall"
Bioabfälle schließen definitionsgemäß auch Abfälle aus Nahrungsmittelverarbeitungsbetrieben ein. Hier ist auszuschließen, dass auch Abfälle aus dem Kapitel 02 darunter fallen. Denn diese fallen meist in größeren Mengen an; es ist nicht eindeutig, ob die "vergleichbare Menge" eine nachvollziehbare Begrenzung darstellt. So können zum Beispiel in einer Kommune 5 000 Mg Bioabfälle aus Haushalten erfasst werden, gleichzeitig entstehen in einzelnen Betrieben Abfallmengen von einigen 100 Mg oder wenigen 1 000 Mg, die durchaus vergleichbar sind. Diese Mengen können in erheblichem Umfang zur Erreichung der Quoten beitragen, ohne dass der betreffende Entsorgungsträger sich bei der Bioabfallsammlung aus Haushalten anstrengen muss.
Bei der Definition der Bioabfälle in Artikel 3 Nummer 4 sollte daher geprüft werden, ob auf geeignete Schlüssel des Europäischen Abfallartenkatalogs verwiesen werden kann, um solche produktionsspezifischen Abfälle auszuschließen.
15. Zu Artikel 1 Nummer 2 (Artikel 3 Nummer 3) Definition "Altöl"
Aus vergleichbaren Gründen sollte ebenfalls geprüft werden, ob auch bei der geltenden Definition in Artikel 3 Nummer 3 "Altöl" zur Klarstellung auf die entsprechenden Schlüssel des Europäischen Abfallartenkatalogs verwiesen werden kann.
16. Zu Artikel 1 Nummer 2 Buchstabe d (Artikel 3 Nummer 4a) Definition "Bauabfälle"
Bei der Definition der Bauabfälle in Artikel 3 Nummer 4a sollte aus den vorgenannten Gründen geprüft werden, ob zur Klarstellung auf die entsprechenden Schlüssel des Europäischen Abfallartenkatalogs verwiesen werden kann. In den Beispielen sollte ergänzt werden, dass auch gefährliche Abfälle zu den Bauabfällen gehören.
17. Zu Artikel 1 Nummer 2 Buchstabe e und f (Artikel 3 Nummer 16 und 17b)
Der Bundesrat bittet die Bundesregierung, sich bei den weiteren Beratungen auf EU-Ebene dafür einzusetzen, dass in Artikel 1 Nummer 2 der vorgeschlagenen Richtlinie zur Änderung der Richtlinie 2008/98/EG die folgenden Änderungen an Begriffsbestimmungen vorgenommen werden:
- - "Vorbereitung zur Wiederverwendung": Die derzeit geltenfinition der Vorbereitung zur Wiederverwendung soll beibehalten werden. Die in der neuen Definition vorgesehene Ausweitung der Vorbereitung zur Wiederverwendung auf Produkte verwässert die Vorschriften zur Abfallhierarchie und erschwert es, zwischen Verwertungsverfahren und einfacher Wiederverwendung, die sich auf Produkte und nicht auf Abfall bezieht, zu unterscheiden.
- - "Verfüllung": Um Verwechslungen bloßer Verfüllmaßnahmen mit dem Einsatz von Recyclingbaustoffen in technischen Bauwerken zu vermeiden, sollten die Wörter "im Bau" durch die Wörter "bei vergleichbaren Baumaßnahmen" ersetzt werden.
18. Zu Artikel 1 Nummer 2 Buchstabe f (Artikel 3 Nummer 17 und 17a) Definition "Recycling"
Mit dem "abschließenden Recyclingverfahren" wird ein zusätzlicher Begriff als Unterfall des Recyclings neu eingeführt. Mit dieser zusätzlichen Verfahrensstufe wird der Begriff des Recyclings ausgehöhlt und unscharf. Es wird unklarer, was das Ziel des Recyclings sein soll, und es bleibt offen, was Recyclingverfahren bedeuten, die nicht abschließend sind, ob sie zum Beispiel vor dem "abschließenden" Recyclingverfahren liegen oder auch parallel dazu oder unabhängig davon betrachtet werden können.
Zu klären ist zum Beispiel, warum das "abschließende Recyclingverfahren" zwar keine mechanische Trennung mehr zulässt, wohl aber eine chemische, physikalische, nasse, thermische oder cryogene Trennung. Es beginnt, sobald die Abfallmaterialien einem Produktionsprozess zugeführt werden, aber es bleibt unklar, auf welcher Stufe der Behandlungskette dies stattfindet und an welcher Stelle im Weiteren die Quoten ermittelt werden. Für Papier beginnt das "abschließende Recyclingverfahren" gewöhnlich mit dem Einfüllen des Altpapiers in den Pulper. Das vorhergehende Recyclingverfahren wäre dann die Sammlung und der Transport des Altpapiers, da eine Sortierung in der Regel nicht stattfindet. Für Flüssigkeitskartons, die in den gleichen Prozess gelangen, ist jedoch die LVP-Sortierung ein vorhergehendes Recyclingverfahren. Bei Kunststoffen dürfte es sehr von der Qualität der Kunststoffabfälle und der jeweiligen Verfahrenstechnik abhängen, wann von einem abschließenden Recyclingverfahren zu sprechen ist. Bei Aluminium mit den vielen Verbunden kann es die Pyrolyseanlage sein, aber auch die nachfolgend erforderliche Schmelze, vielleicht aber auch bereits die vorhergehende Sortierung oder mechanische Aufbereitung.
Es erscheint daher zweckmäßiger, ein Ziel des Recyclings vorzugeben, nämlich den Punkt, an dem ein Abfall als vollständig recycelt betrachtet werden kann und an dem er als vollwertiges Produkt wieder in den Wirtschaftskreislauf zurückgeführt wird. Dies würn Erläuterungen entsprechen, die die Kommission in den "Guidance on the interpretation of key provisions of Directive 2008/98/EC on waste" vom Juni 2012 gegeben hat. Dort heißt es in Kapitel 1.4.6, dass die Behandlung von Abfällen, welche Abfälle erzeugt, die weiterhin einer abfallspezifischen Behandlung bedürfen, kein Recycling sei, und dass Recycling alle physikalischen, chemischen und biologischen Verfahren umfasst, die zu einem Material führen, welches nicht länger Abfall ist. Damit ist das Recycling abgeschlossen, sobald ein Abfall in Übereinstimmung mit den Vorgaben des Artikels 6 zum Enr Abfalleigenschaft seine Abfalleigenschaft verliert und zum Produkt wird. Diesen Ansatz hatte die Kommission auch mit dem Vorschlag zur Richtlinienänderung vom 2. Juli 2014 gewählt und in einem neu zu formulierenden Artikel 8 als "recycelt" nur solche Abfälle betrachtet, die nicht mehr als Abfälle gelten. In diesem Anliegen sollte die Kommission unterstützt werden.
19. Zu Artikel 1 Nummer 2 (Artikel 3 Nummer 15) Definition der "stofflichen Verwertung"
Vorbereitung zur Wiederverwendung und Recycling sind beides Unterfälle des allgemeinen Verwertungsbegriffs, die letztlich die Herstellung eines Produkts aus Abfällen zum Ziel haben. Jedoch längst nicht alle Abfälle können dieses Ziel erreichen. Weitere Unterfälle der Verwertung in diesem Sinne sind, wenn auch nicht definiert, die energetische Verwertung von Abfällen und, mit Nummer 17b neu eingeführt, die Verfüllung, die klar auf Abfälle zielt. Es fehlt eine Definition für die verbleibenden Abfälle, die stofflich verwertet werden.
Die von der Kommission vorgeschlagene Definition des "abschließenden Recyclingverfahrens" schließt im Übrigen nicht aus, dass am Ens Verfahrens zumindest überwiegend Abfälle entstehen. Denn Stoffe und Materialien sind nicht notwendigerweise Produkte, die ihre Abfalleigenschaft verloren haben. Auch beispielsweise die Neufassung von Artikel 6 Absatz 3 lässt den Schluss zu, dass stoffliche Verwertung und Recycling gleichbedeutend sind. Somit können beide Verfahren zum Enr Abfalleigenschaft führen oder auch nicht, die Notwendigkeit einer Differenzierung der Begriffe wird aufgehoben.
Es wird daher vorgeschlagen, die Definition der "stofflichen Verwertung" aus dem Vorschlag der Kommission für eine Richtlinienänderung aus 2014 (dort Artikel 3 Nummer 15a (BR-Drucksache 308/14 (PDF) ) modifiziert zu übernehmen. Diese Definition sollte die in Deutschland gebräuchliche "rohstoffliche Verwertung" beinhalten.
20. Zu Artikel 1 Nummer 3 (Artikel 4 Absatz 3)
Der Bundesrat wendet sich gegen die vorgesehene Verpflichtung für die Mitgliedstaaten, zur Umsetzung der fünfstufigen europäischen Abfallhierarchie obligatorisch wirtschaftliche Instrumente zu nutzen. Nach Überzeugung des Bundesrates sollte es den Mitgliedstaaten fortgesetzt überlassen bleiben, mit welchen Mitteln sie die Beachtung der Abfallhierarchie forcieren wollen, wie dies das Subsidiaritätsprinzip und der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit vorsehen, um den Mitgliedstaaten die Wahl der Mittel in Abhängigkeit ihrer spezifischen Abfallbewirtschaftungssituation freizustellen.
Deutschland hat zum Beispiel bei der Beendigung der Ablagerung von Abfällen mit hohem organischen Anteil sehr guten Erfolg mit einem rein ordnungsrechtlichen Ansatz erzielt. Wirtschaftliche Instrumente bergen erfahrungsgemäß stets das Risiko, unkontrollierte Ausweichbewegungen in solche Entsorgungsverfahren zu provozieren, die auf Grund niedriger technischer Anforderungen besonders billig sind, aber den Umweltschutz nicht befriedigend gewährleisten.
21. Zu Artikel 1 Nummer 3 ("Anreize für die Anwendung der Abfallhierarchie"):
Aus Sicht des Bundesrates ist die Maßgabe, dass die Mitgliedstaaten geeignete wirtschaftliche Instrumente nutzen sollten, um Anreize für die Anwendung der Abfallhierarchie zu schaffen, zu unpräzise. Sie lässt Spielräume für ungewollte Diskriminierungen oder Sanktionen bestimmter Abfallströme. Es sollten von den Mitgliedstaaten vielmehr geeignete wirtschaftliche Instrumente gewählt werden, die in wettbewerbs- und beihilfekonformer Weise als Gegenleistung für ein bestimmtes Handeln ausgestaltet sind.
22. Zu Artikel 1 Nummer 4 Buchstabe a (Artikel 5 Absatz 1)
Der Bundesrat weist darauf hin, dass die Formulierung "die Mitgliedstaaten stellen sicher" eine Handlungspflicht der Mitgliedstaaten normiert, bestimmte Stoffe aus dem Abfallbegriff herauszunehmen. Damit bekommt die Richtlinie eine Tendenz, den Abfallbegriff und damit auch den Geltungsbereich der Richtlinie selbst durch voll überprüfbare Handlungspflichten der Mitgliedstaaten zu beschränken. Dies steht im Widerspruch zur EuGH-Rechtsprechung, die eine weite Auslegung des Abfallbegriffs fordert. Zudem geschieht die Einstufung von Abfall/Nicht-Abfall bislang zunächst durch die Erzeuger und Besitzer. Nunmehr könnte bzw. müsste sogar von der Behörde auch gegen den Willen des Erzeugers oder Besitzers entschieden werden und die aus dem Abfallbegriff fallenden Stoffe könnten bzw. müssten ohne Zutun der Erzeuger in das REACH-Regime überführt werden. Dies lehnt der Bundesrat ab.
Hauptempfehlung:
23. Zu Artikel 1 Nummer 4 Buchstabe b, Nummer 5 Buchstabe b, Nummer 6 Buchstabe a, Nummer 11, 14, 15 Buchstabe a und b und Nummer 23 ("Delegierte Rechtsakte")
Der Bundesrat vertritt die Auffassung, dass die Möglichkeiten der Kommission, im Zusammenhang mit der Änderung der Abfallrahmenrichtlinie delegierte Rechtsakte zu erlassen, entfallen sollten.
Zahlreiche Änderungen der Abfallrahmenrichtlinie beziehen sich auf die Ersetzung des Komitologie-Verfahrens durch das Verfahren der delegierten Rechtsakte im Sinne von Artikel 290 AEUV. Die delegierten Rechtsakte sollen dabei von der Kommission erlassen werden. Dies betrifft zum Beispiel die - Festlegung der Kriterien, nach denen bestimmte Stoffe als Nebenprodukt anzusehen sind (Änderung Artikel 5 Absatz 2 der Abfallrahmenrichtlinie),
- - Festlegung von Kriterien und von betroffenen Abfallarten zum Enr Abfalleigenschaft (Änderung Artikel 6 Absatz 2 der Abfallrahmenrichtlinie),
- - Aktualisierung des Abfallverzeichnisses (Änderung Artikel 7 Absatz 1 der Abfallrahmenrichtlinie) bzw.
- - Änderung der Anhänge I bis V der Abfallrahmenrichtlinie unter Berücksichtigung des wissenschaftlichen und technischen Fortschritts (Änderung Artikel 38 Absatz 2 der Abfallrahmenrichtlinie).
Die Delegation ist nach Artikel 290 Absatz 1 AEUV auf die "Ergänzung oder Änderung bestimmter nicht wesentlicher Vorschriften des betreffenden Gesetzgebungsaktes" beschränkt. Damit sind lediglich Konkretisierungen und technische Aspekte des jeweiligen Gesetzgebungsaktes gemeint. Oben genannte Änderungsvorschläge gehen aber weit über solche Maßnahmen hinaus. Der Bundesrat hat sich im Hinblick auf das erste kreislaufwirtschaftsbezogene
Regelungspaket der Kommission von Sommer 2014 (COM (2014) 397 final) ablehnend gegenüber der Regulierung durch delegierte Rechtsakte ausgesprochen (vergleiche BR-Drucksache 308/14(B) vom 10. Oktober 2014). So sind die Anforderungen nach Artikel 5 und 6 der Abfallrahmenrichtlinie maßgeblich für die Beurteilung, ob und wann von einem Abfall auszugehen ist bzw. wann Stoffe oder Gegenstände aufgrund ihrer Beschaffenheit und Eigenschaften, nichtabfallrechtlicher Vorgaben oder Verwendungsmöglichkeiten dem Abfallrecht nicht oder nicht länger unterliegen. Auch die Ausgestaltung des Abfallverzeichnisses (Änderung Artikel 7 der Abfallrahmenrichtlinie) ist von großer rechtlicher Relevanz, da die Einstufung als "gefährlich" unmittelbare weitere rechtliche Pflichten zur Folge hat (zum Beispiel Nachweispflicht).
24. Zu Artikel 1 Nummer 4 Buchstabe b (Artikel 5 Absatz 2) und anderer Befugnisse zum Erlass delegierter Rechtsakte
Der Bundesrat bittet die Bundesregierung, im weiteren Verfahren gegenüber der Kommission klarzustellen, dass diese hinsichtlich der delegierten Rechtsakte die Abgrenzung zwischen ordentlichen Gesetzgebungsverfahren und der Ermächtigung zum Erlass delegierter Rechtsakte nach Artikel 290 AEUV nicht zutreffend vorgenommen hat. Es geht im Kern um die Entscheidung, ob es sich um wesentliche oder unwesentliche Vorschriften handelt. Es ist nach wie vor festzustellen, dass die Kommission auch wesentliche Regelungen in den Prozess der delegierten Rechtsetzung auslagert (insbesondere zu Nebenprodukten, dem Enr Abfalleigenschaft, zum Energieeffizienzkriterium bei Müllverbrennungsanlagen, zu technischen Anforderungen bei Abfallentsorgungsanlagen, zur Fortentwicklung des Europäischen Abfallverzeichnisses und Berechnungsmethoden), die erhebliche Auswirkungen im Vollzug, im Umweltschutz und in der Wirtschaft hervorrufen können. Durch diese Ersetzung ist eine aktive Beteiligung der Mitgliedstaaten - wie im derzeitigen Regelungsverfahren mit Kontrolle - nicht mehr gewährleistet.
25. Zu Artikel 1 Nummer 5 Buchstabe a (Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe a)
Der Bundesrat weist darauf hin, dass die neue "Kann"-Formulierung in Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe a, wonach Abfälle, die ein Verwertungsverfahren durchlaufen haben, nicht mehr als Abfälle betrachtet werden, "wenn die folgenden Bedingungen erfüllt sind:
- a) Der Stoff oder Gegenstand kann für bestimmte Zwecke verwendet werden", eine Abschwächung des bisherigen Standards darstellt; nunmehr könnten auch hypothetische Nutzungen ausreichen. Gemäß der EuGH-Rechtsprechung ist der Abfallbegriff jedoch weit auszulegen. Durch die neue Formulierung (zuvor: "wird ... verwendet") erfolgt eine implizite, materielle Abschwächung des Abfallbegriffs, die der Bundesrat ablehnt.
26. Zu Artikel 1 Nummer 5 Buchstabe b (Artikel 6 Absatz 3)
Der Bundesrat begrüßt die Klarstellung, dass Abfälle, die das Enr Abfalleigenschaft erreicht haben, im Rahmen der in den Mitgliedstaaten zu ermittelnden Recyclingquoten als recycelt anzusehen sind, soweit sie nicht zu Zwecken der Verfüllung oder als Brennstoff bestimmt sind.
Um die Vollziehbarkeit dieser Regelung sicherzustellen, bittet der Bundesrat die Bundesregierung, sich in den weiteren Ratsverhandlungen dafür einzusetzen, dass hierzu geeignete Grundlagen zur statistischen Datenerfassung geschaffen werden. Diese Grundlagen müssen es ermöglichen, dass die für die Ermittlung der Verwertungsquote erforderlichen Massenangaben über die aus dem Abfallrecht entlassenen Abfälle von der Umweltstatik bereitgestellt werden.
Zu Artikel 1 Nummer 7 Buchstabe a und b ("Herstellerverantwortung und Würdigung der Stofferhaltung") und Nummer 8 (Artikel 8 Absatz 1 Unterabsatz 3 und Artikel 8a Absatz 1 bis 3)
- 27. Nach Auffassung des Bundesrates sollten Eingriffe in Märkte immer in maßvoller Weise erfolgen. Dies gilt auch für die Einrichtung von Systemen der erweiterten Herstellerverantwortung. Belastungen dürfen keinesfalls über den eigentlichen Aufwand hinausgehen. Finanzielle Verpflichtungen für die Hersteller von Produkten müssen daher zwingend in angemessener Weise ausgestaltet werden.
Wenn Stoffe oder Gegenstände in der Gesellschaft wiederholt eingesetzt werden können und der Kreislaufwirtschaft dauerhaft erhalten bleiben, ohne die ihnen innewohnenden Eigenschaften zu verlieren, so ist dem eine besondere Bedeutung zuzumessen. Dies gilt insbesondere für Stoffe oder Gegenstände, die zum multiplen Recycling geeignet sind.
- 28. Der Bundesrat sieht insbesondere kritisch, dass die Kommission in Artikel 8a für den Fall einer Einrichtung solcher Systeme sehr detaillierte und weitreichende Anforderungen an deren Umsetzung stellt. Dies erscheint einerseits im Hinblick auf den Subsidiaritätsgrundsatz problematisch. Andererseits hat der Bundesrat Bedenken, dass dadurch freiwillige Initiativen abgeschreckt werden und der Spielraum für individuell sinnvolle Lösungen zu sehr eingeschränkt wird. Er hält diesbezüglich bloße Empfehlungen oder Leitlinien der Kommission für zielführender. Sinnvoll kann auch die Beschränkung auf Eckpunkte sein, die Fehlentwicklungen oder Missbräuchen vorbeugen.
Der Bundesrat bittet die Bundesregierung, im weiteren Verfahren insbesondere auch dafür Sorge zu tragen, dass in Deutschland bewährte Systeme weiterhin möglich bleiben.
Zu Artikel 1 Nummer 8 (Artikel 8a)
- 29. Der Bundesrat bittet die Bundesregierung zu prüfen, ob die in Artikel 1 Nummer 8 der vorgeschlagenen Richtlinie zur Änderung der Richtlinie 2008/98/EG vorgesehenen sehr detaillierten "Allgemeinen Anforderungen an die Systeme der erweiterten Herstellerverantwortung" sachgerecht sind.
30. Zu Artikel 1 Nummer 8 (Artikel 8a Absatz 4 Buchstabe b und c)
Der Bundesrat hält die Anforderungen an die von den Herstellern zur Einhaltung ihrer Pflichten im Rahmen der erweiterten Herstellerverantwortung geleisteten finanziellen Beiträge teilweise für nur mit sehr großem Aufwand oder gar nicht realisierbar. Soweit den Herstellern die Aufgabe der Rücknahme und Entsorgung ihrer Produkte übertragen wird, ist die Grundvoraussetzung für eine Internalisierung der Kosten am Enr Nutzungsdauer gegeben. Welche Kosten später tatsächlich anfallen, lässt sich nicht völlig sicher prognostizieren und ist auch von neuen innovativen Verfahren und Marktbedingungen abhängig. Entsprechend wird auch die Prognose der optimierten Kosten erbrachter Dienstleistungen im Falle der Einschaltung öffentlicher Abfallbewirtschaftungseinrichtungen nur mit erheblichen Problemen abzugeben sein.
Zu Artikel 1 Nummer 9 (Artikel 9)
- 31. Der Bundesrat weist daraufhin, dass mit der Neuregelung vorgesehen ist, die in der geltenden Richtlinie enthaltenen Pflichten der Kommission aufzuheben. Aus Sicht des Bundesrates ist es jedoch wichtig, dass die Kommission weiterhin verpflichtet wird, in bestimmten Zeitintervallen Berichte mit konzeptionellen Vorschlägen zur Abfallvermeidung zu erstellen. Weiterhin sollte auch die Kommission eigene Maßnahmen zur Förderung der Abfallvermeidung treffen, wie die Erarbeitung eines Aktionsplans zum Zweck der Änderung des derzeitigen Konsumverhaltens. Sinnvoll wäre darüber hinaus auch ein von Seiten der Kommission initiierter verstärkter Informationsaustausch zum Stand und Erfolg von Abfallvermeidungsmaßnahmen in den einzelnen Mitgliedstaaten. Zudem sind die beispielhaft aufgezählten Maßnahmen nur zum Teil der Abfallvermeidung zuzuordnen (vergleiche Definition in Artikel 3 Nummer 12).
- 32. Darüber hinaus bittet der Bundesrat die Bundesregierung darauf hinzuwirken, dass die landwirtschaftliche Erzeugung zur Klarstellung auch ausdrücklich in die Kette der betrachteten Stationen (verarbeitendes Gewerbe, Handel, Vertrieb et cetera) einbezogen wird.
- 33. Der Bundesrat bedauert, dass das im Kreislaufwirtschaftspaket von 2014 noch vorgesehene Reduktionsziel für Lebensmittelabfälle im nun vorliegenden Vorschlag der Kommission nicht mehr enthalten ist.
Angesichts der negativen Auswirkungen der Lebensmittelverschwendung auf die Umwelt sollten die Voraussetzungen dafür geschaffen werden, dass die Mitgliedstaaten den Umfang der Lebensmittelabfälle in allen Sektoren auf vergleichbare Weise erfassen und melden, und nationale Pläne zur Vermeidung von Lebensmittelabfällen aufgestellt werden, die darauf abzielen, das Aufkommen an Lebensmittelabfällen bis 2025 um 30 Prozent zu verringern.
Der Bundesrat bittet die Bundesregierung darauf hinzuwirken, dass das ursprünglich vorgesehene Reduktionsziel für Lebensmittelabfälle wieder aufgenommen wird.
34. Zu Artikel 1 Nummer 9 und Nummer 21 (Artikel 9 Absatz 5 und Artikel 37 Absatz 3)
Der Bundesrat bittet die Bundesregierung, sich bei den weiteren Beratungen auf EU-Ebene dafür einzusetzen, dass
- - der in Artikel 1 Nummer 9 der vorgeschlagenen Richtlinie zur Änderung der Richtlinie 2008/98/EG vorgesehene Bericht zur Entwicklung der Abfallvermeidung für jeden Mitgliedstaat und für die Union insgesamt durch die Europäische Umweltagentur in einem Intervall von nicht weniger als drei Jahren zu erstellen ist, weil im Fall einer jährlichen Berichterstattung mit einem nicht unerheblichen Aufwand für die Mitgliedstaaten und deren Untergliederungen zur Meldung entsprechender Daten an die Europäische Umweltagentur zu rechnen ist und sich die Nachhaltigkeit von Vermeidungsmaßnahmen nicht an Mengenänderungen binnen eines Jahres, sondern nur über einen längeren Zeitraum sachgerecht bewerten lässt,
- - die in Artikel 1 Nummer 21 der vorgeschlagenen Richtlinie zur Änderung der Richtlinie 2008/98/EG vorgesehene Verkürzung der Berichtsintervalle auf ein Jahr gestrichen und das derzeit geltende Intervall von drei Jahren beibehalten wird, weil eine Verkürzung der Intervalle einen unangemessenen Verwaltungsaufwand zur Folge hätte.
35. Zu Artikel 1 Nummer 10 Buchstabe a (Artikel 11 Absatz 1 Unterabsatz 1 und 2)
Der Bundesrat betont, dass wirtschaftliche Instrumente zur Förderung der Vorbereitung zur Wiederverwendung von Abfällen nicht als Sanktionen, sondern in wettbewerbs- und beihilfekonformer Weise als Gegenleistung für ein bestimmtes Handeln ausgestaltet werden sollten.
36. Zu Artikel 1 Nummer 10 Buchstabe d (Artikel 11 Absatz 2 Buchstabe d)
Der Bundesrat bedauert, dass die Quoten zur Vorbereitung zur Wiederverwendung und das Recycling von Siedlungsabfällen mit 65 Prozent bis 2030 nun weniger ambitioniert sind, als noch in dem Vorschlag der Kommission von 2014 vorgesehen. Der Bundesrat bittet die Bundesregierung darauf hinzuwirken, dass für die Vorbereitung zur Wiederverwendung und das Recycling von Siedlungsabfällen die ursprünglich vorgesehene Quote von 70 Prozent wieder in den Vorschlag der Kommission aufgenommen wird.
Hilfsempfehlung zu Ziffer 23:
37. Zu Artikel 1 Nummer 11 (Artikel 11a Absatz 2)
Mit Blick auf die Gewährleistung einheitlicher Bedingungen für die Berechnung der Erreichung der Zielvorgaben in Artikel 11 (Quoten) plant die Kommission, delegierte Rechtsakte zur Festlegung von Mindestqualitätskriterien und Verfahrensvorschriften für die Bestimmung anerkannter Einrichtungen und Pfandsysteme zu erlassen. Der Bundesrat ist der Auffassung, dass es sich hierbei um wesentliche Regelungen handelt, die nicht im Wege eines delegierten Rechtsaktes erlassen werden dürfen. Darüber hinaus ist im weiteren Verfahren dafür Sorge zu tragen, dass durch derartige Regelungen ausreichend Spielraum für sinnvolle einzelstaatliche Lösungen verbleibt und Einrichtungen und Systeme, die sich in Deutschland bewährt haben, fortführbar bleiben.
38. Zu Artikel 1 Nummer 13 (Artikel 22)
Der Bundesrat bedauert, dass nach dem Vorschlag der Kommission die Pflicht zur getrennten Sammlung von Bioabfällen entgegen dem Vorschlag von 2014 nun nur noch unter sehr weit gefassten Voraussetzungen besteht. Es ist zu befürchten, dass mit diesen Einschränkungen die Pflicht zur getrennten Sammlung von Bioabfällen unter dem Einwand mangelnder ökonomischer Durchführbarkeit weitgehend leerläuft. Der Bundesrat bittet die Bundesregierung daher darauf hinzuwirken, dass die Pflicht zur Getrenntsammlung von Bioabfällen nicht unter den Vorbehalt der Wirtschaftlichkeit gestellt wird.
39. Zu Artikel 1 Nummer 13 (Artikel 22)
Der Kommissionsvorschlag knüpft die Pflicht zur Getrenntsammlung von Bioabfällen an die Voraussetzung der Einhaltung der Wiederverwertungs- und Recyclingquoten für Siedlungsabfälle. Der Bundesrat lehnt eine Abschwächung der Getrenntsammlungspflicht durch die Verknüpfung mit der Erreichbarkeit der Wiederverwertungs- und Recyclingquoten für Siedlungsabfälle ab und sieht Klärungsbedarf hinsichtlich der rechtlichen Verknüpfung der Getrenntsammlungspflicht und den Wiederverwertungs- und Recyclingquoten für Bioabfälle.
Hilfsempfehlung zu Ziffer 23:
40. Zu Artikel 1 Nummer 15 (Artikel 27 Absatz 1 und 4)
Der Bundesrat hält die Festlegung technischer Mindestkriterien für Behandlungstätigkeiten und für registrierungspflichtige Tätigkeiten zur Gewährleistung von Gesundheits- und Umweltschutz für eine wesentliche Regelung, die nicht - wie vorgesehen - im Wege delegierter Rechtsakte der Kommission erfolgen darf.
Zu Artikel 1 Nummer 19 Buchstabe b (Artikel 35 Absatz 4 und 5) in Verbindung mit Nummer 24 (Artikel 39 Absatz 2)
- 41. Der Richtlinienvorschlag sieht den Erlass von Durchführungsrechtsakten vor, um einheitliche Mindestbedingungen für den Betrieb elektronischer Register für die Verbleibskontrolle gefährlicher Abfälle nach Absatz 4 festzulegen. Dies kann für Deutschland je nach Kompatibilität mit dem vorhandenen nationalen System erheblichen bürokratischen Aufwand für die Behörden und die betroffenen Unternehmen bedeuten. Der Bundesrat hat Bedenken, ob ein Erlass derartiger Mindestbedingungen per Durchführungsrechtsakt durch die Kommission zulässig ist und ob die wesentlichen Elemente eines solchen Systems im Richtlinienvorschlag selbst geregelt sind.
- 42. Der Bundesrat lehnt daher die Ermächtigung an die Kommission zum Erlass von Durchführungsrechtsakten nach Artikel 39 Absatz 2 im Hinblick auf die Einrichtung eines elektronischen Registers ab.
- 43. Er bittet die Bundesregierung diesbezüglich um Prüfung.
- 44. Mit dem System ASYS verfügen die Länder bereits über ein funktionierendes elektronisches System der Stoffstromüberwachung.
- 45. Der Bundesrat bittet die Bundesregierung außerdem, im weiteren Verfahren dafür Sorge zu tragen, dass das bestehende nationale System möglichst unverändert integriert werden kann.
- 46. Die der Kommission eingeräumte Befugnis birgt die Gefahr, dass künftige detaillierte Anforderungen auf europäischer Ebene zu erheblichen zusätzlichen finanziellen Anstrengungen auf nationaler Ebene führen können, falls das bestehende nationale System nicht mit den europäischen Vorgaben kompatibel ist. Auch in diesem Fall sollte daher das europäische Recht sich auf das Ziel (Errichtung eines elektronischen Systems zur Abfallstromüberwachung) beschränken und auf weitergehentailregelungen verzichten.
Hilfsempfehlung zu Ziffer 23:
47. Zu Artikel 1 Nummer 23 (Artikel 38a)
Der Bundesrat bittet die Bundesregierung zu prüfen, ob die vorgesehene Befugnis zum Erlass delegierter Rechtsakte in Artikel 1 Nummer 23 der vorgeschlagenen Richtlinie zur Änderung der Richtlinie 2008/98/EG in jedem vorgesehenen Fall - beispielsweise im Rahmen der Abfallvermeidung (Artikel 1 Nummer 9 der vorgeschlagenen Richtlinie zur Änderung der Richtlinie 2008/98/EG) - erforderlich ist.
B
- 48. Der federführende Ausschuss für Fragen der Europäischen Union empfiehlt dem Bundesrat, von der Vorlage gemäß §§ 3 und 5 EUZBLG Kenntnis zu nehmen.