Unterrichtung durch die Bundesregierung
Vorschlag für eine Empfehlung des Rates über rauchfreie Zonen KOM (2009) 328 endg.; Ratsdok. 11533/09

Übermittelt vom Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie am 03. Juli 2009 gemäß § 2 des Gesetzes über die Zusammenarbeit von Bund und Ländern in Angelegenheiten der Europäischen Union vom 12. März 1993 (BGBl. I S. 313), zuletzt geändert durch das Föderalismusreform-Begleitgesetz vom 5. September 2006 (BGBl. I S. 2098).

Die Kommission der Europäischen Gemeinschaften hat die Vorlage am 30. Juni 2009 dem Bundesrat zugeleitet.

Die Vorlage ist von der Kommission am 1. Juli 2009 dem Generalsekretär/Hohen Vertreter des Rates der Europäischen Union übermittelt worden.

Das Europäische Parlament, der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss und der Ausschuss der Regionen werden an den Beratungen beteiligt.


Hinweis: vgl.
Drucksache 082/07 (PDF) = AE-Nr. 070146

Begründung

Rauchen verursacht mit Abstand die meisten vermeidbaren Todesfälle - etwa 650 000 jährlich - Erkrankungen und Invaliditätsfälle in der Europäischen Union (EU).1 Darüber hinaus ist eine erhebliche Zahl von Todesfällen, Erkrankungen und Invaliditätsfällen in der EU auf die Belastung durch Tabakrauch in der Umgebungsluft - auch als Passivrauchen bezeichnet - zurückzuführen. Tabakrauch in der Umgebungsluft enthält mehr als 4 000 Gas- und Partikelverbindungen, darunter 69 bekannte Karzinogene und viele toxische Stoffe. Es gibt kein unbedenkliches Niveau der Belastung durch Tabakrauch in der Umgebungsluft.2 Tabakrauch in der Umgebungsluft hat nachweislich unmittelbare nachteilige Auswirkungen auf das Herzkreislaufsystem und verursacht koronare Herzkrankheit und Lungenkrebs bei Erwachsenen. Auch wurde nachgewiesen, dass Tabakrauch in der Umgebungsluft bei Erwachsenen Schlaganfall, Asthma und chronisch obstruktive Lungenerkrankung (COPD) auslösen3 und bestehende Erkrankungen wie Asthma and chronisch obstruktive Lungenerkrankung verschlimmern kann.4 Tabakrauch in der Umgebungsluft ist vor allem für Kinder schädlich und verursacht Asthma, Lungenentzündung und Bronchitis, Atemwegssymptome, Mittelohrentzündung und plötzlichen Tod im Kindesalter.5 Neben dem gesundheitlichen Risiko könnte die Exposition gegenüber Tabakrauch zuhause und in der Öffentlichkeit auch dazu führen, dass Kinder das Rauchen als normales Verhalten der Erwachsenen wahrnehmen und somit die Wahrscheinlichkeit steigt, dass sie selbst anfangen zu rauchen.

Nach konservativen Schätzungen starben im Jahr 2002 in den 25 EU-Mitgliedstaaten 7 300 Erwachsene, davon 2 800 Nichtraucher, an der Belastung durch Tabakrauch in der Umgebungsluft am Arbeitsplatz. Weitere 72 000 Todesfälle, davon 16 400 bei Nichtrauchern, waren durch die häusliche Belastung durch Tabakrauch in der Umgebungsluft bedingt.6 Nach der diesem Vorschlag beiliegenden Folgenabschätzung verursachte im Jahr 2008 die Belastung durch Tabakrauch in der Umgebungsluft am Arbeitsplatz 6 000 Todesfälle in der EU, davon 2 500 bei Nichtrauchern. Dies geht mit beträchtlichen Kosten für die Wirtschaft einher, unter anderem mehr als 1,3 Milliarden EUR an direkten Kosten für die medizinische Versorgung und mehr als 1,1 Milliarden EUR an indirekten Kosten durch Produktivitätsausfälle. Weitere erhebliche gesundheitliche und finanzielle Belastungen entstehen zudem durch die Tabak-Exposition von Menschen, die nicht zum Gaststättenpersonal gehören, wie Gäste von Bars und Restaurants.

In einigen Mitgliedstaaten wurden in den letzten Jahren große Fortschritte bei der Schaffung rauchfreier Zonen erzielt. Bisher wurden in mehr als einem Drittel der EU-Mitgliedstaaten umfassende Gesetze über rauchfreie Arbeitsplätze in geschlossenen Räumen und über rauchfreie öffentliche Einrichtungen verabschiedet. Dennoch bestehen weiterhin erhebliche Unterschiede im Schutz vor der Belastung durch Tabakrauch sowohl innerhalb als auch zwischen den Mitgliedstaaten. Gaststättenpersonal bildet dabei die gefährdetste Berufsgruppe, weil es in den meisten Mitgliedstaaten keinen umfassenden Schutz gibt und in Bars und Restaurants außerordentlich hohe Konzentrationen an Tabakrauch herrschen.

In mehreren Mitgliedstaaten und außerhalb der Europäischen Union gibt es bereits umfassende Strategien zur Schaffung rauchfreier Zonen, die sich als wirksam erwiesen haben, um die Belastung durch das Rauchen zu senken, ohne die Wirtschaft zu beeinträchtigen. Die Gesetze zur Schaffung rauchfreier Zonen haben sich unmittelbar auf die Gesundheit ausgewirkt, indem sie die Atemwegsgesundheit von Gaststättenpersonal verbessert und die Inzidenz von Herzinfarkten in der Allgemeinbevölkerung gesenkt haben. Strategien zur Schaffung rauchfreier Zonen verringern nachweislich den Tabakkonsum, regen zur Raucherentwöhnung an und vermindern die Zahl der Jugendlichen, die zu rauchen anfangen. Gesetze zur Schaffung rauchfreier Zonen erhöhen allgemein das Bewusstsein der Bevölkerung für die Gefahren des Tabakrauchs und können so dazu beitragen, dass auch zuhause, insbesondere in Gegenwart von Kindern, weniger geraucht wird. Neun von zehn EU-Bürgern sind für Rauchverbote am Arbeitsplatz und in öffentlichen Einrichtungen. Studien haben ergeben, dass die Unterstützung für Strategien zur Schaffung rauchfreier Zonen nach deren Einführung ansteigt.

Auf EU-Ebene war die Frage rauchfreier Zonen bislang Gegenstand nicht verbindlicher Entschließungen und Empfehlungen; diese geben jedoch keine ausführliche Anleitung dazu, wie sich völlig rauchfreie Zonen schaffen lassen. Auch in einer Reihe von Richtlinien über Gesundheitsschutz und Sicherheit am Arbeitsplatz wird diese Frage behandelt, in einigen Fällen indirekt, in anderen ist der Schutz nicht umfassend.

Auf internationaler Ebene verpflichtet Artikel 8 des WHO-Rahmenübereinkommens zur Eindämmung des Tabakgebrauchs (FCTC) - das bisher von 26 Mitgliedstaaten und der Gemeinschaft ratifiziert wurde - alle Vertragsparteien, einen wirksamen Schutz vor der Belastung durch Tabakrauch an Arbeitsplätzen in geschlossenen Räumen, öffentlich zugänglichen geschlossenen Räumen und öffentlichen Verkehrsmitteln sicherzustellen. Nach den Leitlinien, die auf der zweiten Konferenz der Vertragsparteien im Juli 2007 verabschiedet wurden, sollte sich jede Vertragspartei bemühen, binnen fünf Jahren nach Inkrafttreten des Übereinkommens für die jeweilige Vertragspartei (d. h. bis 2010 für die Europäische Gemeinschaft und die Mehrzahl ihrer Mitgliedstaaten) universellen Schutz zu gewährleisten.

Die mit dem Grünbuch der Kommission "Für ein rauchfreies Europa: Strategieoptionen auf EU-Ebene"7 eingeleitete Konsultation ergab eine beträchtliche Unterstützung sowohl für umfassende Strategien zur Schaffung rauchfreier Zonen an allen Arbeitsplätzen in geschlossenen Räumen und öffentlichen Einrichtungen als auch für weitere EU-Maßnahmen zur Förderung rauchfreier Zonen in sämtlichen Mitgliedstaaten.

Ausgehend von den Ergebnissen der Konsultation im Zusammenhang mit dem Grünbuch werden in der diesem Vorschlag beiliegenden Folgenabschätzung fünf Hauptstrategien erwogen: die Erhaltung des Status quo, die offene Koordinierungsmethode, eine Empfehlung der Kommission oder des Rates und verbindliche EU-Rechtsvorschriften. Die Folgenabschätzung gibt kurzfristig einer Empfehlung des Rates den Vorzug, da diese als das schnellste und umfassendste Mittel erscheint, den Mitgliedstaaten bei der Einführung verbindlicher Rechtsvorschriften für rauchfreie Zonen auf nationaler Ebene zu helfen, welche mit ihren internationalen Verpflichtungen aus dem Rahmenübereinkommen zur Eindämmung des Tabakgebrauchs im Einklang stehen und gleichzeitig eine verhältnismäßige Reaktion auf das Problem darstellen.

Im Mittelpunkt der vorgeschlagenen Empfehlung steht die wirksame Umsetzung des Artikels 8 des Rahmenübereinkommens in der EU im Einklang mit den Leitlinien für den Schutz vor der Belastung durch Tabakrauch, die auf der zweiten Konferenz der Vertragsparteien verabschiedet wurden. Diese Leitlinien geben umfassende, fundierte und ausgewogene politische Strategien vor, die der EU-Politik zur Schaffung rauchfreier Zonen entspricht. Sie machen deutlich, dass es kein unbedenkliches Niveau der Belastung durch Tabakrauch in der Umgebungsluft gibt, und rufen zur Beseitigung jeglichen Tabakrauchs an allen Arbeitsplätzen in geschlossenen Räumen, öffentlich zugänglichen Orten in geschlossenen Räumen, öffentlichen Verkehrsmitteln und sonstigen öffentlichen Orten (im Freien oder teils im Freien) auf. Als einzige geeignete Möglichkeit, mit dem Problem des Passivrauchens umzugehen, werden verbindliche Rechtsvorschriften empfohlen, die streng durchzusetzen, zu überwachen und zu bewerten sind.

Die vorgeschlagene Empfehlung setzt eine EU-weit einheitliche Frist für die Umsetzung sowie für die Melde- und Überwachungsmechanismen sowohl auf der Ebene der Mitgliedstaaten als auch auf EU-Ebene fest, um die Durchführung von Artikel 8 des Rahmenübereinkommens im Einklang mit den auf der zweiten Konferenz der Vertragsparteien verabschiedeten Leitlinien zu beschleunigen und zu erleichtern.

Die vorgeschlagene Empfehlung ruft zu Folgendem auf: 1) Maßnahmen gegen die Belastung von Kindern und Jugendlichen durch Tabakrauch in der Umgebungsluft, 2) flankierende Maßnahmen, wie wirksame Strategien zur Raucherentwöhnung und Warnbilder auf Verpackungen von Tabakerzeugnissen, 3) Entwicklung umfassender sektorübergreifender Strategien und geeigneter Instrumente zu deren Umsetzung und 4) regelmäßiger Austausch von Informationen und bewährten Verfahren sowie Strategiekoordinierung zwischen den Mitgliedstaaten durch ein Netz nationaler Anlaufstellen. Angesichts der relativen Neuheit einiger dieser Bestimmungen wird mit einer engen Zusammenarbeit der Mitgliedstaaten untereinander und mit der Kommission gerechnet, um gemeinsame Definitionen, Maßstäbe und Indikatoren für die Umsetzung zu entwickeln.

Dieser Vorschlag entspricht den Grundsätzen der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit. Er soll die Mitgliedstaaten dabei unterstützen, wirksam vor Tabakrauch zu schützen, so dass sie ihre Verpflichtungen aus Artikel 8 des Rahmenübereinkommens im Einklang mit den Ergebnissen der Erörterungen des Rates vom 30. und 31. Mai 2007 erfüllen können, mit denen im Anschluss an das Grünbuch der Kommission dazu aufgerufen wurde, "dass die Gemeinschaft Orientierung geben müsse, um die Einrichtung rauchfreier Zonen auf EU-Ebene weiter zu fördern, und dass sie einzelstaatliche Maßnahmen ebenso wie deren Koordinierung unterstützen müsse".

Angesichts des unterschiedlichen Umfangs des Schutzes vor den Risiken der Belastung durch Tabakrauch in der Umgebungsluft innerhalb und zwischen den Mitgliedstaaten besteht auf EU-Ebene Handlungsbedarf, um die Bemühungen der Mitgliedstaaten zur Bewältigung des Problems zu unterstützen. Die EU kann die Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten fördern und deren Maßnahmen gemäß Artikel 152 EG-Vertrag zur Verbesserung der Gesundheit der Bevölkerung und zur Verhütung von Humankrankheiten unterstützen.

Mit der vorgeschlagenen Empfehlung würden die Bemühungen der Mitgliedstaaten unterstützt, indem sie einen politischen Anreiz und eine Verpflichtung seitens der Mitgliedstaaten schafft, einen klaren Überwachungsmechanismus auf EU-Ebene einsetzt und den Austausch vorbildlicher Verfahren und die Strategiekoordinierung zwischen den Mitgliedstaaten erleichtert.

Die Kommission wird die reibungslose Umsetzung dieser Empfehlung erleichtern, indem sie den Mitgliedstaaten, in denen dies noch nicht erfolgt ist, dabei hilft, umfassende Strategien für die Schaffung rauchfreier Zonen zu entwickeln, in Kraft zu setzen und durchzuführen, indem sie die Strategieentwicklung und Bereitstellung gesicherter Erkenntnisse durch einschlägige Gemeinschaftsprogramme unterstützt und die Arbeit des Netzes der nationalen Anlaufstellen im Bereich der Bekämpfung des Rauchens koordiniert. Die Kommission wird die Wirksamkeit der Empfehlung und der Maßnahmen bewerten, die in den Mitgliedstaaten auf die Empfehlung hin getroffen werden.

Vorschlag für eine Empfehlung des Rates über rauchfreie Zonen

Der Rat der Europäischen Union - gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, insbesondere auf Artikel 152 Absatz 4 Unterabsatz 2, auf Vorschlag der Kommission8, nach Stellungnahme des Europäischen Parlaments9, nach Stellungnahme des Wirtschafts- und Sozialausschusses10, nach Stellungnahme des Ausschusses der Regionen11, in Erwägung nachstehender Gründe:

Empfiehlt den Mitgliedstaaten,

Fordert die Kommission auf,


Geschehen zu Brüssel am
Im Namen des Rates
Der Präsident

Anhang
Leitlinien zum Schutz vor der Belastung durch Tabakrauch, ausgearbeitet von der zweiten Konferenz der Vertragsparteien des WHO-Rahmenübereinkommens zur Eindämmung des Tabakgebrauchs

Zweck, Ziele und grundlegende Erwägungen

Zweck der Leitlinien

Mit den Leitlinien verfolgte Ziele

Grundlegende Erwägungen

Grundsatzerklärung und Definition der relevanten Begriffe als Voraussetzung für den Schutz vor der Belastung durch Tabakrauch

Grundsätze
Grundsatz 1
Grundsatz 2
Grundsatz 3
Grundsatz 4
Grundsatz 5
Grundsatz 6
Grundsatz 7

Definitionen

"Tabakrauch in der Umgebungsluft" oder "Tabakrauch aus zweiter Hand"
"Rauchen"
"Öffentliche Orte"
"Innenräume" oder "geschlossene Räume"
"Arbeitsplatz"
"Öffentliche Verkehrsmittel"

Der Geltungsbereich wirksamer Rechtsvorschriften

Information, Befragung und Einbeziehung der Öffentlichkeit zur Gewährleistung ihrer Unterstützung und einer Problemlosen Durchführung

Durchsetzung

Einhaltungspflicht
Strafen
Durchsetzungsstrategien
Mobilisierung und Einbeziehung der Gesellschaft

Überwachung und Bewertung der Massnahmen

Prozesse
Ergebnisse