Der Bundesrat wird über die Vorlage gemäß § 2 EUZBLG auch durch die Bundesregierung unterrichtet.
Das Europäische Parlament und die Europäische Zentralbank werden an den Beratungen beteiligt.
Hinweis: vgl.
Drucksache 738/09 (PDF) = AE-Nr. 090783
Europäische Kommission
Brüssel, den 12.9.2012
COM (2012) 511 final
2012/0242 (CNS)
Begründung
1. Kontext des Vorschlags
Die Solidität des Bankensektors ist heute noch immer in vielen Fällen eng mit dem Mitgliedstaat der Niederlassung verknüpft. Zweifel an der langfristigen Tragfähigkeit der öffentlichen Schuldenstände, den Wachstumsaussichten und der Existenzfähigkeit von Kreditinstituten haben negative, sich gegenseitig verstärkende Markttrends hervorgebracht. Dies kann Risiken für die Existenzfähigkeit einiger Kreditinstitute sowie für die Stabilität des Finanzsystems mit sich bringen und die ohnehin schon angespannten öffentlichen Finanzen der betroffenen Mitgliedstaaten schwer belasten.
Innerhalb des Euro-Währungsgebiets, wo die gemeinsame Währung die Wahrscheinlichkeit erhöht, dass Entwicklungen in einem Mitgliedstaat Risiken für die wirtschaftliche Entwicklung und die Stabilität des Euro-Währungsgebiets insgesamt mit sich bringen, ist dies mit besonderen Risiken verbunden. Auch schwächt das derzeitige Risiko eines finanziellen Auseinanderdriftens der Mitgliedstaaten den Finanzdienstleistungsbinnenmarkt erheblich und verhindert, dass er zur wirtschaftlichen Erholung beiträgt.
Die Errichtung der Europäischen Bankenaufsichtsbehörde (EBA) durch die Verordnung (EU) Nr. 1093/2010 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. November 2010 zur Errichtung einer Europäischen Aufsichtsbehörde (Europäische Bankenaufsichtsbehörde) und die Schaffung des Europäischen Finanzaufsichtssystems (ESFS) haben bereits zu verbesserter Zusammenarbeit zwischen den nationalen Aufsichtsbehörden und zur Ausarbeitung eines einheitlichen Regelwerks für den Finanzdienstleistungsbereich in der EU beigetragen. Ein großer Teil der Bankenaufsicht liegt jedoch nach wie vor bei den Mitgliedstaaten und kann deshalb mit integrierten Bankenmärkten nicht Schritt halten. Aufsichtliche Versäumnisse haben seit Ausbruch der Bankenkrise das Vertrauen in den EU-Bankensektor erheblich erschüttert und die angespannte Lage an den Staatsanleihemärkten des Euro-Währungsgebiets weiter verschärft.
Im Mai 2012 hat die Kommission deshalb als einen Schritt hin zu der längerfristig angestrebten wirtschafts- und finanzpolitischen Integration und zur Wiederherstellung des Vertrauens in die Banken und den Euro zur Schaffung einer Bankenunion aufgerufen. Eine der Kernkomponenten dieser Bankenunion sollte ein einheitlicher Aufsichtsmechanismus (Single Supervisory Mechanism, SSM) sein, in dessen Rahmen die Banken unmittelbar beaufsichtigt werden, damit die Aufsichtsvorschriften konsequent und unvoreingenommen durchgesetzt werden können und eine wirksame Aufsicht grenzübergreifender Bankenmärkte gewährleistet ist. Die Gewährleistung der gleichen, hohen Aufsichtsstandards im gesamten Euro-Währungsgebiet wird zur Schaffung des notwendigen Vertrauens zwischen den Mitgliedstaaten beitragen, das eine Grundvoraussetzung für die Einführung jedes gemeinsamen Sicherheitsmechanismus darstellt.
Beim Gipfel der Mitglieder des Euro-Währungsgebiets vom 29. Juni 2012 riefen die Staats-und Regierungschefs die Kommission auf, "in Kürze [...] Vorschläge für einen einheitlichen Aufsichtsmechanismus zu unterbreiten. Sobald [...] ein wirksamer einheitlicher Aufsichtsmechanismus für Banken des Euro-Währungsgebiets eingerichtet worden ist, hätte der ESM nach einem ordentlichen Beschluss die Möglichkeit, Banken direkt [zu] rekapitalisieren." In den Schlussfolgerungen des Europäischen Rates zur Tagung vom 28./29. Juni 2012 wurde der Präsident des Europäischen Rates gebeten, "einen spezifischen Fahrplan mit Terminvorgaben für die Verwirklichung einer echten Wirtschafts- und Währungsunion" auszuarbeiten, der der Erklärung des Euro-Währungsgebiets sowie den Vorschlägen, die die Kommission dementsprechend vorlegen wird, Rechnung trägt.
2. Ergebnisse der Konsultationen der interessierten Kreise der Folgenabschätzungen
Die Kommission hat der Analyse Rechnung getragen, die im Zusammenhang mit dem Legislativpaket zur Errichtung der Europäischen Aufsichtsbehörden durchgeführt wurde und bei der die für die Schaffung eines SSM wesentlichen operationellen, leitungsstrukturbezogenen, finanziellen und rechtlichen Aspekte bewertet worden sind. Eine förmliche Folgenabschätzung war innerhalb des von den Mitgliedern des Euro-Währungsgebiets auf ihrem Gipfel vom 29. Juni gesteckten Zeitplans nicht möglich.
3. Rechtliche Aspekte des Vorschlags
Der Vorschlag beruht auf Artikel 127 Absatz 6 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV), der die Rechtsgrundlage für die Übertragung besonderer Aufgaben im Zusammenhang mit der Aufsicht über Kreditinstitute und sonstige Finanzinstitute (mit Ausnahme von Versicherungsunternehmen) auf die Europäische Zentralbank (EZB) bildet.
In dem vorgeschlagenen Rechtsakt werden der EZB bestimmte zentrale Aufsichtsaufgaben im Zusammenhang mit der Beaufsichtigung von Kreditinstituten übertragen, während für alle in der Verordnung nicht genannten Aufgaben die nationalen Aufsichtsbehörden zuständig bleiben. Die EZB wird zudem mit der Aufsicht über Finanzkonglomerate betraut. Um die Übereinstimmung mit Artikel 127 Absatz 6 AEUV sicherzustellen, werden der EZB dabei jedoch nur ergänzende Aufsichtsaufgaben übertragen, die Finanzkonglomerate als Unternehmensgruppen betreffen, während für die Beaufsichtigung der einzelnen Versicherungsunternehmen weiterhin die nationalen Behörden zuständig sind.
Die Ziele der vorgeschlagenen Maßnahme können auf Ebene der Mitgliedstaaten nicht ausreichend verwirklicht werden, sondern lassen sich besser auf EU-Ebene erreichen. Die Ereignisse der jüngsten Vergangenheit haben klar gezeigt, dass sich eine angemessene Überwachung eines integrierten Bankensektors und ein hohes Maß an finanzieller Stabilität in der EU und insbesondere im Euroraum nur durch eine europäische Aufsicht sicherstellen lassen. Die vorgeschlagenen Bestimmungen gehen nicht über das zur Erreichung der Ziele notwendige Maß hinaus. Die EZB wird mit Aufsichtsaufgaben betraut, die auf EU-Ebene ausgeübt werden müssen, um die Einheitlichkeit und Wirksamkeit der Anwendung aufsichtsrechtlicher Bestimmungen, der Risikokontrolle und der Krisenprävention sicherzustellen. Die nationalen Behörden werden auch weiterhin bestimmte Aufgaben erfüllen, die besser auf nationaler Ebene wahrgenommen werden können.
Gemäß Artikel 127 Absatz 6 AEUV erlässt der Rat hierzu Verordnungen. Die Übertragung von Aufsichtsaufgaben auf die EZB kann daher nur im Wege einer Verordnung erfolgen.
4. Einzelerläuterungen zum Vorschlag
4.1. Übertragung besonderer Aufsichtsaufgaben auf die EZB
4.1.1. Struktur
Die EZB wird mit bestimmten Aufgaben im Zusammenhang mit der Beaufsichtigung von Kreditinstituten betraut, die in Mitgliedstaaten des Euroraums niedergelassen sind ("teilnehmende Mitgliedstaaten"), um die Zuverlässigkeit und Solidität der Kreditinstitute und die Stabilität des Finanzsystems zu fördern. Die EZB wird ihre Aufgaben im Rahmen des ESFS wahrnehmen und eng mit den nationalen Aufsichtsbehörden und der EBA zusammenarbeiten.
4.1.2. Anwendungsbereich der Aufsichtstätigkeiten
Nach einer Übergangsphase übt die EZB zentrale Aufsichtsaufgaben hinsichtlich aller Kreditinstitute aus, die in den teilnehmenden Mitgliedstaaten niedergelassen sind, unabhängig von ihrem Geschäftsmodell und ihrer Größe. Die EZB fungiert zudem als Aufsichtsbehörde für Kreditinstitute, die in nicht teilnehmenden Mitgliedstaaten niedergelassen sind, aber in einem teilnehmenden Mitgliedstaat eine Zweigstelle errichten oder grenzübergreifend Dienste anbieten.
4.1.3. Zusammenarbeit mit den Europäischen Aufsichtsbehörden
Die EZB wird ihre Aufgaben im Rahmen des Europäischen Finanzaufsichtssystems wahrnehmen und mit den drei Europäischen Aufsichtsbehörden eng zusammenarbeiten. Die EBA wird ihre Befugnisse und Aufgaben im Hinblick auf die Entwicklung eines einheitlichen Regelwerks und die Sicherstellung der Konvergenz und Kohärenz aufsichtsrechtlicher Praktiken beibehalten. Die EZB wird keine Aufgaben der EBA übernehmen, und die Ausübung ihrer Aufsichtsbefugnisse wird sich gemäß Artikel 132 AEUV auf Bereiche beschränken, die für die ordnungsgemäße Erfüllung der ihr mit dieser Verordnung übertragenen Aufgaben erforderlich sind.
Die Zusammensetzung des Rates der Aufseher der EBA bleibt unverändert, und die Entscheidungen der EBA werden auch weiterhin von Vertretern der zuständigen nationalen Behörden bestimmt. In Anbetracht der Aufsichtsaufgaben der EZB stimmen sich die Vertreter der zuständigen Behörden aus den teilnehmenden Mitgliedstaaten bei Angelegenheiten, die in den Zuständigkeitsbereich der EZB fallen, jedoch ab und äußern dazu einen gemeinsamen Standpunkt.
4.2. Aufgaben der EZB
4.2.1. Aufgaben der EZB
Die EZB erhält die ausschließliche Zuständigkeit für zentrale Aufsichtsaufgaben, die unverzichtbar sind, um Risiken für die Existenzfähigkeit von Banken zu erkennen, und kann Banken dazu verpflichten, die erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen. Unter anderem wird die EZB die zuständige Behörde sein für die Lizenzerteilung und die Zulassung von Kreditinstituten, die Prüfung qualifizierter Beteiligungen, die Sicherstellung der Einhaltung der Eigenkapitalanforderungen und der Angemessenheit des internen Kapitals im Verhältnis zum Risikoprofil eines Kreditinstitutes (so genannte Maßnahmen der Säule 2), die Beaufsichtigung auf konsolidierter Basis sowie für Aufsichtsaufgaben in Bezug auf Finanzkonglomerate. Zudem wird die EZB die Einhaltung von Bestimmungen zum Verschuldungsgrad und zur Mindestliquiditätsquote sicherstellen, Kapitalpuffer festlegen und in Abstimmung mit den Abwicklungsbehörden frühzeitig intervenieren, wenn eine Bank gegen aufsichtsrechtliche Eigenkapitalvorschriften verstößt oder zu verstoßen droht. Darüber hinaus koordiniert die EZB die Erarbeitung eines gemeinsamen Standpunkts der Vertreter der zuständigen Behörden aus den teilnehmenden Mitgliedstaaten im Rat der Aufseher und im Verwaltungsrat der EBA hinsichtlich der vorstehend genannten Aufgaben und bringt diesen gemeinsamen Standpunkt zum Ausdruck.
4.2.2. Rolle der nationalen Aufsichtsbehörden
Die nationalen Aufsichtsbehörden werden auch nach Einführung des einheitlichen Aufsichtsmechanismus eine wichtige Rolle spielen.
Erstens werden alle nicht der EZB übertragenen Aufgaben bei den nationalen Aufsichtsbehörden verbleiben. So sind die nationalen Aufsichtsbehörden z.B. weiterhin zuständig für den Verbraucherschutz und die Bekämpfung der Geldwäsche sowie für die Beaufsichtigung von Kreditinstituten aus Drittländern, die in Mitgliedstaaten Zweigstellen errichten oder grenzübergreifend Dienstleistungen erbringen.
Zweitens können die nationalen Aufsichtsbehörden als integraler Bestandteil des einheitlichen Aufsichtsmechanismus auch hinsichtlich der auf die EZB übertragenen Aufgaben die meisten laufenden Prüfungen und weitere für die Vorbereitung und Umsetzung von Rechtsakten der EZB erforderlichen Aufsichtstätigkeiten vornehmen. Ein einheitlicher Aufsichtsmechanismus, der alle Banken in den teilnehmenden Mitgliedstaaten umfasst, kann nur funktionieren, wenn die aufsichtsrechtlichen Kenntnisse der nationalen Behörden angemessen integriert werden. Der Vorschlag trägt daher der Tatsache Rechnung, dass die nationalen Aufsichtsbehörden angesichts ihrer Kenntnis der nationalen, regionalen und lokalen Bankenmärkte, ihrer umfangreichen Ressourcen und auch unter Standort- und sprachlichen Gesichtspunkten in vielen Fällen über die besten Voraussetzungen verfügen, um Tätigkeiten im Rahmen des einheitlichen Aufsichtsmechanismus durchzuführen, und ermöglicht es der EZB daher, die Unterstützung der nationalen Behörden in erheblichem Umfang in Anspruch zu nehmen. Vorbereitungs- und Umsetzungstätigkeiten der nationalen Behörden im Rahmen des einheitlichen Aufsichtsmechanismus könnten beispielsweise Folgendes umfassen:
- - Bei Beantragung der Zulassung einer neuen Bank könnte die nationale Aufsichtsbehörde die Einhaltung der Zulassungsbedingungen nach nationalem Recht prüfen und der EZB die Zulassung einer Bank vorschlagen. Die EZB könnte die Zulassung erteilen, wenn sie der Ansicht ist, das die im EU-Recht festgelegten Bedingungen erfüllt sind. Ein ähnliches Verfahren würde auch beim Entzug von Zulassungen Anwendung finden.
- - Die nationalen Aufsichtsbehörden könnten unter Einhaltung allgemeiner Leitlinien oder Verordnungen der EZB die laufende tägliche Prüfung der Situation einer Bank und auch Prüfungen vor Ort vornehmen. Dazu könnten sie ihre vorhandenen Befugnisse, etwa zur Durchführung von Prüfungen vor Ort, ausüben. Ergeben die laufenden Bewertungen, dass sich eine Bank in ernsthaften Schwierigkeiten befindet, würden die nationalen Aufsichtsbehörden die EZB davon in Kenntnis setzen.
- - Beantragt eine Bank die Anwendung eines internen Risikomodells, könnte die nationale Aufsichtsbehörde den Antrag und die Einhaltung der EU-Rechtsvorschriften und etwaigen Leitlinien der EZB prüfen und der EZB einen Vorschlag unterbreiten, ob und gegebenenfalls unter welchen Bedingungen das Modell validiert werden kann. Nach der Validierung könnte die nationale Aufsichtsbehörde die Umsetzung des Modells und seine laufende Anwendung überwachen.
- - Die Befugnis zur Verhängung von Sanktionen würde zwischen der EZB und den nationalen Behörden aufgeteilt.
4.3. Befugnisse der EZB
4.3.1. Aufsichts- und Untersuchungsbefugnisse
Im Hinblick auf die Erfüllung ihrer Aufgaben gilt die EZB als zuständige Behörde der teilnehmenden Mitgliedstaaten und verfügt daher über die diesen Behörden im Bankenrecht der EU übertragenen Aufsichtsbefugnisse. Dazu zählen Aufsichtsbefugnisse wie die Befugnis zur Zulassung von Kreditinstituten und zum Entzug von Zulassungen sowie zur Absetzung von Mitgliedern des Leitungsorgans eines Kreditinstituts. Im Rahmen der ihr übertragenen Aufsichtsaufgaben kann die EZB darüber hinaus Geldbußen und in regelmäßigen Abständen zu zahlende Strafgelder verhängen. Die in dieser Verordnung festgelegten Bestimmungen zu Sanktionen gelten unbeschadet einschlägiger Bestimmungen auf anderen Gebieten, auf denen EU-Organe ebenfalls über die Befugnis zur Verhängung von Sanktionen verfügen, in bestimmten Fällen auch gegen Muttergesellschaften.
Die EZB erhält zudem sämtliche Untersuchungsbefugnisse, die für die Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlich sind. Insbesondere kann die EZB alle einschlägigen Informationen von den beaufsichtigten Unternehmen sowie von allen Personen anfordern, die an den Tätigkeiten dieser Unternehmen beteiligt sind, mit diesen Tätigkeiten in Verbindung stehen oder im Namen dieser Unternehmen operative Aufgaben wahrnehmen. Sie ist ferner befugt, alle erforderlichen Untersuchungen, einschließlich Prüfungen vor Ort, durchzuführen. Die Ausübung der Untersuchungsbefugnisse steht unter dem Vorbehalt angemessener Schutzmaßnahmen.
4.3.2. Besondere Bestimmungen zur Zulassung und zu den Zuständigkeiten des Herkunfts- und des Aufnahmemitgliedstaats
Bei der Zulassung von Kreditinstituten berücksichtigt die EZB etwaige zusätzliche Bedingungen nach nationalem Recht. Die EZB erteilt die Zulassung daher auf Vorschlag der zuständigen nationalen Behörden, sofern die in nationalen Rechtsvorschriften vorgesehenen Bedingungen erfüllt sind.
Hinsichtlich der Ausübung des Niederlassungsrechts und des Rechts auf freien Dienstleistungsverkehr durch Kreditinstitute in anderen Mitgliedstaaten sieht das Unionsrecht eine klare Aufteilung der Zuständigkeiten zwischen dem Herkunfts- und dem Aufnahmemitgliedstaat sowie besondere Mitteilungen vor. Soweit die ihr übertragenen Aufgaben betroffen sind, übernimmt die EZB die Rolle der Aufsichtsbehörde des Herkunfts- und des Aufnahmemitgliedstaates für Kreditinstitute, die ihr Niederlassungsrecht und ihr Recht auf freien Dienstleistungsverkehr in anderen teilnehmenden Mitgliedstaaten ausüben. Bei Fragen im Zusammenhang mit diesen Aufgaben besteht daher keine Notwendigkeit, Zuständigkeiten zwischen dem Herkunfts- und dem Aufnahmemitgliedstaat aufzuteilen, weshalb die einschlägigen Bestimmungen zwischen den teilnehmenden Mitgliedstaaten nicht länger Anwendung finden.
Nach Unionsrecht nehmen die für grenzübergreifende Bankengruppen zuständigen Aufsichtsbehörden an der Aufsicht auf konsolidierter Basis teil und koordinieren ihre Aufsichtstätigkeiten im Rahmen von Aufsichtskollegien. In Bezug auf Bankengruppen, die nur in teilnehmenden Mitgliedstaaten niedergelassen sind, übernimmt jedoch die EZB alle einschlägigen Aufsichtsaufgaben. Auf diese Gruppen finden die Bestimmungen über die Zusammenarbeit zwischen Aufsichtsbehörden und Kollegien daher keine Anwendung mehr.
4.4. Verhältnis zu den Mitgliedstaaten außerhalb des Euroraums
Der Vorschlag trägt der Situation von Mitgliedstaaten, die den Euro nicht eingeführt haben, in dreierlei Hinsicht Rechnung.
Erstens sieht der Vorschlag zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 1093/2010 zur Errichtung der Europäischen Bankenaufsichtsbehörde eine Anpassung der Abstimmungsmodalitäten innerhalb der EBA vor, damit Ausgewogenheit und Effizienz der EBA-Beschlussfassungsstrukturen auch künftig sichergestellt sind und die Integrität des Binnenmarkts in vollem Umfang gewahrt bleibt (siehe Abschnitt 4.1.3).
Zweitens berührt der Vorschlag hinsichtlich der Aufsicht über grenzübergreifende Banken, die sowohl innerhalb als auch außerhalb des Euroraums tätig sind, in keiner Weise die Stellung von nicht teilnehmenden Mitgliedstaaten in den gemäß der Richtlinie 2006/48/EG eingerichteten Aufsichtskollegien. Die Bestimmungen über diese Kollegien und die Verpflichtung zur Zusammenarbeit und zum Informationsaustausch bei der Beaufsichtigung auf konsolidierter Basis sowie zwischen den Aufsichtsbehörden des Herkunfts- und des Aufnahmemitgliedstaates gelten ohne Einschränkung auch für die EZB als zuständige Behörde für die teilnehmenden Mitgliedstaaten. Diese Bestimmungen bilden einen wirksamen Rahmen für die Zusammenarbeit zwischen der EZB und den nationalen Aufsichtsbehörden in Mitgliedstaaten außerhalb des Euroraums.
Drittens können Mitgliedstaaten, die den Euro nicht eingeführt haben, aber an der Bankenunion teilnehmen möchten, unter bestimmten Bedingungen eine enge aufsichtsrechtliche Zusammenarbeit mit der EZB eingehen. Dazu müssen sie insbesondere die einschlägigen Rechtsakte der EZB befolgen und umsetzen. Die EZB wird die ihr mit dieser Verordnung übertragenen Aufgaben auch in Bezug auf Kreditinstitute ausüben, die in einem Mitgliedstaat niedergelassen sind, mit dem die EZB eine enge Zusammenarbeit eingegangen ist. Unter den Bedingungen, die im Beschluss über die Begründung einer engen Zusammenarbeit gemäß der Satzung des ESZB und der EZB aufgeführt sind, kann ein Vertreter des Mitgliedstaates an den Tätigkeiten des Aufsichtsgremiums teilnehmen, das mit dieser Verordnung im Hinblick auf die Planung und Durchführung der Aufsichtsaufgaben der EZB eingerichtet wird.
4.5. Organisatorische Grundsätze
4.5.1. Unabhängigkeit und Rechenschaftspflicht
Die EZB ist bei der Erfüllung ihrer Aufsichtsaufgaben unabhängig, unterliegt jedoch strengen Rechenschaftspflichten, um sicherzustellen, dass sie ihre Aufsichtsbefugnisse auf möglichst wirksame und verhältnismäßige Weise ausübt, wobei die im Vertrag parallel zu den Regelungen für die Europäischen Aufsichtsbehörden festgelegten Grenzen zu berücksichtigen sind. Die EZB legt daher dem Europäischen Parlament und dem Rat/der Eurogruppe hinsichtlich der Erfüllung ihrer Aufgaben Rechenschaft ab. Die EZB unterliegt der Verpflichtung zur regelmäßigen Berichterstattung und zur Beantwortung von Fragen. Der/die Vorsitzende des Aufsichtsgremiums legt dem Europäischen Parlament und der Eurogruppe einen Jahresbericht zu den aufsichtsrechtlichen Tätigkeiten der EZB vor und kann von den zuständigen Ausschüssen des Europäischen Parlament auch aus anderem Anlass angehört werden. Die EZB ist zudem verpflichtet, etwaige Fragen des Europäischen Parlaments und seiner Mitglieder zu ihren aufsichtsrechtlichen Tätigkeiten zu beantworten. Gemäß dem Vertrag werden der Präsident und der Vizepräsident des Rates der EZB, der für die Handlungen der EZB die Endverantwortung trägt, sowie die übrigen Mitglieder des Direktoriums vom Europäischen Rat nach Konsultation des Europäischen Parlaments ernannt. Da der/die Vorsitzende des Aufsichtsgremiums aus den Reihen der Mitglieder des Direktoriums bestimmt wird, ist auch eine wesentliche Rolle des Europäischen Parlaments bei der Ernennung sichergestellt. Der Haushalt der EZB ist gemäß Artikel 314 Absatz 1 AEUV nicht Teil des Unionshaushalts. Im Hinblick auf die Einhaltung der Rechenschaftspflicht in diesem Rahmen ist die EZB jedoch verpflichtet, für ihre Aufsichtsaufgaben eine von ihrem allgemeinen Haushalt getrennte Haushaltslinie einzuführen. Die Ausgaben für die Erfüllung der Aufsichtsaufgaben der EZB werden durch Gebühren finanziert, die die beaufsichtigten Institute entrichten.
4.5.2. Governance
Geldpolitische Aufgaben werden streng von Aufsichtsaufgaben getrennt, um mögliche Interessenkonflikte zwischen geldpolitischen und aufsichtsrechtlichen Zielen zu vermeiden. Im Interesse der erforderlichen Trennung der beiden Aufgabengebiete, und um zu gewährleisten, dass die Aufsichtsaufgaben ein angemessenes Maß an Aufmerksamkeit erfahren, werden alle Stellen und administrativen Einheiten, die innerhalb der EZB für Vorbereitungs- und Durchführungstätigkeiten zuständig sind, von den für Geldpolitik zuständigen Stellen und Einheiten getrennt. Dazu wird ein Aufsichtsgremium eingerichtet, das Beschlüsse in aufsichtsrechtlichen Angelegenheiten vorbereitet. Für die Beschlussfassung ist letztlich der Rat der EZB zuständig, der bestimmte Aufgaben oder Beschlussfassungsbefugnisse jedoch an das Aufsichtsgremium delegieren kann. Das Aufsichtsgremium steht unter der Leitung eines/einer Vorsitzenden und eines/einer stellvertretenden Vorsitzenden, die beide vom Rat der EZB gewählt werden, und umfasst darüber hinaus vier Vertreter der EZB sowie je einen Vertreter der nationalen Zentralbanken oder einer anderen zuständigen nationalen Behörde.
4.5.3. Informationsaustausch
Bei der Wahrnehmung ihrer Aufsichtsaufgaben unterliegt die EZB den im EU-Bankenrecht festgelegten Geheimhaltungspflichten und kann unter den darin vorgesehenen Bedingungen Informationen mit den zuständigen nationalen Behörden austauschen.
4.6. Inkrafttreten und Überprüfung
Angesichts der Dringlichkeit der Einrichtung eines wirksamen einheitlichen Aufsichtsmechanismus tritt die Verordnung am 1. Januar 2013 in Kraft. Im Interesse einer reibungslosen Einführung des Mechanismus ist eine schrittweise Arbeitsaufnahme vorgesehen, wonach die EZB ihre Aufsichtsaufgaben ab dem 1. Januar 2013 in Bezug auf alle Banken ausüben kann, insbesondere jedoch auf Banken, die eine öffentliche finanzielle Unterstützung beantragt oder erhalten haben, während die wichtigsten europaweit systemrelevanten Kreditinstitute ab dem 1. Juli 2013 der Aufsicht der EZB unterliegen. Spätestens ab dem 1. Januar 2014 wird die EZB ihre Aufgaben dann in Bezug auf alle Banken umfassend wahrnehmen.
Die Richtlinie über den Zugang zur Tätigkeit von Kreditinstituten und die Beaufsichtigung von Kreditinstituten und Wertpapierfirmen und die von der Kommission am 20. Juli 2011 vorgeschlagene Verordnung über Aufsichtsanforderungen für Kreditinstitute und Wertpapierfirmen ("CRD-IV-Paket" )1 werden voraussichtlich am 1. Januar 2013 in Kraft treten, und die EZB wird ihre Aufsichtsaufgaben dann auf der Grundlage dieser Rechtsakte ausüben. Sollte dies jedoch nicht der Fall sein, sieht eine besondere Übergangsbestimmung vor, dass die EZB ihre Aufgaben auch auf der Grundlage der Richtlinien 2006/48/EG und 2006/49/EG ("CRD III") ausüben kann.
Die Kommission veröffentlicht bis zum 1. Januar 2016 einen Bericht über die Erfahrungen mit der Anwendung des SSM und der in dieser Verordnung vorgesehenen Verfahren.
5. Auswirkungen auf den Haushalt
Der Vorschlag hat keine Auswirkungen auf den Haushalt der Union, da der Haushalt der EZB gemäß dem Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union nicht Teil des Unionshaushalts ist.
Vorschlag für eine Verordnung des Rates zur Übertragung besonderer Aufgaben im Zusammenhang mit der Aufsicht über Kreditinstitute auf die Europäische Zentralbank
DER Rat der Europäischen Union - gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 127 Absatz 6, auf Vorschlag der Europäischen Kommission, nach Zuleitung des Entwurfs des Gesetzgebungsakts an die nationalen Parlamente, nach Stellungnahme des Europäischen Parlaments2, nach Stellungnahme der Europäischen Zentralbank3, gemäß dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren, in Erwägung nachstehender Gründe:
- (1) Die Union hat in den letzten Jahrzehnten erhebliche Fortschritte bei der Schaffung eines Binnenmarkts für Bankdienstleistungen erzielt. In vielen Mitgliedstaaten halten Bankengruppen, deren Hauptsitz sich in einem anderen Mitgliedstaat befindet, heute daher beträchtliche Marktanteile, und zahlreiche Kreditinstitute haben ihre Geschäftstätigkeiten insbesondere innerhalb des Euroraums geografisch diversifiziert.
- (2) Die Aufrechterhaltung und Vertiefung des Binnenmarkts für Bankdienstleistungen ist für die Förderung der wirtschaftlichen Erholung in der Union von entscheidender Bedeutung. Dies erweist sich jedoch zunehmend als Herausforderung. So liegen Nachweise dafür vor, dass die Integration der Bankenmärkte in der Union derzeit zum Stillstand kommt.
- (3) Angesichts der aus der Finanzkrise der letzten Jahre zu ziehenden Lehren müssen die Aufsichtsbehörden jedoch gleichzeitig ihre Aufsicht verstärken und in der Lage sein, hoch komplexe und miteinander vernetzte Märkte und Institute zu überwachen.
- (4) Für die Beaufsichtigung der einzelnen Banken in der Union sind nach wie vor in erster Linie die nationalen Behörden zuständig. Die Wirksamkeit der Beaufsichtigung und die Möglichkeiten der Aufsichtsorgane, sich hinsichtlich der Solidität des Bankensektors in der gesamten Union zu verständigen, werden dadurch beschränkt. Um die positiven Auswirkungen der Marktintegration auf Wachstum und Wohlstand zu sichern und zu fördern, sollten Aufsichtsaufgaben daher stärker integriert werden.
- (5) Die Solidität des Bankensektors ist heute noch immer in vielen Fällen eng mit dem Mitgliedstaat der Niederlassung verknüpft. Zweifel an der langfristigen Tragfähigkeit der öffentlichen Schuldenstände, den Wachstumsaussichten und der Existenzfähigkeit von Kreditinstituten haben negative, sich gegenseitig verstärkende Markttrends hervorgebracht. Dies kann Risiken für die Existenzfähigkeit einiger Kreditinstitute sowie für die Stabilität des Finanzsystems mit sich bringen und die ohnehin schon angespannten öffentlichen Finanzen der betroffenen Mitgliedstaaten schwer belasten. Innerhalb des Euro-Währungsgebiets, wo die gemeinsame Währung die Wahrscheinlichkeit erhöht, dass negative Entwicklungen in einem Mitgliedstaat Risiken für die wirtschaftliche Entwicklung und die Stabilität des Euro-Währungsgebiets insgesamt mit sich bringen, ist dies mit besonderen Risiken verbunden.
- (6) Die Europäische Bankenaufsichtsbehörde (EBA), die im Jahr 2011 gemäß der Verordnung (EU) Nr. 1093/2010 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. November 2010 zur Errichtung einer Europäischen Aufsichtsbehörde (Europäische Bankenaufsichtsbehörde)4 eingerichtet wurde, und das Europäische Finanzaufsichtssystem, das mit Artikel 2 der genannten Verordnung, der Verordnung (EU) Nr. 1094/2010 vom 24. November 2010 zur Errichtung einer Europäischen Aufsichtsbehörde (EIOPA)5 und der Verordnung (EU) Nr. 1095/2010 vom 24. November 2010 zur Errichtung einer Europäischen Aufsichtsbehörde (ESMA)6 eingerichtet wurde, haben die Zusammenarbeit zwischen den Bankenaufsichtsbehörden in der Union erheblich verbessert. Die EBA leistet einen wichtigen Beitrag zur Schaffung eines einheitlichen Regelwerks für Finanzdienstleistungen in der Union und ist für die einheitliche Durchführung der vom Europäischen Rat im Oktober 2011 beschlossenen Rekapitalisierung großer Kreditinstitute in der Union von zentraler Bedeutung.
- (7) Das Europäische Parlament hat bei mehreren Gelegenheiten dazu aufgerufen, eine europäische Einrichtung zu schaffen, die für bestimmte Aufgaben bei der Beaufsichtigung von Finanzinstituten unmittelbar zuständig ist, so in seinen Entschließungen vom 13. April 2000 zur Mitteilung der Kommission "Umsetzung des Finanzmarktrahmens: Aktionsplan"7 und vom 21. November 2002 zu den aufsichtsrechtlichen Vorschriften in der Europäischen Union8.
- (8) In den Schlussfolgerungen des Europäischen Rates vom 29. Juni 2012 wurde der Präsident des Europäischen Rates gebeten, einen spezifischen Fahrplan mit Terminvorgaben für die Verwirklichung einer echten Wirtschafts- und Währungsunion zu erarbeiten. Am selben Tag wiesen die Staats- und Regierungschefs des Euroraums darauf hin, dass der ESM nach einem ordentlichen Beschluss die Möglichkeit hätte, Banken direkt zu rekapitalisieren, sobald unter Einbeziehung der EZB ein wirksamer einheitlicher Aufsichtsmechanismus für Banken des Euro-Währungsgebiets eingerichtet worden ist, der an angemessene Auflagen geknüpft würde, darunter die Einhaltung der Vorschriften über staatliche Beihilfen.
- (9) Es sollte daher eine Europäische Bankenunion geschaffen werden, die sich auf ein echtes einheitliches Regelwerk für den Bereich Finanzdienstleistungen stützt und darüber hinaus ein europäisches Einlagensicherungssystem und eine gemeinsame europäische Rahmenregelung für die Abwicklung von Kreditinstituten umfasst. Angesichts der engen Verbindungen und Interaktionen zwischen den Mitgliedstaaten, die die gemeinsame Währung eingeführt haben, sollte die Bankenunion zumindest alle Mitgliedstaaten des Euroraums umfassen. Im Hinblick auf die Aufrechterhaltung und Vertiefung des Binnenmarkts sollte die Bankenunion aber auch anderen Mitgliedstaaten offenstehen, soweit die institutionellen Möglichkeiten dies zulassen.
- (10) Als erster Schritt bei der Schaffung der Bankenunion sollte ein einheitlicher Aufsichtsmechanismus eingerichtet werden, um sicherzustellen, dass die Politik der Union hinsichtlich der Beaufsichtigung von Kreditinstituten kohärent und wirksam umgesetzt wird, dass das einheitliche Regelwerk für Finanzdienstleistungen auf alle Kreditinstitute in sämtlichen teilnehmenden Mitgliedstaaten gleichermaßen angewandt wird und dass bei der Beaufsichtigung dieser Kreditinstitute höchste, von nicht aufsichtsrechtlichen Überlegungen unbeeinflusste Standards Anwendung finden. Ein einheitlicher Aufsichtsmechanismus ist die Grundlage für die nächsten Schritte bei der Schaffung der Bankenunion. Dies entspricht dem Grundsatz, dass der Einführung gemeinsamer Kriseninterventionsmechanismen gemeinsame Kontrollen vorausgehen sollten, um die Wahrscheinlichkeit der Anwendung dieser Interventionsmechanismen zu verringern.
- (11) Als Zentralbank des Euroraums verfügt die EZB über umfangreiche Kenntnisse in makroökonomischen und die Finanzstabilität betreffenden Fragen und damit über gute Voraussetzungen für die Wahrnehmung von Aufsichtsaufgaben, insbesondere im Hinblick auf den Schutz der Stabilität des europäischen Finanzsystems. In vielen Mitgliedstaaten nehmen die Zentralbanken bereits auch aufsichtsrechtliche Aufgaben wahr. Der EZB sollten daher besondere Aufgaben im Zusammenhang mit der Aufsicht über Kreditinstitute im Euroraum übertragen werden.
- (12) Die EZB sollte diejenigen besonderen Aufsichtsaufgaben übernehmen, die für eine kohärente und wirksame Umsetzung der Politik der Union hinsichtlich der Beaufsichtigung von Kreditinstituten entscheidend sind, während andere Zuständigkeiten bei den nationalen Behörden verbleiben sollten. Die Aufsichtsaufgaben der EZB sollten Maßnahmen zur Sicherstellung der Stabilität auf Makroebene umfassen.
- (13) Die Zuverlässigkeit und Solidität großer Banken sind für die Gewährleistung der Stabilität des Finanzsystems von entscheidender Bedeutung. In der jüngsten Vergangenheit hat sich jedoch gezeigt, dass auch von kleineren Banken Risiken für die Finanzstabilität ausgehen können. Die EZB sollte ihre Aufsichtsaufgaben daher in Bezug auf alle Banken der teilnehmenden Mitgliedstaaten ausüben können.
- (14) Die Zulassung von Kreditinstituten vor der Aufnahme von Geschäftstätigkeiten ist ein wichtiges aufsichtsrechtliches Mittel, um sicherzustellen, dass diese Tätigkeiten nur von Unternehmen ausgeübt werden, die über eine solide wirtschaftliche Grundlage, eine geeignete Organisation für den Umgang mit den besonderen Risiken des Einlagen- und Kreditgeschäfts sowie über geeignete Führungskräfte verfügen. Die EZB sollte daher mit der Zulassung von Kreditinstituten beauftragt werden und diese Zulassungen auch entziehen können.
- (15) Neben den in Unionsvorschriften vorgesehenen Bedingungen für die Zulassung von Kreditinstituten und für den Entzug dieser Zulassungen können die Mitgliedstaaten derzeit weitere Bedingungen für die Zulassung von Kreditinstituten und Gründe für den Entzug der Zulassung festlegen. Die Zulassung von Kreditinstituten durch die EZB und der Entzug einer solchen Zulassung bei Nichteinhaltung nationaler Rechtsvorschriften sollten daher auf Vorschlag der zuständigen nationalen Behörde erfolgen, die die Erfüllung der einschlägigen nationalen Bedingungen prüft.
- (16) Die Prüfung der Eignung eines neuen Eigentümers, der einen erheblichen Anteil an einem Kreditinstitut zu erwerben beabsichtigt, ist ein unverzichtbares Mittel, um die Eignung und finanzielle Solidität der Eigentümer von Kreditinstituten kontinuierlich sicherzustellen. Als Organ der Union verfügt die EZB über gute Voraussetzungen für die Durchführung einer solchen Prüfung, ohne dass dies den Binnenmarkt unangemessen beeinträchtigt. Die EZB sollte daher beauftragt werden, den Erwerb und die Veräußerung erheblicher Anteile an Kreditinstituten zu prüfen.
- (17) Die Einhaltung von Unionsvorschriften, die Kreditinstitute dazu verpflichten, im Hinblick auf die Risiken ihrer Geschäftstätigkeiten eine bestimmte Eigenkapitalhöhe aufrechtzuerhalten, Risiken gegenüber einzelnen Geschäftspartnern zu begrenzen, Informationen zu ihrer Finanzlage zu veröffentlichen, ausreichend liquide Aktiva vorzuhalten, um Spannungen an den Märkten standhalten zu können, und den Verschuldungsgrad zu begrenzen, ist Voraussetzung für aufsichtsrechtliche Solidität. Die EZB sollte beauftragt werden, die Einhaltung dieser Vorschriften sicherzustellen und in den in Unionsrecht ausdrücklich genannten Fällen strengere aufsichtsrechtliche Anforderungen festzulegen und zusätzliche Maßnahmen anzuwenden.
- (18) Zusätzliche Kapitalpuffer, wie ein Kapitalerhaltungspuffer und ein antizyklischer Kapitalpuffer, mit denen sichergestellt wird, dass Kreditinstitute in Phasen des Wirtschaftswachstums eine ausreichende Eigenkapitalgrundlage aufbauen, um Verluste in schwierigeren Zeiten auffangen zu können, sind wesentliche aufsichtsrechtliche Mittel zur Gewährleistung einer angemessenen Verlustausgleichsfähigkeit. Die EZB sollte daher damit beauftragt werden, solche Puffer festzulegen und die Einhaltung durch die Kreditinstitute sicherzustellen.
- (19) Die Zuverlässigkeit und Solidität von Kreditinstituten hängen auch von der Vorhaltung von internem Kapital in angemessener, den möglichen Risiken entsprechender Höhe sowie von geeigneten internen Organisationsstrukturen und Corporate-Governance-Regelungen ab. Die EZB sollte daher mit der Festlegung von Anforderungen beauftragt werden, mit denen sichergestellt wird, dass Kreditinstitute über solide Governance-Regelungen, -Verfahren und -Mechanismen verfügen, einschließlich Strategien und Verfahren zur Prüfung und Aufrechterhaltung der Angemessenheit ihres internen Kapitals. Bei Unzulänglichkeiten sollte die EZB geeignete Maßnahmen ergreifen können, einschließlich der Festlegung besonderer Eigenmittelanforderungen, besonderer Offenlegungspflichten und besonderer Liquiditätsanforderungen.
- (20) Risiken für die Zuverlässigkeit und Solidität von Kreditinstituten können sowohl auf der Ebene einzelner Kreditinstitute als auch auf der Ebene von Bankengruppen oder Finanzkonglomeraten entstehen. Im Interesse der Zuverlässigkeit und Solidität von Kreditinstituten sollten diese Risiken daher durch besondere Aufsichtsregelungen verringert werden. Neben der Beaufsichtigung der einzelnen Kreditinstitute sollte die EZB die Beaufsichtigung auf konsolidierter Ebene, ergänzende Aufsichtsaufgaben, die Beaufsichtigung von Finanzholdinggesellschaften und die Beaufsichtigung von gemischten Finanzholdinggesellschaften übernehmen.
- (21) Im Interesse der Finanzstabilität ist es erforderlich, eine Verschlechterung der finanziellen und wirtschaftlichen Situation eines Kreditinstituts aufzuhalten, bevor ein Punkt erreicht ist, an dem den Behörden keine andere Alternative als die Abwicklung bleibt. Die EZB sollte daher beauftragt werden, in einschlägigen Rechtsvorschriften der Union vorgesehene Frühinterventionsmaßnahmen durchzuführen. Sie sollte ihre Frühinterventionsmaßnahmen jedoch mit den zuständigen Abwicklungsbehörden koordinieren. Bis zur Übertragung von Abwicklungsbefugnissen auf eine europäische Einrichtung sollte sich die EZB darüber hinaus in angemessenem Umfang mit den einschlägigen nationalen Behörden abstimmen, um ein gemeinsames Verständnis der jeweiligen Zuständigkeiten im Krisenfall herzustellen, insbesondere im Rahmen der grenzübergreifenden Krisenmanagementgruppen und Abwicklungskollegien, die zu diesem Zweck eingerichtet werden.
- (22) Der EZB nicht übertragene Aufsichtsaufgaben sollten bei den nationalen Behörden verbleiben. Dazu zählen die Befugnis zur Entgegennahme von Mitteilungen von Kreditinstituten hinsichtlich ihres Niederlassungsrechts und der Dienstleistungsfreiheit, die Beaufsichtigung von Einrichtungen, bei denen es sich nicht um Kreditinstitute im Sinne des Unionsrechts handelt, die aber nach nationalem Recht zu beaufsichtigen sind, die Beaufsichtigung von Kreditinstituten aus Drittländern, die in der Union eine Zweigstelle errichten oder grenzübergreifend Dienstleistungen erbringen, die Überwachung von Zahlungsdienstleistungen, die Durchführung der täglichen Überprüfung von Kreditinstituten, die Wahrnehmung der Funktionen der zuständigen Behörde hinsichtlich der Märkte für Finanzinstrumente und die Bekämpfung des Missbrauchs des Finanzsystems für Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung.
- (23) Die EZB sollte die ihr übertragenen Aufgaben mit dem Ziel wahrnehmen, gemäß dem einheitlichen Regelwerk für Finanzdienstleistungen in der Union die Zuverlässigkeit und Solidität der Kreditinstitute, die Stabilität des Finanzsystems und somit auch den Einlegerschutz zu gewährleisten und die Funktionsweise des Binnenmarkts zu verbessern.
- (24) Die Übertragung von Aufsichtsaufgaben auf die EZB in Bezug auf einige Mitgliedstaaten sollte mit dem 2010 eingerichteten Europäischen Finanzaufsichtssystem (ESFS) und dem zugrunde liegenden Ziel der Entwicklung eines einheitlichen Regelwerks und der Stärkung der Konvergenz der aufsichtsrechtlichen Praktiken in der gesamten Union im Einklang stehen. Für die Behandlung von Fragen von gemeinsamem Interesse sowie für eine ordnungsgemäße Beaufsichtigung von Kreditinstituten, die zusätzlich im Versicherungs- und Wertpapierbereich tätig sind, ist auch die Zusammenarbeit zwischen Bankenaufsichtsbehörden und Aufsichtsbehörden für die Versicherungs- und Wertpapiermärkte von Bedeutung. Die EZB sollte daher verpflichtet werden, im Rahmen des ESFS eng mit der Europäischen Bankenaufsichtsbehörde, der Europäischen Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde und der Europäischen Aufsichtsbehörde für das Versicherungswesen und die betriebliche Altersversorgung zusammenzuarbeiten.
- (25) Um die Kohärenz zwischen den der EZB übertragenen Aufsichtsaufgaben und der Beschlussfassung innerhalb der EBA sicherzustellen, sollte die EZB in Angelegenheiten, die in ihre Zuständigkeit fallen, die Abstimmung der Vertreter der Behörden der teilnehmenden Mitgliedstaaten auf einen gemeinsamen Standpunkt koordinieren.
- (26) Die EZB sollte ihre Aufgaben vorbehaltlich und in Übereinstimmungen mit allen Rechtsvorschriften der Union ausüben, einschließlich des gesamten Primär- und Sekundärrechts, der Beschlüsse der Kommission zu staatlichen Beihilfen, der Wettbewerbsvorschriften und der Bestimmungen zur Fusionskontrolle sowie des für alle Mitgliedstaaten geltenden einheitlichen Regelwerks. Die EBA hat den Auftrag, technische Standards, Leitlinien und Empfehlungen zu erstellen, um die aufsichtsrechtliche Konvergenz und die Kohärenz der Aufsichtsergebnisse innerhalb der Union sicherzustellen. Diese Aufgaben sollten bei der EBA verbleiben, weshalb die EZB die Befugnis zum Erlass von Verordnungen nach Artikel 132 AEUV nur dann ausüben sollte, wenn von der Europäischen Kommission auf der Grundlage von Entwürfen der EBA erlassene Unionsvorschriften oder Leitlinien und von der EBA erarbeitete Empfehlungen bestimmte, für die ordnungsgemäße Ausübung der Aufgaben der EZB erforderliche Aspekte nicht oder nicht ausreichend detailliert regeln.
- (27) Zur Sicherstellung der Umsetzung aufsichtsrechtlicher Bestimmungen und Beschlüsse durch Kreditinstitute, Finanzholdinggesellschaften und gemischte Finanzholdinggesellschaften sollten bei Verstößen wirksame, verhältnismäßige und abschreckende Sanktionen verhängt werden. Gemäß Artikel 132 Absatz 3 AEUV und der Verordnung (EG) Nr. 2532/98 des Rates vom 23. November 1998 über das Recht der Europäischen Zentralbank, Sanktionen zu verhängen,9 ist die EZB berechtigt, Unternehmen mit Geldbußen oder in regelmäßigen Abständen zu zahlenden Strafgeldern zu belegen, wenn sie ihre Verpflichtungen aus den Verordnungen und Beschlüssen der EZB nicht umsetzen. Damit die EZB ihre Aufgaben im Zusammenhang mit der Durchsetzung von aufsichtsrechtlichen Bestimmungen des unmittelbar anwendbarem Unionsrechts wirksam ausüben kann, sollte die EZB die Befugnis erhalten, bei Verstößen gegen solche Bestimmungen Geldbußen gegen Kreditinstitute, Finanzholdinggesellschaften und gemischte Finanzholdinggesellschaften zu verhängen. Die nationalen Behörden sollten bei Verstößen gegen Verpflichtungen aus nationalen Rechtsvorschriften zur Umsetzung von Unionsrichtlinien weiterhin Sanktionen verhängen können. Hält die EZB es für die Erfüllung ihrer Aufgaben für angebracht, bei solchen Verstößen eine Sanktion zu verhängen, sollte sie die Angelegenheit zu diesem Zweck auch an die nationalen Behörden weiterleiten können.
- (28) Die nationalen Aufsichtsbehörden verfügen über umfangreiche, langjährige Erfahrung mit der Beaufsichtigung von Kreditinstituten in ihrem nationalen Gebiet sowie über umfangreiche Kenntnisse der jeweiligen wirtschaftlichen, organisatorischen und kulturellen Besonderheiten. Dazu wurden große Behörden mit zahlreichen engagierten und hoch qualifizierten Mitarbeitern eingerichtet. Um die Einhaltung höchster Standards bei der Beaufsichtigung auf europäischer Ebene sicherzustellen, sollten die nationalen Aufsichtsbehörden die EZB daher bei der Vorbereitung und Umsetzung von Rechtsakten im Zusammenhang mit der Wahrnehmung ihrer Aufsichtsaufgaben unterstützen. Dazu sollten insbesondere die laufende tägliche Bewertung der Lage einer Bank und die damit verbundenen Prüfungen vor Ort gehören.
- (29) Hinsichtlich der Beaufsichtigung grenzübergreifender Banken, die sowohl innerhalb als auch außerhalb des Euroraums tätig sind, sollte die EZB eng mit den zuständigen Behörden der nicht teilnehmenden Mitgliedstaaten zusammenarbeiten. Als zuständige Behörde sollte die EZB den im Unionsrecht festgelegten Verpflichtungen zur Zusammenarbeit und zum Informationsaustausch unterliegen und an den Aufsichtskollegien uneingeschränkt teilnehmen. Da die Ausführung von Aufsichtsaufgaben durch eine europäische Einrichtung mit klaren Vorteilen hinsichtlich der Finanzstabilität und einer nachhaltigen Marktintegration verbunden ist, sollten Mitgliedstaaten, die die gemeinsame Währung nicht eingeführt haben, ebenfalls an dem neuen Mechanismus teilnehmen können. Unabdingbare Voraussetzung für die wirksame Ausübung von Aufsichtsaufgaben ist jedoch die vollständige und unverzügliche Umsetzung von aufsichtsrechtlichen Beschlüssen. Mitgliedstaaten, die an dem neuen Mechanismus teilnehmen möchten, sollten sich daher verpflichten, dafür zu sorgen, dass ihre zuständigen nationalen Behörden alle von der EZB geforderten Maßnahmen in Bezug auf Kreditinstitute befolgen und umsetzen. Die EZB sollte eine enge Zusammenarbeit mit den zuständigen Behörden von Mitgliedstaaten, deren Währung nicht der Euro ist, eingehen können. Sie sollte der Verpflichtung unterliegen, eine solche Zusammenarbeit einzugehen, wenn die in dieser Verordnung aufgeführten Bedingungen erfüllt sind. Die Bedingungen, unter denen Vertreter der zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten, die eine enge Zusammenarbeit eingegangen sind, an den Tätigkeiten des Aufsichtsgremiums teilnehmen, sollten ihnen eine größtmögliche Beteiligung ermöglichen, wobei die Beschränkungen zu berücksichtigen sind, die sich aus der Satzung des ESZB und der EZB ergeben, insbesondere hinsichtlich der Integrität des Beschlussfassungsverfahrens.
- (30) Damit die EZB ihre Aufgaben erfüllen kann, sollte sie angemessene Aufsichtsbefugnisse haben. Gemäß den Rechtsvorschriften der Union hinsichtlich der Beaufsichtigung von Kreditinstituten werden zu diesen Zwecken bestimmte Befugnisse auf die von den Mitgliedstaaten benannten zuständigen Behörden übertragen. Soweit diese Befugnisse die der EZB übertragenen Aufsichtsaufgaben betreffen, sollte die EZB hinsichtlich der teilnehmenden Mitgliedstaaten als zuständige Behörde gelten und über die Befugnisse verfügen, die den zuständigen Behörden in Rechtsvorschriften der Union erteilt wurden. Dazu gehören die den zuständigen Behörden des Herkunfts- und Aufnahmemitgliedstaates mit diesen Rechtsakten übertragenen Befugnisse und die den benannten Behörden erteilten Befugnisse.
- (31) Im Interesse einer wirksamen Ausübung ihrer Aufsichtsbefugnisse sollte die EZB berechtigt sein, alle erforderlichen Informationen anzufordern sowie Untersuchungen und Prüfungen vor Ort durchzuführen. Diese Befugnisse sollten für beaufsichtigte Unternehmen, die an ihren Tätigkeiten beteiligten Personen und mit diesen verbundene Dritten sowie für Dritte gelten, an die diese Unternehmen operative Aufgaben ausgelagert haben, und auch sonstige Personen umfassen, die anderweitig in einer engen und wesentlichen Beziehung oder Verbindung zu diesen Unternehmen stehen, einschließlich der Mitarbeiter eines beaufsichtigten Unternehmens, die zwar nicht unmittelbar an den Tätigkeiten beteiligt sind, aber aufgrund ihrer Aufgaben innerhalb des Unternehmens im Besitz wichtiger Informationen über einen bestimmten Sachverhalt sein können, und Unternehmen, die Dienstleistungen für diese Unternehmen erbracht haben. Die EZB sollte Informationen durch einfaches Ersuchen anfordern können, und der Adressat sollte in diesem Fall nicht zu deren Übermittlung verpflichtet sein, aber im Falle der freiwilligen Übermittlung der Verpflichtung unterliegen, keine falschen oder irreführenden Informationen vorzulegen und die Informationen unverzüglich bereitzustellen. Die EZB sollte Informationen auch durch Beschluss anfordern können.
- (32) Hinsichtlich der Ausübung des Niederlassungsrechts oder des Rechts zur Erbringung von Dienstleistungen in einem anderen Mitgliedstaat sowie in Fällen, in denen mehrere Unternehmen einer Gruppe in unterschiedlichen Mitgliedstaaten niedergelassen sind, sieht das Unionsrecht besondere Verfahren zur Aufteilung der Zuständigkeiten zwischen den betreffenden Mitgliedstaaten vor. Soweit die EZB bestimmte Aufsichtsaufgaben für alle teilnehmenden Mitgliedstaaten übernimmt, sollten diese Verfahren und Aufteilungen auf die Ausübung des Niederlassungsrechts oder des Rechts auf Dienstleistungserbringung in einem anderen teilnehmenden Mitgliedstaat keine Anwendung finden.
- (33) Bei ihren Beschlussfassungsverfahren sollte die EZB an Unionsvorschriften und allgemeine Grundsätze für ein ordnungsgemäßes Verfahren und Transparenz gebunden sein. Das Recht der Adressaten der EZB-Beschlüsse auf Anhörung sollte umfassend geachtet werden.
- (34) Die Übertragung von Aufsichtsaufgaben geht mit einer erheblichen Verantwortung der EZB für den Schutz der Finanzstabilität in der Union und mit der Verpflichtung einher, die Aufsichtsbefugnisse auf möglichst wirksame und verhältnismäßige Weise auszuüben. Die EZB sollte daher dem Europäischen Parlament und dem Ministerrat bzw. der Eurogruppe - den demokratisch legitimierten Organen zur Vertretung der Menschen in Europa und der Mitgliedstaaten - hinsichtlich der Ausübung dieser Aufgaben Rechenschaft ablegen. Dies sollte die regelmäßige Berichterstattung und die Beantwortung von Fragen umfassen. Ergreifen nationale Aufsichtsbehörden Maßnahmen gemäß dieser Verordnung, sollten auch weiterhin nationale Rechenschaftspflichten Anwendung finden.
- (35) Die EZB übt gemäß Artikel 127 Absatz 1 AEUV geldpolitische Funktionen zur Erhaltung der Preisstabilität aus. Die Ausübung von Aufsichtsaufgaben dient dem Schutz der Zuverlässigkeit und Solidität von Kreditinstituten und der Stabilität des Finanzsystems. Zur Vermeidung von Interessenkonflikten, und um die Wahrnehmung dieser beiden Funktionen gemäß den jeweiligen Zielen zu gewährleisten, sollte die EZB für eine vollständige Trennung der beiden Funktionen sorgen.
- (36) Insbesondere sollte in der EZB ein Aufsichtsgremium eingerichtet werden, das für die Vorbereitungen von Beschlüssen in aufsichtsrechtlichen Angelegenheiten zuständig ist und sich auf die spezifischen Kenntnisse der nationalen Aufsichtsbehörden stützen kann. Das Gremium sollte sich daher aus Vertretern der EZB und der nationalen Behörden zusammensetzen, und sein(e) Vorsitzende(r) und sein(e) stellvertretende(r) Vorsitzende(r) sollten vom EZB-Rat aus seinem Kreis gewählt werden. Zur Gewährleistung einer angemessenen Rotation bei gleichzeitiger Sicherstellung der vollständigen Unabhängigkeit des/der Vorsitzenden und des/der stellvertretenden Vorsitzenden sollte seine/ihre Amtszeit fünf Jahre nicht überschreiten und nicht verlängerbar sein. Im Interesse einer umfassenden Abstimmung mit den Tätigkeiten der EBA und den aufsichtspolitischen Tätigkeiten der Union sollten die EBA und die Europäische Kommission beobachtend an dem Aufsichtsgremium teilnehmen. Die Ausübung der auf die EZB übertragenen Aufsichtsaufgaben ist mit der Verabschiedung zahlreicher, fachlich komplexer Rechtsakte und Beschlüsse verbunden, auch zu einzelnen Kreditinstituten. Im Interesse einer wirksamen Ausübung dieser Aufgaben unter Wahrung der Trennung von geldpolitischen Aufgaben sollte der Rat der EZB klar abgegrenzte Aufsichtsaufgaben und die damit verbundenen Beschlüsse an das Aufsichtsgremium delegieren können, wobei der Rat der EZB die Überwachung und Verantwortung übernimmt und dem Gremium Anweisungen und Hinweise hinsichtlich aufsichtsrechtlicher Aufgaben und Beschlüsse erteilen kann. Das Aufsichtsgremium kann von einem Lenkungsausschuss mit kleinerer Zusammensetzung unterstützt werden.
- (37) Das Aufsichtsgremium und die Mitarbeiter der EZB, die Aufsichtsaufgaben wahrnehmen, sollten angemessenen Geheimhaltungspflichten unterliegen. Ähnliche Anforderungen sollten auch für den Informationsaustausch mit Mitarbeitern der EZB gelten, die nicht an den Aufsichtstätigkeiten beteiligt sind. Dies sollte die EZB nicht davon abhalten, innerhalb der in den einschlägigen EU-Rechtsakten festgelegten Grenzen und unter den darin vorgesehenen Bedingungen Informationen mit den nationalen Behörden sowie - zur Erfüllung der Aufgaben gemäß den Artikeln 107 und 108 AEUV und gemäß den Unionsvorschriften über eine verstärkte wirtschaftliche und budgetäre Überwachung - mit der Kommission auszutauschen.
- (38) Im Interesse einer wirksamen Wahrnehmung ihrer Aufsichtsaufgaben sollte die EZB bei der Erfüllung ihrer Aufsichtsaufgaben vollständig unabhängig sein, insbesondere von einer ungebührlichen politischen Einflussnahme sowie von Einmischungen der Branche, die ihre operative Unabhängigkeit beeinträchtigen könnten.
- (39) Im Interesse einer wirksamen Wahrnehmung ihrer Aufsichtsaufgaben sollte die EZB über angemessene Ressourcen verfügen. Sie sollte diese Ressourcen auf eine Weise beschaffen, die ihre Unabhängigkeit von einer ungebührlichen Einflussnahme der zuständigen nationalen Behörden und der Marktteilnehmer sicherstellt und die Trennung zwischen geldpolitischen und aufsichtsrechtlichen Aufgaben gewährleistet. Die Kosten der Beaufsichtigung sollten im Wesentlichen von den beaufsichtigten Unternehmen übernommen werden. Die Ausübung von Aufsichtsaufgaben durch die EZB sollte daher zumindest teilweise durch Gebühren finanziert werden, die die Kreditinstitute entrichten. Angesichts der Übertragung wesentlicher Aufsichtsaufgaben von den nationalen Behörden auf die EZB ist davon auszugehen, dass aufsichtsrechtliche Gebühren auf nationaler Ebene entsprechend verringert werden können.
- (40) Hoch motivierte, gut ausgebildete und unparteiische Mitarbeiter sind für eine wirksame Aufsicht von entscheidender Bedeutung. Im Interesse der Einrichtung eines wirklich integrierten Aufsichtsmechanismus sollten daher ein angemessener Austausch mit und zwischen den zuständigen nationalen Behörden sowie die Entsendung von Mitarbeitern an diese Behörden gewährleistet sein. Soweit dies für die Vermeidung von Interessenkonflikten - insbesondere bei der Beaufsichtigung großer Banken - erforderlich ist, sollte die EZB die nationalen Aufsichtsbehörden auffordern können, Mitarbeiter der zuständigen Behörden anderer teilnehmender Mitgliedstaaten in die jeweiligen Teams einzubeziehen.
- (41) Angesichts der Globalisierung der Bankdienstleistungen und der wachsenden Bedeutung internationaler Standards sollte die EZB ihre Aufgaben gemäß internationalen Standards und im Dialog sowie in enger Zusammenarbeit mit Aufsichtsbehörden außerhalb der Union wahrnehmen, ohne jedoch die internationale Rolle der EBA zu übernehmen. Sie sollte die Befugnis erhalten, in Abstimmung mit der EBA und unter umfassender Berücksichtigung der bestehenden Rollen und Zuständigkeiten der Mitgliedstaaten und der Organe der Union Kontakte mit den Aufsichtsbehörden und -stellen von Drittländern sowie mit internationalen Organisationen zu knüpfen und mit ihnen Verwaltungsvereinbarungen einzugehen.
- (42) Die Richtlinie 95/46/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. Oktober 1995 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und zum freien Datenverkehr10 und die Verordnung (EG) Nr. 45/2001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Dezember 2001 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten durch die Organe und Einrichtungen der Gemeinschaft und zum freien Datenverkehr11 finden auf die Verarbeitung personenbezogener Daten für die Zwecke dieser Verordnung ohne Einschränkung Anwendung.
- (43) Die Verordnung (EG) Nr. 1073/1999 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Mai 1999 über die Untersuchungen des Europäischen Amtes für Betrugsbekämpfung (OLAF)12 gilt auch für die EZB. Die EZB ist zudem der zwischen dem Europäischen Parlament, dem Rat der Europäischen Union und der Kommission der Europäischen Gemeinschaften geschlossenen Interinstitutionellen Vereinbarung vom 25. Mai 1999 über die internen Untersuchungen des Europäischen Amtes für Betrugsbekämpfung beigetreten.
- (44) Um sicherzustellen, dass Kreditinstitute einer von nicht aufsichtsrechtlichen Überlegungen unbeeinflussten Beaufsichtigung nach höchsten Standards unterliegen und die sich gegenseitig verstärkenden negativen Auswirkungen von Marktentwicklungen auf Banken und Mitgliedstaaten rechtzeitig und wirksam behoben werden können, sollte die EZB die ihr übertragenen besonderen Aufsichtsaufgaben so bald wie möglich aufnehmen. Die Übertragung von Aufsichtsaufgaben von den nationalen Behörden auf die EZB erfordert jedoch eine gewisse Vorbereitungszeit. Daher sollte ein angemessener Übergangszeitraum vorgesehen werden. Die Zahl der von der EZB beaufsichtigten Banken sollte schrittweise erhöht werden, wobei die Bedeutung der Beaufsichtigung dieser Banken für die Gewährleistung der Finanzstabilität zu berücksichtigen ist. In einem ersten Schritt sollte die EZB ihre Aufsichtsaufgaben in Bezug auf alle Banken ausüben können, insbesondere aber auf Banken, die eine öffentliche finanzielle Unterstützung beantragt oder erhalten haben. In einem zweiten Schritt sollten europaweit systemrelevante Banken beaufsichtigt werden, wobei die Systemrelevanz auf der Grundlage ihres Gesamtkreditbestands und ihrer grenzübergreifenden Tätigkeiten festgestellt werden sollte. Der Gesamtkreditbestand sollte anhand der Methoden ermittelt werden, die in den Basel-III-Bestimmungen des Baseler Ausschusses für Bankenaufsicht zur Berechnung des Verschuldungsgrads und zur Festlegung des Kernkapitals (Tier-1-Kapital) definiert sind. Die Übergangsphase sollte spätestens ein Jahr nach dem Inkrafttreten dieser Verordnung beendet sein.
- (45) Der derzeitige Aufsichtsrahmen für Kreditinstitute und die zusätzliche Beaufsichtigung von Finanzkonglomeraten umfasst Richtlinien, die zahlreiche Optionen und Ermessensspielräume der Mitgliedstaaten bei der Abgrenzung der Befugnisse der zuständigen Behörden vorsehen. Bis zur Verabschiedung neuer Rechtsvorschriften der Union, in denen die Befugnisse der zuständigen Behörden unmittelbar und ohne Bezugnahme auf Optionen oder Ermessensspielräume der Mitgliedstaaten festgelegt werden, kann die EZB daher keine auf Kreditinstitute, Finanzholdinggesellschaften oder gemischte Finanzholdinggesellschaften unmittelbar anwendbaren Beschlüsse fassen. In dieser Übergangsphase sollte die EZB ihre Aufgaben daher nur durch Handlungsanweisungen an die zuständigen nationalen Behörden ausüben.
- (46) Diese Verordnung wahrt die Grundrechte und achtet die in der Charta der Grundrechte der Europäischen Union verankerten Grundsätze, insbesondere das Recht auf den Schutz personenbezogener Daten, die unternehmerische Freiheit, das Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf und ein unparteiisches Gericht, und ist gemäß diesen Rechten und Grundsätzen anzuwenden.
- (47) Da die Ziele dieser Verordnung, nämlich die Schaffung eines effizienten und wirksamen Rahmens für die Ausübung besonderer Aufgaben im Zusammenhang mit der Beaufsichtigung von Kreditinstituten durch ein Organ der Union und die Sicherstellung der kohärenten Anwendung des einheitlichen Regelwerks für Kreditinstitute, auf der Ebene der Mitgliedstaaten nicht ausreichend verwirklicht werden können und angesichts der unionsweiten Struktur des Bankenmarktes und der Auswirkungen von Bankinsolvenzen auf andere Mitgliedstaaten besser auf Unionsebene zu erreichen sind, kann die Union gemäß dem in Artikel 5 des Vertrags über die Europäische Union niedergelegten Subsidiaritätsprinzip tätig werden. Entsprechend dem in demselben Artikel genannten Grundsatz der Verhältnismäßigkeit geht diese Verordnung nicht über das zur Erreichung dieser Ziele erforderliche Maß hinaus -
HAT folgende Verordnung Erlassen:
Kapitel I
Gegenstand und Begriffsbestimmungen
Artikel 1
Gegenstand
Durch diese Verordnung werden der EZB unter gebührender Berücksichtigung der Einheit und Integrität des Binnenmarktes besondere Aufgaben im Zusammenhang mit der Aufsicht über Kreditinstitute übertragen, um die Zuverlässigkeit und Solidität von Kreditinstituten sowie die Stabilität des Finanzsystems zu unterstützen.
Artikel 2
Begriffsbestimmungen
Für die Zwecke dieser Verordnung bezeichnet der Ausdruck
- (1) "teilnehmender Mitgliedstaat" einen Mitgliedstaat, dessen Währung der Euro ist;
- (2) "zuständige nationale Behörde" die nationale zuständige Behörde, die von den teilnehmenden Mitgliedstaaten im Einklang mit der Richtlinie 2006/48/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Juni 2006 über die Aufnahme und Ausübung der Tätigkeit der Kreditinstitute (Neufassung)13 und der Richtlinie 2006/49/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Juni 2006 über die angemessene Eigenkapitalausstattung von Wertpapierfirmen und Kreditinstituten (Neufassung)14 benannt worden ist;
- (3) "Kreditinstitute" Kreditinstitute im Sinne des Artikels 4 Absatz 1 der Richtlinie 2006/48/EG;< /li>
- (4) "Finanzholdinggesellschaft" eine Finanzholdinggesellschaft im Sinne des Artikels 4 Absatz 19 der Richtlinie 2006/48/EG;< /li>
- (5) "gemischte Finanzholdinggesellschaft" eine gemischte Finanzholdinggesellschaft im Sinne des Artikels 2 Absatz 15 der Richtlinie 2002/87/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2002 über die zusätzliche Beaufsichtigung der Kreditinstitute, Versicherungsunternehmen und Wertpapierfirmen eines Finanzkonglomerats 15;
- (6) "Finanzkonglomerat" ein Finanzkonglomerat im Sinne des Artikels 2 Absatz 14 der Richtlinie 2002/87/EG.
Kapitel II
Zusammenarbeit und Aufgaben
Artikel 3
Zusammenarbeit
Die EZB arbeitet eng mit der Europäischen Bankenaufsichtsbehörde, der Europäischen Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde, der Europäischen Aufsichtsbehörde für das Versicherungswesen und die betriebliche Altersversorgung sowie dem Europäischen Ausschuss für Systemrisiken zusammen, die Teil des durch die Artikel 2 der Verordnungen (EU) Nr. 1093/2010, (EU) Nr. 1094/2010 und (EU) Nr. 1095/2010 geschaffenen Europäischen Finanzaufsichtssystems sind.
Artikel 4
Der EZB übertragene Aufgaben
- 1. Die EZB verfügt im Einklang mit den einschlägigen Bestimmungen des Unionsrechts über die ausschließliche Zuständigkeit für die Wahrnehmung der folgenden Aufgaben zur Beaufsichtigung sämtlicher in den teilnehmenden Mitgliedstaaten niedergelassenen Kreditinstitute:
- (a) Zulassung von Kreditinstituten und Entzug der Zulassung von Kreditinstituten;
- (b) Bewertung des Erwerbs oder der Veräußerung von Beteiligungen an Kreditinstituten;
- (c) Gewährleistung der Übereinstimmung mit den Rechtsakten der Union mit aufsichtsrechtlichen Anforderungen an Kreditinstitute in Bezug auf die Eigenmittelanforderungen, die Beschränkungen für Großkredite, die Liquidität, den Verschuldungsgrad sowie die Berichterstattung und Veröffentlichung entsprechender Informationen;
- (d) nur in den in den Rechtsakten der Union ausdrücklich festgelegten Fällen Festlegung strengerer aufsichtsrechtlicher Anforderungen und Anwendung zusätzlicher Maßnahmen auf Kreditinstitute;
- (e) Festlegung von Kapitalpuffern, die Kreditinstitute vorhalten müssen, zusätzlich zu den in Buchstabe c genannten Eigenmittelanforderungen, einschließlich der Festlegung von Quoten für antizyklische Puffer und sonstiger Maßnahmen zur Abwendung von Systemrisiken oder Risiken auf Makroebene in den in den Rechtsakten der Union ausdrücklich festgelegten Fällen;
- (f) Festlegung von Anforderungen an Kreditinstitute hinsichtlich solider Governance- Regelungen, -Verfahren und -Mechanismen sowie wirksamer Verfahren zur internen Bewertung der Kapitaladäquanz ;
- (g) Feststellung, ob die von den Kreditinstituten geschaffenen Regelungen, Strategien, Verfahren und Mechanismen und ihre Eigenmittelausstattung ein solides Risikomanagement und eine solide Risikoabdeckung gewährleisten, und auf der Grundlage dieser aufsichtlichen Überprüfung Festlegung spezifischer zusätzlicher Eigenmittelanforderungen, spezifischer Liquiditätsanforderungen und sonstiger Maßnahmen für Kreditinstitute in den in den Rechtsakten der Union ausdrücklich festgelegten Fällen;
- (h) Durchführung aufsichtsrechtlicher Stresstests bei Kreditinstituten zur Unterstützung der aufsichtlichen Überprüfung;
- (i) Beaufsichtigung auf konsolidierter Basis der in einem teilnehmenden Mitgliedstaat niedergelassenen Muttergesellschaften von Kreditinstituten, einschließlich der Finanzholdinggesellschaften und der gemischten Finanzholdinggesellschaften, sowie Mitwirkung an der Beaufsichtigung auf konsolidierter Basis - auch in Aufsichtskollegien - der Muttergesellschaften, die nicht in einem teilnehmenden Mitgliedstaat niedergelassen sind;
- (j) Mitwirkung an der zusätzlichen Beaufsichtigung eines Finanzkonglomerats in Bezug auf zugehörige Kreditinstitute und Wahrnehmung der Aufgaben eines Koordinators, wenn die EZB nach Maßgabe der im einschlägigen Unionsrecht festgelegten Kriterien als Koordinator für ein Finanzkonglomerat benannt ist;
- (k) Wahrnehmung von Aufsichtsaufgaben hinsichtlich eines frühzeitigen Eingreifens, wenn ein Kreditinstitut die geltenden aufsichtsrechtlichen Anforderungen, einschließlich Sanierungsplänen und Regelungen für die gruppeninterne finanzielle Unterstützung, nicht erfüllt oder voraussichtlich nicht erfüllen wird, in Abstimmung mit den einschlägigen Abwicklungsbehörden;
- (1) Koordinierung und Äußerung eines gemeinsamen Standpunkts der Vertreter der zuständigen Behörden der teilnehmenden Mitgliedstaaten im Rat der Aufseher und im Verwaltungsrat der Europäischen Bankenaufsichtsbehörde zu Angelegenheiten, die in Zusammenhang mit den der EZB durch diese Verordnung übertragenen Aufgaben stehen.
- 2. Für Kreditinstitute mit Sitz in einem nicht teilnehmenden Mitgliedstaat, die in einem teilnehmenden Mitgliedstaat eine Zweigniederlassung gründen oder grenzüberschreitende Dienstleistungen erbringen, nimmt die EZB die in Absatz 1 genannten Aufgaben wahr, für die die zuständigen nationalen Behörden des teilnehmenden Mitgliedstaats zuständig sind.
- 3. Vorbehaltlich der einschlägigen Vorschriften des Unionsrechts und insbesondere aller Rechtsakte mit und ohne Gesetzescharakter und im Einklang mit diesen kann die EZB zur Durchführung oder Anwendung des Unionsrechts Verordnungen und Empfehlungen erlassen sowie Beschlüsse fassen, soweit dies für die Wahrnehmung der ihr durch diese Verordnung übertragenen Aufgaben erforderlich ist.
- 4. Diese Verordnung berührt nicht die Zuständigkeiten und entsprechenden Befugnisse der zuständigen Behörden der teilnehmenden Mitgliedstaaten zur Wahrnehmung von Aufsichtsaufgaben, die nicht in dieser Verordnung genannt sind.
Artikel 5
Nationale Behörden
- 1. Die EZB nimmt ihre Aufgaben innerhalb eines einheitlichen Aufsichtsmechanismus wahr, der aus der EZB und den zuständigen nationalen Behörden besteht.
- 2. Die zuständigen nationalen Behörden unterstützen die EZB auf deren Ersuchen bei der Vorbereitung und Durchführung sämtlicher Rechtsakte im Zusammenhang mit den in Artikel 4 genannten Aufgaben.
- 3. Die EZB bestimmt bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben die praktischen Modalitäten der Durchführung von Absatz 2 durch die nationalen Aufsichtsbehörden. Sie legt eindeutig fest, in welchem Rahmen und unter welchen Bedingungen die zuständigen nationalen Behörden diese Tätigkeiten ausführen.
- 4. Die zuständigen nationalen Behörden folgen den Anweisungen der EZB.
Artikel 6
Enge Zusammenarbeit mit den zuständigen Behörden der nicht teilnehmenden Mitgliedstaaten
- 1. Innerhalb der in diesem Artikel gesetzten Grenzen nimmt die EZB die Aufgaben in den in Artikel 4 Absätze 1 und 2 genannten Bereichen in Bezug auf Kreditinstitute wahr, die in einem Mitgliedstaat niedergelassen sind, dessen Währung nicht der Euro ist, wenn die EZB eine enge Zusammenarbeit mit der zuständigen nationalen Behörde dieses Mitgliedstaats nach Maßgabe dieses Artikels eingegangen ist.
Zu diesem Zweck kann die EZB Leitlinien oder Ersuchen an die zuständige nationale Behörde des nicht teilnehmenden Mitgliedstaats richten.
- 2. Die EZB geht mit Erlass eines Beschlusses eine enge Zusammenarbeit mit der zuständigen nationalen Behörde eines nicht teilnehmenden Mitgliedstaats ein, wenn die folgenden Voraussetzungen erfüllt sind:
- (a) Der betreffende Mitgliedstaat teilt den anderen Mitgliedstaaten, der Kommission, der EZB und der EBA sein Ersuchen mit, eine enge Zusammenarbeit mit der EZB hinsichtlich der Wahrnehmung der in Artikel 4 genannten Aufgaben in Bezug auf sämtliche in dem betreffenden Mitgliedstaat niedergelassenen Kreditinstitute einzugehen.
- (b) In der Mitteilung verpflichtet sich der betreffende Mitgliedstaat,
- - dafür zu sorgen, dass seine zuständige nationale Behörde allen Leitlinien und Ersuchen der EZB nachkommen wird;
- - sämtliche Informationen zu den in diesem Mitgliedstaat niedergelassenen Kreditinstituten vorzulegen, die die EZB zum Zwecke der Durchführung einer umfassenden Bewertung dieser Kreditinstitute möglicherweise anfordert.
- (c) Der betreffende Mitgliedstaat hat nationale Rechtsakte erlassen, die gewährleisten, dass seine zuständige nationale Behörde verpflichtet ist, sämtliche Maßnahmen in Bezug auf Kreditinstitute zu ergreifen, zu der die EZB im Einklang mit Absatz 5 auffordert.
- 3. In dem in Absatz 2 genannten Beschluss werden im Einklang mit der Satzung des ESZB und der EZB die Bedingungen festgelegt, zu denen Vertreter der zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten, die eine enge Zusammenarbeit gemäß diesem Artikel eingegangen sind, an den Tätigkeiten des Aufsichtsgremiums teilnehmen.
- 4. Der in Absatz 2 genannte Beschluss wird im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht. Der Beschluss gilt nach 14 Tagen nach seiner Veröffentlichung.
- 5. Vertritt die EZB die Auffassung, dass die zuständige Behörde eines Mitgliedstaats in Bezug auf ein Kreditinstitut, eine Finanzholdinggesellschaft oder eine gemischte Finanzholdinggesellschaft eine Maßnahme im Zusammenhang mit den in Absatz 1 genannten Aufgaben ergreifen soll, richtet sie eine Aufforderung an diese Behörde, in der ein entsprechender Zeitrahmen vorgegeben wird. Dieser Zeitrahmen sollte mindestens 48 Stunden betragen, sofern nicht eine frühere Durchführung unabdingbar ist, um einen nicht wiedergutzumachenden Schaden abzuwenden. Die zuständige nationale Behörde des betreffenden Mitgliedstaats ergreift gemäß der in Absatz 2 Buchstabe c genannten Verpflichtung alle notwendigen Maßnahmen.
- 6. Werden die in Absatz 2 Buchstaben a bis c festgelegten Voraussetzungen von einem Mitgliedstaat nicht länger erfüllt oder handelt seine zuständige Behörde nicht gemäß der in Absatz 2 Buchstabe c genannten Verpflichtung, kann die EZB beschließen, die enge Zusammenarbeit mit diesem Mitgliedstaat zu beenden.
Der Beschluss wird dem betreffenden Mitgliedstaat mitgeteilt und im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht. In dem Beschluss wird der Zeitpunkt angegeben, ab dem er gilt, wobei der Wirksamkeit der Aufsicht und den legitimen Interessen von Kreditinstituten Rechnung getragen wird.
Artikel 7
Internationale Beziehungen
Unbeschadet der jeweiligen Zuständigkeiten der Mitgliedstaaten und der sonstigen Organe der Union kann die EZB in Bezug auf die ihr durch diese Verordnung übertragenen Aufgaben vorbehaltlich einer geeigneten Abstimmung mit der EBA Kontakte zu Aufsichtsbehörden, internationalen Organisationen und den Verwaltungen von Drittländern aufbauen und Verwaltungsvereinbarungen mit diesen schließen. Durch diese Vereinbarungen entstehen keine rechtlichen Verpflichtungen bezüglich der Union und ihrer Mitgliedstaaten.
Kapitel III
Aufsichts- und Untersuchungsbefugnisse
Artikel 8
Aufsichts- und Untersuchungsbefugnisse
- 1. Für die Zwecke der Wahrnehmung der ihr durch Artikel 4 Absätze 1 und 2 übertragenen Aufgaben gilt die EZB nach Maßgabe der einschlägigen Rechtsakte der Union als die zuständige Behörde in den teilnehmenden Mitgliedstaaten und hat die Befugnisse und Pflichten, die die zuständigen Behörden gemäß diesen Rechtsakten haben.
Für den Zweck der Wahrnehmung der in Artikel 4 Absätze 1 und 2 genannten Aufgabe gilt die EZB als die nach Maßgabe der einschlägigen Rechtsakte der Union benannte Behörde und hat die Befugnisse und Pflichten, die die benannten Behörden gemäß diesen Rechtsakten haben.
- 2. Für die Zwecke der Wahrnehmung der ihr durch Artikel 4 Absätze 1 und 2 übertragenen Aufgaben verfügt die EZB über die in Abschnitt I festgelegten Untersuchungsbefugnisse.
Abschnitt 1
Untersuchungsbefugnisse
Artikel 9
Informationsersuchen
- 1. Die EZB kann durch einfaches Ersuchen oder durch Beschluss von den folgenden juristischen oder natürlichen Personen die Vorlage sämtlicher Informationen verlangen, die sie für die Wahrnehmung der ihr durch diese Verordnung übertragenen Aufgaben benötigt, einschließlich der Informationen, die in regelmäßigen Abständen und in festgelegten Formaten zu Aufsichts- und entsprechenden statistischen Zwecken zur Verfügung zu stellen sind:
- (a) Kreditinstituten;
- (b) Finanzholdinggesellschaften;
- (c) gemischten Finanzholdinggesellschaften;
- (d) gemischten Unternehmen;
- (e) an den Tätigkeiten der in den Buchstaben a bis d genannten Unternehmen beteiligte Personen und mit diesen verbundene Dritte;
- (f) Dritten, an die die in den Buchstaben a bis d genannten Unternehmen operative Aufgaben oder Tätigkeiten ausgelagert haben;
- (g) sonstigen Personen, die anderweitig in einer engen und wesentlichen Beziehung oder Verbindung zu den in den Buchstaben a bis d genannten Unternehmen stehen;
- (h) den zuständigen nationalen Behörden.
- 2. Die in Absatz 1 genannten Personen stellen die geforderten Informationen zur Verfügung.
Artikel 10
Allgemeine Untersuchungen
- 1. Zur Wahrnehmung der ihr durch diese Verordnung übertragenen Aufgaben kann die EZB im Hinblick auf die in Artikel 9 Absatz 1 Buchstaben a bis g genannten Personen alle erforderlichen Untersuchungen durchführen.
Zu diesem Zweck hat die EZB das Recht,
- (i) die Vorlage von Unterlagen zu verlangen;
- (j) die Bücher und Aufzeichnungen der in Artikel 9 Absatz 1 Buchstaben a bis g genannten Personen zu prüfen und Kopien oder Auszüge dieser Bücher und Aufzeichnungen anzufertigen;
- (k) von den in Artikel 9 Absatz 1 Buchstaben a bis g genannten Personen oder deren Vertretern oder Mitarbeitern schriftliche oder mündliche Erklärungen einzuholen;
- (1) jede andere natürliche oder juristische Person zu befragen, die dieser Befragung zum Zweck der Einholung von Informationen über den Gegenstand einer Untersuchung zustimmt.
- 2. Die in Artikel 9 Absatz 1 Buchstaben a bis g genannten Personen müssen sich den durch Beschluss der EZB eingeleiteten Untersuchungen unterziehen.
Wenn eine Person die Durchführung einer Untersuchung behindert, leistet der teilnehmende Mitgliedstaat, in dem sich die entsprechenden Räumlichkeiten befinden, die erforderliche Amtshilfe, einschließlich des Zugangs der EZB zu den Geschäftsräumen der in Artikel 9 Absatz 1 Buchstaben a bis g genannten juristischen Personen, so dass die oben genannten Rechte ausgeübt werden können.
Artikel 11
Prüfungen vor Ort
- 1. Zur Wahrnehmung der ihr durch diese Verordnung übertragenen Aufgaben kann die EZB nach Maßgabe des Artikels 12 im Hinblick auf die in Artikel 9 Absatz 1 Buchstaben a bis g genannten Personen alle erforderlichen Prüfungen vor Ort durchführen. Die EZB kann die Prüfung vor Ort ohne vorherige Ankündigung durchführen, wenn dies für eine ordnungsgemäße und effiziente Durchführung der Prüfung erforderlich ist.
- 2. Die Bediensteten der EZB und sonstige von ihr zur Durchführung der Prüfungen vor Ort bevollmächtigte Personen sind befugt, die Geschäftsräume und Grundstücke der juristischen Personen, gegen die sich der Beschluss der EZB über die Einleitung einer Untersuchung richtet, zu betreten, und verfügen über sämtliche in Artikel 10 Absatz 1 genannten Befugnisse. Darüber hinaus sind sie befugt, die Geschäftsräume und Bücher oder Aufzeichnungen für die Dauer und in dem Ausmaß zu versiegeln, wie es für die Prüfung erforderlich ist.
- 3. Die in Artikel 9 Absatz 1 Buchstaben a bis g genannten Personen müssen sich den durch Beschluss der EZB angeordneten Prüfungen vor Ort unterziehen.
- 4. Die Bediensteten der zuständigen Behörde des Mitgliedstaats, in dem die Prüfung vorgenommen werden soll, sowie von dieser Behörde entsprechend ermächtigte oder bestellte Personen unterstützen auf Ersuchen der EZB die Bediensteten der EZB und sonstige von ihr bevollmächtigte Personen aktiv. Sie verfügen hierzu über die in Absatz 2 genannten Befugnisse. Die Bediensteten der zuständigen Behörde des teilnehmenden Mitgliedstaats können auf Antrag auch an den Prüfungen vor Ort teilnehmen.
- 5. Stellen die Bediensteten der EZB und andere von ihr bevollmächtigte Begleitpersonen fest, dass sich eine Person einer nach Maßgabe dieses Artikels angeordneten Prüfung widersetzt, so leistet die zuständige Behörde des teilnehmenden Mitgliedstaats die erforderliche Amtshilfe.
Artikel 12
Gerichtliche Genehmigung
- 1. Setzt eine Prüfung vor Ort nach Artikel 11 Absatz 1 oder die Amtshilfe nach Artikel 11 Absatz 5 nach nationalem Recht eine gerichtliche Genehmigung voraus, so muss diese beantragt werden.
- 2. Wird die in Absatz 1 genannte Genehmigung beantragt, so prüft das nationale Gericht, ob der Beschluss der EZB echt ist und ob die beantragten Zwangsmaßnahmen im Hinblick auf den Gegenstand der Prüfung nicht willkürlich oder unverhältnismäßig sind. Bei der Prüfung der Verhältnismäßigkeit der Zwangsmaßnahmen kann das einzelstaatliche Gericht die EZB um detaillierte Erläuterungen bitten, insbesondere in Bezug auf die Gründe, aus denen die EZB annimmt, dass ein Verstoß gegen die einschlägigen Rechtsakte der Union erfolgt ist, und die Schwere des mutmaßlichen Verstoßes und die Art der Beteiligung der den Zwangsmaßnahmen unterworfenen Person. Das nationale Gericht prüft jedoch weder die Notwendigkeit der Prüfung noch verlangt es die Übermittlung der in den Akten der EZB enthaltenen Informationen. Die Rechtmäßigkeit des Beschlusses der EZB unterliegt ausschließlich der Prüfung durch den Gerichtshof der Europäischen Union.
Abschnitt 2
besondere Aufsichtsbefugnisse
Artikel 13
Zulassung
- 1. Anträge auf Zulassung zur Aufnahme der Tätigkeit eines Kreditinstituts in einem teilnehmenden Mitgliedstaat werden bei den zuständigen nationalen Behörden des Mitgliedstaats eingereicht, in dem das Kreditinstitut im Einklang mit den Anforderungen einschlägiger nationaler Rechtsvorschriften seinen Sitz haben soll.
Erfüllt das Kreditinstitut alle im nationalen Recht dieses Mitgliedstaats festgelegten Zulassungsbedingungen, erlässt die zuständige nationale Behörde einen Beschluss, mit dem der EZB die Erteilung der Zulassung vorgeschlagen wird. Der Beschluss wird der EZB und dem betreffenden Kreditinstitut mitgeteilt.
Wenn die EZB den in Unterabsatz 2 genannten Vorschlag der nationalen zuständigen Behörde erhält, erteilt sie die Zulassung, sofern die im Unionsrecht festgelegten Bedingungen erfüllt sind. Der Beschluss wird dem betreffenden Kreditinstitut mitgeteilt.
- 2. Die EZB kann von Amts wegen oder auf Vorschlag der zuständigen nationalen Behörde des Mitgliedstaats, in dem das Kreditinstitut seinen Sitz hat, in den in den Rechtsakten der Union festgelegten Fällen die Zulassung entziehen.
Vertritt die zuständige nationale Behörde, die die Zulassung im Einklang mit Absatz 1 vorgeschlagen hat, die Auffassung, dass die Zulassung nach nationalem Recht entzogen werden muss, legt sie der EZB einen entsprechenden Vorschlag vor. In diesem Fall kann die EZB die Zulassung entziehen.
Artikel 14
Befugnisse der Behörden des Aufnahmemitgliedstaats und Zusammenarbeit bei der Beaufsichtigung auf konsolidierter Basis
- 1. Für die teilnehmenden Mitgliedstaaten gelten in Bezug auf Kreditinstitute, die die Errichtung einer Zweigstelle oder die Ausübung des freien Dienstleistungsverkehrs durch Ausübung ihrer Tätigkeit im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats anstreben, die in den Rechtsakten der Union festgelegten Verfahren und die damit verbundenen Befugnisse des Herkunfts- und des Aufnahmemitgliedstaats nur für die Zwecke der Aufgaben, die der EZB nicht mit Artikel 4 übertragen worden sind.
- 2. Die in den Rechtsakten der Union festgelegten Verfahren für die Zusammenarbeit zwischen den zuständigen Behörden unterschiedlicher Mitgliedstaaten zur Beaufsichtigung auf konsolidierter Basis finden keine Anwendung, soweit die beteiligten zuständigen Behörden zuständige Behörden der teilnehmenden Mitgliedstaaten sind.
Artikel 15
Sanktionen
- 1. Wenn Kreditinstitute, Finanzholdinggesellschaften oder gemischte Finanzholdinggesellschaften absichtlich oder unabsichtlich eine Anforderung aus direkt anwendbaren Rechtsakten der Union nicht erfüllen und die zuständigen Behörden nach Unionsrecht wegen dieses Verstoßes Verwaltungsgeldstrafen verhängen können, kann die EZB für die Zwecke der Wahrnehmung der ihr durch diese Verordnung übertragenen Aufgaben Verwaltungsgeldstrafen verhängen, die bis zur zweifachen Höhe der aufgrund des Verstoßes erzielten Gewinne oder verhinderten Verluste gehen können, sofern diese sich beziffern lassen, oder die bis zu 10 % des jährlichen Gesamtumsatzes einer juristischen Person im vorangegangenen Geschäftsjahr betragen können.
- 2. Handelt es sich bei der juristischen Person um die Tochtergesellschaft einer Muttergesellschaft, so ist der in Unterabsatz 1 genannte relevante jährliche Gesamtumsatz der jährliche Gesamtumsatz, der im vorangegangenen Geschäftsjahr im konsolidierten Abschluss der Muttergesellschaft an der Spitze ausgewiesen ist.
- 3. Die Sanktionen müssen wirksam, verhältnismäßig und abschreckend sein. Bei der Entscheidung, ob eine Sanktion zu verhängen ist und welche Art von Sanktion geeignet ist, trägt die EZB allen maßgeblichen im Unionsrecht genannten Umständen Rechnung tragen.
- 4. Die EZB wendet diesen Artikel nach Maßgabe der Artikel 3 bis 5 der Verordnung (EG) Nr. 2532/98 des Rates an.
- 5. In Fällen, die nicht unter Absatz 1 fallen, kann die EZB, wenn dies für die Zwecke der Wahrnehmung der ihr durch diese Verordnung übertragenen Aufgaben erforderlich ist, von den zuständigen nationalen Behörden verlangen, Maßnahmen zu ergreifen, um sicherzustellen, dass geeignete Sanktionen verhängt werden. Die von den zuständigen nationalen Behörden verhängten Sanktionen müssen wirksam, verhältnismäßig und abschreckend sein. Unterabsatz 1 gilt insbesondere für Geldstrafen, die gegen Kreditinstitute, Finanzholdinggesellschaften oder gemischte Finanzholdinggesellschaften wegen eines Verstoßes gegen nationale Rechtsvorschriften zu verhängen sind, mit denen einschlägige EU-Richtlinien umgesetzt werden, und für Verwaltungssanktionen oder -maßnahmen, die gegen Mitglieder des Leitungsorgans oder andere Personen zu verhängen sind, die nach nationalem Recht für einen Verstoß eines Kreditinstituts, einer Finanzholdinggesellschaft oder einer gemischten Finanzholdinggesellschaft verantwortlich sind.
- 6. Die EZB veröffentlicht umgehend alle in Absatz 1 genannten Sanktionen und führt dabei auch Informationen zu Art und Wesen des Verstoßes und zur Identität der verantwortlichen Personen an, es sei denn, eine solche Veröffentlichung würde die Stabilität der Finanzmärkte ernsthaft gefährden. Würde eine solche Veröffentlichung den Beteiligten einen unverhältnismäßig großen Schaden zufügen, gibt die EZB die Sanktionen auf anonymer Basis bekannt.
- 7. Unbeschadet der Absätze 1 bis 6 kann die EZB für die Zwecke der Wahrnehmung der ihr durch diese Verordnung übertragenen Aufgaben im Fall von Verstößen gegen ihre Verordnungen oder Beschlüsse im Einklang mit der Verordnung (EG) Nr. 2532/98 des Rates Sanktionen verhängen.
Kapitel IV
Organisatorische Grundsätze
Artikel 16
Unabhängigkeit
- 1. Bei der Wahrnehmung der ihr durch diese Verordnung übertragenen Aufgaben handelt die EZB vorbehaltlich der Bestimmungen dieser Verordnung unabhängig.
- 2. Die Organe, Einrichtungen, Ämter und Agenturen der Union sowie die Regierungen der Mitgliedstaaten achten diese Unabhängigkeit.
Artikel 17
Rechenschaftspflicht
Die EZB ist nach Maßgabe dieses Kapitels dem Europäischen Parlament und dem Rat für die Durchführung dieser Verordnung rechenschaftspflichtig.
Artikel 18
Trennung von der geldpolitischen Funktion
- 1. Bei der Wahrnehmung der ihr durch diese Verordnung übertragenen Aufgaben verfolgt die EZB ausschließlich die Ziele dieser Verordnung.
- 2. Die EZB nimmt die ihr durch diese Verordnung übertragenen Aufgaben getrennt von ihren Aufgaben im Bereich der Geldpolitik und von sonstigen Aufgaben wahr. Die der EZB durch diese Verordnung übertragenen Aufgaben dürfen ihre Aufgaben im Bereich der Geldpolitik und sonstige Aufgaben nicht beeinträchtigen.
- 3. Für die Zwecke der Absätze 1 und 2 erlässt die EZB die erforderlichen internen Vorschriften einschließlich der Geheimhaltungspflichten.
Artikel 19
Aufsichtsgremium
- 1. Die Planung und Ausführung der der EZB übertragenen Aufgaben erfolgt durch ein internes Organ, das sich aus vier vom Direktorium der EZB benannten Vertretern der EZB und jeweils einem Vertreter der für die Beaufsichtigung von Kreditinstituten in den einzelnen teilnehmenden Mitgliedstaaten zuständigen Behörden zusammensetzt (im Folgenden "Aufsichtsgremium").
- 2. Darüber hinaus verfügt das Aufsichtsgremium über eine(n) Vorsitzende(n), die/der von den Mitgliedern des EZB-Rats aus den Reihen der Mitglieder - mit Ausnahme des Präsidenten - des Direktoriums gewählt wird, und eine(n) stellvertretende(n) Vorsitzenden, die/der von den Mitgliedern des EZB-Rats aus ihren Reihen gewählt wird.
- 3. Der Rat der EZB kann klar definierte Aufsichtsaufgaben und damit zusammenhängende Beschlüsse hinsichtlich einzelner oder mehrerer identifizierbarer Kreditinstitute, Finanzholdinggesellschaften oder gemischter Finanzholdinggesellschaften an das Aufsichtsgremium delegieren, wobei der EZB-Rat die Überwachung und Verantwortung übernimmt.
- 4. Das Aufsichtsgremium kann aus den Reihen seiner Mitglieder einen Lenkungsausschuss mit kleinerer Zusammensetzung benennen, der seine Tätigkeiten, einschließlich der Vorbereitung der Sitzungen, unterstützt.
- 5. Die Vertreter der zuständigen Behörde des Mitgliedstaats, der eine enge Zusammenarbeit nach Maßgabe des Artikels 6 eingegangen ist, wirkt unter Achtung der Satzung des ESZB und der EZB an den Tätigkeiten des Aufsichtsgremiums zu den Bedingungen mit, die in dem im Einklang mit Artikel 6 Absätze 2 und 3 erlassenen Beschluss festgelegt worden sind.
- 6. Der/die Vorsitzende der Europäischen Bankenaufsichtsbehörde und ein Mitglied der Europäischen Kommission können als Beobachter an den Sitzungen des Aufsichtsgremiums teilnehmen.
- 7. Der EZB-Rat erlässt die Geschäftsordnung des Aufsichtsgremiums, einschließlich der Vorschriften über die Amtszeit des/der Vorsitzenden und des/der stellvertretenden Vorsitzenden. Die Amtszeit beträgt höchstens fünf Jahre und ist nicht verlängerbar.
Artikel 20
Geheimhaltung und Informationsaustausch
- 1. Die Mitglieder des Aufsichtsgremiums und die Mitarbeiter der EZB, die Aufsichtsaufgaben wahrnehmen, unterliegen auch nach Beendigung ihrer Amtstätigkeit den in Artikel 37 des Protokolls Nr. 4 und in den einschlägigen Rechtsakten der Union festgelegten Geheimhaltungspflichten.
- 2. Zum Zweck der Wahrnehmung der ihr durch diese Verordnung übertragenen Aufgaben ist die EZB befugt, innerhalb der in den einschlägigen Rechtsakten der Union festgelegten Grenzen und gemäß den darin vorgesehenen Bedingungen Informationen mit nationalen oder europäischen Behörden und sonstigen Einrichtungen in den Fällen auszutauschen, in denen das Unionsrecht es den zuständigen nationalen Behörden gestattet, solchen Stellen Informationen zu übermitteln, oder in denen die Mitgliedstaaten nach Unionsrecht eine solche Offenlegung vorsehen können.
Artikel 21
Berichterstattung
- 1. Die EZB legt dem Europäischen Parlament, dem Rat, der Kommission und der Eurogruppe jedes Jahr einen Bericht über die Wahrnehmung der ihr durch diese Verordnung übertragenen Aufgaben vor.
- 2. Die/Der Vorsitzende des Aufsichtsgremiums der EZB legt diesen Bericht dem Europäischen Parlament und der Eurogruppe in Anwesenheit von Vertretern der nicht teilnehmenden Mitgliedstaaten, mit denen eine enge Zusammenarbeit gemäß Artikel 6 besteht, vor.
- 3. Die/Der Vorsitzende des Aufsichtsgremiums kann auf Verlangen des Europäischen Parlaments von den zuständigen Ausschüssen des Europäischen Parlaments zur Wahrnehmung ihrer/seiner Aufsichtsaufgaben angehört werden.
- 4. Die EZB antwortet mündlich oder schriftlich auf Fragen, die ihr vom Europäischen Parlament oder von der Eurogruppe gestellt werden.
Artikel 22
Ressourcen
Die EZB setzt für die Wahrnehmung der ihr durch diese Verordnung übertragenen Aufgaben die erforderlichen Ressourcen ein.
Artikel 23
Haushalt
- 1. Die Ausgaben der EZB für die Wahrnehmung der ihr mit dieser Verordnung übertragenen Aufgaben werden in einen gesonderten Abschnitt des Haushaltsplans der EZB eingetragen.
- 2. Die EZB berichtet in ihrem in Artikel 22 genannten Bericht im Einzelnen über den der Beaufsichtigung gewidmeten Abschnitt ihres Haushaltsplans. Sie veröffentlicht den ausführlichen Jahresabschluss hinsichtlich des der Beaufsichtigung gewidmeten Abschnitts ihres Haushaltsplans im Einklang mit Artikel 26 Absatz 2 der Satzung des ESZB und der EZB.
Artikel 24
Aufsichtsgebühren
- 1. Die EZB erhebt Gebühren bei Kreditinstituten, mit denen die Ausgaben für ihre Aufgaben gedeckt werden sollen, die jedoch diese Ausgaben nicht übersteigen dürfen.
- 2. Der Betrag einer solchen einem Kreditinstitut in Rechnung gestellten Gebühr muss in einem angemessenen Verhältnis zu der Bedeutung und dem Risikoprofil des betreffenden Kreditinstituts stehen.
Artikel 25
Austausch von Personal
- 1. Die EZB sorgt für einen angemessenen Austausch mit und zwischen den zuständigen nationalen Behörden und für die Entsendung von Mitarbeitern an diese Behörden.
- 2. Die EZB verlangt gegebenenfalls, dass Aufsichtsteams der zuständigen nationalen Behörden, die hinsichtlich eines Kreditinstituts, einer Finanzholdinggesellschaft oder einer gemischten Finanzholdinggesellschaft mit Sitz in einem teilnehmenden Mitgliedstaat im Einklang mit dieser Verordnung Aufsichtsmaßnahmen ergreifen, auch Mitarbeiter der zuständigen nationalen Behörden anderer teilnehmender Mitgliedstaaten einbeziehen.
Kapitel V
Allgemeine und abschließende Bestimmungen
Artikel 26
Überprüfung
Bis zum 31. Dezember 2015 veröffentlicht die Kommission einen Bericht über die Anwendung dieser Verordnung. In dem Bericht wird unter anderem Folgendes bewertet:
- (a) die Funktionsweise der EZB innerhalb des Europäischen Finanzaufsichtssystems;
- (b) die Wirksamkeit der Regelungen über die Unabhängigkeit und die Rechenschaftspflicht;
- (c) das Zusammenwirken von EZB und Europäischer Bankenaufsichtsbehörde;
- (d) die Eignung der Governance-Regelungen, einschließlich der Zusammensetzung des Aufsichtsgremiums.
Der Bericht wird dem Europäischen Parlament und dem Rat übermittelt. Die Kommission macht gegebenenfalls begleitende Vorschläge.
Artikel 27
Übergangsbestimmungen
- 1. Ab dem 1. Juli 2013 nimmt die EZB die ihr übertragenen Aufsichtsaufgaben auch in Bezug auf die bedeutendsten europaweit systemrelevanten Kreditinstitute, Finanzholdinggesellschaften und gemischten Finanzholdinggesellschaften auf höchster Konsolidierungsebene wahr; diese werden bestimmt anhand ihrer Größe, die sich ergibt aus der Summe der Forderungswerte aller Aktiva und außerbilanziellen Verbindlichkeiten, die bei der Bestimmung des harten Kernkapitals zu Regulierungszwecken nicht abgezogen werden, und anhand ihrer grenzüberschreitenden Tätigkeit, die sich ergibt aus den länderübergreifenden Forderungen wie Einlagen und sonstigen Aktiva in Bezug auf in einem anderen Land ansässige Kunden oder sonstige Finanzakteure und den länderübergreifenden Verbindlichkeiten wie Krediten und Schuldverschreibungen in Bezug auf in einem anderen Land ansässige Kunden oder sonstige Finanzakteure, die am 1. Januar 2013 zusammen mindestens die Hälfte des Bankensektors im gesamten Euroraum ausmachen. Die EZB beschließt und veröffentlicht die Liste dieser Institute vor dem 1. März 2013.
- 2. Die EZB übernimmt die ihr durch diese Verordnung übertragenen Aufgaben in vollem Umfang spätestens am 1. Januar 2014.
- 3. Vor dem 1. Januar 2014 kann die EZB mit einem an das Kreditinstitut, die Finanzholdinggesellschaft oder die gemischte Finanzholdinggesellschaft und die zuständige nationale Behörde der betreffenden teilnehmenden Mitgliedstaaten gerichteten Beschluss die Wahrnehmung der ihr durch diese Verordnung übertragenen Aufgaben einleiten, insbesondere wenn ein Kreditinstitut, eine Finanzholdinggesellschaft oder eine gemischte Finanzholdinggesellschaft einen öffentlichen finanziellen Beistand erhalten oder beantragt hat.
- 4. Ab Inkrafttreten dieser Verordnung kann die EZB mit Blick auf die Wahrnehmung ihrer Aufgaben gemäß den Absätzen 1 bis 3 die nationalen zuständigen Behörden der teilnehmenden Mitgliedstaaten und die in Artikel 9 genannten Personen auffordern, alle Informationen vorzulegen, die für die EZB relevant sind, um eine umfassende Bewertung der Kreditinstitute des teilnehmenden Mitgliedstaats durchzuführen. Das Kreditinstitut und die zuständige Behörde legen die verlangten Informationen vor.
- 5. Abweichend von Artikel 4 Absatz 3 nimmt die EZB ab Inkrafttreten dieser Verordnung und bis zur Aufhebung der Richtlinien 2006/48/EG und 2006/49/EG und deren Ersetzen durch neue Rechtsakte der Union die ihr durch diese Verordnung übertragenen Aufgaben wahr, indem sie an die zuständigen nationalen Behörden Anweisungen über die Ausübung der ihnen übertragenen einschlägigen Befugnisse richtet.
Abweichend von Artikel 4 Absatz 3 nimmt die EZB ab dem Inkrafttreten dieser Verordnung und bis zum Inkrafttreten von Gesetzgebungsakten über die zusätzliche Beaufsichtigung der Kreditinstitute, Versicherungsunternehmen und Wertpapierfirmen eines Finanzkonglomerats, mit denen es der EZB ermöglicht wird, die Befugnisse der zuständigen Behörden auszuüben, die ihr durch Artikel4 Absatz 2 Buchstabe j übertragenen Aufgaben wahr, indem sie an die zuständigen nationalen Behörden Anweisungen über die Ausübung der ihnen übertragenen einschlägigen Befugnisse richtet.
- 6. Von den teilnehmenden Mitgliedstaaten am in Artikel 28 genannten Tag oder gegebenenfalls an dem in den Absätzen 2 und 3 genannten Tag zugelassene Kreditinstitute gelten als im Einklang mit Artikel 13 zugelassen und können ihre Tätigkeit fortsetzen. Die zuständigen nationalen Behörden teilen der EZB vor dem Geltungsbeginn dieser Verordnung oder gegebenenfalls vor dem in den Absätzen 2 und 3 genannten Tag die Identität dieser Kreditinstitute mit und legen einen Bericht über die bisherige Aufsichtsbilanz und das Risikoprofil der betreffenden Institute sowie alle weiteren von der EZB angeforderten Informationen vor. Die Informationen sind in dem von der EZB verlangten Format vorzulegen.
Artikel 28
Inkrafttreten
Diese Verordnung tritt am 1. Januar 2013 in Kraft.
Diese Verordnung ist in allen ihren Teilen verbindlich und gilt unmittelbar in jedem Mitgliedstaat.
Geschehen zu Brüssel am
Im Namen des Rates
Der Präsident
- 1. KOM (2011) 452 und KOM (2011) 453 vom 20. Juli 2011.
- 2. ABl. C [...] vom [...], S. [...].
- 3. ABl. C [...] vom [...], S. [...].
- 4. ABl. L331 vom 15.12.2010, S. 12.
- 5. ABl. L 331 vom 15.12.2010, S. 37.
- 6. ABl. L 331 vom 15.12.2010, S. 84.
- 7. ABl. C 40 vom 7.2.2001, S. 453.
- 8. ABl. C 25 E vom 29.1.2004, S. 394.
- 9. ABl. L 318 vom 27.11.1998, S. 4.
- 10. ABl. L 281 vom 23.11.1995, S. 31.
- 11. ABl. L 8 vom 12.1.2001, S. 1.
- 12. ABl. L 136 vom 31.5.1999, S. 1.
- 13. ABl. L 177 vom 30.6.2006, S. 1.
- 14. ABl. L 177 vom 30.6.2006, S. 277.
- 15. ABl. L 35 vom 11.2.2003, S. 1-27.