Der Bundesrat wird über die Vorlage gemäß § 2 EUZBLG auch durch die Bundesregierung unterrichtet.
Hinweis: vgl.
Drucksache 680/07 (PDF) = AE-Nr. 070756,
Drucksache 616/09 (PDF) = AE-Nr. 090467,
Drucksache 113/10 (PDF) = AE-Nr. 100144,
Drucksache 246/10 (PDF) = AE-Nr. 100286 und
Drucksache 732/10 (PDF) = AE-Nr. 100871
Brüssel, den 13.9.2011 KOM (2011) 551 endgültig
Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen:
Förderung des Vertrauens in eine EU-weite Rechtspflege - Eine neue Dimension der justiziellen Aus- und Fortbildung auf europäischer Ebene
1. Einleitung
Die Europäische Union gründet auf dem Prinzip der Rechtsstaatlichkeit, wobei das Unionsrecht und die Rechtssysteme der Mitgliedstaaten miteinander verknüpft sind. Beide Systeme werden von den Richtern der Mitgliedstaaten angewandt, die ihr Amt im Rahmen unterschiedlicher Rechtsordnungen und -traditionen ausüben. Die Schaffung einer europäischen Rechtskultur, durch die die Grundsätze der Subsidiarität und der richterlichen Unabhängigkeit uneingeschränkt gewahrt werden, ist für das reibungslose Funktionieren eines europäischen Rechtsraums von zentraler Bedeutung. Die justizielle Aus- und Fortbildung stellt in dieser Hinsicht einen entscheidenden Faktor dar, da sie einen Beitrag zur Förderung des gegenseitigen Vertrauens der Mitgliedstaaten, der Rechtspraktiker und der Bürger leistet.
Die Europäische Kommission verfolgt im Einklang mit dem Stockholmer Programm1 das Ziel, der Hälfte der Rechtspraktiker in der Europäischen Union bis 2020 die Teilnahme an europabezogenen justiziellen Aus- und Fortbildungsmaßnahmen durch den Einsatz aller Ressourcen zu ermöglichen, die auf lokaler, nationaler und europäischer Ebene zur Verfügung stehen.
Um dieses Ziel zu erreichen, sind das Engagement und die uneingeschränkte Zusammenarbeit aller Beteiligten auf allen Ebenen erforderlich. Deshalb ist es unerlässlich, dass die Mitgliedstaaten, die Gerichte, die Ausbildungseinrichtungen und die Rechtspraktiker ihre juristischen Aus- und Fortbildungsaktivitäten verstärken. Da diese Akteure am ehesten Sorge dafür tragen können, dass das Unionsrecht in die justizielle Aus- und Fortbildung der Mitgliedstaaten integriert wird, werden Maßnahmen auf europäischer Ebene die nationalen Aktivitäten ergänzen.
Umsetzung des Unionsrechts auf nationaler Ebene
Das Unionsrecht durchdringt eine Vielzahl und eine große Bandbreite nationaler Maßnahmen. Seine Auswirkungen auf den Alltag der Menschen und der Unternehmen sind groß. Es schafft Rechte und Pflichten, deren Einhaltung von den nationalen Gerichten sichergestellt werden muss. Dementsprechend sind es die Richter der Mitgliedstaaten, die das Unionsrecht an vorderster Stelle zur Anwendung bringen. Mit den sukzessiven Abänderungen der EU-Verträge wurde der Geltungsbereich des Unionsrechts erweitert, seine Wirkung vergrößert und der Zugang zur Justiz verbessert. Durch den Vertrag von Lissabon wurden die Zuständigkeiten der Union gestärkt, insbesondere im Bereich der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts.
Der Ausbau gegenseitigen Vertrauens zur Förderung gegenseitiger Anerkennung
Der Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung, wie er in den Artikeln 67, 81 und 82 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union verankert ist, bildet den Eckpfeiler der justiziellen Zusammenarbeit in Zivil- und Strafsachen. Es ist ein gutes Verständnis der unterschiedlichen nationalen Rechtssysteme erforderlich, um die Anerkennung und rasche Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen sicherzustellen und die Zusammenarbeit der Justizbehörden zu ermöglichen. Dies ist auch eine unabdingbare Voraussetzung für den Aufbau gegenseitigen Vertrauens. Deshalb sollten die nationalen Richter aller Instanzen und aller Gerichtsbezirke in der gesamten Europäischen Union über angemessene Kenntnisse des Unionsrechts und der nationalen Rechtssysteme verfügen.
Die wirksame Umsetzung des Unionsrechts
Die Weiterentwicklung des Unionsrechts muss mit seiner wirksamen Durchführung einhergehen2, wodurch Rechtssicherheit und die einheitliche Auslegung der Rechtsvorschriften garantiert werden. Die Ausbildung von Richtern und anderen Angehörigen der Rechtsberufe auf dem Gebiet des Unionsrechts stellt eine der zentralen Empfehlungen des Berichts von Mario Monti dafür dar3, dass Bürgern und Unternehmen die Möglichkeit eingeräumt wird, ihre Rechte einzuklagen, und dass die Wirksamkeit des Binnenmarkts sichergestellt wird. Im Aktionsplan zur Umsetzung des Stockholmer Programms4 und im Bericht über die Unionsbürgerschaft 20105 wies die Kommission dies als Handlungspriorität aus. Auch das Europäische Parlament betont, dass eine angemessene justizielle Aus- und Fortbildung einen signifikanten Beitrag zu einem besseren Funktionieren des Binnenmarktes leistet und den Bürgern die Ausübung ihrer Rechte erleichtert6.
Der klare Auftrag der Europäischen Union zur Förderung der justiziellen Aus- und Fortbildung
Durch den Vertrag von Lissabon7 wurde der Europäischen Union die Befugnis verliehen, im Hinblick auf die justizielle Zusammenarbeit bei Zivil- und Strafsachen "die Weiterbildung von Richtern und Staatsanwälten sowie Justizbediensteten zu fördern". Die Strategie Europa 20208 verlangt nach effizienten Investitionen in die Aus- und Fortbildung und fordert einen einheitlichen Rechtsrahmen auf europäischer Ebene ein. Die Kommission wird sich dieser neuen Möglichkeiten bedienen, um belastungsfähige und geregelte Rahmenbedingungen für die Aus- und Fortbildung auf dem Gebiet des Besitzstandes der Union zu schaffen.
Das Europäische Parlament befürwortete stets die Entwicklung einer echten europäischen Rechtspflegekultur als unabdingbare Voraussetzung für die Verwirklichung des europäischen Rechtsraums9. Auch der Europäische Rat10 fordert mach wirkungsvollen Maßnahmen aufseiten der Union, um die Entwicklung einer genuinen europäischen Justiz- und Strafverfolgungskultur zu unterstützen.
In der Gesamtschau verlangt dies nach substantiellen Veränderungen der Größenordnung und der Konzepte der auf europäische Inhalte bezogenen Aus- und Fortbildung von Rechtspraktikern in der Union, so dass den Berufsgruppen, die mit der Umsetzung des Raums der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts befasst sind, der Zugang hierzu systematisch ermöglicht wird.
2010 leitete die Kommission eine breit angelegte Konsultation aller interessierten Kreise in die Wege, in die auch das Europäische Parlament, die Mitgliedstaaten, der Gerichtshof der Europäischen Union, das Europäische Netz für die Aus- und Fortbildung von Richtern und Staatsanwälten (EJTN) und seine Mitglieder, die Mitglieder des Rechtsforum11, darunter vor allem die Europäische Rechtsakademie (ERA), der Rat der Anwaltschaften der Europäischen Union (CCBE), der Rat der Notariate der Europäischen Union (CNUE), das Europäische Netz der Räte für das Justizwesen (ENCJ), das Netz der Präsidenten der Obersten Gerichtshöfe der Europäischen Union sowie die Vereinigung der Staatsräte und der Obersten Verwaltungsgerichte der Europäischen Union, einbezogen wurden. Anhand der Beiträge12 der vorstehenden Akteure wurden die wichtigsten Maßnahmen und Handlungsprioritäten festgelegt.
2. eine neue Gangart: Aus- und Fortbildungsmassnahmen für die Hälfte Aller Rechtspraktiker in der Europäischen Union BIS ZUM JAHR 2020
In der Europäischen Union ist eine große Vielzahl von Rechtspraktikern tätig, insbesondere Richter, Justizbedienstete und weitere Angehörige unterschiedlicher Justizberufe13.
Berufsrichter | 79 100 |
Staatsanwälte | 35 032 |
Rechtsanwälte, Rechtsräte, beratende Anwälte und Prozessanwälte | 868 615 |
Justizbedienstete | 351 220 |
Gerichtsvollzieher | 29 060 |
Notare | 38 269 |
Insgesamt | 140129614 |
Die Reichweite der justiziellen Aus- und Fortbildung über den Besitzstand der Union ist in der EU auf nationaler und auf europäischer Ebene nach wie vor gering. So gaben im Mai 2011 51 Prozent der Richter und Staatsanwälte an, noch nie an einer Fortbildungsmaßnahme über das Unionsrecht oder das Recht eines anderen Mitgliedstaats teilgenommen zu haben, während 74 Prozent der Richter und Staatsanwälte erklärten, dass die Anzahl der Fälle, in denen das Unionsrecht zum Tragen kommt, im Lauf der Jahre zunahm. 24 % aller Richter und Staatsanwälte hatten noch nie an einer Fortbildungsmaßnahme über das Unionsrecht teilgenommen, weil kein entsprechendes Angebot verfügbar war15. Die Maßnahmen sind von Mitgliedstaat zu Mitgliedstaat äußerst unterschiedlich und die Anzahl der Richter und Staatsanwälte, die Fortbildungsveranstaltungen besuchen, reicht von 240 bis 13.000 Personen pro Jahr. Von der Kommission wurden 162 Projekte finanziert bzw. kofinanziert, an denen zwischen 2007 und 2010 annähernd 26.000 Personen teilnahmen.
Die justizielle Fortbildung von Richtern und Staatsanwälten hat Priorität, da ihnen die Anwendung und Durchsetzung des Unionsrechts obliegt, ist jedoch auch für andere Rechtspraktiker unerlässlich. So haben Justizbedienstete die Aufgabe, Opfern von Straftaten im Einklang mit dem europäischen Rechtsrahmen unterstützend zur Seite zu stehen. Unionsbürger, die ihr Recht auf Freizügigkeit ausüben, können sich in Situationen wiederfinden, in denen sie die Dienste von Rechtsanwälten oder Notaren benötigen, die über Fachkenntnisse auf dem Gebiet des Unionsrechts verfügen. Alle Rechtspraktiker müssen ihren Teil zu einer optimalen Einbeziehung von Kindern in Gerichtsverfahren beitragen16.
Um der Bedeutung von Fortbildungsmaßnahmen für Strafverfolgungsbeamte Rechnung zu tragen, wird die Kommission Mitte 2012 eine Mitteilung zum Thema "Entwicklung eines europäischen Aus- und Fortbildungsprogramms für Strafverfolgungsbeamte" vorlegen.
Die Kommission verfolgt das Ziel, alle Rechtspraktiker als Zielgruppe anzusprechen, unabhängig davon, ob es sich um Richter, Staatsanwälte, Justizbedienstete, Rechtsanwälte oder andere Vertreter der Rechtsberufe handelt.
3. Aus- und Fortbildungsmaßnahmen, die SICH an den Bedürfnissen der Rechtspraktiker Orientieren
Ein praktischer Ansatz für die justizielle Aus- und Fortbildung auf europäischer Ebene
Europabezogene Aus- und Fortbildungsangebote für Rechtspraktiker sollten praxisorientiert sein, damit die Vertreter der Justizberufe angesprochen werden, die für eine geordnete Rechtspflege wichtig sind. Sie sollten Relevanz für die täglichen Aufgaben dieser Berufsgruppen besitzen, der zeitliche Aufwand sollte sich in Grenzen halten und es sollten wirksame Lernmethoden zum Einsatz kommen. Im Mai 2011 hatten 19 Prozent der Richter und Staatsanwälte aus Zeitmangel noch an keinen Fortbildungsveranstaltungen über das Unionsrecht teilgenommen17.
Europabezogene Aus- und Fortbildungsinhalte sollten ein Bestandteil sowohl der Erstausbildung als auch der Fort- und Weiterbildung der Angehörigen der Rechtsberufe sein. Alle Juristen sollten bereits bei Beginn ihrer Laufbahn über Kenntnisse auf dem Gebiet des Unionsrechts verfügen. Einführungsveranstaltungen, die vor oder bei der Übernahme beruflicher Aufgaben besucht wurden, müssen durch lebenslanges Lernen ergänzt werden, damit die Angehörigen der Rechtsberufe stets über die neuesten Fachkenntnisse verfügen und in Erfahrung bringen können, wie und wo sie neues Fachwissen erwerben und Informationen erhalten können.
Die Mitgliedstaaten sollten bei der Einschätzung des Arbeitsvolumens von Richtern und Staatsanwälten die durch Fortbildungsmaßnahmen verursachten Fehlzeiten als eine Investition in die Qualität der Rechtspflege ansehen.
Festlegung von Schwerpunktbereichen
Der Besitzstand der Union, insbesondere das materielle und das formelle Recht, die Instrumente der justiziellen Zusammenarbeit und die einschlägige Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union, sollten im Mittelpunkt europabezogener Aus- und Fortbildungsmaßnahmen der Vertreter der Rechtsberufe stehen.
Bei der Konsultation gaben die interessierten Kreise einen Fort- und Ausbildungsbedarf in den folgenden Politikbereichen an, die als Fort- und Ausbildungsschwerpunkte angesehen werden könnten: Umweltgesetzgebung, Zivil-, Vertrags-, Familien- und Handelsrecht, Wettbewerbs- und Kartellregeln, Schutz des geistigen Eigentums, Strafrecht (insbesondere die Umsetzung des Europäischen Haftbefehls), Verstöße gegen die finanziellen Interessen der Union, Grundrechte und Datenschutz. Schwerpunkte können auch in den Fällen festgelegt werden, in denen die EU eine geringe Einhaltungsquote bei bestimmten sektorspezifischen Vorschriften festgestellt hat oder in denen die sektorspezifischen Rechtsvorschriften sehr komplex und technisch sind.
Die Europäische Kommission wird die vorstehenden Schwerpunktbereiche bei der Ausgestaltung ihrer Finanzierungsprogramme für Aus- und Fortbildungsmaßnahmen berücksichtigen.
Kurze Austauschaufenthalte
Über die Vertrautheit mit dem Unionsrecht hinaus ist es von wesentlicher Bedeutung, dass die Angehörigen der Rechtsberufe ihr Wissen über die europäischen Rechtssysteme erweitern, damit ein europäischer Rechtsraum geschaffen wird, der auf gegenseitigem Vertrauen und der Verwirklichung der Grundsätze der gegenseitigen Anerkennung beruht.
Grenzüberschreitende Austauschaufenthalte stellen eine der besten Möglichkeit dar, praktisches Wissen über die Instrumente der Union und anderer Rechtssysteme zu erwerben, Erfahrungen miteinander zu teilen und so das gegenseitige Vertrauen und Verständnis zu mehren.
Die Kommission möchte internationale Austauschaufenthalte von Rechtspraktikern fördern, wobei zunächst neu ernannte Richter und Staatsanwälte als Zielgruppe angesprochen werden sollen. Die Austauschprogramme sollten von den nationalen juristischen Ausbildungseinrichtungen während der Erstausbildung durchgeführt werden. So würden Richter und Staatsanwälte von Anfang an dazu befähigt werden, die europäische Dimension ihres Amtes zu würdigen und sich umfassend dafür einzusetzen.
Die Europäische Kommission beabsichtigt, ab dem Jahr 2014 ein zweiwöchiges Austauschprogramm für neu ernannte Richter und Staatsanwälte einzuführen. Dabei verfolgt sie das Ziel, dass letztendlich alle neu ernannten Richter und Staatsanwälte, also ca. 2 500 Personen pro Jahr, Austauschaufenthalte an den juristischen Ausbildungseinrichtungen anderer Mitgliedstaaten absolvieren.
Technische Hilfsmittel zur Unterstützung der Aus- und Fortbildungsmaßnahmen: Das Europäische Justizportal und das Lernen mit elektronischen Hilfsmitteln
Das Europäische Justizportal stellt eine zentrale Wissensquelle dar, seine Zielgruppen sind Bürger, Unternehmen und Rechtspraktiker. Es bietet eine Fülle von Informationen in 22 Sprachen und dient als elektronisches Nachschlagewerk im Rahmen der justiziellen Aus- und Fortbildung. Das Portal wird weiterentwickelt werden, so dass es Informationen über Aus- und Fortbildungseinrichtungen und -veranstaltungen zur Verfügung stellen, den leichten Zugang zu Rechtsdatenbanken und zu hochwertigen Aus- und Fortbildungsmaterialien sicherstellen und auch den Zugang zu den von der Kommission angebotenen Kofinanzierungsmöglichkeiten ermöglichen wird.
Darüber hinaus sind Investitionen in das Lernen mit elektronischen Hilfsmitteln erforderlich, insbesondere wegen des Zeitmangels, mit denen sich Rechtspraktiker konfrontiert sehen.
Die Europäische Kommission wird Sorge dafür tragen, dass das Europäische Justizportal die europabezogene Aus- und Fortbildung der Angehörigen der Rechtsberufe unterstützt.
Sie wird die Weiterentwicklung des Lernens mit elektronischen Hilfsmitteln als flexibles Instrument zur Erreichung einer größeren Anzahl von Endnutzern fördern.
Sie wird praxisbezogene Leitlinien erstellen, die auf die spezifischen Formen des Lernverhaltens der juristischen Kreise und die am besten geeigneten Lehrmethoden abgestellt sind und auch die Bewertung der Qualität und der Auswirkungen des Bildungsangebots und die Anwendung gemeinsamer Qualitätskriterien und -indikatoren zum Thema haben werden.
Entwicklung von Sprachkenntnissen
Die Beherrschung einer Fremdsprache und der entsprechenden Rechtsterminologie ist wichtig und sollte ein integrativer Bestandteil der Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen für die Angehörigen der Rechtsberufe sein, da dies eine unabdingbare Voraussetzung für wirkungsvolle Kontakte zwischen den Mitgliedstaaten darstellt, die wiederum den Eckpfeiler der justiziellen Zusammenarbeit bilden.
Es ist unerlässlich, dass alle Akteure darauf achten, dass Aus- und Fortbildungsmaßnahmen über fremdsprachige Rechtsterminologien durchgeführt werden.
4. Nutzung bestehender Einrichtungen - Netze
Es stellt eine gemeinsame Herausforderung dar, bis 2020 für die Hälfte aller Rechtspraktiker in der Europäischen Union Aus- und Fortbildungsmaßnahmen durchzuführen. Diese ist am besten zu bewältigen, indem man sich die Stärken und Erfahrungen von vorhandenen
Strukturen, Akteuren und Netzen zunutze macht, und zwar unabhängig davon, ob diese der nationalen oder der europäischen Ebene angehören. Deshalb und um die erforderliche Unabhängigkeit der Richter ebenso wie die Selbstverwaltung der Berufsverbände der Anwälte, Notare und Gerichtsvollzieher zu wahren wäre es nicht sinnvoll, eine Monopolstruktur auf europäischer Ebene zu errichten.
Die beste Lösung besteht darin, die Weiterentwicklung der europabezogenen Aus- und Fortbildungsmaßnahmen für die Angehörigen der Rechtsberufe durch die Einbeziehung aller interessierten Kreise zu fördern und dabei sicherzustellen, dass der Aus- und Fortbildungsrahmen den Bedürfnissen aller Beteiligten gerecht wird, Synergien fördert und die Verbesserung der Aus- und Fortbildungsergebnisse unterstützt.
Nutzung der auf nationaler Ebene bereits vorhandenen Stärken
In den Mitgliedstaaten, die den Großteil der Verantwortung für Qualität und Größenordnung der Aus- und Fortbildung der Angehörigen der Rechtsberufe tragen, sind bereits beachtliche Kapazitäten vorhanden. In 17 Mitgliedstaaten gibt es juristische Aus-und Fortbildungseinrichtungen, die Veranstaltungen der Erstausbildung sowie zur Fort- und Weiterbildung anbieten. In anderen Mitgliedstaaten wird die Aus- und Fortbildung vom Justizministerium, von den Räten für das Justizwesen oder den Gerichtsdiensten organisiert. Die Berufsverbände der Anwälte oder Notare legen auf nationaler Ebene Anforderungen für die Fort- und Weiterbildung ihrer Mitglieder fest und führen entsprechende Veranstaltungen durch.
Auf nationaler, regionaler und lokaler Ebene bereits vorhandene Einrichtungen sind von entscheidender Bedeutung, um sicherzustellen, dass die Aus- und Fortbildung der Vertreter der Rechtsberufe auch Veranstaltungen über das Unionsrecht und unionsrechtliche Verfahren enthält und die Häufigkeit der Veranstaltungen, ihre Wirksamkeit und ihre Auswirkungen auf das juristische Tagesgeschäft gesteigert wird.
2001 nahmen die Ecole Nationale de la Magistrature (Frankreich, das Centro de Estudos Judiciários (Portugal) und die Escuela Judicial del Consejo General del Poder Judicial (Spanien) eine enge Zusammenarbeit zur Durchführung von Austauschprogrammen für angehende Richter und Staatsanwälte auf, in deren Rahmen Ausbildungsveranstaltungen über Themen mit einem Bezug zum Unionsrecht und über das Rechtssystem des jeweiligen Mitgliedstaats durchgeführt wurden. Dieses Angebot wurde seit 2001 kontinuierlich weitergeführt und durch die Teilnahme zusätzlicher Ausbildungsstätten erweitert; so beteiligten sich 2010 bereits 13 Mitgliedstaaten an diesem Programm, das zwischenzeitlich in das Europäische Netz für die Aus- und Fortbildung von Richtern und Staatsanwälten aufgenommen wurde.
Seit mehreren Jahren führen die Anwaltskammern von Perpignan und Barcelona einmal im Jahr gemeinsame Tagungen durch, um wiederkehrende Schwierigkeiten zu erörtern, die im Zusammenhang mit der Umsetzung des Rechtsrahmens der Union bei grenzüberschreitenden Fällen entstehen.
Nicht in allen Mitgliedstaaten werden während der Erstausbildung einschlägige Veranstaltungen angeboten. So gaben im Mai 2011 43 Prozent der Richter und Staatsanwälte an, im Rahmen ihres Jurastudiums nicht auf dem Gebiet des Unionsrechts, der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten oder des Rechts eines anderen Mitgliedstaats ausgebildet worden zu sein, und 63 Prozent der Richter und Staatsanwälte erwarben während ihrer Erstausbildung vor der Aufnahme ihrer Amtstätigkeit keine Kenntnisse über das Unionsrecht 18. Dennoch sollten Berufsanfänger im Hinblick auf die Unionsinstrumente der justiziellen Zusammenarbeit über ausreichende Kenntnisse verfügen und es sich zu eigen machen, regelmäßig und sozusagen reflexartig die Rechtsprechung der europäischen Ebene zu konsultieren, die Umsetzung der Rechtsakte der EU in nationales Recht nachzuprüfen und das Vorabentscheidungsverfahren des Gerichtshofes der Europäischen Union zur Anwendung zu bringen.
Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen werden zwar in allen Mitgliedstaaten angeboten, die Teilnahme daran ist jedoch nicht immer zwingend vorgeschrieben. Ferner werden nicht immer Veranstaltungen über den Besitzstand der Union oder die Instrumente der justiziellen Zusammenarbeit offeriert.
Veranstaltungen über den Besitzstand der Union sollten systematisch in die Erstausbildung der Rechtsberufe integriert werden, dabei sollten Kenntnisse darüber vermittelt werden, in welcher Form die Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten und der Union aufeinander einwirken und die alltägliche berufliche Praxis der Justizberufe beeinflussen.
Die Europäische Kommission fordert die Mitgliedstaaten und die Angehörigen der Rechtsberufe dazu auf, sicherzustellen, dass Rechtspraktiker, insbesondere Richter und Staatsanwälte, während ihrer beruflichen Laufbahn in den Genuss von mindestens einer einwöchigen Fort- oder Weiterbildungsmaßnahme über den Besitzstand der Union und die einschlägigen Rechtsinstrumente kommen.
Die Europäische Kommission setzt sich für die Stärkung der Zusammenarbeit zwischen den einzelnen Akteuren ein und regt ausdrücklich an, dass Konsortien oder regionale Gruppen nationaler juristischer Aus- und Fortbildungseinrichtungen gemeinsame Aus- und Fortbildungsmaßnahmen entwickeln.
Nutzung der auf europäischer Ebene bereits vorhandenen Stärken
Die bestehenden Ausbildungseinrichtungen und die europäischen Netzwerke der Angehörigen der Rechtsberufe stellen zuverlässige Instrumente dar, um einen signifikanten Anstieg der auf die europäische Dimension bezogenen justiziellen Aus- und Fortbildungsmaßnahmen zu ermöglichen. Im Hinblick auf die Fort- und Ausbildungsinhalte, die Häufigkeit der Maßnahmen und die Anzahl der Teilnehmer sind allerdings noch Lücken zu schließen.
Die Rolle der Berufsverbände auf europäischer Ebene
Die europäischen Berufsverbände der Juristen, wie der Rat der Anwaltschaften der Europäischen Union, der Rat der Notariate der Europäischen Union, das Europäische Netz der Räte für das Justizwesen, das Netz der Präsidenten der Obersten Gerichtshöfe der Europäischen Union, das European Union Forum of Judges for the Environment (Europäisches Richterforum für die Umwelt), haben wichtige Koordinierungsaufgaben inne.
Sie sind wichtige Partner für die Förderung europabezogener justizieller Aus- und Fortbildungsmaßnahmen, die Bewertung von Fort- und Ausbildungsinhalten und -methoden, die Verbreitung von Informationen über verfügbare Aus- und Fortbildungsressourcen und für die Verbesserung der Akzeptanz des Fort- und Ausbildungsangebots.
Die europäischen Berufsverbände der Rechtspraktiker sollten die Aus- und Fortbildungsmaßnahmen und gemeinsamen Lehrpläne weiterentwickeln und den Austausch über bewährte Praktiken mit ihren Mitgliedern pflegen. Ihr fortgesetztes Engagement für die justizielle Aus- und Fortbildung auf europäischer Ebene ist unentbehrlich.
Maßnahmen der Europäischen Rechtsakademie und anderer Aus- und Fortbildungseinrichtungen der europäischen Ebene
Juristische Aus- und Fortbildungseinrichtungen der europäischen Ebene sind gut in der Lage, um Veranstaltungen für Teilnehmer mit unterschiedlichen Nationalitäten anzubieten.
Die Europäische Rechtsakademie19 bietet Fort- und Weiterbildungsveranstaltungen für die Angehörigen der Rechtsberufe an und unterrichtete im Jahr 2010 1.303 Personen. Sie verfügt über umfangreiche Erfahrungen mit der erfolgreichen Durchführung von Seminaren über das Unionsrecht für ein multikulturelles Publikum. Der Europäischen Rechtsakademie kommt eine wichtige Aufgabe zu, zum Beispiel bei der Entwicklung von Aus- und Fortbildungsmaßnahmen für die Angehörigen der Rechtsberufe in den Beitritts- und in den Bewerberländern.
Die Europäische Rechtsakademie bietet Sommerkurse über die europäische Strafrechtspflege für Richter, Staatsanwälte und Strafverteidiger aus allen Mitgliedstaaten an; dabei bedient sie sich aktiver Lehrmethoden, insbesondere der IT-Werkzeuge, um die Teilnehmer in der Anwendung der Instrumente der justiziellen Zusammenarbeit in Strafsachen, die bei grenzüberschreitenden Fällen zur Anwendung kommen, zu schulen.
Zu den anderen europäischen Aus- und Fortbildungseinrichtungen, die Veranstaltungen für die Vertreter der Rechtsberufe anbieten, zählen zum Beispiel das European Centre for Judges and Lawyers (Europäisches Zentrum für Richter und Anwälte) des Europäischen Instituts für öffentliche Verwaltung (EIPA), das Europäische Hochschulinstitut Florenz (EHI) und das Europakolleg.
Die Europäische Kommission wird unter Berücksichtigung der Beiträge des öffentlichen und des privaten Sektors mit der Europäischen Rechtsakademie und den justiziellen Aus- und Fortbildungseinrichtungen der europäischen Ebene zusammenarbeiten, um sicherzustellen, dass ein hochwertiges Angebot von Aus- und Fortbildungsmaßnahmen für eine größere Anzahl von Rechtspraktikern zur Verfügung steht.
Das Europäische Netz für die Aus- und Fortbildung von Richtern und Staatsanwälten
Im Europäischen Netz für die Aus- und Fortbildung von Richtern und Staatsanwälten 20 sind die juristischen Aus- und Fortbildungseinrichtungen der Mitgliedstaaten und die Europäische Rechtsakademie vertreten. Es koordiniert die Maßnahmen dieser Einrichtungen, ist für den Austausch bewährter Praktiken verantwortlich, entwickelt gemeinsame Lehrpläne für Richter und Staatsanwälte, die auf der Ebene der Mitgliedstaaten umgesetzt werden, und führt Seminare durch, im Rahmen derer aktive Lehrmethoden zur Anwendung kommen. Jedes Jahr nehmen annähernd 2.000 Richter, Staatsanwälte und Fort- und Ausbilder an seinen Veranstaltungen teil. Von 2005 bis 2010 organisierte das EJTN für 2.175 Richter und Staatsanwälte Austauschaufenthalte an ausländischen Gerichten und gab damit erfahrenen Juristen die Möglichkeit, sich über bewährte Praktiken und Verfahrensweisen auszutauschen.
Das EJTN sollte sich für die Stärkung der Zukunftsfähigkeit seines strukturellen Rahmens einsetzen und eine Strategie entwickeln, mithilfe derer mehr Rechtspraktiker in einer größeren Anzahl von Mitgliedstaaten erreicht werden. Das Netzwerk sollte bereits erzielte Erfolge konsolidieren und weiter expandieren, indem es nationale und lokale Fortbildungskräfte fördert, in partnerschaftlicher Zusammenarbeit mit den juristischen Aus-und Fortbildungsstätten Aus- und Fortbildungsmaßnahmen durchführt, Fortbildungsmodule entwickelt, die vor allem auf das Lernen mit elektronischen Hilfsmitteln bezogen sind, und im Hinblick auf die Unterrichtsmethoden ein Höchstmaß an Qualität anstrebt. Ferner kann das EJTN als Reformkraft dienen, indem es sicherstellt, dass Fortbildungsprojekte, die von Konsortien nationaler Einrichtungen zur Kofinanzierung auf europäischer Ebene vorgeschlagen werden, die erforderlichen Kriterien erfüllen und von hochwertiger Qualität sind.
Das EJTN sollte die Zielvorgabe von 1.200 Austauschaufenthalten an ausländischen Gerichten pro Jahr erreichen.
Alle Mitgliedstaaten sollten sich dazu verpflichten, ihren finanziellen Beitrag ebenso wie die Beteiligung ihrer nationalen juristischen Aus- und Fortbildungseinrichtungen am EJTN zu verstärken, um sicherzustellen, dass das Netzwerk über die Kapazitäten verfügt, die erforderlich sind, damit es eine aktive Rolle einnehmen kann.
Die Kommission wird eine noch umfangreichere Förderung in Betracht ziehen, wenn das Netz nachweist, dass es über eine verbesserte Leistungsfähigkeit im Hinblick auf die Durchführung und Koordinierung juristischer Fortbildungsmaßnahmen verfügt.
5. die Europäische Kommission als tatkräftiger Partner
Die Kommission wird den Mitgliedstaaten als tatkräftiger Partner zur Seite stehen, um die ehrgeizigen Ziele hinsichtlich der Aus- und Fortbildung der Angehörigen der Rechtsberufe zu verwirklichen. Sie wird durch konkrete Maßnahmen zur Steigerung von Quantität, Qualität, Effizienz und Reichweite der juristischen Aus- und Fortbildung auf europäischer Ebene, die unter anderem aus Lehrgängen, grenzüberschreitenden Austauschprogrammen und flankierenden Maßnahmen besteht, einen Mehrwert in das Angebot der nationalen Aus- und Fortbildungseinrichtungen einbringen.
5.1. Entwicklung neuer Strategien zur Erweiterung des Aus- und Fortbildungsangebots
Öffentlich -Private Partnerschaften
Wie einschlägige Angebote der Anwaltskammern belegen, sind Aus- und Fortbildung kein hoheitliches Vorrecht des öffentlichen Sektors. Durch öffentlichprivate Partnerschaften können zusätzliche Möglichkeiten geschaffen werden, um den Herausforderungen eines sich rasant verändernden europäischen Rechtsraums zu begegnen. Durch neue gemeinsame Maßnahmen, die sich bewährte Praktiken zunutze machen, könnte ein zusätzliches Aus- und Fortbildungsangebot geschaffen und gleichzeitig sichergestellt werden, dass die Unabhängigkeit der Zielgruppen nicht gefährdet wird. Die Vertiefung von Fremdsprachenkenntnissen und das Lernen mit elektronischen Hilfsmitteln könnten sich dazu anbieten.
Die finnische Anwaltskammer führt zum Beispiel in Zusammenarbeit mit den Universitäten von Turku, Helsinki und Lappland sowie dem Justizministerium juristische Fortbildungskurse für Anwälte, Richter und Staatsanwälte durch.
Einrichtungen wie die Europäische Rechtsakademie könnten im Hinblick auf die Unterstützung der öffentlichprivaten Zusammenarbeit wichtige Aufgaben übernehmen.
Die Zusammenarbeit mit den Hochschulen wird vom Europäischen Parlament seit jeher unterstützt und die Kommission könnte in Zukunft Wissenspartnerschaften zwischen Universitäten, juristischen Ausbildungseinrichtungen und Anwaltskammern fördern, was auch im Rahmen der Strategie Europa 2020 angeregt wird21. Durch das derzeit laufende Pilotprojekt 22, an dem sich Unternehmen und Aus- und Fortbildungseinrichtungen beteiligen, um moderne Lehrpläne zu entwerfen, neuartige Lehrveranstaltungen anzubieten, innovative Lehrmethoden zu entwickeln und den Austausch von Wissen zwischen den Hochschulen und dem Privatsektor zu erleichtern, werden entsprechende Erfahrungswerte gewonnen werden.
Das Europäische Rechtsinstitut23 wird Vertreter der juristischen Lehre und Rechtspraktiker in Forschungsprojekten zusammenbringen, die über praxisbezogene Aspekte verfügen. Deshalb ist es unter Umständen in der Lage, nützliche Anregungen im Hinblick auf die Themen zur Verfügung stellen, derer sich die Aus- und Fortbildungseinrichtungen annehmen sollten, um vorhandene Lücken zu schließen.
Die Europäische Kommission beabsichtigt, die Bildung weiterer öffentlich -privater Partnerschaften zur Entwicklung innovativer Aus- und Fortbildungsangebote zu unterstützen.
Gegenseitige Anerkennung von Aus- und Fortbildungsmaßnahmen
Es sollten Modelle konzipiert werden, die die Anerkennung von Aus- und Fortbildungsmaßnahmen ermöglichen, die in einem anderen Mitgliedstaat als den Heimatmitgliedstaat der betreffenden Person besucht wurden. Als Beispiel hierfür wäre die partnerschaftliche Zusammenarbeit zwischen der französischen, luxemburgischen und belgischen Anwaltsvereinigung zu nennen, deren Mitglieder die Möglichkeit haben, an gemeinsamen Veranstaltungen teilzunehmen, die im Rahmen ihrer jährlichen Fortbildungsverpflichtungen angerechnet werden.
Vorhandene Erfahrungswerte nutzen
Man sollte bei der juristischen Aus- und Fortbildung auf die Erfahrungen und das Fachwissen aufbauen, die in anderen Bereichen der Berufsbildung erworben wurden. So können Arbeitsüberschneidungen vermieden und die Wiederverwendung hochwertiger Aus- und Fortbildungsprodukte gefördert werden.
Die Europäische Kommission könnte Jahrestagungen organisieren, an denen Vertreter aller Rechtsberufe teilnehmen, um neue Perspektiven für Aus- und Fortbildungsmaßnahmen zu entwickeln, und so den Austausch über bewährte Praktiken erleichtern.
5.2. Bereitstellung von Fördermitteln
Von 2007 bis 2010 wurde die Aus- und Fortbildung von Rechtspraktikern über europäische Themen durch Finanzierungs- und Kofinanzierungsprojekte mit einem Fördervolumen von insgesamt 35,5 Millionen Euro unterstützt, wodurch seither die Aus- und Fortbildung von 4.000 bis 9.000 pro Jahr Rechtspraktikern gefördert wurde. Diese Zahlen reichen allerdings angesichts der Größe der Zielgruppe und der Notwendigkeit, mit der Weiterentwicklung des Besitzstands der Union Schritt zu halten, nicht aus.
Die Bereitstellung zusätzlicher Mittel wird sich auf die Größe und die Anzahl der förderfähigen Maßnahmen auswirken und somit dazu beitragen, dass mehr Rechtspraktiker erreicht und die vorhandenen Stärken aller Beteiligten genutzt werden.
Die Kommission wird die justizielle Aus- und Fortbildung auf europäischer Ebene innerhalb des derzeitigen Finanzrahmens fördern, indem sie ihr im Rahmen ihrer aktuellen Arbeitsprogramme Priorität einräumen und die finanzielle Unterstützung mit allen verfügbaren Mitteln steigern wird. Sie wird die Entwicklung von Aus- und Fortbildungsmaßnahmen, die den Besitzstand der Union und nationale Rechtssysteme zum Gegenstand haben und auf bestimmte Mitgliedstaaten ausgerichtet sind, vor allem durch die Vergabe von Finanzhilfen aktiv unterstützen24. Im Rahmen der Vergabekriterien wird der Fokus auf die Entwicklung praxisgerechter, großangelegter und langfristiger Projekte gelegt werden, die sich aktiver Lehrmethoden bedienen, nachhaltige Ergebnisse erzielen und ein großes Zielpublikum erreichen. Ferner werden die Kommissionsdienststellen Aus- und Fortbildungsmodule über den Besitzstand der Union, wie sie beispielsweise mit großem Erfolg über das EU-Umweltrecht entwickelt wurden, zur Verfügung stellen.
Darüber hinaus sind die Kommissionsdienststellen bemüht, Kohärenz und Beständigkeit ihrer Aufforderungen zur Einreichung von Vorschlägen zu verbessern und Projektträgern den Zugang zu europäischen Fördermitteln zu erleichtern. Derzeit nimmt die Kommission eine Einschätzung dessen vor, inwiefern die Beteiligung der Republik Kroatien 25, der Bewerberländer, der potenziellen Bewerberländer und der EU-Anrainerstaaten unterstützt werden kann.
Die Kommission wird ihre Förderung auf Aus- und Fortbildungsmaßnahmen innerhalb der bestehenden Programme konzentrieren, um hochwertige justizielle Aus- und Fortbildungsprojekte zu europäischen Themen zu unterstützen, die in Europa eine stärkere Wirkung entfalten.
Im neuen mehrjährigen Finanzrahmen sollte die justizielle Aus- und Fortbildung auf europäischer Ebene als vorrangige Priorität angesehen werden, um bis 2020 die Aus- und Fortbildung von mehr als 20.000 Rechtspraktikern pro Jahr zu unterstützen.
6. Schlussfolgerung
Die Verbesserung der Aus- und Fortbildung der Angehörigen der Rechtsberufe ist eine unabdingbare Voraussetzung für die Schaffung eines europäischen Rechtsraums zum Wohle der Menschen und der Unternehmen. Die Europäische Kommission verfolgt das Ziel, der europabezogenen justiziellen Aus- und Fortbildung neue Dimensionen zu eröffnen, indem sie auf moderne und bewährte Bildungsangebote setzt und die Möglichkeiten des Vertrags von Lissabon nutzt.
Künftig wird die europabezogene Aus- und Fortbildung auf Maßnahmen der folgenden Akteure beruhen:
- 1. Der Mitgliedstaaten, die vorhandene Stärken nutzen werden, um das auf den Besitzstand der Union bezogene Angebot der juristischen Aus- und Fortbildungseinrichtungen und der Berufsverbände zu fördern;
- 2. der Partner auf europäischer Ebene, die ihre Zusammenarbeit verbessern und die Anzahl der Veranstaltungen und Austauschaufenthalte erhöhen werden, sei es durch die Berufsverbände und Aus- und Fortbildungseinrichtungen der europäischen Ebene oder das EJTN;
- 3. der Europäische Kommission, die ihre finanzielle Unterstützung für hochwertige
Aus- und Fortbildungsprojekte steigern, Konsortien juristischer Ausbildungseinrichtungen fördern, die Verwendung moderner Technologien, insbesondere des Europäischen Justizportals, voranbringen und sich dafür einsetzen wird, dass bis zum Jahr 2020 jeweils 20.000 Rechtspraktiker pro Jahr europabezogene Aus- und Fortbildungsmaßnahmen besuchen.
Es ist großes Engagement erforderlich, um sicherzustellen, dass die justizielle Aus- und Fortbildung das Spitzenniveau erreicht, das für eine echte europäische Rechtskultur erforderlich ist. Deshalb fordert die Europäische Kommission alle Akteure dazu auf, geeignete Maßnahmen zu ergreifen: Es müssen Haushaltsmittel zugewiesen, Zeit investiert, Anreize entwickelt und klare Verpflichtungen eingegangen werden.
Die Europäische Kommission geht davon aus, dass diese ehrgeizigen Maßnahmen insgesamt dazu führen würden, dass mehr als 700.000 Angehörige der Rechtsberufe bis 2020 an mindestens einer europabezogenen justiziellen Aus- und Fortbildungsveranstaltung teilnehmen bzw. einen Austauschaufenthalt absolvieren.
- 1. ABl. C 115 vom 4.5.2010, S. 1.
- 2. "Ein Europa der Ergebnisse - Anwendung des Gemeinschaftsrechts", KOM (2007) 502 endgültig.
- 3. M. Monti: Eine neue Strategie für den Binnenmarkt, 9. Mai 2010.
- 4. KOM (2010) 171.
- 5. KOM (2010) 603.
- 6. Entschließung des Europäischen Parlaments vom 17. Juni 2010 zur juristischen Aus- und Fortbildung (Stockholmer Programm).
- 7. Artikel 81 Absatz 2 Buchstabe h und Artikel 82 Absatz 1 Buchstabe c AEUV.
- 8. KOM (2010) 2020 endgültig.
- 9. Bericht 2010/2080(INI).
- 10. Siehe Fußnote 1 auf Seite 2.
- 11. Rechtsforum.
- 12. Eine Zusammenfassung der Konsultationsergebnisse kann hier abgerufen werden.
- 13. Artikel 81 Absatz 2 Buchstabe h und Artikel 82 Absatz 1 Buchstabe c zielen explizit auf "Richter, Staatsanwälte und Justizbedienstete". Doch auch der Rechtsanwalt ist - als zwar eigenständiger Beruf - ein fester und notwendiger Bestandteil der Rechtsprechungstätigkeit und spielt eine zentrale Rolle bei der Durchführung des Unionsrechts. Der Notar hingegen ist weniger an der Rechtsprechungstätigkeit beteiligt. Da er aber in mehreren Mitgliedstaaten Befugnisse im Justizbereich hat, trägt er auch zur Durchführung des Unionsrechts bei. Ausgehend vom Geist und von den Zielen der Vertragsbestimmungen können diese Bestimmungen auf die Berufe des Rechtsanwalts und des Notars erweitert werden.
- 14. Europäische Rechtssysteme 2010, Europäische Kommission für die Wirksamkeit der Justiz (CEPEJ), Europarat (Daten für Deutschland aus 2006).
- 15. Vorläufige statistische Daten: Studie des Europäischen Parlaments: "Judicial training in the EU Member States", die voraussichtlich im Oktober 2011 veröffentlicht wird.
- 16. KOM (2011) 60.
- 17. Siehe Fußnote 15 auf Seite 4.
- 18. Siehe Fußnote 15 auf Seite 4.
- 19. ERA.
- 20. EJTN.
- 21. Wissensallianzen und -partnerschaften werden durch die Mitteilung der Kommission zur Innovationsunion aus dem Jahr 2010 unterstützt und stellen eine der Leitinitiativen der Strategie Europa 2020 dar.
- 22. Pilotprojekt zur Entwicklung von Wissenspartnerschaften.
- 23. Das Europäische Rechtsinstitut.
- 24. Bewerbungen von Notaren werden berücksichtigt, wenn sie den Besitzstand der Union in den Bereichen betreffen, in denen Notare in der Rechtspflege tätig sind.
- 25. Europäischer Rat vom 24. Juni 2011.