Beschluss des Bundesrates
Entschließung des Bundesrates zur Bekämpfung internationaler Steuergestaltungen

Der Bundesrat hat in seiner 922. Sitzung am 23. Mai 2014 die aus der Anlage ersichtliche Entschließung gefasst.

Anlage
Entschließung des Bundesrates zur Bekämpfung internationaler Steuergestaltungen

In der Erwägung, dass in der EU schätzungsweise eine Billion Euro pro Jahr durch Steuerflucht und Steuerumgehung verloren gehen (Entschließungsantrag des Europäischen Parlaments vom 04.12.2013; B7-0552/2013), fasst der Bundesrat folgende Entschließung:

Begründung:

Die fortschreitende Globalisierung führt zu einer immer stärkeren Vernetzung nationaler Wirtschaftssysteme. Nationale Steuervorschriften müssen daher um neue Standards ergänzt werden, mit denen die Besteuerung von Unternehmenseinkünften auf europäischer, besser noch, auf weltweiter Ebene abgestimmt wird.

Die derzeitigen Steuergestaltungsmöglichkeiten international tätiger Unternehmen schaden allen, weil sie zu einer Unterfinanzierung der öffentlichen Haushalte führten mit der Folge, dass öffentliche Aufgaben schlechter wahrgenommen werden können. Es ist lohnabhängigen Arbeitnehmern nicht mehr zu vermitteln, warum Einnahmen aus Lizenzen in der EU zum Teil mit zwei Prozent besteuert werden sollen, aber nur begrenzte Spielräume zur notwendigen Finanzierung von Infrastruktur, Bildung und Wissenschaft sowie zur Entlastung kleiner und mittlerer

Einkommen vorhanden sind. Aber auch kleinen und mittelständischen Unternehmen schadet BEPS, weil sie Wettbewerbsnachteile erleiden, wenn internationale Konzerne ihre Gewinne in Niedrigsteuersysteme verschieben.

Weiße Einkünfte und die Möglichkeit zum doppelten Betriebsausgabenabzug werden möglich durch Vorschriften, nach denen Steuerpflichtige die steuerliche Behandlung bestimmter nationaler und ausländischer Rechtsträger wählen können oder Staaten ihr in einem Doppelbesteuerungsabkommen zugewiesenes Besteuerungsrecht nicht ausfüllen. Daher können innerhalb eines Konzerns beispielsweise Darlehenszinsen wegen unterschiedlicher Besteuerungssysteme der beteiligten Staaten im Ergebnis in beiden Staaten zum Abzug gebracht werden. Des Weiteren gibt es Fälle, in denen Darlehenszinsen in einem Staat abgezogen werden, die korrespondierenden Einnahmen aber als Dividenden im Empfängerland nicht besteuert werden.

Mit der Ausdehnung des Korrespondenzprinzips und der Einführung von Rückfallklauseln im deutschen Steuerrecht wurden zwar erste Gegenmaßnahmen ergriffen. Diese Maßnahmen reichen jedoch nicht aus, da die internationale Steuergestaltung bereits darauf reagiert hat. Auch bei reinen Kapitalgesellschaftsstrukturen werden nun vermehrt Personengesellschaften zwischengeschaltet. Unter Ausnutzung der deutschen Besonderheit des Sonderbetriebsvermögens wird ein doppelter Betriebsausgabenabzug herbeigeführt. Der Refinanzierungsaufwand für Sonderbetriebsvermögen entsteht beim ausländischen unternehmerisch tätigen Gesellschafter im dortigen Ausland und wird dort auch abgezogen. Derselbe Aufwand wird wegen der innerstaatlichen Regelung nochmals in Deutschland berücksichtigt. Bereits einzelne Besteuerungsfälle in Baden-Württemberg führen hier zu erheblichen Steuerausfällen. Derartige deutsche Besonderheiten werden weder auf EU-Ebene noch im Rahmen des BEPS Aktionsplans der OECD aufgegriffen, sondern müssen zeitnah national geregelt werden.

Letztlich wäre auch eine europaweite Anzeige- und Registrierungspflicht von internationalen Steuergestaltungsmodellen, sowohl durch Promotoren als auch Unternehmen, ein weiterer hilfreicher Schritt, der dem gleichmäßigen Steuervollzug dienen würde. Eine solche Regelung existiert bereits in Großbritannien. Die Finanzverwaltung könnte damit die legalen, jedoch unerwünschten Gestaltungen früher als bisher erkennen und entsprechende Maßnahmen auf Verwaltungsebene ergreifen oder Maßnahmen gesetzgeberischer Art anregen. Dies dient ebenso der Wahrung der Gleichmäßigkeit der Besteuerung und der Vermeidung strukturelle Erhebungsdefizite aufgrund nicht abgestimmter Steuerrechtsordnungen. Eine europaweite Einführung wäre hier wünschenswert. Da die Einführung einer solchen Regelung nicht zeitnah realisierbar sein wird, muss hier zunächst eine nationale Regelung geschaffen werden. Damit würde Deutschland neben Großbritannien eine Vorreiterrolle in der EU einnehmen.