Der Bundesrat hat in seiner 910. Sitzung am 7. Juni 2013 gemäß §§ 3 und 5 EUZBLG die folgende Stellungnahme beschlossen:
Zur Vorlage allgemein
- 1. Der Bundesrat begrüßt den vorgelegten Vorschlag für eine Verordnung mit bestimmten Übergangsvorschriften, um trotz der Verzögerung bei der Rechtsetzung der Förderrahmen für die kommende Förderperiode die Kontinuität in elementaren Bereichen der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) zu gewährleisten. Die vorgesehenen Übergangsregelungen für die Agrarumwelt-, Waldumweltund Klimamaßnahmen, die NATURA 2000-Gebiete und die Ausgleichszulage für benachteiligte Gebiete sind für die ökologische Nachhaltigkeit der Gemeinsamen Agrarpolitik unverzichtbar.
- 2. Er bekräftigt die Notwendigkeit von Übergangsregelungen für die kontinuierliche und planungssichere Fortführung der EU-Agrarpolitik für die 1. und
- 2. Säule der GAP. Der Bundesrat verweist darauf, dass die Umsetzung der Reform der GAP einen sehr hohen verwaltungstechnischen Aufwand auslösen wird und einen entsprechenden zeitlichen Vorlauf auch für die Umsetzung nationaler Optionen erfordert. Vor diesem Hintergrund kann die nationale Umsetzung nicht in der kurzen Zeit bis Ende 2013 geleistet werden.
Zum Verhältnis von Übergangsverordnung zur GAP-Reform
- 3. Der Bundesrat stellt jedoch fest, dass die Übergangsbestimmungen für das Direktzahlungsregime und die Maßnahmen der 2. Säule der GAP Elemente der Reform (wie Anpassung der Mittelzuteilung auf die Mitgliedstaaten) vorziehen. Die Umsetzung der vollständigen Reform kann nach Auffassung des Bundesrates jedoch nur zu einem einheitlichen Zeitpunkt erfolgen, u.a. weil flächenbezogene Förderprogramme auf dem gleichen System aufgebaut sind. Dabei ist auf eine möglichst einfache Fortführung des derzeit geltenden Regimes für beide Säulen der GAP im Geltungsbereich des neuen Mehrjährigen Finanzrahmens (MFR) zu achten. Auch die Ausgestaltung der Finanzierung des Übergangsjahres sollte dabei für die Maßnahmen in den ländlichen Entwicklungsplänen der Länder möglichst flexible Mittelverwendungen zulassen.
- 4. Er vertritt die Auffassung, dass zur anlastungsfreien Umsetzung für EU-finanzierte Förder- und Ausgleichsmaßnahmen die rechtzeitige und vollständige Vorlage der EU-Vorschriften erforderlich ist. Der Entwurf der Horizontalen Verordnung ist derzeit im Trilog; mit ihrer Verabschiedung ist nicht vor Herbst 2013 zu rechnen. Der Bundesrat sieht es als risikoreich für die Zahlstellen an, wenn wesentliche Teile der Horizontalen Verordnung ab 16. Oktober 2013 bzw. 1. Januar 2014 umgesetzt werden sollen und die entsprechende Durchführungsverordnung jetzt noch nicht vorliegt und eine Verabschiedung vor dem 16. Oktober 2013 bzw. 1. Januar 2014 sehr unwahrscheinlich ist. Der Bundesrat bittet die Bundesregierung, sich hinsichtlich des Inkrafttretens der Horizontalen Verordnung für eine zeitliche Verschiebung auf den 1. Januar 2015 einzusetzen, mit folgenden Ausnahmen:
- a) die Artikel 7, 8 und 9 gelten ab dem 16. Oktober 2014,
- b) die Artikel 18, 42, 43 und 45 gelten ab dem 16. Oktober 2014 hinsichtlich der ab dem 16. Oktober 2014 getätigten Ausgaben.
Zu den Agrarumweltmaßnahmen
- 5. Der Bundesrat begrüßt die Möglichkeit, nach der auch in 2014 Rechtsverpflichtungen für bestimmte Maßnahmen des Artikels 36 der Verordnung (EG) Nr. 1698/2005 auf der Grundlage der bestehenden ELER-Programme, jedoch bereits mit den Finanzmitteln des MFR 2014 bis 2020, eingegangen werden können. Er weist darauf hin, dass nach bisheriger Rechtslage eine Anpassung der Agrarumweltmaßnahmen (AUM) nur auf Grund einer sogenannten Baseline-Änderung möglich ist; er bittet die Bundesregierung darauf hinzuwirken, dass für AUM Verträge, die nach dem 31. Dezember 2013 auslaufen, ein sanktionsloser Umstieg in eine modifizierte AUM auch dann möglich ist, wenn die Anpassung auf Grund von Evaluierungsergebnissen bzw. der Halbzeitbewertung geboten ist.
- 6. Die Bundesregierung wird gebeten, bezüglich der Übergangsregelung für die 2. Säule der GAP dafür Sorge zu tragen, dass bei den AUM nicht nur - wie im vorliegenden Vorschlag vorgesehen - neue rechtliche Verpflichtungen, sondern auch einjährige Verlängerungen auslaufender Verpflichtungen vorgenommen werden können.
Zur Einbeziehung investiver Maßnahmen
- 7. Der Bundesrat sieht es allerdings für notwendig an, auch bei den investiven Maßnahmen durch eine Übergangsregelung die Förderkontinuität sicherzustellen. Er bittet die Bundesregierung, sich für eine Regelung einzusetzen, die die Anwendung der Förderprogramme für die einzelbetriebliche Investitionsförderung, die Marktstrukturverbesserung und die Flurneuordnung der laufenden Entwicklungsprogramme auch im Jahr 2014 ermöglicht. Die Übergangsregelung soll bis zur Einreichung des neuen Programms für die Förderperiode 2014 bis 2020 gelten. Die Förderkontinuität ist unabdingbar für die Stabilisierung der landwirtschaftlichen Betriebe und Verbesserung des Tierwohles. Der Anpassungsdruck des Marktes erfordert kontinuierliches unternehmerisches Handeln und in Einzelfällen Investitionen zur Sicherung der Zukunftsfähigkeit. Eine Unterbrechung der Fördermöglichkeit birgt das Risiko der Schwächung der wirtschaftlichen Position für landwirtschaftliche Produkte.
Keine Benachteiligung kleinerer Betriebe
- 8. Der Bundesrat weist darauf hin, dass nach dem aktuellen Verordnungsvorschlag mit Bezug auf die Direktzahlungen für das Antragsjahr 2014 eine überproportionale Prämienkürzung kleinerer Betriebe droht, da zusätzlich zur linearen Kürzung auf Grund der externen Konvergenz auch der Wegfall des Modulationsfreibetrags von 5 000 Euro wirksam wird. Er lehnt diese Schlechterstellung kleinerer Betriebe im Antragsjahr 2014 entschieden ab, und bittet die Bundesregierung, sich im Rahmen der Verhandlungen für eine Regelung einzusetzen, die überproportionale Prämienkürzungen bei kleineren Betrieben vermeidet und einfach umzusetzen ist.
Zur Flexibilisierung zwischen den Säulen
- 9. In Artikel 14 der Verordnung (EU) Nr. [...] des Europäischen Parlaments und des Rates vom ... mit Vorschriften über Direktzahlungen an Inhaber landwirtschaftlicher Betriebe im Rahmen von Stützungsregelungen der Gemeinsamen Agrarpolitik [DP] ist vorgesehen, dass die Mitgliedstaaten bis zu 15 Prozent ihrer für die Kalenderjahre 2014 bis 2019 festgesetzten jährlichen nationalen Obergrenzen gemäß Anhang II in die Förderung von Maßnahmen im Rahmen der ELER-Programmplanung umschichten können.
- 10. Der Bundesrat begrüßt, dass auch die Flexibilisierung zwischen den beiden Säulen der GAP Gegenstand der Übergangsverordnung sein soll. Die von der Kommission vorgeschlagene Frist von lediglich sieben Tagen nach Inkrafttreten der Übergangsverordnung, bis zu der die Mitgliedstaaten verbindlich für die gesamte Laufzeit des MFR 2014 bis 2020 den unveränderbaren Prozentsatz der Umschichtung zwischen den Säulen mitteilen müssen, ist allerdings in föderal strukturierten Mitgliedstaaten so nicht umsetzbar.
- 11. Er bittet die Bundesregierung daher, sich mit Nachdruck dafür einzusetzen, dass den Mitgliedstaaten im Rahmen der Flexibilisierung zwischen den Säulen der GAP deutlich mehr Entscheidungsspielraum eingeräumt wird. Die Übergangsverordnung ist deshalb so anzupassen, dass die Entscheidung über die Umschichtung der Mittel auch zu späteren Zeitpunkten als bisher vorgesehen möglich ist, d.h. auch im Jahr 2014, und gegebenenfalls auch zur Zwischenbewertung 2017/2018 nochmals überprüft werden kann.
Zur Mittelausstattung
- 12. Der Bundesrat geht davon aus, dass für Deutschland spürbare Mittelrückgänge in beiden Säulen der GAP zu erwarten sind. Er gibt daher zu bedenken, dass die Länder die wegfallenden ELER-Mittel nicht kompensieren können.
Er fordert daher die Bundesregierung auf, einen entsprechenden, zumindest teilweisen, finanziellen Ausgleich im Rahmen der Gemeinschaftsaufgabe Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes (GAK) aus Bundesmitteln bereitzustellen.
Zur Kappung der Direktzahlungen
- 13. Der Bundesrat nimmt zur Kenntnis, dass die Kappung der Direktzahlungen gemäß Entscheidung der Staats- und Regierungschefs im Rahmen der GAP-Reform als freiwillige Regelung vorgesehen werden soll. Vor diesem Hintergrund und mit Blick auf den Wegfall der Modulation fordert er die Bundesregierung auf, bei den weiteren Verhandlungen auf EU-Ebene für die Möglichkeit eines bundeseinheitlichen Zuschlags für die ersten Hektare einzutreten sowie für den Verzicht auf Kappung und Degression.
Zur nationalen Umsetzung
- 14. Dessen ungeachtet muss der Grundsatz gelten, dass die Entscheidungen im Rahmen der Übergangsverordnung für das Jahr 2014 keine endgültigen Vorfestlegungen für die Umsetzung der nationalen Reform darstellen.
Zur Verlängerung der beihilferechtlichen Genehmigungen
- 15. Der Bundesrat bittet schließlich die Bundesregierung, bei der Kommission darauf hinzuwirken, dass die beihilferechtlichen Genehmigungen für Förderprogramme des ELER wie auch außerhalb des ELER um ein Jahr verlängert werden.
Zum Fortgang der Beratungen auf EU-Ebene
- 16. Der Bundesrat erwartet, dass sowohl die Verhandlungen über die vorgeschlagene Übergangsverordnung als auch die Verhandlungen über die Rechtsakte zur Neugestaltung der GAP nach 2013 zügig abgeschlossen werden, um entsprechende Planungssicherheit bei der Umsetzung der beiden Säulen der GAP zu gewährleisten.