Unterrichtung durch die Europäische Kommission
Vorschlag für eine Richtlinie des Rates zur Änderung der Richtlinie 2006/112/EG über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem hinsichtlich der Behandlung von Gutscheinen COM (2012) 206 final

Der Bundesrat wird über die Vorlage gemäß § 2 EUZBLG auch durch die Bundesregierung unterrichtet.

Das Europäische Parlament und der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss werden an den Beratungen beteiligt.

Hinweis: vgl. AE-Nr. 041394

Europäische Kommission

Brüssel, den 10.5.2012
COM (2012) 206 final
2012/0102 (CNS)
{SWD(2012) 126 final}
{SWD(2012) 127 final}

Begründung

1. Hintergrund des Vorschlags

Gründe und Ziele des Vorschlags

Weder die Sechste MwSt-Richtlinie1 noch die MwSt-Systemrichtlinie2 sehen Vorschriften für die Behandlung von Umsätzen mit Gutscheinen vor. Wird bei einem steuerbaren Umsatz ein Gutschein verwendet, kann sich dies auf die Steuerbemessungsgrundlage, den Zeitpunkt des Umsatzes und unter Umständen sogar auf den Ort der Besteuerung auswirken. Unsicherheit hinsichtlich der korrekten steuerlichen Behandlung kann jedoch bei grenzübergreifenden Umsätzen und bei Reihengeschäften im gewerblichen Vertrieb von Gutscheinen Probleme aufwerfen.

Da es keine gemeinsamen Vorschriften gibt, mussten die Mitgliedstaaten ihre eigenen Lösungen entwickeln, die zwangsläufig nicht aufeinander abgestimmt sind. Die sich daraus ergebenden Besteuerungsdiskrepanzen verursachen Probleme wie Doppelbesteuerung oder Nichtbesteuerung, tragen aber auch dazu bei, dass Steuern umgangen werden und behindern die Innovation in Unternehmen. Des Weiteren erschweren die zunehmenden Funktionen von Gutscheinen die Abgrenzung zwischen Gutscheinen und allgemeineren Zahlungsinstrumenten.

Seit der Annahme gemeinsamer MwSt-Vorschriften im Jahr 1977 hat sich die Welt weiterentwickelt, und die zunehmende Verwendung von Gutscheinen ist nur eine der zahlreichen Veränderungen, die zum Wandel von Geschäftspraktiken geführt und komplexe Sachverhalte verursacht hat, die seinerzeit nicht bedacht wurden.

Der Gerichtshof der Europäischen Union ("EuGH") wurde mehrfach um die Klärung der Frage ersucht, wie die MwSt-Richtlinien unter diesen Umständen anzuwenden sind. In Bezug auf Gutscheine haben sich dabei einige Anhaltspunkte ergeben; andere Probleme wiederum blieben ungelöst. Im vorliegenden Vorschlag wird auf diese Fragen eingegangen, so dass die Bestimmungen über die mehrwertsteuerliche Behandlung von Gutscheinen im EU-Recht präzisiert und harmonisiert werden.

Allgemeiner Kontext

Durch den vorliegenden Legislativvorschlag soll für Klarheit gesorgt werden. Dies sollte sich auf die steuerlichen Folgen von Ausstellung, Vertrieb und Einlösung der verschiedenen Arten von Gutscheinen in einem Mitgliedstaat oder bei mehr als einen Mitgliedstaat betreffenden Vorgängen erstrecken.

Was ist ein Gutschein?

Für die Zwecke der MwSt-Vorschriften ist ein Gutschein ein Instrument, das dem Inhaber ein Recht auf Gegenstände oder Dienstleistungen bzw. auf Rabatt oder Rückvergütung im Zusammenhang mit einer Lieferung von Gegenständen oder mit Dienstleistungen verleiht. Der Aussteller verpflichtet sich, Gegenstände zu liefern oder Dienstleistungen zu erbringen, einen Rabatt einzuräumen oder eine Rückvergütung zu gewähren.

Ein Gutschein kann elektronischer Art oder gegenständlich sein und dient im Allgemeinen einem gewerblichen Zweck oder der Verkaufsförderung, etwa um den Absatz bestimmter Gegenstände oder Dienstleistungen zu beleben oder die Bezahlung bestimmter Gegenstände oder Dienstleistungen zu beschleunigen. Somit zielt ein Gutschein darauf ab, den Markt für Gegenstände oder Dienstleistungen zu entwickeln, Kunden zu binden oder Zahlungsvorgänge zu vereinfachen. Anhand dieser Ziele lassen sich Gutscheine von Zahlungsmitteln wie etwa Reiseschecks unterscheiden, deren einziger Zweck die Vornahme von Zahlungen ist.

Jedes Instrument, das ausschließlich der Vornahme von Zahlungen dient, liegt außerhalb der Definition eines Gutscheins für mehrwertsteuerliche Zwecke. Für reine Zahlungsdienste gelten andere MwSt-Vorschriften.

Es gibt unterschiedliche Arten von Gutscheinen. Einige werden entgeltlich ausgestellt und können derzeit je nach Mitgliedstaat entweder beim Verkauf oder bei der Einlösung besteuert werden. Gutscheine können auch unentgeltlich ausgestellt werden und dem Inhaber einen Anspruch auf die kostenfreie Lieferung von Gegenständen oder kostenfreie Dienstleistungen verleihen. Eine solche Leistung kann als Werbegeschenk angesehen werden. Ein kostenloser Rabattgutschein, der dem Inhaber den Anspruch auf einen Rabatt bei einem späteren Umsatz verleiht, kann als bloße Verpflichtung angesehen werden, einen Preisnachlass zu gewähren.

Ein Rabattanspruch auf alle in einem bestimmten Zeitraum erfolgenden Erwerbe wird hingegen, selbst wenn er gegen Entgelt gewährt wird, nicht als Gutschein angesehen, weil der Anspruch nicht an die Kaufvorgänge gekoppelt ist. Die Uneingeschränktheit eines solchen Anspruchs (auch wenn er befristet ist) unterscheidet sich ganz erheblich von einem Rabattgutschein, bei dem der Anspruch nur einmal geltend gemacht werden kann und mit einer bestimmten Leistung verknüpft ist. Das bedeutet allerdings nicht, dass eine solche Leistung nicht besteuert wird.

Bei welchen Fragen zur gegenwärtigen mehrwertsteuerlichen Behandlung von Gutscheinen besteht Klärungsbedarf?

Eine grundlegende Frage lautet, zu welchem Zeitpunkt Umsätze in Verbindung mit einem Gutschein zu besteuern sind. Ohne gemeinsame Regeln gehen die Mitgliedstaaten unkoordiniert vor. Einige besteuern die häufigsten Arten von Gutscheinen bei der Ausstellung, andere bei der Einlösung. Das verunsichert Unternehmen, insbesondere, wenn sie die Möglichkeiten des Binnenmarktes nutzen wollen. Werden in einem Mitgliedstaat ausgestellte Gutscheine in einem anderen Mitgliedstaat verwendet, können Diskrepanzen in den Steuervorschriften u.a. zu Doppelbesteuerung und Nichtbesteuerung führen.

Hinsichtlich der Abgrenzung zwischen Gutscheinen (deren mehrwertsteuerliche Behandlung Gegenstand des vorliegenden Vorschlags ist) und der Entwicklung innovativer Zahlungssysteme (deren mehrwertsteuerliche Behandlung in der MwSt-Richtlinie an anderer Stelle geregelt ist) besteht Klärungsbedarf.

Gutscheine erreichen den Verbraucher häufig über eine ganze Reihe von Vertriebshändlern (insbesondere Prepaid-Telekommunikations-Gutscheine). Auch hier hat das Fehlen gemeinsamer Vorschriften zu uneinheitlichem Vorgehen geführt, das zuweilen lokale Konzessionen beinhaltet, was die Entwicklung grenzübergreifender Geschäftsmodelle in der EU behindert.

Rabattgutscheine können mit einer Erstattung von Seiten des Herstellers oder Händlers (der Rabattgutscheine ausstellt) an den Einzelhändler verbunden sein, um einen Preisnachlass auszugleichen, der dem Kunden aufgrund eines solchen Gutscheins gewährt wird. Die bestehenden, vom EuGH ausgelegten Vorschriften sind umständlich und in der Praxis nur schwer anzuwenden. Daher wird dringend ein besseres Konzept benötigt.

2. Welche Lösungen werden vorgeschlagen?

Zur Lösung dieser Probleme sollte die MwSt-Systemrichtlinie geändert werden. Dabei sind fünf Punkte zu klären:

1. Die Definition von Gutscheinen für mehrwertsteuerliche Zwecke

In einem ersten Schritt ist die Definition eines Gutscheins für mehrwertsteuerliche Zwecke zu klären. Hierzu wird ein neuer Artikel 30a benötigt. Aus der MwSt-Richtlinie muss eindeutig hervorgehen, welche Gutscheine bei ihrer Ausstellung zu besteuern sind und welche erst bei ihrer Einlösung. Erstere werden als "Einzweck-Gutscheine" bezeichnet und Letztere als "Mehrzweck-Gutscheine". Ausschlaggebend für diese Unterscheidung ist, ob die zur Besteuerung erforderlichen Informationen bei der Ausstellung bereits vorliegen, oder ob die Besteuerung erst bei der Einlösung erfolgen kann, weil es hinsichtlich der Endbestimmung verschiedene Möglichkeiten gibt. Des Weiteren muss dafür gesorgt werden, dass sich an der Behandlung von Instrumenten, die gegenwärtig für Zahlungen in verschiedenen, nicht miteinander zusammenhängenden Verkaufsstellen verwendet und im Allgemeinen nicht als Gutscheine behandelt werden, nichts ändert.

Die Abgrenzung zwischen Gutscheinen und herkömmlichen Zahlungssystemen ist infolge von Innovationen bei der Erbringung von Zahlungsdiensten unscharf geworden. Artikel 30a sorgt auch hinsichtlich der Grenzen von Gutscheinen für mehrwertsteuerliche Zwecke für die erforderliche Klarheit.

2. Zeitpunkt der Besteuerung

Sobald die verschiedenen Arten von Gutscheinen definiert sind, muss durch weitere Änderungen die richtige mehrwertsteuerliche Behandlung gewährleistet werden.

Die derzeitigen Bestimmungen für den Zeitpunkt des Entstehens des Steueranspruchs (in Artikel 65) sollten angepasst werden, so dass Einzweck-Gutscheine zum Zeitpunkt ihrer Ausstellung und Bezahlung besteuert werden.

Damit keine Verwirrung gestiftet wird, dürfen die Verleihung des durch einen Gutschein verkörperten Rechts und die zugrunde liegenden Lieferungen von Gegenständen oder Dienstleistungen nicht als getrennte Umsätze angesehen werden. Einzweck-Gutscheine werden umgehend besteuert, so dass dieses potenzielle Problem nicht auftreten wird. Bei Gutscheinen, die nicht bei der Ausstellung besteuert werden, weil Ort und Höhe der Besteuerung noch nicht bestimmt werden können, sollte die Steuer erst dann erhoben werden, wenn die zugrunde liegenden Lieferungen von Gegenständen oder Dienstleistungen erfolgen. Um dies zu gewährleisten und ein anderes Vorgehen zu verhindern, wird ein neuer Artikel 30b vorgeschlagen. Damit wird klargestellt, dass die Ausstellung eines Gutscheins und die nachfolgende Lieferung von Gegenständen oder Dienstleistung für Mehrwertsteuerzwecke einen einzigen Umsatz bilden.

3. Bestimmungen für den Vertrieb

Wenn die MwSt-Richtlinie vorsieht, dass Mehrzweck-Gutscheine bei der Einlösung besteuert werden, sind einige Fragen im Zusammenhang mit dem Vertrieb dieser Gutscheine zu klären. Bevor die Gutscheine dem Verbraucher ausgehändigt werden, befanden sie sich häufig im Besitz einer ganzen Reihe von Händlern. Auch wenn der zugrunde liegende Umsatz erst dann zu besteuern ist, wenn letztendlich der Gegenstand geliefert oder die Dienstleistung erbracht wird, handelt es sich beim gewerblichen Vertrieb eines Mehrzweck-Gutscheins um eine steuerpflichtige Dienstleistung, die nicht mit der zugrunde liegenden Lieferung von Gegenständen oder der zugrunde liegenden Dienstleistung zusammenhängt. Wechselt dieser Mehrzweck-Gutschein in einer Vertriebskette den Besitzer, kann die Steuerbemessungsgrundlage für die betreffende Dienstleistung mittels der Wertentwicklung des Gutscheins bestimmt werden. Erwirbt ein Händler einen Gutschein für den Betrag X und verkauft ihn dann für einen höheren Betrag - X plus Y weiter, verschafft der Aufschlag Y der erbrachten Vertriebsdienstleistung einen Wert.

Da sich die Vertriebsketten für Mehrzweck-Gutscheine über mehrere Mitgliedstaten erstrecken können, werden für die Feststellung und Bewertung dieser Vertriebsdienstleistung gemeinsame Bestimmungen benötigt. In Artikel 25 wird in einem zusätzlichen Buchstaben d geklärt, dass es sich bei dem Vertrieb um eine Dienstleistung zum Zweck der MwSt-Systemrichtlinie handelt. Die Berechnung der Steuerbemessungsgrundlage für diese Dienstleistung wird in einem neuen Artikel 74b geregelt.

Um die Berechnung der Steuerbemessungsgrundlage für jede Stufe einer Vertriebskette zu vereinfachen, wird in Artikel 74a das Konzept des Nennwerts eingeführt und definiert als gesamte Gegenleistung für den Aussteller eines Mehrzweck-Gutscheins, die wiederum die Steuerbemessungsgrundlage (zuzüglich Mehrwertsteuer) für die zugrunde liegenden Lieferungen von Gegenständen oder Dienstleistungen ist.

Das in diesen beiden Bestimmungen verwendete Konstrukt stellt sicher, dass alle mit einem Mehrzweck-Gutschein zusammenhängenden Umsätze - die Vertriebsdienstleistung und die zugrunde liegende Lieferung von Gegenständen oder Dienstleistungen - umfassend, neutral und transparent bezeichnet und besteuert werden.

4. Rabattgutscheine

Rabattgutscheine werfen Schwierigkeiten auf, wenn der Rabatt letztendlich vom Aussteller und nicht vom Einlöser gewährt wird. Um eine komplexe Reihe von Berichtigungen zu vermeiden, wird vorgeschlagen, diesen Rabatt als getrennte Dienstleistung des Einlösers an den Aussteller zu behandeln. Die hierfür erforderlichen Bestimmungen sind in Artikel 25 in einem neuen Buchstaben e und in Artikel 74c ausgeführt.

5. Weitere Änderungen technischer Art bzw. Folgeänderungen

Damit diese Lösungen richtig funktionieren, sind noch einige weitere Änderungen technischer

Art an der MwSt-Systemrichtlinie erforderlich, insbesondere in Bezug auf das Vorsteuerabzugsrecht (Artikel 169), den Steuerschuldner (Artikel 193) und andere Pflichten (Artikel 272). Die technischen Änderungen in den Artikeln 28 und 65 sind erforderlich, um die richtige Behandlung von Mehrzweck- und Einzweck-Gutscheinen zu gewährleisten.

3. Technische Erläuterung der wichtigsten Bestandteile des Vorschlags

Definition von Gutscheinen und verschiedene anwendbare Kriterien einschließlich Zeitpunkt der Besteuerung (Artikel 30a Absätze 1 und2 und Artikel 30b)

Die MwSt-Vorschriften sollten in Bezug auf den Zeitpunkt der Besteuerung eindeutig und kohärent sein. Stehen die für eine korrekte Besteuerungsentscheidung erforderlichen Informationen zum Zeitpunkt der Ausstellung eines Gutscheins nicht zur Verfügung, hat dies in der Praxis zur Folge, dass die Besteuerung erst zum Zeitpunkt der Einlösung erfolgen kann. Da die MwSt-Systemrichtlinie dazu keine Vorgaben enthält, gibt es keinen Konsens darüber, welche Gutscheine zum Zeitpunkt ihrer Ausstellung besteuert werden sollten und welche bei ihrer Einlösung. Das hat zur Folge, dass einige Mitgliedstaaten bestimmte Gutscheine (etwa Prepaid-Telefonkarten 3 ) als umgehend zu besteuernde Anzahlung ansehen, wogegen andere bei derselben Art von Gutschein die letztendlich bewirkte Leistung besteuern 4 . Bei Gutscheinen, die in einem zur ersten Gruppe gehörenden Mitgliedstaat ausgestellt und in einem Mitgliedstaat der zweiten Gruppe eingelöst werden, erheben beide Mitgliedstaaten auf ein und dieselbe Leistung Mehrwertsteuer. Dies ist zwar aus der Sicht beider Seiten legitim, führt aber zu Doppelbesteuerung. In der umgekehrten Situation würde kein Mitgliedstaat Mehrwertsteuer erheben, was zu Nichtbesteuerung führt.

Eine Doppelbesteuerung aufgrund von Diskrepanzen kann Geschäftsvereinbarungen zur Nutzung der durch den Binnenmarkt gebotenen Möglichkeiten behindern. Umgekehrt kann eine unbeabsichtigte Nichtbesteuerung aufgrund von Diskrepanzen zu Missbrauchszwecken genutzt werden.

Um diesem Problem abzuhelfen, werden in dem Vorschlag zunächst der Begriff des Gutscheins und die wichtigsten Gruppen von Gutscheinen definiert, wobei insbesondere zwischen Einzweck-Gutscheinen und Mehrzweck-Gutscheinen unterschieden wird.

Ein Einzweck-Gutschein verleiht dem Inhaber das Recht, bestimmte Gegenstände oder Dienstleistungen unter Umständen zu erhalten, in denen die Höhe der Besteuerung (insbesondere der MwSt-Satz), die Identität des leistenden Unternehmens und der Mitgliedstaat, in dem die zugrunde liegende Lieferung oder Dienstleistung bewirkt wird, von Anfang an eindeutig feststellbar sind. Die mehrwertsteuerliche Behandlung erfolgt beim Verkauf des Gutscheins. Ein Beispiel für einen Einzweck-Gutschein ist der Fall, dass ein Dienstleistungserbringer (unmittelbar oder über ein zwischengeschaltetes Unternehmen) Gutscheine verkauft, die einen Anspruch auf eine konkrete, in einem bestimmten Mitgliedstaat zu erbringende Dienstleistung (z.B. eine Telekommunikationsdienstleistung) verkörpern.

Ein Mehrzweck-Gutschein verleiht dem Inhaber das Recht, Gegenstände oder Dienstleistungen zu erhalten, die nicht hinreichend bestimmt sind, oder bei denen nicht feststeht, in welchem Mitgliedstaat sie geliefert bzw. erbracht werden, so dass die Mehrwertsteuer zum Zeitpunkt der Ausstellung des Gutscheins nicht festgesetzt werden kann. Ein Beispiel dafür wäre der Fall einer internationalen Hotelkette, die ihre Produkte durch Gutscheine bewirbt, die für die Unterbringung in einer ihrer Niederlassungen in einem beliebigen Mitgliedstaat eingelöst werden können. Ein weiteres Beispiel sind Prepaid-Guthaben, die entweder für Telekommunikationszwecke (MwSt-Normalsatz) oder öffentliche Verkehrsmittel (u. U. ermäßigter MwSt-Satz) verwendet werden können.

Unterscheidung zwischen Gutscheinen und Zahlungsinstrumenten (Artikel 30a Absatz 2)

In Anbetracht der unterschiedlichen mehrwertsteuerlichen Behandlungen muss aus Neutralitätsgründen eindeutig zwischen Gutscheinen und allgemeineren Zahlungsmitteln unterschieden werden, die jeweils spezifische Wesensmerkmale haben. In Fällen, in denen ein reines Zahlungsmittel Merkmale von Gutscheinen annimmt (z.B. eine Geldspeicherkarte oder ein Prepaid-Guthaben, das auf einem Mobiltelefon gespeichert oder damit verbunden ist) wäre das Wesensmerkmal des Vorgangs genau zu prüfen. Bei der Einlösung eines Gutscheins gegen Gegenstände oder Dienstleistungen handelt es sich nicht um eine Zahlung, sondern vielmehr um die Ausübung eines Rechts, das sich aus einer bei der Ausstellung oder Weitergabe des Gutscheins erfolgten Zahlung ableitet. Wird jedoch ein gespeichertes Guthaben oder ein Prepaid-Guthaben verwendet, um die Kosten von Gegenständen oder Dienstleistungen zu begleichen, entsteht das Recht auf diese Gegenstände oder Dienstleistungen erst dann, wenn die Zahlung erfolgt. Dieser Sachverhalt unterscheidet sich grundlegend von der Ausübung eines erworbenen Rechts durch den Inhaber eines Gutscheins.

Gutscheine sollten stets zur Lieferung von Gegenständen oder zu Dienstleistungen führen. Sie werden häufig ausgestellt, um den Absatz eines bestimmten Unternehmens oder einer Gruppe von Unternehmen zu fördern oder Erwerbe zu vereinfachen. Diese Merkmale sind in Verbindung mit dem Anspruch, Gegenstände oder Dienstleistungen zu erhalten (und mit der entsprechenden Verpflichtung, die Gegenstände zu liefern oder Dienstleistungen zu erbringen), ausschlaggebend für die Unterscheidung zwischen Gutscheinen und allgemeineren Zahlungsinstrumenten (die keine solchen spezifischen Ansprüche beinhalten).

Aus der zunehmenden Verbreitung mobiler Geräte ergibt sich die Notwendigkeit, eindeutig zwischen Prepaid-Telekommunikationsguthaben (die Wertgutscheine sind) und nicht ortsgebundenen Zahlungsdiensten im Allgemeinen zu unterscheiden, die sich möglicherweise das Prepaid-Fakturierungssystem für die erstgenannten zunutze machen. Nicht ortsfeste Zahlungssysteme ermöglichen dem Verbraucher, etwa mittels seines Mobiltelefons ein immer breiteres Spektrum an Gegenständen und Dienstleistungen zu bezahlen, die über Telekommunikationsdienstleistungen hinausgehen (es sind sogar Geldüberweisungen möglich). Hat das System den Zweck, die Bezahlung eines umfassenden oder nicht erschöpfenden Angebotsspektrums zu vereinfachen, das Inhalte (Musikdateien, Spiele, Karten, Daten usw.) oder andere Dienstleistungen (Parken usw.) bzw. Gegenstände (etwa aus Verkaufsautomaten) umfassen kann, ist es problematisch, es als Gutschein zu sehen. Die Unterscheidung zwischen einem Mehrzweck-Gutschein (der dem Inhaber Zugang zu Telekommunikationsdienstleistungen sowie zu anderen konkreten Dienstleistungen oder Gegenständen verschafft) und einem Zahlungsdienst (durch den die Verwendung eines Prepaid-Guthabens für den Erwerb von Gegenständen oder Dienstleistungen, insbesondere auch bei Dritten, erleichtert werden soll) hängt von dem Bestehen eines Rechts ab, Gegenstände oder Dienstleistungen zu erhalten.

Daher sollten Instrumente, die einige Merkmale von Gutscheinen haben können, aber vorrangig als Zahlungsmittel dienen, von der Definition des Gutscheins ausgeschlossen werden. Darauf zielt Artikel 30a Absatz 2 ab.

Reihengeschäfte mit Gutscheinen (Artikel 25 Buchstabe d, Artikel 74a und Artikel 74b)

Gutscheine können auf vielerlei Art vertrieben werden (etwa in Zeitungen, über Zwischenhändler, in Verbindung mit Waren im Supermarkt usw.).

Da Einzweck-Gutscheine umgehend besteuert werden können, ist ihr Vertrieb relativ unkompliziert. Anders verhält es sich aber möglicherweise bei Mehrzweck-Gutscheinen, die durch Zwischenhändler in einer Absatzkette vertrieben werden.

Hierfür gibt es viele Modelle. Eine Möglichkeit besteht darin, sich auf den Unterschied zwischen dem Preis, zu dem der Aussteller (A) den Mehrzweck-Gutschein am Anfang des Reihengeschäfts verkauft und dem Preis, den der Kunde am Ende des Reihengeschäfts aufgrund von Handelsspannen oder Aufschlägen der Vertriebsunternehmen zahlt, zu stützen. Der Kunde, der den Mehrzweck-Gutschein am Ende des Reihengeschäfts erwirbt, bezahlt einen höheren Preis als das vom Aussteller am Anfang des Reihengeschäfts erzielte Entgelt. Ohne eine ordnungsgemäße Berücksichtigung der Handelsspanne (oder des Aufschlags) bestünde eine Diskrepanz zwischen der Steuer auf den Ausgangsumsatz des Ausstellers und der Vorsteuer auf den Eingangsumsatz, die für den Kunden (möglicherweise ein Steuerpflichtiger mit Recht auf Vorsteuerabzug) auf der Rechnung ausgewiesen wird.

Solche Vorgehensweisen sind beim Vertrieb von Prepaid-Telekommunikationsgutscheinen weit verbreitet.

Um Abhilfe zu schaffen, wird vorgeschlagen, das Konzept des Nennwerts einzuführen - einen konstanten, vom Aussteller des Mehrzweck-Gutscheins anfänglich festgelegten Wert - und jeden positiven Saldo zwischen diesem Nennwert und dem von einem den Gutschein vertreibenden Unternehmen gezahlten Preis als Gegenleistung für eine Vertriebsdienstleistung anzusehen. Das Vertriebsunternehmen (V1) erbringt dem Aussteller (A) eine (besteuerte) Vertriebsdienstleistung. Nachfolgende Vertriebsunternehmen (V2) erbringen dem vorherigen Vertriebsunternehmen (das ihnen den Gutschein verkauft hat) eine ähnliche Vertriebsdienstleistung.

Dieser Sachverhalt lässt sich wie folgt veranschaulichen:

Vertrieb eines Mehrzweckgutscheins

Unternehmen A (ein Telekommunikationsdienstleister) verkauft einem Vertriebsunternehmen(V1) einen Mehrzweck-Gutschein mit einem Nennwert von 100 EUR. V1 zahlt dem Aussteller 80 EUR. Der Unterschied zwischen dem Nennwert und dem gezahlten Preis beträgt 20 EUR. Dieser Betrag wird als Gegenleistung (inklusive MwSt) für eine Vertriebsdienstleistung des Vertriebsunternehmens an den Telekommunikationsdienstleister betrachtet.

V1 stellt A eine Rechnung aus, auf der die Kosten der Vertriebsdienstleistung und die anwendbare MwSt ausgewiesen sind. Bei einem MwSt-Satz von 25 % beläuft sich die Vertriebsdienstleistung auf 16 EUR und die MwSt auf 4 EUR.

Sodann verkauft V1 den Gutschein für 90 EUR an ein Subvertriebsunternehmen, V2. Das Unternehmen V2 erbringt hier V1 eine Vertriebsdienstleistung und stellt eine Rechnung aus, die den Unterschied zwischen dem Nennwert (100 EUR) und dem gezahlten Betrag (90 EUR) widerspiegelt. Auf dieser Rechnung werden 8 EUR für die Dienstleistung und 2 EUR MwSt ausgewiesen.

Anschließend verkauft V2 den Gutschein für 100 EUR an den Endkunden (K). K verwendet den Gutschein (ein Prepaid-Guthaben), um von A Telekommunikationsdienstleistungen oder andere Dienstleistungen zu erwerben. Dienen diese betrieblichen Zwecken, würde K (ein Steuerpflichtiger) von A eine Rechnung über 100 EUR inklusive MwSt erhalten.

Für den Verkauf des Mehrzweck-Gutscheins in der Absatzkette wird auf keiner Stufe eine MwSt-Rechnung ausgestellt.

Was den Aussteller A des Mehrzweck-Gutscheins anbelangt (den Telekommunikationsdienstleister), so hat das Unternehmen Dienstleistungen im Wert von 80 EUR mit einer Ausgangsmehrwertsteuer von 20 EUR erbracht (bei der Veranschaulichung wird von einem konstanten Steuersatz von 25 % ausgegangen). Unternehmen A hatte Vertriebskosten in Höhe von 16 EUR (zuzüglich 4 EUR Vorsteuer), um den Gutschein beim Endverbraucher unterzubringen.

Neutralität von kostenlosen Rabattgutscheinen (Artikel 25 Buchstabe e und Artikel 74c)

Kostenlose Rabattgutscheine verleihen dem Inhaber bei der Einlösung einen Anspruch auf einen Rabatt für die Lieferung bestimmter Gegenstände oder bestimmte Dienstleistungen. Handelt es sich beim Aussteller und Einlöser um dieselbe Person, vermindert sich der steuerbare Betrag dieser Leistungen um den Rabattbetrag (abzüglich der enthaltenen MwSt). Somit hat der Verbraucher, der eine Ware im Wert von 100 EUR erwirbt, mit einem Rabattgutschein über 5 EUR nur 95 EUR zu bezahlen.

In der Praxis gehen die Waren, auf die sich die Rabattgutscheine beziehen, oftmals durch die Hände mehrerer Steuerpflichtiger (wie Großhändler, Vertriebsunternehmen und Einzelhändler), bevor sie den Endverbraucher erreichen. Der Rabatt wird dem Einlöser des Gutscheins (z.B. einem Einzelhändler) oft vom Aussteller (z.B. dem Hersteller) erstattet. Dabei kann es sogar vorkommen, dass der Verbraucher den normalen Preis bezahlt, vom Aussteller aber später eine Rückerstattung ("Cash back") oder einen Preisnachlass erhält. Hierbei hat es sich als schwierig erwiesen, die korrekte steuerliche Behandlung zu bestimmen.

Nach ständiger Rechtsprechung des EuGH5 kann gegenwärtig der ursprüngliche Aussteller (Großhändler oder Hersteller) die dem Einlöser gewährte Erstattung vom Preis für den ursprünglichen Verkauf der Gegenstände abziehen, auf die sich der Gutschein bezieht. Um einen Steuerausfall zu vermeiden (die nächsten Steuerpflichtigen in der Absatzkette müssen keine Vorsteuerberichtigung vornehmen), gilt die Erstattung durch den Hersteller als Zahlung eines Dritten an den Einlöser, die (abzüglich der enthaltenen MwSt) in der Rechnung, die der Einlöser dem Kunden ausstellt, auf die Steuerbemessungsgrundlage aufgeschlagen werden muss. Daher wird im vorgenannten Beispiel der Einlöser dem Kunden eine Rechnung über 100 EUR (einschließlich MwSt) ausstellen, auch wenn der Kunde nur 95 EUR bezahlt hat.

Allerdings gibt es weiterhin Probleme, wenn diese Berichtigungen in einer Absatzkette vorgenommen werden müssen (was komplex ist, da die Vorschriften für die Abrechnung der Mehrwertsteuer und die von den Unternehmen zu führenden Aufzeichnungen inkohärent sind), oder wenn der Gutschein nicht in dem Mitgliedstaat eingelöst wird, in dem er ausgestellt wurde. Es gibt keine Patentlösung für den Konflikt zwischen dem Vorsteuerabzugsrecht des Kunden (wenn der Gutschein von einem Steuerpflichtigen für Gegenstände oder Dienstleistungen genutzt wird, die seiner wirtschaftlichen Tätigkeit dienen) und der Verringerung der Steuerbemessungsgrundlage des Herstellers. Hinzu kommt noch, dass die Rechtsprechung keinen Aufschluss über das Ergebnis in der Situation gibt, dass die Erstattung nicht durch den Aussteller des Gutscheins erfolgt.

Daher wird vorgeschlagen, die bestehende Situation zu ändern und die Erstattung nicht länger als Gegenleistung eines Dritten, sondern als Gegenleistung (inklusive MwSt) für die Erbringung einer Dienstleistung zur Einlösung zu betrachten. Auf diese Weise wird die Steuerbemessungsgrundlage für den ersten Verkauf nicht vermindert, sondern der Hersteller (der den Gutschein ausstellt) zieht die Vorsteuer auf die vom Einlöser erbrachte Einlösungsdienstleistung ab.

Bei kostenlosen Rabattgutscheinen, die gegen Lieferungen von Gegenständen oder Dienstleistungen eingelöst werden, wird vom gezahlten Preis nach wie vor der Nennwert des Gutscheins abgezogen, was dann aber die Steuerbemessungsgrundlage für die Lieferung oder Dienstleistung verringert. Diese Steuerbemessungsgrundlage (zuzüglich MwSt) ist der vom Kunden tatsächlich gezahlte Preis. Im vorgenannten Beispiel bedeutet dies, dass der Einlöser eine Rechnung über 95 EUR (inklusive MwSt) ausstellt. Der Kunde kann in keinem Fall mehr Mehrwertsteuer abziehen als angebracht, und die Neutralität ist wiederhergestellt.

Dieser Sachverhalt lässt sich wie folgt veranschaulichen:

Einlösung eines Rabattgutscheins

Das Unternehmen H, ein Hersteller, verkauft einem Großhändler G1 Waren im Wert von 70 EUR. Danach verkauft G1 die Waren für 80 EUR an G2, der sie wiederum für 90 EUR an E, einen Einzelhändler, weiterverkauft (alle Beträge inklusive MwSt).

E verkauft die Waren schließlich dem Endkunden K für 100 EUR.

Um den Verkauf zu fördern, verteilt H in der Zwischenzeit über Zeitungen kostenlose Rabattgutscheine über 5 EUR. Einen dieser Gutscheine legt K beim Erwerb einer Ware bei E vor, der den Gutschein als Teilzahlung annimmt und seinerseits von H eine Erstattung verlangt.

Bei heutiger Rechtslage kann H durch diese Erstattung die Steuerbemessungsgrundlage für die Lieferung an G1 vermindern. Allerdings wird es als nicht praktikabel erachtet, diese Berichtigung durch die gesamte Absatzkette fortzusetzen, und die Lösung des EuGH bestand darin, die 5 EUR als Zahlung durch einen Dritten zu betrachten. Diese Lösung greift jedoch zu kurz und führt zu einem Steuerausfall, wenn es sich bei K um einen Steuerpflichtigen (mit Vorsteuerabzugsrecht) handelt, oder wenn die Absatzkette mehr als einen Mitgliedstaat betrifft (mit Erwerb innerhalb der EU zum Nullsatz).

Um Abhilfe zu schaffen, werden die 5 EUR in dem vorgeschlagenen Artikel 25 Buchstabe e als Einlösungsdienstleistung betrachtet, für die E eine von H zu begleichende Rechnung ausstellt (wobei die 5 EUR die MwSt enthalten). H berichtigt nicht länger die Steuerbemessungsgrundlage für die erste Lieferung, und K, der in Wirklichkeit 95 EUR bezahlt, erhält eine Rechnung über diesen Betrag (alle Beträge inklusive MwSt).

Anhörung interessierter Kreise

Die mehrwertsteuerliche Behandlung von Gutscheinen wurde 2002 und 2006 in Fiscalis-Seminaren mit Vertretern der Steuerbehörden der Mitgliedstaaten erörtert. 2006 folgte eine Konsultation der Öffentlichkeit, deren Ergebnisse eingesehen werden können unter http://ec.europa.eu/taxation_customs/common/consultations/tax/article 2992 de.htm

In den meisten Beiträgen wurde die Auffassung vertreten, dass die Probleme weitgehend auf die unterschiedliche Anwendung der MwSt-Vorschriften durch die Mitgliedstaaten zurückzuführen sind, die insbesondere bei grenzübergreifenden Umsätzen in der EU Probleme verursacht. Es wird eine harmonisierte Auslegung der derzeitigen Bestimmungen benötigt, und in den Antworten wird angenommen, dass dies eine Änderung der primären Rechtsakte erfordert. Eine Legaldefinition von Gutscheinen für mehrwertsteuerliche Zwecke wurde generell für unabdingbar gehalten.

Die zunehmende Vielseitigkeit von Gutscheinen hat zur Folge, dass die Abgrenzung gegenüber allgemein gebräuchlichen Zahlungsmitteln nicht immer eindeutig oder folgerichtig ist. Daher wurde vielfach die Auffassung vertreten, dass der neutralen Behandlung von Systemen mit denselben Funktionen Aufmerksamkeit gewidmet werden muss.

Folgenabschätzung

Die Probleme, die mit dieser Initiative beseitigt werden sollen, sind auf Unzulänglichkeiten in der Gesetzgebung zurückzuführen, die nicht mit den jüngsten Entwicklungen in der Wirtschaft Schritt gehalten hat.

Mit dem Vorschlag wird eine Folgenabschätzung vorgelegt, die zu dem Ergebnis kommt, dass die festgestellten Mängel nur durch eine Modernisierung der MwSt-Systemrichtlinie beseitigt werden können, die die Aufnahme neuer Bestimmungen für Gutscheine beinhaltet.

Es wurden zwei weitere Alternativen untersucht: Alles beim Alten lassen und ein "Soft-Law"- Konzept. Bei der erstgenannten Option würden auftretende Probleme von den Mitgliedstaaten gelöst, die entweder punktuelle Lösungen vorsehen oder den EuGH um Vorgaben ersuchen könnten. Beim "Soft-Law"-Konzept wiederum würden beispielsweise Leitlinien erarbeitet. Keine dieser Optionen würde aber für Rechtssicherheit sorgen oder einen Rechtsakt beinhalten, durch den die geltenden MwSt-Bestimmungen geändert werden. Die festgestellten Mängel, und insbesondere die Tatsache, dass die MwSt-Richtlinie keine Vorgaben enthält, die eine einheitliche Behandlung durch die Mitgliedstaaten gewährleisten würden, sind insbesondere im Steuerbereich, für den Rechtssicherheit besonders wichtig ist, sehr bedauerlich.

Der Folgenabschätzung ist eine Studie von Deloitte beigefügt, die die wirtschaftliche Begründung des vorliegenden Legislativvorschlags und insbesondere die tatsächlichen und potenziellen Folgen von unterschiedlichen Bestimmungen der Mitgliedstaaten untermauert. Zudem wird bestätigt, dass Gutscheine für Prepaid-Telekommunikationsdienstleistungen die weitaus wichtigste Kategorie von Gutscheinen sind und steuerlich sehr unterschiedlich behandelt werden. Dies kann zu systematischer Steuerumgehung und zu Wettbewerbsverzerrungen führen oder gar wegen steuerlicher Unwägbarkeiten eine wirtschaftliche Nutzung uninteressant machen.

Rechtliche Aspekte

Der Vorschlag besteht aus mehreren Änderungen der MwSt-Richtlinie, um die einzelnen Arten von Gutscheinen eindeutig zu definieren und ihre mehrwertsteuerliche Behandlung zu harmonisieren. Er stützt sich auf Artikel 113 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV).

Subsidiaritätsprinzip

Die vorgeschlagenen Änderungen sind erforderlich, um die Vorschriften über die mehrwertsteuerliche Behandlung von Gutscheinen klarzustellen und zu harmonisieren. Die Mitgliedstaaten können dieses Ziel einzeln nicht ausreichend verwirklichen.

Zum einen sind die einschlägigen MwSt-Vorschriften in der MwSt-Systemrichtlinie niedergelegt. Diese Vorschriften können nur durch den Legislativprozess der EU geändert werden.

Zum anderen könnte das Ziel einer einheitlichen Anwendung der Mehrwertsteuer durch Maßnahmen der Mitgliedstaten allein nicht erreicht werden, da Vorschriften unterschiedlich ausgelegt werden können. Die derzeitigen Rechtsvorschriften sind nicht klar, und die auftretenden Probleme sind in erster Linie auf ihre heterogene Anwendung durch die Mitgliedstaaten zurückzuführen. Die mehrwertsteuerliche Behandlung steuerbarer Gegenstände und Dienstleistungen, die gegen Gutscheine geliefert bzw. bewirkt werden, kann nur durch eine Änderung der MwSt-Richtlinie geklärt werden.

Der Anwendungsbereich des Vorschlags beschränkt sich auf das lediglich durch Rechtsvorschriften der EU Erreichbare. Der Vorschlag steht daher mit dem Subsidiaritätsprinzip im Einklang.

Grundsatz der Verhältnismäßigkeit

Die Änderungen der Richtlinie 2006/112/EG sind aufgrund der festgestellten Probleme nötig und dürften zu Lösungen führen, mit denen die Ziele voraussichtlich erreicht werden. Diese Lösungen werden dazu beitragen, die Steuerneutralität zu verwirklichen, die Befolgungskosten zu senken und die Gefahr von Doppelbesteuerung zu beseitigen, so dass die Writschaftsbeteiligten Ressourcen effizienter einsetzen können. Durch eindeutige Vorschriften zur Schaffung gleicher Ausgangsbedingungen werden die Möglichkeiten für Steuerumgehungen verringert, und es wird Rechtssicherheit für Steuerpflichtige und Steuerverwaltungen geschaffen.

Der Vorschlag entspricht daher dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Vereinfachung

Der Vorschlag führt insofern zu einer Vereinfachung, als einzelne Arten von Gutscheinen in Gruppen eingeteilt und klar definiert werden, die mehrwertsteuerliche Behandlung der einzelnen Gutscheinarten einheitlich gestaltet und hinsichtlich von Rabattgutscheinen die Neutralität verbessert wird.

Wahl des Instruments

Das vorgeschlagene Rechtsinstrument ist eine Richtlinie. Kein anderes Instrument wäre geeignet, da die mehrwertsteuerliche Behandlung von Gutscheinen mehrere Artikel der MwSt-Systemrichtlinie betrifft. Daher können die vorstehend ausgeführten Ziele nur durch eine Änderungsrichtlinie erreicht werden.

Entsprechungstabelle

Die Mitgliedstaaten werden aufgefordert, der Kommission den Wortlaut ihrer nationalen Vorschriften zur Umsetzung dieser Richtlinie mitzuteilen und ein Dokument oder mehrere Dokumente zu übermitteln, in dem bzw. denen der Zusammenhang zwischen den Bestandteilen dieser Richtlinie und den entsprechenden Teilen einzelstaatlicher Umsetzungsinstrumente erläutert wird. Das Erfordernis solcher Dokumente ist gerechtfertigt und in Bezug auf diese Richtlinie verhältnismäßig, da es dazu beitragen wird, dass die Steuerpflichtigen klar über ihre Rechte und Pflichten bei Umsätzen mit Gutscheinen informiert werden, insbesondere in Fällen, in denen Geschäftsvorgänge in der EU grenzübergreifend abgewickelt werden.

4. Auswirkungen auf den Haushalt

Der Vorschlag hat keine Auswirkungen auf den Haushalt der Europäischen Union.

5. der Vorschlag IM einzelnen

Artikel 25

Buchstabe d:

Bei Mehrzweck-Gutscheinen, die Absatzketten durchlaufen, sollte die mehrwertsteuerliche Behandlung von Handelsspannen oder Entgelten, die das Vertriebsunternehmen erhebt oder erhält, klar geregelt und in sich schlüssig sein.

Zu diesem Zweck sollte ausdrücklich festgestellt werden, dass es sich um eine steuerbare Erbringung von Dienstleistungen handelt.

Buchstabe e:

Mit Buchstabe e wird sichergestellt, dass in dem Fall, in dem ein Gutschein, der einen Anspruch auf Rabatt oder Rückvergütung begründet, kostenlos ausgestellt und von einem anderen Steuerpflichtigen eingelöst wird als dem Aussteller, und der Gutschein vom Aussteller erstattet wird, der Umsatz als Dienstleistung des Einlösers für den Aussteller gilt. Dadurch wird gewährleistet, dass der auf der Rechnung des Einlösers ausgewiesene steuerbare Betrag zuzüglich Mehrwertsteuer dem vom Kunden/Steuerpflichtigen tatsächlich gezahlten Betrag entspricht.

Artikel 28

Dieser Artikel wird geändert, um bei Reihengeschäften mit Mehrzweck-Gutscheinen einen übermäßigen Verwaltungsaufwand zu verhindern.

Mehrzweck-Gutscheine werden nicht besteuert, wenn sie den Besitzer wechseln, sondern bei der Einlösung. Ohne diese Klarstellung könnte sich bei der Einlösung des Gutscheins, und wenn der Steuersatz bekannt ist, vermeintlich die Notwendigkeit ergeben, auf allen früheren Stufen der Absatzkette entsprechende Berichtigungen vorzunehmen (zu dem auf die eingelösten Gegenstände oder Dienstleistungen anwendbaren Satz).

Eine solche rückwirkende MwSt-Berichtigung im Nachhinein wäre äußerst umständlich und würde die Unternehmen abschrecken, ohne tatsächlich neue Steuereinnahmen zu generieren (sofern auf jeder Stufe die Vorsteuer einbehalten würde). Um dies zu vermeiden, sollte die Mehrwertsteuer nicht auf die Lieferung eines Gutscheins in der Absatzkette erhoben werden, sondern nur auf den letzten Umsatz bei der Einlösung.

Diese Bestimmung ist mit der Bestimmung in Artikel 25 verknüpft, wonach die Handelsspanne für den Vertrieb von Mehrzweck-Gutscheinen als unabhängige Dienstleistung getrennt besteuert wird. Diese beiden Bestimmungen haben zur Folge, dass die Gegenstände oder Dienstleistungen, zu deren Erhalt der Mehrzweck-Gutschein berechtigt, zum Zeitpunkt der Einlösung besteuert werden, d.h. am richtigen Ort und zum richtigen Zeitpunkt, wogegen die Handelsspanne des Vertriebsunternehmens jedes Mal, wenn der Mehrzweck-Gutschein weitergegeben wird, als Dienstleistung besteuert wird.

Artikel 30a

Wie oben ausgeführt, definiert dieser Artikel den Begriff des Gutscheins und grenzt die Funktionen ab, um Gutscheine von allgemeineren Zahlungsmitteln zu unterscheiden. Der Unterschied zwischen einem Einzweck-Gutschein und einem Mehrzweck-Gutschein ergibt sich daraus, ob genügend Gewissheit besteht, so dass die Steuer zum Zeitpunkt der Ausstellung des Gutscheins erhoben werden kann, oder ob abgewartet werden muss, bis die Gegenstände geliefert oder Dienstleistungen erbracht werden.

Ohne Gegenleistung abgegebene Gutscheine haben unter dem Gesichtspunkt der Mehrwertsteuer spezielle Folgen, die getrennt behandelt werden.

Artikel 30b

Dieser Artikel sieht vor, dass bei Gutscheinen, die ein Recht auf die Lieferung von Gegenständen oder auf Dienstleistungen verleihen, die Übertragung des Rechts und die anschließende Lieferung oder Dienstleistung miteinander verknüpft sind und als einziger Umsatz gelten.

Da die steuerliche Behandlung dieses einzigen Umsatzes dieselbe ist wie bei einer Lieferung oder Dienstleistung ohne Verwendung eines Gutscheins, sollten sich Leistungsort und anwendbarer Steuersatz nach den gelieferten Gegenständen bzw. erbrachten Dienstleistungen richten. Aus diesem Artikel ergibt sich auch, dass Mehrzweck-Gutscheine bei der Einlösung zu besteuern sind. Einzweck-Gutscheine sind beim Verkauf zu besteuern (siehe Artikel 65).

Um keine Verwirrung zu stiften, muss auch dafür gesorgt werden, dass sich die Verwendung von Gutscheinen bei unter die Sonderregelung für Reisebüros fallenden Umsätzen nicht mit den Vorschriften in der nunmehr vorgestellten Regelung überschneidet.

Artikel 65

Der neue Absatz in diesem Artikel betrifft die Entstehung des Steueranspruchs bei Einzweck-Gutscheinen. Ähnlich wie bei Anzahlungen entsteht der Steueranspruch hier zum Zeitpunkt der Vereinnahmung entsprechend dem vereinnahmten Betrag.

Artikel 66

Dieser Artikel wird geändert, um zu verhindern, dass die Mitgliedstaaten für Einzweck-Gutscheine von Artikel 65 abweichen. Andernfalls könnte der Steueranspruch bei Einzweck-Gutscheinen in den Mitgliedstaaten weiterhin zu unterschiedlichen Zeitpunkten entstehen, was zu Doppelbesteuerung oder Nichtbesteuerung führen könnte.

Artikel 74a

Dieser Artikel betrifft die Steuerbemessungsgrundlage für Lieferungen von Gegenständen und Dienstleistungen, die mit einem Mehrzweck-Gutschein verbunden sind, einschließlich der teilweisen Einlösung dieses Gutscheins. Außerdem führt er den Begriff des "Nennwerts" ein, der für die ordnungsgemäße Besteuerung, insbesondere bei Umsätzen zwischen EU-Ländern, von entscheidender Bedeutung ist, weil er sicherstellt, dass der Wert eines Mehrzweck-Gutscheins vom Anfang bis zum Ende einer Absatzkette gleich bleibt.

Der Nennwert wird in Artikel 74a Absatz 2 definiert als alles, was der Aussteller des Gutscheins für diesen erhält oder zu erhalten hat. Das ist erforderlich, um dem Wert der Vertriebsdienstleistung Rechnung zu tragen, die ein Vertriebsunternehmen (Hauptverpflichteter oder Kommissionär) eines Mehrzweck-Gutscheins in einer Absatzkette erbringt. Die Handelsspanne des Vertriebsunternehmens ist als Gegenleistung (inklusive MwSt) für die besteuerte Erbringung einer Vertriebsdienstleistung (siehe Artikel 25) zu behandeln.

Im Nennwert eines Mehrzweck-Gutscheins ist die Mehrwertsteuer enthalten. Der enthaltene Steuerbetrag wird erst bei der Einlösung festgestellt, wenn der Nennwert auf Grundlage des auf die einzulösenden Gegenstände und Dienstleistungen anzuwendenden Steuersatzes in Steuerbetrag und Steuerbemessungsgrundlage aufgegliedert werden kann.

Hat der Kunde mehr bezahlt als den Nennwert, bedeutet dies, dass ein Vertriebsunternehmen eine Handelsspanne erhoben hat, woraufhin der Kunde für diese Differenz (die sich natürlich nicht in der Rechnung für die Leistung widerspiegelt) eine getrennte Rechnung verlangen könnte. Hat der Kunde weniger bezahlt als den Nennwert, kann das bedeuten, dass ein Vertriebsunternehmen ein Verlustgeschäft gemacht hat, was aber nichts an der Gegenleistung ändert, die der Aussteller erhält.

Artikel 74b

Dieser Artikel regelt die Berechnung der Handelsspanne des Vertriebsunternehmens bei Leistungen, die mit einem Mehrzweck-Gutschein verbunden sind. In dieser Hinsicht ist die Steuerbemessungsgrundlage der erbrachten Vertriebsdienstleistung eine Abgleichsgröße, berechnet als Differenz zwischen dem Nennwert des Mehrzweck-Gutscheins und dem vom Erwerber tatsächlich gezahlten Betrag.

Der Gesamtsteuerbetrag für Vertriebsdienstleistungen bleibt ungeachtet der Anzahl der Parteien in der Absatzkette konstant. Ist mehr als ein Vertriebsunternehmen beteiligt, wird der Gesamtsteuerbetrag für Vertriebsdienstleistungen zwischen den Vertriebsunternehmen aufgeteilt (siehe das Beispiel zum Vertrieb eines Mehrzweck-Gutscheins).

Artikel 74c

Da unentgeltliche Rabattgutscheine nicht länger als Gegenleistung eines Dritten behandelt werden, ist bezüglich der Beachtung und Ermittlung der Steuerbemessungsgrundlage für die Einlösungsdienstleistung gemäß Artikel 25 Buchstabe e Klarheit erforderlich.

Artikel 169

Durch den in diesen Artikel aufzunehmenden Absatz soll bezüglich der Vorsteuerabzugsberechtigung Einheitlichkeit gewährleistet werden.

Löst der Aussteller eines Mehrzweck-Gutscheins den Gutschein gegen besteuerte Umsätze ein, so kann er nach Artikel 168 die bezüglich der Ausstellung des Gutscheins geschuldete oder entrichtete Mehrwertsteuer abziehen. Um für gleiche Ausgangsbedingungen zu sorgen, sollte für die Einlösung von Mehrzweck-Gutscheinen bei zum Vorsteuerabzug berechtigenden Umsätzen, die nicht vom Aussteller bewirkt werden, klargestellt werden, dass die Berechtigung zum Abzug der Mehrwertsteuer, die auf Ausgaben im Zusammenhang mit der Ausstellung des Gutscheins geschuldet oder entrichtet wird, beim Aussteller verbleibt. Dies kann Druck- oder Kodierungskosten beinhalten.

Diese Bestimmung wird für den Fall benötigt, dass eine andere Partei als der Aussteller den Mehrzweck-Gutschein einlöst. Die darauf folgende Erstattung des Ausstellers an den Einlöser fällt nicht in den Anwendungsbereich. Ohne eine solche Bestimmung könnte der Aussteller das Vorsteuerabzugsrecht nicht aufrecht erhalten.

Artikel 193

Mit dem in diesen Artikel aufzunehmenden Absatz wird klargestellt, dass die steuerpflichtige Lieferung von Gegenständen oder die steuerpflichtige Dienstleistung stets vom Einlöser des Mehrzweck-Gutscheins bewirkt wird, der somit auch die Steuer schuldet. Das spielt dann eine Rolle, wenn es sich bei Aussteller und Einlöser nicht um dieselbe Person handelt. Nur der Einlöser weiß, woraus die Leistung bestand und wo und wann sie erfolgt ist.

Artikel 272

Mit den Änderungen in diesem Artikel soll gewährleistet werden, dass alle Mitgliedstaaten, in denen die Steuer zu entrichten ist, die Informationen über die grenzübergreifende Erbringung von Dienstleistungen, einschließlich der Informationen über Gutscheine, erhalten, so dass die Mehrwertsteuer auf ihrem Gebiet ordnungsgemäß bemessen und erhoben werden kann. Insbesondere die Pflicht der Steuerpflichtigen, sich für MwSt-Zwecke registrieren zu lassen und Zusammenfassende Meldungen zu erstellen, sollte in allen Mitgliedstaaten einheitlich gehandhabt werden.

Vorschlag für eine Richtlinie des Rates zur Änderung der Richtlinie 2006/112/EG über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem hinsichtlich der Behandlung von Gutscheinen

Der Rat der Europäischen Union - gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 113, auf Vorschlag der Europäischen Kommission, nach Zuleitung des Entwurfs des Gesetzgebungsakts an die nationalen Parlamente,6 nach Stellungnahme des Europäischen Parlaments,7 nach Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses, gemäß einem besonderen Gesetzgebungsverfahren, in Erwägung nachstehender Gründe:

Hat folgende Richtlinie Erlassen:

Artikel 1

Die Richtlinie 2006/112/EG wird wie folgt geändert:

Artikel 2

Artikel 3

Diese Richtlinie tritt am zwanzigsten Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.

Artikel 4

Diese Richtlinie ist an die Mitgliedstaaten gerichtet. Geschehen zu Brüssel am

Im Namen des Rates Der Präsident