Der Bundesrat hat in seiner 954. Sitzung am 10. März 2017 beschlossen, die aus der Anlage ersichtliche Entschließung zu fassen
Anlage
Entschließung des Bundesrates für eine baldige Umsetzung eines zentralen internationalen Strafregisterinformationssystems (ECRIS) unter Einbeziehung von Drittstaatsangehörigen
Der Bundesrat bittet die Bundesregierung, sich für eine baldige Umsetzung eines zentralen internationalen Strafregisterinformationssystems (ECRIS) unter Einbeziehung von Drittstaatsangehörigen und unter Beachtung ausreichenden Schutzes der personenbezogenen Daten einzusetzen.
Begründung:
Die Erfahrungen in dem aktuellen Kriminalfall einer in Freiburg getöteten Studentin bezüglich der nachträglich erlangten Erkenntnisse über eine frühere Verurteilung des Tatverdächtigen in Griechenland und die anhaltende Gefahr terroristischer Anschläge zeigen die überragende Bedeutung einer effizienten Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten. Der Austausch von Strafregisterinformationen zu verurteilten Personen ist dabei ein wesentlicher Faktor für einen ordnungsgemäß funktionierenden gemeinsamen Raum der Sicherheit und des Rechts in Europa.
In diesem Zusammenhang bildet das Europäische Strafregisterinformationssystem (ECRIS) einen wichtigen Baustein. Mit diesem System ist es den Mitgliedstaaten der EU möglich, auf die Strafregister der anderen Mitgliedstaaten zuzugreifen. In den jeweiligen nationalen Registern werden dabei sämtliche Verurteilungen der Staatsangehörigen dieses Mitgliedstaates gespeichert, egal in welchem Mitgliedstaat der EU die Verurteilung erfolgte. Bei Unionsbürgerinnen und -bürgern reicht somit eine Anfrage bei dem Herkunftsmitgliedstaat aus, um sämtliche strafrechtliche Verurteilungen in Erfahrung zu bringen.
Derzeit ist es jedoch nicht möglich, die jeweiligen nationalen Verurteilungen von Drittstaatsangehörigen durch eine Auskunft zu erheben. Hier sind die Ermittlungsbehörden weiter auf Abfragen bei den jeweiligen nationalen Registern innerhalb der EU angewiesen. Dies hat sich in der Vergangenheit als ineffizient erwiesen.
Im Januar 2016 hat daher die Kommission dem Europäischen Parlament und dem Rat einen Vorschlag für eine Richtlinie zur Änderung des Rahmenbeschlusses 2009/315/JI des Rates im Hinblick auf den Austausch von Informationen über Drittstaatsangehörige und das Europäische Strafregisterinformationssystem (ECRIS) und zur Ersetzung des Beschlusses 2009/316/JI des Rates vorgelegt. Durch den Vorschlag sollte ECRIS derart erweitert werden, dass mithilfe eines dezentralen automatisierten Systems auch bei Drittstaatsangehörigen ein effizienter Austausch von Informationen über deren frühere Verurteilungen möglich ist. In der weiteren Folge kam die Kommission aufgrund der Ergebnisse verschiedener Durchführbarkeitsstudien zu dem Schluss, dass ein dezentrales System nicht effizient und vielmehr ein zentrales Informationssystem erforderlich sei. Dies hatte jedoch zur Folge, dass der bisherige Richtlinienvorschlag nicht mehr als Grundlage für die beabsichtigte Erweiterung von ECRIS auf ein zentrales automatisiertes System für Drittstaatsangehörige dienen kann. Ein entsprechender neuer Vorschlag der Kommission liegt hierzu bisher nicht vor.
Im Hinblick auf die aktuellen Ereignisse ist es erforderlich, dieses Reformvorhaben verstärkt voranzutreiben. Dabei sollte sichergestellt werden, dass auch Auskünfte zu anderen Zwecken als denen eines Strafverfahrens ohne Beschränkungen übermittelt werden. Beispielsweise können ausländische Vorstrafen für die Ausländerbehörden im Rahmen der Erteilung eines Aufenthaltstitels bzw. einer Ausweisung, für das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge im Asylverfahren, für die Staatsangehörigkeitsbehörden im Einbürgerungsverfahren sowie der für Polizei und Verfassungsschutz bei Gefahrenabwehr bzw. der Überwachung verfassungsfeindlicher Bestrebungen entscheidungserheblich sein.