893. Sitzung des Bundesrates am 2. März 2012
A
Der federführende Ausschuss für Fragen der Europäischen Union (EU), der Ausschuss für Innere Angelegenheiten (In) und der Wirtschaftsausschuss (Wi) empfehlen dem Bundesrat, zu den Vorlagen gemäß §§ 3 und 5 EUZBLG wie folgt Stellung zu nehmen:
* R ist nur bei BR-Drucksache 801/11 (PDF) mitberatend.
Zu BR-Drucksachen 800/11 (PDF) und 801/11 (PDF)
- 1. Der Bundesrat begrüßt die von der Kommission neben dem Richtlinienvorschlag zur Änderung der Richtlinie 2006/43/EG über Abschlussprüfungen von Jahresabschlüssen und konsolidierten Abschlüssen (Abschlussprüferrichtlinie) vorgeschlagene Verordnung über spezifische Anforderungen an die Abschlussprüfung bei Unternehmen von öffentlichem Interesse als einen wesentlichen Beitrag zur weiteren Verbesserung der Qualität der Abschlussprüfungen und Wiederherstellung des Vertrauens des Marktes in die geprüften Abschlüsse.
(bei Annahme entfallen Ziffern 2,3, 7 und 8)
Im Unterschied zur geltenden EU-Richtlinie zur Abschlussprüfung sieht der Verordnungsvorschlag jedoch keine Erleichterungen für nicht kapitalmarktorientierte Unternehmen von öffentlichem Interesse vor. Damit würden für die Prüfung kleiner, regional tätiger Kreditinstitute dieselben Anforderungen gelten wie für die Prüfung börsennotierter, international tätiger Konzernunternehmen. Dies ist nicht angemessen. Regional tätige Kreditinstitute waren nicht Auslöser der Finanzkrise und erwiesen sich auch während der Krise als stabil. Zur Sicherung der Funktionsfähigkeit des Kapitalmarkts ist es daher nicht erforderlich, diese Institute ebenso streng zu regulieren wie Unternehmen, die den Kapitalmarkt in Anspruch nehmen.
Der Bundesrat lehnt die von der Kommission in dem Richtlinienvorschlag vorgesehene Regelung ab, dass zur Verbesserung der Qualität der Aufsicht über Abschlussprüfer nur eine zuständige Behörde pro Mitgliedstaat für die Wahrnehmung der in der Verordnung beschriebenen Aufgaben und Gewährleistung der Anwendung der Verordnungsbestimmungen benannt werden soll.
Er bittet die Bundesregierung deshalb, sich im weiteren Verfahren für eine Änderung in dem Sinne einzusetzen, dass die Aufsicht über Abschlussprüfer und Prüfungsgesellschaften in den Mitgliedstaaten weiterhin auch bei mehreren öffentlichen Behörden oder Stellen liegen kann, so dass ein Fortbestehen langjährig bewährter Aufsichtsstrukturen auf mitgliedstaatlicher Ebene und damit in Deutschland möglich ist.
Die vorgeschlagene Zentralisierung ist nach Auffassung des Bundesrates ein zu weit gehender Eingriff in das Recht der Mitgliedstaaten zur internen Verwaltungsorganisation. Einer Umsetzung steht die in der föderalen Struktur wurzelnde und damit verfassungsrechtlich verankerte Zuständigkeitsverteilung zwischen dem Bund und den Ländern bei der Aufsicht über Abschlussprüfer entgegen, wonach die Prüfungsstellen der Sparkassen- und Giroverbände sowie die genossenschaftlichen Prüfungsverbände der Aufsicht der zuständigen Fachministerien der Länder unterstehen und die Beaufsichtigung der Wirtschaftsprüfer und Wirtschaftsprüfungsgesellschaften durch die Wirtschaftsprüferkammer erfolgt, die der Rechtsaufsicht des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie sowie seit dem Jahr 2005 zusätzlich der Fachaufsicht durch die Abschlussprüferaufsichtskommission unterliegt. Mit den von der Kommission vorgeschlagenen Vorgaben wäre das bislang praktizierte und bewährte System der öffentlichen Aufsicht über Abschlussprüfer und Prüfungsgesellschaften nicht mehr möglich.
Auch geht die Vorgabe nur einer öffentlichen Aufsichtsbehörde für Abschlussprüfer und Prüfungsgesellschaften pro Mitgliedstaat weit über das mit dem Verordnungsvorschlag verfolgte Ziel hinaus und trägt dem Umstand nicht Rechnung, dass in Deutschland bereits ein bewährtes System zur Beaufsichtigung von Abschlussprüfern und Prüfungsgesellschaften den gegenwärtig geltenden Vorgaben des Artikels 32 der Abschlussprüferrichtlinie entsprechend praktiziert wird. Durch die vorgeschlagene Zentralisierung der öffentlichen Aufsicht über Abschlussprüfer und Prüfungsgesellschaften bei einer Behörde ließe sich kein deutlicher Mehrwert zur Verbesserung der Qualität der Abschlussprüfungen im Vergleich zur bisherigen Aufsichtsstruktur erzielen. Ein etwaiger Vorteil nur einer nationalen Behörde pro Mitgliedstaat als Ansprechpartnerin für die EU-Ebene oder Behörden anderer Mitgliedstaaten rechtfertigt es nach Auffassung des Bundesrates nicht, nur eine zuständige Behörde für die Aufsicht über Abschlussprüfer und Prüfungsgesellschaft pro Mitgliedstaat vorzuschreiben, so dass auf mitgliedstaatlicher Ebene bislang praktizierte und bewährte Aufsichtsstrukturen geändert werden müssen. Nach Einschätzung des Bundesrates erscheint eine Harmonisierung der Aufsichtsstruktur aber dann sinnvoll, wenn eine öffentliche Behörde als Ansprechpartnerin in dem zuvor genannten Sinne geschaffen wird - mit der Möglichkeit der Beibehaltung bisher gewachsener und bewährter Aufsichtsstrukturen auf mitgliedstaatlicher Ebene.
Außerdem bittet der Bundesrat die Bundesregierung, sich im weiteren Verfahren dafür einzusetzen, dass das gesetzliche Dauerprüfungsmandat der Prüfungsstellen der Sparkassen- und Giroverbände und genossenschaftlichen Prüfungsverbände in Kombination mit der staatlichen Beaufsichtigung dieser Einrichtungen von den vorgeschlagenen Vorgaben zum Wechsel des Abschlussprüfers und zur Ausschreibung des Prüfungsmandats ausgenommen werden, so dass jene bewährten und praktizierten Bestimmungen in Deutschland unverändert fortbestehen können. Nach Ansicht des Bundesrates sind die unter staatlicher Beaufsichtigung stehenden Prüfungsstellen der Sparkassen- und Giroverbände sowie genossenschaftlichen Prüfungsverbände mit Dauermandat weisungsunabhängige und eigenverantwortlich arbeitende Prüfungseinrichtungen, die sich in Deutschland bereits über einen langen Zeitraum hinweg ohne Anzeichen von Defiziten bewährt haben.
Der Verordnungsvorschlag der Kommission sieht zur Schaffung und Stärkung des Binnenmarktes für Prüfungsleistungen umfangreiche Bestimmungen zum Wechsel des Abschlussprüfers und zur Ausschreibung des Prüfungsmandats vor. Die Laufzeit des Prüfungsmandats soll eine Dauer von maximal sechs Jahren grundsätzlich nicht überschreiten dürfen, so dass die Abschlussprüfer und Prüfungsgesellschaften nach dieser Zeit extern rotieren müssen. Der Vergabe des Prüfungsmandats soll ein ordnungsgemäßes und insbesondere transparentes Ausschreibungsverfahren vorausgehen. Nach Auffassung des Bundesrates gehen diese Vorgaben weit über das mit dem Verordnungsvorschlag verfolgte Ziel hinaus. Sie berücksichtigen die in Deutschland bestehenden und bewährten Gegebenheiten der Abschlussprüfung im Sparkassen- und Genossenschaftswesen nicht, wonach den Prüfungsstellen der Sparkassen- und Giroverbände und den genossenschaftlichen Prüfungsverbänden gesetzlich ein dauerhaftes Mandat zur Prüfung ihrer Mitgliederinstitute in Kombination mit einer direkten staatlichen Beaufsichtigung dieser Prüfungseinrichtungen zugewiesen ist. Diese Einrichtungen nehmen ihre Prüfungstätigkeit kraft gesetzlicher Zuweisung und hoheitlich als öffentlichrechtlichen Auftrag wahr. Dabei haben sie nicht nur das Recht zur Prüfung, sondern auch die Pflicht zur Prüfung. Bereits durch diese gesetzlichen Vorgaben wird eine sehr hohe Prüfungsqualität sichergestellt. Außerdem sind sowohl die Prüfungsstellen der Sparkassen- und Giroverbände als auch die genossenschaftlichen Prüfungsverbände bei der Durchführung der Prüfungen unabhängig und eigenverantwortlich. Sie sind weisungsunabhängig in Bezug auf die Art und Weise oder das Ergebnis der Prüfungen. Auf Grund der gesetzlichen Zuweisung eines dauerhaften Prüfungsmandats an diese Einrichtungen, sind - etwa bei einem nachteiligen Prüfungsergebnis - ein Auswechseln des Abschlussprüfers durch die Bestellung eines anderen Abschlussprüfers zur Erzielung des gewünschten Prüfungsergebnisses sowie ein die Prüfung möglicherweise beeinflussendes Wiederbestellungsinteresse des Abschlussprüfers ausgeschlossen. Dem aus dem Dauermandat eventuell entstehenden Risiko von Prüfungsroutine wird wirksam durch einen regelmäßigen Wechsel des Prüfungsteams und des für die Prüfung verantwortlichen Wirtschaftsprüfers entgegengewirkt (interne Rotation). Indem das Dauermandat im Fortgang keine Einarbeitungszeit mehr erfordert und zu einem sehr hohen Wissensstand über die Situation der zu prüfenden Unternehmung führt, fördert es nach Auffassung des Bundesrates die Qualität der Prüfungen.
Zur BR-Drucksache 800/11 (PDF)
- 2. Der Bundesrat teilt die Ansicht der Kommission, dass die Abschlussprüfung eine der wesentlichen Voraussetzungen für finanzielle Stabilität ist. Vor dem Hintergrund, dass die jüngste Finanz- und Wirtschaftskrise das Vertrauen des Marktes in Abschlussprüfungen stark erschüttert hat, begrüßt er die Bestrebungen der Kommission, mit den von ihr vorgeschlagenen Änderungen der Richtlinie über die Abschlussprüfung und einer Verordnung über die speziellen Anforderungen an die Abschlussprüfung bei Unternehmen von öffentlichem Interesse die Qualität der Abschlussprüfungen in der EU zu verbessern, um die Zuversicht und das Vertrauen in die geprüften Abschlüsse wiederherzustellen und zu erhöhen. Auch begrüßt der Bundesrat das Ziel der Kommission, mit den vorgeschlagenen Maßnahmen den Binnenmarkt für Abschlussprüfungen stärken zu wollen, damit kleine und mittelgroße Prüfungsgesellschaften wachsen können und neue Anbieter zum Markteintritt veranlasst werden.
(Entfällt bei Annahme von Ziffer 1)
- 3. Der Bundesrat lehnt aber die von der Kommission zur Verbesserung der Qualität der Abschlussprüfungen vorgeschlagene Zentralisierung der öffentlichen Aufsicht über Abschlussprüfer und Prüfungsgesellschaften bei einer Behörde pro Mitgliedstaat ab.
(Entfällt bei Annahme von Ziffer 1)
Er bittet die Bundesregierung daher, sich im weiteren Verfahren für eine Abänderung des Vorschlags einzusetzen in dem Sinne, dass die Aufsicht über Abschlussprüfer und Prüfungsgesellschaften in den Mitgliedstaaten weiterhin auch bei mehreren öffentlichen Behörden oder Stellen liegen kann, so dass ein Fortbestehen langjährig bewährter Aufsichtsstrukturen auf mitgliedstaatlicher Ebene und damit in Deutschland möglich ist.
Nach Ansicht des Bundesrates ist die Vorgabe, dass in jedem Mitgliedstaat nur eine zuständige Behörde für die öffentliche Aufsicht über Abschlussprüfer und Prüfungsgesellschaften letztverantwortlich sein soll, ein zu weit gehender Eingriff in das mitgliedstaatliche Recht zur internen Verwaltungsorganisation. Einer Umsetzung dieser Vorgabe in Deutschland steht die in der föderalen Struktur wurzelnde und damit verfassungsrechtlich verankerte Zuständigkeitsverteilung zwischen dem Bund und den Ländern bei der Aufsicht über Abschlussprüfer entgegen, wonach die Prüfungsstellen der Sparkassen- und Giroverbände sowie die genossenschaftlichen Prüfungsverbände der Aufsicht der zuständigen Fachministerien der Länder unterstehen und die Beaufsichtigung der Wirtschaftsprüfer und Wirtschaftsprüfungsgesellschaften durch die Wirtschaftsprüferkammer erfolgt, die der Rechtsaufsicht des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie sowie seit dem Jahr 2005 zusätzlich der Fachaufsicht durch die Abschlussprüferaufsichtskommission unterliegt. Zudem erscheint es nicht unwahrscheinlich, dass sich eine Zentralisierung auch negativ auf das seit Jahrzehnten bewährte Kammersystem in Deutschland auswirken könnte.
Außerdem geht die Vorgabe nur einer öffentlichen Aufsichtsbehörde für Abschlussprüfer und Prüfungsgesellschaften pro Mitgliedstaat bei Abschlussprüfungen nach Auffassung des Bundesrates weit über das mit dem Richtlinienvorschlag verfolgte Ziel hinaus und trägt dem Umstand nicht Rechnung, dass in Deutschland bereits ein bewährtes System zur Beaufsichtigung von Abschlussprüfern und Prüfungsgesellschaften den gegenwärtig geltenden Vorgaben des Artikels 32 der Abschlussprüferrichtlinie entsprechend praktiziert wird. Durch die vorgeschlagene Zentralisierung der öffentlichen Aufsicht über Abschlussprüfer und Prüfungsgesellschaften bei einer Behörde ließe sich kein deutlicher Mehrwert zur Verbesserung der Qualität der Abschlussprüfungen im Vergleich zur bisherigen Aufsichtsstruktur erzielen. Ein Vorteil einer solchen Zentralisierung dürfte allein darin liegen, dass lediglich eine nationale Behörde pro Mitgliedstaat als Ansprechpartnerin für die EU-Ebene oder Behörden anderer Mitgliedstaaten fungieren könnte. Ein solcher Nutzen rechtfertigt nach Auffassung des Bundesrates aber nicht die Vorgabe nur einer letztverantwortlichen Behörde für die öffentliche Aufsicht über Abschlussprüfer und Prüfungsgesellschaften pro Mitgliedstaat mit der Folge, dass auf mitgliedstaatlicher Ebene bislang praktizierte und bewährte Aufsichtsstrukturen geändert werden müssten. Nach Einschätzung des Bundesrates erscheint eine Harmonisierung der Aufsichtsstruktur aber dahin sinnvoll, eine öffentliche Behörde als Ansprechpartnerin für die EU-Ebene oder Aufsichtsbehörden anderer Mitgliedstaaten mit der Möglichkeit der Beibehaltung bisher gewachsener und bewährter Aufsichtsstrukturen auf mitgliedstaatlicher Ebene zu schaffen.
- 4. Der Bundesrat ist jedoch der Auffassung, dass die in dem Richtlinienvorschlag vorgesehene Ausweitung des Begriffs "Unternehmen von öffentlichem Interesse" den deutschen Gegebenheiten insoweit nicht Rechnung trägt, als sie auch die nicht gewinnorientierten Kreditgenossenschaften mit einschließt. Dies hätte zur Folge, dass das genossenschaftliche Prüfungssystem nicht mehr seine unterstützende und betreuende Funktion wahrnehmen und somit auch nicht mehr die Aufgabe des gesetzlichen Dauermandates erfüllen könnte. Der Bundesrat bittet die Bundesregierung daher, sich auf europäischer Ebene dafür einzusetzen, dass die Definition der "Unternehmen von öffentlichem Interesse" auf kapitalmarktorientierte Unternehmen beschränkt wird.
- 5. Der Bundesrat ist weiterhin der Auffassung, dass die vorgeschlagene Liberalisierung der Beteiligungsvorschriften weder zu einer Stärkung der Unabhängigkeit der Prüfer noch zu einer Verringerung der Konzentration auf dem Abschlussprüfermarkt beitragen wird. Daher lehnt der Bundesrat die vorgesehene Möglichkeit ab, Wirtschaftsprüfungsgesellschaften mit berufsfremdem Eigenkapital auszustatten. Eine dahingehende Liberalisierung könnte nämlich dazu führen, dass Abschlussprüfer oder ihre Gesellschaften in Abhängigkeit von Kapitalgebern gelangen könnten, welche wiederum einen Anreiz hätten, das Ergebnis der Abschlussprüfungen zu Gunsten von Renditezielen zu beeinflussen. Zudem ist davon auszugehen, dass die Öffnung für berufsfremdes Eigenkapital durch Erleichterung von Übernahmen zu einer stärkeren Konzentration auf dem Markt von kleinen und mittleren Wirtschaftsprüfern führen würde. Damit würde der bislang in diesem Segment gut funktionierende Wettbewerb behindert.
- 6. Der Bundesrat spricht sich außerdem dagegen aus, dass Prüfungen des Jahresabschlusses oder des konsolidierten Abschlusses, die von kleinen Unternehmen auf freiwilliger Basis durchgeführt werden, unter den Begriff "Abschlussprüfung" im Sinne der Richtlinie fallen sollen. Durch diese Neudefinition würden diese freiwilligen Prüfungen vollständig in den Anwendungsbereich der Richtlinie 2006/43/EG über Abschlussprüfungen von Jahresabschlüssen und konsolidierten Abschlüssen fallen und damit hinsichtlich Qualifikation, Zulassung, Prüfungsdurchführung (Anwendung der internationalen Prüfungsstandards), Berufsaufsicht und Qualitätskontrolle den in dieser Richtlinie vorgesehenen strengen Anforderungen unterliegen. Damit wäre der Mehrwert hinsichtlich der Qualität freiwilliger Abschlussprüfungen bei kleinen Unternehmen vor dem Hintergrund des zusätzlichen Verwaltungsaufwandes marginal. Weiterhin ist darauf hinzuweisen, dass die freiwilligen Prüfungen von den in der Richtlinie dargelegten Vorschlägen zur vereinfachten Prüfung von kleineren und mittleren Unternehmen nicht erfasst wären, da diese in der vorgeschlagenen Fassung nur für gesetzlich vorgeschriebene Pflichtprüfungen anzuwenden wären.
Zur BR-Drucksache 801/11 (PDF)
- 7. Der Bundesrat begrüßt die von der Kommission neben einer Richtlinie zur Änderung der Richtlinie 2006/43/EG über Abschlussprüfungen von Jahresabschlüssen und konsolidierten Abschlüssen (Abschlussprüferrichtlinie) vorgeschlagene Verordnung über spezifische Anforderungen an die Abschlussprüfung bei Unternehmen von öffentlichem Interesse als einen wesentlichen Beitrag zur weiteren Verbesserung der Qualität der Abschlussprüfungen und Wiederherstellung des Vertrauens des Marktes in die geprüften Abschlüsse.
(Entfällt bei Annahme von Ziffer 1)
- 8. Der Bundesrat lehnt die von der Kommission vorgesehene Regelung ab, dass zur Verbesserung der Qualität der Aufsicht über Abschlussprüfer nur eine zuständige Behörde pro Mitgliedstaat für die Wahrnehmung der in der Verordnung beschriebenen Aufgaben und Gewährleistung der Anwendung der Verordnungsbestimmungen benannt werden soll.
(Entfällt bei Annahme von Ziffer 1)
Er bittet die Bundesregierung deshalb, sich im weiteren Verfahren für eine Änderung in dem Sinne einzusetzen, dass die Aufsicht über Abschlussprüfer und Prüfungsgesellschaften im Hinblick auf Unternehmen von öffentlichem Interesse in den Mitgliedstaaten weiterhin auch bei mehreren öffentlichen Behörden oder Stellen liegen kann, so dass ein Fortbestehen langjährig bewährter Aufsichtsstrukturen auf mitgliedstaatlicher Ebene und damit in Deutschland möglich ist.
Die vorgeschlagene Zentralisierung ist nach Auffassung des Bundesrates ein zu weitgehender Eingriff in das Recht der Mitgliedstaaten zur internen Verwaltungsorganisation. Einer Umsetzung steht die in der föderalen Struktur wurzelnde und damit verfassungsrechtlich verankerte Zuständigkeitsverteilung zwischen dem Bund und den Ländern bei der Aufsicht über Abschlussprüfer entgegen, wonach die Prüfungsstellen der Sparkassen- und Giroverbände sowie die genossenschaftlichen Prüfungsverbände der Aufsicht der zuständigen Fachministerien der Länder unterstehen und die Beaufsichtigung der Wirtschaftsprüfer und Wirtschaftsprüfungsgesellschaften durch die Wirtschaftsprüferkammer erfolgt, die der Rechtsaufsicht des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie sowie seit dem Jahr 2005 zusätzlich der Fachaufsicht durch die Abschlussprüferaufsichtskommission unterliegt. Mit den von der Kommission vorgeschlagenen Vorgaben wäre das bislang praktizierte und bewährte System der öffentlichen Aufsicht über Abschlussprüfer und Prüfungsgesellschaften bei der Abschlussprüfung von Unternehmen von öffentlichem Interesse nicht mehr möglich. Zudem erscheint es wahrscheinlich, dass sich eine Zentralisierung auch nachteilig auf das seit Jahrzehnten bewährte Kammersystem in Deutschland auswirken könnte.
Auch geht die Vorgabe nur einer öffentlichen Aufsichtsbehörde für Abschlussprüfer und Prüfungsgesellschaften pro Mitgliedstaat weit über das mit dem Verordnungsvorschlag verfolgte Ziel hinaus und trägt dem Umstand nicht Rechnung, dass in Deutschland bereits ein bewährtes System zur Beaufsichtigung von Abschlussprüfern und Prüfungsgesellschaften den gegenwärtig geltenden Vorgaben des Artikels 32 der Abschlussprüferrichtlinie entsprechend praktiziert wird. Durch die vorgeschlagene Zentralisierung der öffentlichen Aufsicht über Abschlussprüfer und Prüfungsgesellschaften bei einer Behörde ließe sich kein deutlicher Mehrwert zur Verbesserung der Qualität der Abschlussprüfungen im Vergleich zur bisherigen Aufsichtsstruktur erzielen. Ein etwaiger Vorteil nur einer nationalen Behörde pro Mitgliedstaat als Ansprechpartnerin für die EU-Ebene oder Behörden anderer Mitgliedstaaten rechtfertigt es nach Auffassung des Bundesrates nicht, nur eine zuständige Behörde für die Aufsicht über Abschlussprüfer und Prüfungsgesellschaft pro Mitgliedstaat vorzuschreiben, so dass auf mitgliedstaatlicher Ebene bislang praktizierte und bewährte Aufsichtsstrukturen geändert werden müssen. Nach Einschätzung des Bundesrates erscheint eine Harmonisierung der Aufsichtsstruktur aber dann sinnvoll, wenn eine öffentliche Behörde als Ansprechpartnerin in dem zuvor genannten Sinn geschaffen wird - mit der Möglichkeit der Beibehaltung bisher gewachsener und bewährter Aufsichtsstrukturen auf mitgliedstaatlicher Ebene.
Außerdem bittet der Bundesrat die Bundesregierung, sich im weiteren Verfahren dafür einzusetzen, dass das gesetzliche Dauerprüfungsmandat der Prüfungsstellen der Sparkassen- und Giroverbände und genossenschaftlichen Prüfungsverbände in Kombination mit der staatlichen Beaufsichtigung dieser Einrichtungen von den vorgeschlagenen Vorgaben zum Wechsel des Abschlussprüfers und zur Ausschreibung des Prüfungsmandats ausgenommen werden, so dass diese bewährten und praktizierten Bestimmungen in Deutschland unverändert fortbestehen können. Nach Ansicht des Bundesrates sind die unter staatlicher Beaufsichtigung stehenden Prüfungsstellen der Sparkassen- und Giroverbände sowie genossenschaftlichen Prüfungsverbände mit Dauermandat weisungsunabhängige und eigenverantwortlich arbeitende Prüfungseinrichtungen, die sich in Deutschland bereits über einen langen Zeitraum hinweg ohne Anzeichen von Defiziten bewährt haben.
Der Verordnungsvorschlag der Kommission sieht zur Schaffung und Stärkung des Binnenmarktes für Prüfungsleistungen umfangreiche Bestimmungen zum Wechsel des Abschlussprüfers und zur Ausschreibung des Prüfungsmandats vor. Die Laufzeit des Prüfungsmandats soll eine Dauer von maximal sechs Jahren grundsätzlich nicht überschreiten dürfen, so dass die Abschlussprüfer und Prüfungsgesellschaften nach dieser Zeit extern rotieren müssen. Der Vergabe des Prüfungsmandats soll ein ordnungsgemäßes und insbesondere transparentes Ausschreibungsverfahren vorausgehen. Nach Auffassung des Bundesrates gehen diese Vorgaben weit über das mit dem Verordnungsvorschlag verfolgte Ziel hinaus. Sie berücksichtigen die in Deutschland bestehenden und bewährten Gegebenheiten der Abschlussprüfung im Sparkassen- und Genossenschaftswesen nicht, wonach den Prüfungsstellen der Sparkassen- und Giroverbände und den genossenschaftlichen Prüfungsverbänden gesetzlich ein dauerhaftes Mandat zur Prüfung ihrer Mitgliederinstitute in Kombination mit einer direkten staatlichen Beaufsichtigung dieser Prüfungseinrichtungen zugewiesen ist. Diese Einrichtungen nehmen ihre Prüfungstätigkeit kraft gesetzlicher Zuweisung und hoheitlich als öffentlichrechtlichen Auftrag wahr. Dabei haben sie nicht nur das Recht zur Prüfung, sondern auch die Pflicht zur Prüfung. Bereits durch diese gesetzlichen Vorgaben wird eine sehr hohe Prüfungsqualität sichergestellt. Außerdem sind sowohl die Prüfungsstellen der Sparkassen- und Giroverbände als auch die genossenschaftlichen Prüfungsverbände bei der Durchführung der Prüfungen unabhängig und eigenverantwortlich. Sie sind weisungsunabhängig in Bezug auf die Art und Weise oder das Ergebnis der Prüfungen. Auf Grund der gesetzlichen Zuweisung eines dauerhaften Prüfungsmandats an diese Einrichtungen, sind - etwa bei einem nachteiligen Prüfungsergebnis - ein Auswechseln des Abschlussprüfers durch die Bestellung eines anderen Abschlussprüfers zur Erzielung des gewünschten Prüfungsergebnisses sowie ein die Prüfung möglicherweise beeinflussendes Wiederbestellungsinteresse des Abschlussprüfers ausgeschlossen. Dem aus dem Dauermandat eventuell entstehenden Risiko von Prüfungsroutine wird wirksam durch einen regelmäßigen Wechsel des Prüfungsteams und des für die Prüfung verantwortlichen Wirtschaftsprüfers entgegengewirkt (interne Rotation). Indem das Dauermandat im Fortgang keine Einarbeitungszeit mehr erfordert und zu einem sehr hohen Wissensstand über die Situation der zu prüfenden Unternehmung führt, fördert es nach Auffassung des Bundesrates die Qualität der Prüfungen.
- 9. Der Bundesrat ist jedoch der Auffassung, dass die Einführung einer externen Rotationspflicht kein geeignetes Mittel darstellt, um die Qualität der Abschlussprüfungen zu verbessern. Erfahrungen in mehreren europäischen Ländern haben gezeigt, dass ein externer Rotationszwang nicht zu einer Verbesserung der Prüfungsqualität führen muss. Weiterhin ist darauf hinzuweisen, dass es gerade in den ersten Jahren der Neubestellung zu einer Reduktion der Prüfungsqualität und einem erhöhten Prüfungsaufwand bei den Unternehmen kommen könnte, da für die Prüfung notwendiges spezifisches Firmenwissen erst mittelfristig wieder aufgebaut werden kann.
- 10. Der Bundesrat lehnt die vorgesehene Deckelung des Umfangs prüfungsverwandter Leistungen auf 10 Prozent des beim betroffenen Mandanten anfallenden Prüfungshonorars ab. Viele der zulässigen prüfungsverwandten Leistungen sind für einen derartigen Honoraranteil nicht zu erbringen. Der gesetzliche Prüfungsauftrag in Deutschland beinhaltet gerade bei der Prüfung von Kreditinstituten und Versicherungsunternehmen teilweise fakultative Anforderungen (z.B. Depotprüfungen), die im Regelungsvorschlag als prüfungsverwandte Leistungen definiert werden und alleine schon regelmäßig die vorgesehene Deckelung übersteigen würden. Somit würde diese Deckelung entweder eine Anpassung der in Deutschland geltenden Anforderungen oder eine Auslagerung der prüfungsverwandten Leistungen an einen anderen Abschlussprüfer erforderlich machen.
B
- 11. Der Rechtsausschuss empfiehlt dem Bundesrat, von der Vorlage in BR-Drucksache 801/11 (PDF) gemäß §§ 3 und 5 EUZBLG Kenntnis zu nehmen.