828. Sitzung des Bundesrates am 24. November 2006
Der federführende Rechtsausschuss (R), der Agrarausschuss (A), der Gesundheitsausschuss (G) und der Wirtschaftsausschuss (Wi) empfehlen dem Bundesrat, zu dem Gesetzentwurf gemäß Artikel 76 Abs. 2 des Grundgesetzes wie folgt Stellung zu nehmen:
1. Zum Gesetzentwurf insgesamt
Der Bundesrat bittet, im weiteren Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens zu prüfen ob der in dem Entwurf mehrfach verwendete, dogmatisch verfehlte Begriff der "Vertragserklärung" (vgl. z.B. § 2 Abs. 2, § 7 Abs. 1, § 8 Abs. 1 Satz 1 VVG-E) durch die Wörter "auf den Vertragsschluss gerichtete Willenserklärung" ersetzt werden kann.
Begründung:
Die Bezeichnung "Vertragserklärung" ist missverständlich. Es wird nicht klar, welche Art von Erklärungen darunter zu verstehen sein sollen. Sie ist auch dogmatisch falsch, richtig ist die Formulierung "auf den Vertragsschluss gerichtete Willenserklärung". Diese knüpft an die §§ 130, 133 und 145 BGB an.
Der Begriff der "Vertragserklärung" findet sich bereits in § 312c Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 Nr. 1, § 312d Abs. 6, § 492 Abs. 1 Satz 5, Abs. 3, § 502 Abs. 1 Satz 1 BGB, § 1 Abs. 3 Satz 2 BGB-InfoV, § 48b Abs. 3 Satz 2 und § 48c Abs. 1 Satz 1 VVG. Um die Zivilrechtsdogmatik nicht weiter in Widersprüche zu verstricken, wird angeregt, auch die genannten Vorschriften entsprechend zu ändern.
2. Zu Artikel 1 (§ 6 Abs. 1 Satz 1 VVG)
In Artikel 1 § 6 Abs. 1 Satz 1 sind die Wörter ", auch unter Berücksichtigung eines angemessenen Verhältnisses zwischen Beratungsaufwand und der vom Versicherungsnehmer zu zahlenden Prämien," zu streichen.
Begründung:
Es macht keinen Sinn, dem Versicherer eine umfassende Beratungspflicht aufzuerlegen, um dann die Verpflichtung gleich wieder durch den Hinweis auf die Abhängigkeit des geschuldeten Beratungsumfangs von der Prämienhöhe einzuengen.
Maßgeblich für den Umfang der Beratung müssen in erster Linie die Komplexität des angebotenen Vertrages sowie das Vorverständnis des Versicherungsnehmers sein. Das Einräumen eines Kriteriums in Abhängigkeit von der Prämienhöhe birgt zudem die Gefahr, dass die Beratung auf solche Produkte gelenkt wird, die dem Versicherer größeren Profit versprechen, am erforderlichen Absicherungsbedarf des Kunden aber vorbeigehen. Diese Regelung sollte daher gestrichen werden.
gemeinsam mit Ziffer 18
3. Zu Artikel 1 (§ 6 Abs. 1, § 61 Abs. 1 VVG)
Der Bundesrat bittet, im weiteren Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens § 6 Abs. 1 und § 61 Abs. 1 VVG-E an Artikel 12 Abs. 3 der Richtlinie 2002/92/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. Dezember 2002 über Versicherungsvermittlung anzupassen.
Begründung:
Nach Artikel 12 Abs. 3 der Richtlinie 2002/92/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. Dezember 2002 über Versicherungsvermittlung (ABl. Nr. L 9 vom 15. Januar 2003, S. 3 ff.) - Versicherungsvermittlungsrichtlinie - hat der Versicherungsvermittler vor Abschluss eines Versicherungsvertrages, insbesondere anhand der vom Kunden gemachten Angaben, zumindest dessen Wünsche und Bedürfnisse sowie die Gründe für jeden diesem zu einem bestimmten Versicherungsprodukt erteilten Rat genau anzugeben. Diese Angaben sind der Komplexität des angebotenen Versicherungsvertrages anzupassen. § 61 Abs. 1 des Entwurfs setzt die Richtlinie insoweit nicht vollständig um.
Nach der Richtlinie sind die Wünsche und Bedürfnisse des Kunden sowie die Gründe für jeden diesem zu einem bestimmten Versicherungsprodukt erteilten Rat genau anzugeben (Artikel 12 Abs. 3 Satz 1 a. E. der Richtlinie). Hierbei handelt es sich um eine Mindestvorschrift, d.h. es können weitere Angaben erfolgen.
Die Einschränkung in Artikel 12 Abs. 3 Satz 2 der Richtlinie lässt diesen Mindestinhalt nicht entfallen, sie ermöglicht allenfalls eine erleichterte Darstellung.
Demgegenüber machen § 6 Abs. 1 und § 61 Abs. 1 VVG-E die Befragung des Kunden nach seinen Wünschen und Bedürfnissen, die Beratung sowie die Mindestangaben einer Dokumentation von mehreren Einschränkungen abhängig:
Einmal sind diese Maßnahmen nicht nötig, soweit nach der Schwierigkeit, die angebotene Versicherung zu beurteilen, oder nach der Person des Versicherungsnehmers und dessen Situation hierfür kein Anlass besteht. Zum anderen können sie entfallen, wenn ansonsten kein angemessenes Verhältnis zwischen Beratungsaufwand und der vom Versicherungsnehmer zu zahlenden Prämie bestünde.
Die Versicherer trifft zwar nicht die gleiche europarechtliche Pflicht wie die Versicherungsvermittler. Aus Verbraucherschutzgründen können ihre Pflichten jedoch nicht hinter denen der Vermittler zurückstehen.
Die in der Gegenäußerung der Bundesregierung zu § 42c Abs. 1 Satz 1 VVG-E in der Fassung des Entwurfs eines Gesetzes zur Neuregelung des Versicherungsvermittlerrechts (BT-Drs. 016/2475, S. 4) angegebene Begründung, dies sei der Kernpunkt eines Kompromisses zwischen Verbraucherschutzinteressen und der Belastung der Vermittler, trägt nicht. Dies gilt auch für die weitere Behauptung, durch die Streichung des "Anlassbezuges" für die Beratungs- und Dokumentationspflicht würde dem Vermittler die Möglichkeit genommen, den Aufwand individuell anzupassen. Denn die Zulässigkeit einer individuellen Anpassung der Dokumentationspflicht an die individuellen Umstände des Einzelfalls ist unstreitig. Die vorgeschlagene Regelung ermöglicht es allerdings dem Vermittler, seinen Mindestpflichten nicht nachzukommen und damit trotzdem bundesdeutschem Recht zu genügen. Dies ist mit der Richtlinie nicht vereinbar.
4. Zu Artikel 1 (§ 6 Abs. 4 Satz 1 VVG)
In Artikel 1 § 6 Abs. 4 Satz 1 ist nach der Angabe "Absatz 1 Satz 1" die Angabe "und 2" einzufügen.
Begründung:
Aus Gründen des Verbraucherschutzes sollte dem Versicherer außer der Verpflichtung zur anlassbezogenen weiteren Beratung nach Vertragsschluss konsequenterweise auch eine entsprechende Dokumentationspflicht auferlegt werden.
Wird der Versicherungsnehmer während der Laufzeit des Versicherungsvertrages auf Umstände hingewiesen, die ihn zu einer Vertragsänderung bzw. zum Abschluss eines neuen Vertrages veranlassen, sollte er auch den Nachweis einer sachgerechten Beratung durch den Versicherer in den Händen halten.
5. Zu Artikel 1 (§ 6 Abs. 5 Satz 2 VVG)
In Artikel 1 ist § 6 Abs. 5 Satz 2 zu streichen.
Begründung:
Die Schadenersatzpflicht des Versicherers für die Verletzung von Beratungspflichten muss uneingeschränkt gelten. Dies ergibt sich aus den Vorgaben der Versicherungsvermittlerrichtlinie. Diese schreibt in Artikel 4 Abs. 3 eine Berufshaftpflichtversicherung für Vermittler vor. Hiervon kann nach der genannten Vorschrift nur abgesehen werden, wenn der Versicherer, in dessen Auftrag der Vermittler tätig wird, uneingeschränkt für dessen Pflichtverletzung einsteht.
Der entsprechende Rechtsgedanke findet sich zudem auch im geltenden § 158c Abs. 1 VVG wieder. Satz 2 ist daher ersatzlos zu streichen.
6. Zu Artikel 1 (§ 7 Abs. 1 Satz 1 VVG)
In Artikel 1 § 7 Abs. 1 Satz 1 sind nach den Wörtern "dessen Vertragserklärung" die Wörter "die Höhe seiner Versicherungsprämie," einzufügen.
Begründung:
Die Aufnahme der Verpflichtung zur Mitteilung der Versicherungsprämie in die Vorschrift ist erforderlich, damit der Versicherungsnehmer vor Abgabe der Vertragserklärung genau die Höhe seiner zu zahlenden Versicherungsprämie kennt da diese ein Kernelement des Versicherungsvertrags ist.
7. Zu Artikel 1 (§ 7 Abs. 1 Satz 1a - neu - VVG)
In Artikel 1 § 7 Abs. 1 ist nach Satz 1 folgender Satz einzufügen:
"Der Versicherer ist verpflichtet, den Versicherungsnehmer auf Risiken, etwaige Deckungslücken oder Haftungshöchstgrenzen, die sich aus der Versicherung ergeben besonders hinzuweisen."
Begründung:
Die Verbraucher erkennen zumeist erst nach Eintreten eines Schadensfalls, wo die Lücken im Versicherungsschutz der von ihnen geschlossenen Versicherung sind. Um solche Informationslücken zu schließen, sollte dem Versicherer eine besondere Informationspflicht vor Abschluss der Versicherung auferlegt werden.
8. Zu Artikel 1 ( § 7 Abs. 1 VVG)
Der Bundesrat bittet, im weiteren Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens zu prüfen ob an dem bislang nach den §§ 5a und 48b VVG gesetzlich zulässigen, bewährten sachgerechten und unbürokratischen "Policenmodell" dadurch festgehalten werden kann, dass der Vertrag erst nach einem bestimmten Zeitraum ab Übermittlung der vorgeschriebenen Informationen als geschlossen gilt.
Begründung:
Das bislang zulässige "Policenmodell", wonach die vorgeschriebenen Informationen erst bei Vertragsschluss, in der Regel mit der Übersendung des Versicherungsscheins, erteilt werden dürfen und dem Versicherungsnehmer ein Widerspruchsrecht von 14 Tagen (bzw. bei Lebensversicherungsverträgen von 30 Tagen) nach Überlassung der Unterlagen in Textform gewährt wird (vgl. § 5a VVG), ermöglicht es den Versicherern, mit den Kunden einen Vertrag zu schließen ohne diesen bereits vor Antragstellung die vollständigen Vertragsbestimmungen und Allgemeinen Versicherungsbedingungen zu übermitteln. Mit seiner Police erhält der Versicherungsnehmer die gesamten Unterlagen, erst dann beginnt die Frist zur Ausübung seines gesetzlich eingeräumten Widerrufsrechts.
Direktversicherungsunternehmen, welche ihre Kunden nicht durch einen persönlichen Kontakt ihrer Mitarbeiter werben, sondern ihr Vertriebskonzept schwerpunktmäßig auf die postalische Versendung von Verkaufsanschreiben stützen sind auf den Erhalt des "Policenmodells" wirtschaftlich in besonderem Maße angewiesen. Müssten die vollständigen Vertragsunterlagen - wie in Artikel 7 Abs. 1 VVG-E vorgesehen - stets mit dem ersten Werbeschreiben versandt werden, würde sich dies in spürbar höheren Portogebühren der Direktversicherer ausdrücken, ohne dass der potenzielle Kunde irgendwelche Vorteile hätte. Diese zusätzlichen Kosten müssten letztlich die Versicherungsnehmer in Gestalt höherer Prämien tragen. Um diese Konsequenzen zu vermeiden und gleichzeitig dem Schutzbedürfnis der Versicherungsnehmer gerecht zu werden könnte eine Regelung geschaffen werden, wonach der Zeitpunkt des Vertragsschlusses erst einige Zeit nach Übermittlung der notwendigen Informationen eintritt. Dies dürfte auch mit den europarechtlichen Vorgaben (vgl. Richtlinie 92/49/EG, Richtlinie 2002/65/EG und Richtlinie 2002/83/EG) vereinbar sein da dort auf den Abschluss des Versicherungsvertrages bzw. auf die Bindung an den Vertrag abgestellt wird. Um europarechtlichen Anforderungen gerecht zu werden, sollte allerdings - abweichend von der jetzigen Regelung in § 5a Abs. 1 Satz 1 VVG - der Vertrag explizit erst nach dem Ablauf der Überlegungsfrist als geschlossen gelten.
bei Annahme entfällt Ziffer 11 Buchstabe a und b; die Begründung zu Ziffer 9 sowie Ziffer 11 Buchstabe c und d sind redaktionell anzupassen
9. Zu Artikel 1 (§ 7 Abs. 1 Satz 3 VVG)
In Artikel 1 § 7 Abs. 1 Satz 3 sind die Wörter "; dies gilt auch, wenn der Versicherungsnehmer durch eine gesonderte schriftliche Erklärung auf eine Information vor Abgabe seiner Vertragserklärung ausdrücklich verzichtet" zu streichen.
Begründung:
Die zu streichende Vorschrift räumt dem Versicherungsnehmer die Möglichkeit ein auf die in Absatz 1 Satz 1 genannte Mitteilung von Informationen vor Abgabe der Vertragserklärung zu verzichten. In der Begründung hierzu wird auf das Leitbild des mündigen Verbrauchers verwiesen, dem es freigestellt werden soll, inwieweit er sich beraten und informieren lassen will. Ein "mündiger" Verbraucher kann jedoch nur dann eine eigenverantwortliche Entscheidung treffen wenn er rechtzeitig vor Abgabe seiner Willenserklärung umfassend informiert ist. Deshalb wird ein vernünftiger Verbraucher auf diese Informationen nicht verzichten wollen. Dies gilt für einen unsicheren und uninformierten Verbraucher umso mehr, dessen Unwissenheit durch die Möglichkeit, auf Informationen zu verzichten, noch befördert würde. [Außerdem ist nicht auszuschließen dass die Verzichtsmöglichkeit von einzelnen Versicherern genutzt wird, die Verbraucher formularmäßig zu einem Verzicht zu bewegen und auf diese Weise entgegen der Intention des Gesetzgebers gleichsam durch die Hintertür das "Policenmodell" beizubehalten. Diese Gefahren sind als erheblich schwerwiegender einzustufen als die mit der Streichung der Verzichtsmöglichkeit verbundene Einschränkung der Gestaltungsmöglichkeiten des Versicherungsnehmers.] Es ist dann allerdings seine Sache, inwieweit er sich mit den übermittelten Informationen beschäftigt; entscheidend ist vielmehr, dass ihm die Gelegenheit zur Kenntnisnahme in jedem Falle gegeben wird.
[ist bei Annahme von Ziffer 8 redaktionell anzupassen]
10. Zu Artikel 1 (§ 7 Abs. 6 - neu - VVG)
In Artikel 1 ist dem § 7 folgender Absatz 6 anzufügen:
(6) Verletzt der Versicherer seine Informationspflichten nach Absatz 1 oder 2, ist er dem Versicherungsnehmer zum Ersatz des daraus entstandenen Schadens verpflichtet. Ferner stehen ihm insoweit vertragliche Rechte nicht zu, die an ein Verhalten oder Unterlassen des Versicherungsnehmers anknüpfen, welches durch die entsprechende Information hervorgerufen oder verhindert werden soll. Dies gilt nicht, wenn der Versicherer nachweist, dass das Verhalten oder Unterlassen des Versicherungsnehmers grob fahrlässig oder vorsätzlich war."
Begründung:
Bei Verletzung der Informationspflichten sollen im Gesetzentwurf die daraus resultierenden Rechtsfolgen geregelt werden.
11. Zu Artikel 1 ( § 7 VVG)
- a) Der Bundesrat begrüßt ausdrücklich die mit § 7 VVG-E bezweckte Abschaffung des "Policenmodells", bei dem der Versicherungskunde detaillierte Informationen zum Vertrag erst mit der Zusendung des Versicherungsscheins (Police) erhält. Das Fehlen wesentlicher Informationen vor Vertragsabschluss birgt die Gefahr, dass Verbraucher ihre Entscheidungen hinsichtlich der angebotenen Versicherungsprodukte eher zufällig und nicht bewusst treffen.
- b) Mit der Einführung vorvertraglicher Informationspflichten der Versicherer unmittelbar im Vertragsrecht wird dagegen sichergestellt, dass der Kunde das Angebot auf der Basis von Vorabinformationen hinreichend beurteilen und folglich seine Entscheidungen in Kenntnis aller Umstände treffen kann. Die vorherige Informationserteilung ermöglicht ein bedarfs- und zielgerichtetes Agieren der Verbraucher auf dem Versicherungsmarkt; sie mindert das Risiko individueller Fehlentscheidungen und schafft Vertrauen in das Marktangebot.
- c) Um den Vergleich der im Wettbewerb stehenden Anbieterprodukte zu ermöglichen sollte die nach § 7 Abs. 2 VVG-E zu erlassende Informationspflichtenverordnung daher alle wesentlichen Inhalte und Aspekte der Angebotsinformationen der Versicherer definieren und vorgeben. Dazu gehören nach Ansicht des Bundesrates mindestens Kriterien wie z.B. Versicherungsmodule mit entsprechenden Teilprämienangaben.
- d) In Bezug auf Kapital bildende Versicherungen ist der Bundesrat der Auffassung, dass die gemäß Informationspflichtenverordnung vom Versicherer zu überlassenden Informationen den Verbraucher in die Lage versetzen müssen, sich ein Bild von den wesentlichen Produkteigenschaften zu machen (insbesondere Sicherheit, Rentabilität und Verfügbarkeit, Besteuerung).
Buchstabe a und b entfallen bei Annahme von Ziffer 8, Buchstabe c und d sind dann redaktionell anzupassen
12. Zu Artikel 1 (§ 15a - neu - VVG)
In Artikel 1 ist nach § 15 folgender § 15a einzufügen:
§ 15a Anpassung unwirksamer Versicherungsbedingungen
- (1) Ist eine Bestimmung in Versicherungsbedingungen des Versicherers durch höchstrichterliche Entscheidung oder durch einen bestandskräftigen Verwaltungsakt für unwirksam erklärt worden, kann sie der Versicherer durch eine neue Regelung ersetzen, wenn dies zur Fortführung des Vertrags notwendig ist oder wenn das Festhalten an dem Vertrag ohne neue Regelung für eine Vertragspartei auch unter Berücksichtigung der Interessen der anderen Vertragspartei eine unzumutbare Härte darstellen würde. Die neue Regelung ist nur wirksam wenn sie unter Wahrung des Vertragsziels die Belange der Versicherungsnehmer angemessen berücksichtigt.
- (2) Die neue Regelung nach Absatz 1 wird zwei Wochen nach der Benachrichtigung des Versicherungsnehmers von der Änderung und der hierfür maßgeblichen Gründe Vertragsbestandteil."
Begründung:
Die Aufnahme einer gesetzlichen Anpassungsregelung erscheint für alle Versicherungszweige notwendig da Versicherungsverträge in der Praxis regelmäßig eine lange Laufzeit aufweisen. Wird eine Klausel höchstrichterlich beziehungsweise durch bestandskräftigen Verwaltungsakt für unwirksam erklärt, sollte für den Versicherer die Möglichkeit bestehen, unter engen Voraussetzungen die unwirksame Bedingung zu ersetzen. Da von der unwirksamen Bedingung grundsätzlich eine Vielzahl von Verträgen betroffen ist, erscheint es sachgerecht wenn in diesen speziellen Fällen nicht durch zahlreiche Individualvereinbarungen eine Neuregelung herbeigeführt werden muss. Eine Anpassungsmöglichkeit ist nicht nur für den Fall angezeigt, dass dies zur Fortführung des Vertrags notwendig ist, sondern auch, wenn das Festhalten an dem Vertrag für eine Partei eine unzumutbare Härte darstellen würde, da eine Unwirksamkeit des Vertrags nach § 306 Abs. 3 BGB vermieden werden sollte.
Als Folge müssten § 164 VVG-E gestrichen und in § 203 Abs. 4 VVG-E die Angabe "§ 164" durch die Angabe "§ 15a" ersetzt werden.
13. Zu Artikel 1 (§ 23 Abs. 4 - neu - VVG)
In Artikel 1 ist dem § 23 folgender Absatz 4 anzufügen:
- (4) Will sich der Versicherer auf eine Gefahrerhöhung berufen, so hat er den Versicherungsnehmer einmal je Versicherungsjahr darauf hinzuweisen, wie dieser den Eintritt von Gefahrerhöhungen erkennen kann und dass dieser verpflichtet ist eingetretene Gefahrerhöhungen dem Versicherer unverzüglich mitzuteilen."
Begründung:
Gefahrerhöhungen können durch Handlungen des Versicherungsnehmers, aber auch durch die allgemeine wirtschaftliche Entwicklung und durch allgemeine Veränderungen im Umfeld des versicherten Risikos begründet sein. Gleichwohl ist der Versicherte verpflichtet sie mitzuteilen. Dies geht in der Alltagsroutine häufig unter.
Da die Mitteilung einer Gefahrerhöhung für den Versicherer in der Regel zu einer Prämienerhöhung führt, ist es nicht unbillig, den Versicherer zu verpflichten, den Versicherungsnehmer in festgelegtem Umfange auf diese Obliegenheit hinzuweisen.
Die Regelung ist ferner geeignet, die Gerichte zu entlasten.
14. Zu Artikel 1 (§ 24 Abs. 1 Satz 2 VVG)
In Artikel 1 § 24 Abs. 1 Satz 2 sind der abschließende Punkt durch ein Komma zu ersetzen und folgende Wörter anzufügen:
- sofern er nachweist, dass er den Vertrag bei entsprechend erhöhter Gefahr nicht geschlossen hätte.
Begründung:
Es ist sicherzustellen, dass die Kündigung des Versicherers wegen Gefahrerhöhung auch tatsächlich auf den Verstoß des Versicherungsnehmers zurückzuführen ist und dieser nicht als willkommener Anlass genommen wird, aus anderen - unzulässigen - Erwägungen heraus zu kündigen, ohne diese anführen zu müssen.
Es ist nicht sachfremd anzunehmen, dass ein Abschluss des Versicherungsvertrages regelmäßig auch bei von vornherein bekannter höherer Gefahr stattgefunden hätte.
15. Zu Artikel 1 (§ 29a - neu - VVG)
In Artikel 1 ist nach § 29 folgender § 29a einzufügen:
§ 29a Kenntnis anderer Versicherer
- Der Versicherer muss sich die Kenntnis von Daten des Versicherungsnehmers eines anderen, demselben Konzern angehörigen Versicherers zurechnen lassen, wenn er Veranlassung hatte und in der Lage war, die bei dem anderen Versicherer gespeicherten Daten abzurufen."
Begründung:
Der Vorschlag der Kommission zur Reform des Versicherungsvertragsrechts (vgl. § 32 des Kommissionsentwurfs) zur Zurechnung der Kenntnis anderer Versicherer sollte mit der Maßgabe übernommen werden, dass eine Nachfragepflicht zwischen Versicherern, die dem selben Konzern angehören, statuiert wird. Gerade bei Verletzung der Anzeigepflicht berufen sich in der Praxis Versicherungsnehmer sehr häufig auf die Kenntnis des Versicherers auf Grund von Vorkommnissen im Zusammenhang mit anderen Versicherungsverträgen, da ihnen insbesondere die Spartentrennung kein Begriff ist. Besonders häufig ist dies zu beobachten, wenn Versicherungsnehmer eine weitere Personenversicherung bei einem Versicherer abschließen, bei dem sie z.B. bereits eine Krankenversicherung unterhalten. Erstattet der Krankenversicherer die Kosten für eine bestimmte Behandlung, so ist es für den Versicherten keinesfalls selbstverständlich dass er die der Behandlung zu Grunde liegende Erkrankung bei Abschluss einer Berufsunfähigkeitsversicherung angeben muss. Gehören die Versicherer demselben Konzern an, sollten sie zu dem von den Versicherungsnehmern unterstellten und technisch unschwer möglichen Informationsaustausch angehalten werden.
16. Zu Artikel 1 ( § 41 Satz 1 VVG)
In Artikel 1 § 41 Satz 1 sind die Wörter "kann der Versicherungsnehmer verlangen, dass die Prämie ab Zugang des Verlangens beim Versicherer angemessen herabgesetzt wird" durch die Wörter "hat der Versicherer unverzüglich nach Kenntniserlangung hiervon die Prämie in entsprechendem Umfang herabzusetzen" zu ersetzen.
Begründung:
Mit dem Wegfall gefahrerhöhender Umstände verringert sich das zu versichernde Risiko. Folglich hat der Versicherer keinen Anspruch mehr auf eine Prämie in der dem höheren Risiko entsprechenden Höhe. Aus Verbrauchersicht erscheint es unbillig, dass der Versicherungsnehmer in diesem Fall selbst aktiv werden und die Herabsetzung der Prämie verlangen muss. Da üblicherweise Kostenerhöhungen von den Versicherern unverzüglich an die Kunden weitergegeben werden ist es den Versicherern zumutbar, auch im umgekehrten Fall für eine unverzügliche Anpassung zu sorgen. Andernfalls besteht die Gefahr, dass die Versicherungen den in aller Regel bestehenden Informationsvorsprung gegenüber den Versicherten ausnutzen und sich letztlich ungerechtfertigt bereichern, solange die Versicherungsnehmer nicht ihr Verlangen nach Prämiensenkung artikulieren.
bei Annahme entfällt Ziffer 17
17. Zu Artikel 1 ( § 41 Satz 1 VVG)
In Artikel 1 § 41 Satz 1 sind nach dem Wort "Versicherer" die Wörter "oder ab dessen Kenntnis" einzufügen.
Begründung:
Hat der Versicherer Kenntnis, dass bestimmte gefahrerhöhende Umstände weggefallen oder bedeutungslos geworden sind, so entspricht es der Billigkeit, dass der Beitrag auch dann herabgesetzt wird, wenn dies der Versicherungsnehmer nicht beantragt hat.
entfällt bei Annahme von Ziffer 16
18. Zu Artikel 1 (§ 61 Abs. 1 Satz 1 VVG)
In Artikel 1 § 61 Abs. 1 Satz 1 sind die Wörter", auch unter Berücksichtigung eines angemessenen Verhältnisses zwischen Beratungsaufwand und der vom Versicherungsnehmer zu zahlenden Prämien," zu streichen.
Begründung:
Es macht keinen Sinn, dem Versicherungsvermittler eine umfassende Beratungspflicht aufzuerlegen um dann die Verpflichtung gleich wieder durch den Hinweis auf die Abhängigkeit des geschuldeten Beratungsumfangs von der Prämienhöhe einzuengen. Maßgeblich für den Umfang der Beratung müssen in erster Linie die Komplexität des angebotenen Vertrages sowie das Vorverständnis des Versicherungsnehmers sein. Das Einräumen eines Kriteriums der Abhängigkeit von der Prämienhöhe birgt zudem die Gefahr, dass die Beratung auf solche Produkte gelenkt wird, die dem Versicherungsvermittler eine höhere Abschlussprovision versprechen, am erforderlichen Absicherungsbedarf des Kunden aber vorbeigehen. Diese Regelung sollte daher gestrichen werden.
gemeinsam mit Ziffer 2
19. Zu Artikel 1 (§ 77 Abs. 3 - neu - VVG)
In Artikel 1 ist dem § 77 folgender Absatz 3 anzufügen:
- (3) Vor dem Abschluss eines Versicherungsvertrages hat der Versicherer den Versicherungsnehmer auf dessen nach den Absätzen 1 und 2 bestehende Verpflichtung hinzuweisen.
Begründung:
Aus Gründen des Verbraucherschutzes wird vorgeschlagen, dass der Versicherer vor einem Vertragsabschluss den Versicherungsnehmer auf die Mitteilungspflichten über mehrere Versicherungen hinzuweisen hat, um diesen vor hieraus möglicherweise resultierenden Problemen zu warnen. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass ein mündiger Verbraucher - ausgehend von seinem Recht der Vertragsfreiheit und seiner Privatautonomie - sich der in Absatz 1 normierten Pflicht nicht hinreichend bewusst ist.
20. Zu Artikel 1 (§ 92 Abs. 1a - neu - VVG)
In Artikel 1 § 92 ist nach Absatz 1 folgender Absatz 1a einzufügen:
- (1a) Das Kündigungsrecht des Versicherers nach Absatz 1 ist auf Fälle beschränkt, in denen der Versicherungsnehmer mindestens fahrlässig
- 1. den Versicherungsfall herbeigeführt hat oder
- 2. im Zusammenhang mit dem Eintritt des Versicherungsfalls eine vertragliche Obliegenheit verletzt oder eine Gefahrerhöhung vorgenommen oder geduldet hat."
Begründung:
Das Kündigungsrecht des Versicherers nach Eintritt eines Schadensfalls erscheint aus Sicht eines Versicherungsnehmers, der regelmäßig seine Prämien gezahlt hat und sich nichts hat zu schulden kommen lassen, ungerecht. Es ist nicht ersichtlich, warum als Kündigungsgrund allein der Anlass herhalten soll, der überhaupt zum Abschluss der Versicherung geführt hat. Das Kündigungsrecht des Versicherers sollte daher auf Fälle beschränkt werden, in denen der Versicherungsnehmer den Schadensfall zumindest fahrlässig herbeigeführt, Obliegenheiten nicht erfüllt oder Gefahrerhöhungen vorgenommen oder geduldet hat und dies auf den Eintritt des Schadensfalls oder auf die Schadenermittlung Einfluss gehabt hat.
21. Zu Artikel 1 ( § 105 VVG)
Der Bundesrat bittet, im weiteren Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens zu prüfen ob die derzeit geltende Regelung des § 154 Abs. 2 VVG, wonach die Vereinbarung der Leistungsfreiheit des Versicherers im Falle eines Anerkenntnisses des Versicherungsnehmers grundsätzlich möglich ist, aufrechterhalten werden kann, soweit nicht Verbraucher betroffen sind.
Begründung:
Die Aufrechterhaltung der derzeit in § 154 Abs. 2 VVG niedergelegten Rechtslage ist insbesondere erforderlich, um die Versicherungsnehmer vor für sie nachteilhaften Anerkenntnissen zu schützen. Sollte die Vereinbarung der Leistungsfreiheit des Versicherers im Falle eines Anerkenntnisses des Versicherungsnehmers nicht mehr möglich sein, ist auf Grund der dann fehlenden Warnfunktion der entsprechenden Bestimmung mit einem Anstieg von Anerkenntnissen zu rechnen, die der tatsächlichen Rechtslage möglicherweise nicht entsprechen und zu einer Inanspruchnahme des Versicherungsnehmers führen.
Gerade im gewerblichen Bereich wird seitens der Geschädigten häufig massiv auf ein Anerkenntnis des Versicherungsnehmers gedrungen. Diesem Druck konnte sich ein Versicherungsnehmer bislang durch Verweis auf die Versicherungsbedingungen entziehen welche im Falle eines Anerkenntnisses Leistungsfreiheit des Versicherers vorgesehen haben. Sollte eine solche Bestimmung nicht mehr möglich sein, dürften Versicherungsnehmer im Vertrauen auf das Einstehen des Versicherers weit häufiger zur Abgabe eines Anerkenntnisses neigen selbst wenn die Gefahr der eigenen Haftung für über die tatsächliche Rechtslage hinausgehende Ansprüche bekannt ist.
22. Zu Artikel 1 (§ 114 Abs. 2 Satz 1 VVG)
Der Bundesrat bittet, im weiteren Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens klarzustellen, dass mit der Formulierung "soweit dadurch die Erreichung des jeweiligen Zwecks der Pflichtversicherung nicht gefährdet wird" Risikobegrenzungen in der Pflichtversicherung künftig möglich bleiben. In diesem Zusammenhang bittet der Bundesrat auch um Klarstellung, dass - im Falle der Einführung eines Direktanspruchs im Bereich der Pflichtversicherung - dieser Direktanspruch jedenfalls im Umfang der vertraglichen Deckungsbegrenzungen beschränkt ist.
Begründung:
Der Entwurf sieht vor, dass im Pflichtversicherungsvertrag Risikobegrenzungen künftig nur noch insoweit zulässig sind, als sie die Erreichung des jeweiligen Zwecks der Pflichtversicherung nicht gefährden oder durch Rechtsvorschrift ausdrücklich etwas anderes bestimmt ist. Damit soll der angestrebte Drittopferschutz gesichert werden.
Es liegt im Wesen einer Pflichtversicherung, das Drittopfer möglichst umfassend zu schützen. Eine Beschränkung der Leistungspflicht im Außenverhältnis auf bestimmte Risiken wäre für den Dritten nicht erkennbar und entspräche daher meist nicht dem Zweck der Pflichtversicherung. Es besteht somit die Gefahr, dass § 114 Abs. 2 Satz 1 VVG-E von der Versicherungsaufsicht so ausgelegt wird, dass Risikobegrenzungen künftig vollkommen unzulässig sind.
Dies ist jedoch auch nach der Entwurfsbegründung nicht gewollt. Eine sinnvolle Begrenzung des Versicherungsschutzes muss im Interesse der Versichertengemeinschaft weiterhin möglich sein. Anderenfalls ist mit einer nicht unerheblichen Erhöhung der Beiträge für die Versicherten in vielen Bereichen der Pflichtversicherung zu rechnen.
Sollte - wie in § 115 VVG-E vorgesehen - im Bereich der Pflichtversicherung ein Direktanspruch des Geschädigten gesetzlich vorgeschrieben werden, muss deshalb auch dieser Anspruch in Höhe der Deckungsbegrenzungen beschränkt werden.
23. Zu Artikel 1 (§ 127 Abs. 1 Satz 1 VVG)
In Artikel 1 § 127 Abs. 1 Satz 1 sind die Wörter "aus dem Kreis der Rechtsanwälte, deren Vergütung der Versicherer nach dem Versicherungsvertrag trägt," zu streichen.
Begründung:
§ 127 Abs. 1 schränkt die freie Anwaltswahl bei der Rechtsschutzversicherung auf den Kreis derjenigen Anwälte ein, deren Vergütung der Versicherer trägt.
Das widerspricht dem Grundsatz der freien Anwaltswahl.
Dem Versicherungsnehmer muss zustehen, hier seine eigene Wahl treffen zu dürfen.
24. Zu Artikel 1 (§ 153 Abs. 1 Satz 1, 2 - neu - VVG)
Artikel 1 § 153 Abs. 1 ist wie folgt zu ändern:
- a) In Satz 1 sind nach dem Wort "steht" die Wörter "bei der Kapitalversicherung" einzufügen.
- b) Folgender Satz ist anzufügen:
"Dies gilt nicht für Zusatzversicherungen".
Begründung:
Die Regelungen zur Überschussbeteiligung sind in Übereinstimmung mit der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 26. Juli 2005 (1 BvR 80/95) auf den Bereich der kapitalbildenden Lebensversicherung mit Überschussbeteiligung zu beschränken, da Bewertungsreserven nur für Zinsüberschüsse relevant sind. Für sonstige Versicherungen ist die Zinsüberschussbeteiligung dagegen regelmäßig von geringer Bedeutung. Dies gilt auch für die Zusatzversicherungen.
25. Zu Artikel 1 (§ 153 Abs. 3 Satz 1a - neu - VVG)
In Artikel 1 § 153 Abs. 3 ist nach Satz 1 folgender Satz einzufügen:
- Bewertungsreserven aus festverzinslichen Anlagen werden berücksichtigt, soweit sie fällig sind.
Begründung:
Es ist sicherzustellen, dass Bewertungsreserven aus festverzinslichen Anlagen bei der Überschussbeteiligung nicht erfasst werden. Sie lösen sich regelmäßig nach Zeitablauf, d.h. spätestens mit Fälligkeit auf. Der Versicherungsnehmer partizipiert an diesen Reserven durch die laufende Überschussbeteiligung.
26. Zu Artikel 1 (§ 158 Abs. 1 Satz 2 - neu -, § 181 Abs. 1 Satz 2 - neu - VVG)
In Artikel 1 ist dem § 158 Abs. 1 und dem § 181 Abs. 1 jeweils folgender Satz anzufügen:
- Die Änderung des Gesundheitszustandes gilt nicht als Gefahrerhöhung.
Begründung:
Der Versicherungsnehmer benötigt Rechtssicherheit, dass die nicht vorhersehbare Entwicklung seines Gesundheitszustandes seinen Versicherungsschutz nicht gefährdet.
27. Zu Artikel 1 (§ 165 Abs. 1 Satz 1 VVG)
In Artikel 1 § 165 Abs. 1 Satz 1 sind nach dem Wort "prämienfreie" die Wörter "oder prämienreduzierte" einzufügen.
Begründung:
Den Versicherungsnehmern sollte neben der prämienfreien Versicherung ausdrücklich auch die Reduzierung der Versicherungsprämie ermöglicht werden.
Dies ist insbesondere für solche Versicherungsnehmer von Bedeutung, die ihre ursprünglich rein private Altersvorsorge nach Eintritt einer gesetzlichen Rentenversicherungspflicht nicht mehr in voller Höhe fortsetzen können, gleichwohl aber einer ergänzenden privaten Altersvorsorge bedürfen.
bei Annahme entfällt Ziffer 28
28. Zu Artikel 1 ( § 165 VVG)
Der Bundesrat regt an, im weiteren Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens im Bereich der Lebensversicherung die Einführung eines gesetzlichen Anspruchs der Versicherungsnehmer auf eine prämienreduzierte Versicherung zu prüfen.
Begründung:
Sowohl in § 165 VVG-E als auch im bisherigen § 174 VVG ist nur die Möglichkeit des Versicherungsnehmers vorgesehen, eine prämienfreie Versicherung zu verlangen. Insbesondere für solche Versicherungsnehmer, die ihre ursprünglich rein private Altersvorsorge nach Eintritt einer gesetzlichen Rentenversicherungspflicht nicht mehr in voller Höhe fortsetzen können, gleichwohl aber einer ergänzenden privaten Altersvorsorge bedürfen, sollte die Möglichkeit einer Prämienreduzierung bestehen. Die Möglichkeit der Prämienfreistellung der Versicherung ist in diesen Fällen zu weit gehend.
entfällt bei Annahme von Ziffer 27
29. Zu Artikel 1 ( § 192 Abs. 2 VVG)
In Artikel 1 § 192 Abs. 2 sind die Wörter "auffälligen Missverhältnis" durch die Wörter "unangemessenen Verhältnis" zu ersetzen.
Begründung:
Die im Gesetzentwurf vorgesehene Formulierung "in einem auffälligen Missverhältnis" greift das Wucherverbot in § 138 Abs. 2 BGB auf und stellt die derzeitige Rechtslage nach dem Urteil des Bundesgerichtshofs aus dem Jahr 2003 klar. Danach können Ansprüche nur gekürzt werden, wenn das medizinisch notwendige Maß der Heilbehandlung überschritten wurde. Bis zur Grenze des Wucherverbots ist dies allerdings nicht möglich, wenn überhöhte Preisforderungen gestellt werden.
Entsprechend der Empfehlung der VVG-Kommission - und der anerkannten Rechtslage vor dem BGH-Urteil - ist ein Wirtschaftlichkeitsgebot in die Regelung zum Übermaßverbot aufzunehmen, damit die Versicherten überhöhte Preisforderungen nicht über Prämienanpassungen refinanzieren müssen. Dies gilt umso mehr mit Blick auf die durch die geplante Einführung des Basistarifs ohnehin zu erwartenden Prämienerhöhungen für alle PKV-Versicherten und damit auch für viele Personen, die nicht zu den sogenannten Besserverdienenden gehören.
Entgegen der Begründung des Gesetzentwurfs ist nicht ersichtlich, weshalb diese Regelung nicht auch mit Wirkung für bereits bestehende Krankenversicherungsverträge eingeführt werden kann, da nur die bis zum Urteil des BGH allgemein anerkannte Rechtslage wieder hergestellt wird.
30. Zu Artikel 1 (§ 192 Abs. 5 Satz 2 - neu - VVG)
In Artikel 1 ist dem § 192 Abs. 5 folgender Satz anzufügen:
- Vereinbarungen, nach denen der Versicherer bei einer nur teilweisen Arbeitsunfähigkeit oder einer nur teilweisen Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit zur Leistung nicht verpflichtet ist, sind insoweit unwirksam, als der aus der teilweisen Arbeitsunfähigkeit resultierende Einkommensausfall 50 Prozent des Einkommens unterschreitet das bei vollständiger Arbeitsfähigkeit erzielt worden wäre.
Begründung:
Verdienstausfall muss unter besonderen Bedingungen auch bei teilweiser Arbeitsunfähigkeit oder teilweiser wiederhergestellter Arbeitsfähigkeit gezahlt werden. Die Wiederaufnahme von Arbeit bei teilweise wiederhergestellter Arbeitsfähigkeit liegt im Interesse von Versicherungsnehmern und Versicherern und muss gefördert werden und sollte keinesfalls wegen der Gefahr des Verlustes von Leistungen verzögert werden.
31. Zu Artikel 2 Nr. 2 (Artikel 1 Abs. 3 EGVVG)
Der Bundesrat bittet, im weiteren Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens zu prüfen, ob eine Anpassung der von den Versicherern in Altverträgen verwendeten Allgemeinen Versicherungsbedingungen an die Vorschriften des neuen Versicherungsvertragsgesetzes auch erreicht werden kann, ohne dass den Versicherungsgesellschaften eine Pflicht zur Änderung ihrer sämtlichen Vertragsbedingungen auferlegt wird.
- 32. Hilfsweise wird darum gebeten, die an die Versicherer gerichtete Frist zur Anpassung der Allgemeinen Versicherungsbedingungen für Altverträge um mindestens ein Jahr, d.h. bis zum 1. Januar 2010, zu verlängern.
Begründung:
Die Anpassung von etwa 280 Millionen Bestandsverträgen alleine in der Schadensversicherung an die Vorschriften des neuen Versicherungsvertragsgesetzes erfordert eine Umstellung unterschiedlichster Bedingungsgenerationen.
Jede Vertragsgeneration muss speziell geprüft und angepasst werden, eine pauschale Umstellung ist nicht zulässig. Dies erfordert einen enormen bürokratischen Aufwand. Denkbar wäre eine Regelung, die bestehende Versicherungsbedingungen unter Berücksichtigung des fiktiven Willens der Vertragsparteien für den Fall der Kenntnis der neuen Rechtslage auslegt.
Ein Zeitraum von einem Jahr ab dem geplanten Inkrafttreten des neuen Versicherungsvertragsgesetzes am 1. Januar 2008 erscheint für eine Anpassung durch die Versicherungen jedenfalls nicht ausreichend.
33. Zu Artikel 2 Nr. 2 (Artikel 4 Abs. 2 EGVVG)
In Artikel 2 Nr. 2 ist Artikel 4 Abs. 2 zu streichen.
Begründung:
Gemäß Artikel 4 Abs. 2 EGVVG-E soll die neue Rückkaufswertregelung (§ 169 VVG-E) einschließlich der hieran anknüpfenden Vorschriften der §§ 165 und 166 VVG-E ab dem 1. Januar 2008 auch auf bestehende Versicherungsverträge ausgedehnt werden. Da sich die Neuregelungen von den bisherigen Regelungen deutlich unterscheiden, insbesondere im Hinblick auf die Mindestwerte in den ersten Jahren, bedeutet dies einen gravierenden Eingriff in die bestehenden Verträge.
Eine Rückwirkung der Rückkaufswertregelung für bestehende Verträge hätte für die Lebensversicherungsunternehmen erhebliche finanzielle Zusatzbelastungen zur Folge. Die zusätzlichen Mittel müssten zu Lasten der Überschussbeteiligung der verbleibenden Versichertengemeinschaft aufgebracht werden.
Die beabsichtigte Rückwirkung der §§ 165, 166 und 169 VVG-E wird auch nicht vor dem Hintergrund der aktuellen Rechtsprechung für erforderlich gehalten.
Insbesondere lässt sie sich nicht aus der in der Begründung zu Artikel 4 Abs. 2 EGVVG-E genannten Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts herleiten.