Beschluss des Bundesrates
Allgemeine Verwaltungsvorschrift zur Verordnung über das Europäische Abfallverzeichnis (Abfallverzeichnis-Verordnung - AVV) vom 10. Dezember 2001

A

Der Bundesrat hat in seiner 809. Sitzung am 18. März 2005 beschlossen, der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift gemäß Artikel 84 Abs. 2 des Grundgesetzes n i c h t zuzustimmen.

Begründung

Die Umsetzung dieser sehr umfangreichen, komplizierten und mittlerweile fast 100 Seiten starken Verwaltungsvorschrift würde in der Praxis einen massiven Bürokratieaufwand für alle Beteiligten (Abfallerzeuger, Entsorgungswirtschaft und Behörden) bedeuten und erhebliche Kosten (Verwaltungsaufwand, Analytik) verursachen. Bei kleineren Entsorgungsmengen kann der analytische Aufwand über den eigentlichen Entsorgungskosten liegen. Nach einer vorliegenden Kostenschätzung eines Analyseinstitutes würde sich eine Beurteilung und Einstufung der Überwachungsbedürftigkeit eines Abfalls nach Kapitel 5 der Verwaltungsvorschrift auf Kosten in Höhe von 4.000 bis 7.000 € zuzüglich MWSt. belaufen.

Seitens der Abfall erzeugenden Industrie und der Entsorgungswirtschaft wird die vorliegende Allgemeine Verwaltungsvorschrift als sehr problematisch angesehen.

Es steht weiter zu befürchten, dass bei Anwendung dieser Verwaltungsvorschrift Abfälle und deren Gemische nicht sachgerecht eingestuft werden. Wegen des Umfanges und der fehlenden Eindeutigkeit der Verwaltungsvorschrift ist auch zu erwarten, dass ein bundeseinheitlicher Vollzug nicht gewährleistet ist.

Diese Verwaltungsvorschrift würde zu keiner Verbesserung des Vollzuges führen, im Gegenteil. Im Vergleich zu dem bisherigen Verfahren würden sich nicht nur Aufwand und Kosten beträchtlich erhöhen, sondern auch Unklarheiten und Rechtsunsicherheiten entstehen. Im Übrigen ist drei Jahre nach Inkrafttreten der AVV ein Bedarf für eine Verwaltungsvorschrift nicht mehr zu erkennen. Die Umsetzung der AVV ist ohne größere Schwierigkeiten vollzogen worden.

Die Verwaltungsvorschrift interpretiert im Kern den Begriff "gefährlicher Abfall", der durch europäisches Recht determiniert ist. Die Interpretation und Konkretisierung des Begriffs "gefährlicher Abfall" obliegt daher der EU und nicht den einzelnen Mitgliedstaaten. Darüber hinaus werden zu erwartende internationale Vorgaben nicht berücksichtigt. Im Rahmen der Baseler Konvention wird zur Konkretisierung gefahrenrelevanter Eigenschaften an Leitfäden für bislang nicht spezifizierte H-Kriterien gearbeitet, die auch Gegenstand der vorliegenden Verwaltungsvorschrift sind. Sobald diese Leitfäden vorliegen, dürften sie von der EU verbindlich in europäisches Recht übernommen werden.

Zur Vermeidung von Doppelarbeiten und zur Harmonisierung mit internationalen Vorgaben sollte der Abschluss dieser Arbeiten und deren Übernahme in das EU-Recht abgewartet werden. Es ist zu vermeiden, dass die Regelungen der Verwaltungsvorschrift im Widerspruch zu diesen Vorgaben stehen.

National können durch abweichende Regelungen und unterschiedliche Einstufungen von Abfällen und die damit verbundenen Entsorgungskosten Wettbewerbsverzerrungen für die betroffenen Unternehmen entstehen.

Um unnötige Bürokratiekosten für Wirtschaft und Verwaltung zu vermeiden, sollte auf die Einführung der Verwaltungsvorschrift verzichtet werden. Wenn unmittelbarer Bedarf für die Ausfüllung der noch nicht spezifizierten H-Kriterien gesehen wird, sollte stattdessen auf eine zügige Konkretisierung durch die Europäische Kommission unter Beachtung internationaler Regelungen hingewirkt werden um europäisch verbindliche Vorgaben für alle Beteiligten zu erhalten.

B

Der Bundesrat hat ferner beschlossen, die nachstehende En t s c h l i e ß u n g zu fassen:

Die Bundesregierung wird gebeten, sich auf europäischer Ebene für eine vollzugstaugliche Abgrenzung von nicht gefährlichen und gefährlichen Abfällen einzusetzen.

Begründung

Mit der Richtlinie vom 12. Dezember 1991 über gefährliche Abfälle wurde zur Unterscheidung gefährlicher - nicht gefährlicher Abfall auf das Gefahrstoffrecht zurückgegriffen. Da das Gefahrstoffrecht auf gezielt hergestellte Stoffe abstellt und Abfälle (im Gegensatz zu "Zubereitungen") weder zielgerichtet hergestellt werden noch deren Inhaltsstoffe immer genau bekannt sind, führt dies zu Problemen, die im abfallrechtlichen Vollzug kaum zufriedenstellend gelöst werden können. Das Gefahrstoffrecht, das insbesondere auf den Arbeitsschutz und weniger auf Gefahren für die Umwelt ausgerichtet ist, kann nicht in allen Fällen 1 : 1 auf das Abfallrecht übertragen werden. Hier muss europarechtlich nachgebessert werden.

Zudem wird u.a. die Problematik persistenter organischer Schadstoffe - POP - nicht ausreichend abgebildet. Der Verweis auf die entsprechende, bereits geltende EU-Verordnung fehlt. Diese Stoffe sind in wesentlich geringeren Konzentrationen als 1.000 mg/kg aus der Umwelt zu entfernen (Zitat aus der POP-Verordnung: