Gesetzesantrag des Landes Baden-Württemberg
Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Richterwahlgesetzes

A. Problem und Ziel

B. Lösung

C. Alternativen

Keine

D. Finanzielle Auswirkungen auf die öffentlichen Haushalte

E. Sonstige Kosten

Sonstige Kosten, namentlich Auswirkungen auf das Verbraucherpreisniveau, sind nicht zu erwarten.

Gesetzesantrag des Landes Baden-Württemberg
Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Richterwahlgesetzes

Staatsministerium Baden-Württemberg Stuttgart, den 23. Dezember 2005
Der Staatssekretär

An den Präsidenten des Bundesrates
Herrn Ministerpräsidenten
Peter Harry Carstensen

Sehr geehrter Herr Präsident,
die Regierung des Landes Baden-Württemberg hat beschlossen, dem Bundesrat den als Anlage mit Begründung beigefügten

zuzuleiten.

Ich bitte, gemäß § 36 Abs. 1 der Geschäftsordnung des Bundesrates die Beratung des Gesetzentwurfs in den Ausschüssen zu veranlassen.


Mit freundlichen Grüßen
Rudolf Böhmler

Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Richterwahlgesetzes

Der Bundestag hat das folgende Gesetz beschlossen:

Artikel 1

Das Richterwahlgesetz in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer 301-1, veröffentlichten bereinigten Fassung, zuletzt geändert durch Gesetz vom 30. Juli 1968 (BGBl. I S. 873), wird wie folgt geändert:

Artikel 2

Artikel 2 Abs. 3 des Gesetzes über die Ausweitung und Stärkung der Rechte des Bundestages und des Bundesrates in Angelegenheiten der Europäischen Union vom (BGBl. S. ) wird aufgehoben.

Artikel 3

Dieses Gesetz tritt am Tage nach seiner Verkündung in Kraft.

Begründung

I. Allgemeines

Die Rechtsfindung und die Rechtsfortbildung sind auf europäischer Ebene dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) und - über die Europäische Union hinaus - dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) anvertraut.

Die Entscheidungen dieser Gerichte haben mittlerweile eine nicht zu unterschätzende Bedeutung auch auf nationaler Ebene gewonnen. Das gilt nicht nur für den EuGH, sondern auch für den EGMR, dessen Urteile zur Bodenreform und insbesondere zum Fall "Caroline von Hannover" eine breite Diskussion sowohl in der Fachwelt als auch in der interessierten Öffentlichkeit angestoßen haben. Die supra- und internationalen Rechtssysteme und die mit ihrer Durchsetzung betrauten Kontrollorgane üben mithin einen erheblichen Einfluss auf die deutsche Rechtswirklichkeit aus.

In der Wahrnehmung der Öffentlichkeit zurück tritt allerdings häufig die Feststellung, dass hinter den Organen EuGH und EGMR Richterpersönlichkeiten stehen von denen jede einzelne zu den Entscheidungen und ihren Begründungen beiträgt

Artikel 223 EG sieht eine Ernennung der Richter und Generalanwälte durch die Regierungen der Mitgliedstaaten in gegenseitigem Einvernehmen vor und überlässt die entscheidende Frage der innerstaatlichen Auswahl der vorzuschlagenden Kandidaten ebenso den Mitgliedstaaten wie Artikel 22 EMRK, der eine Wahl der Richter des EMRK durch die Parlamentarische Versammlung und damit ebenfalls eine hohe demokratische Legitimation vorsieht.

Die Auswahl der deutschen Kandidaten für diese Richterämter erfolgt bislang in einem intransparenten und exekutivischen Verfahren, das der Bedeutung der Ämter nicht gerecht wird. Eine (teilweise) normative Regelung des innerstaatlichen Auswahlverfahrens ist erstmals in Artikel 2 Abs. 3 des Gesetzes über die Ausweitung und Stärkung der Rechte des Bundestages und des Bundesrates in Angelegenheiten der Europäischen Union vorgesehen; das Inkrafttreten dieses Gesetzes ist allerdings vom Inkrafttreten des Vertrages über eine Verfassung für Europa für die Bundesrepublik Deutschland abhängig. Ob und wann dieses erfolgen wird, lässt sich derzeit nicht abschätzen. Damit steht das Vorschlagsrecht für die Richterämter nach wie vor allein der Bundesregierung zu. Bundestag und Bundesrat werden über die getroffene Auswahl erst im Nachhinein unterrichtet.

Durch eine - alsbald in Kraft tretende - Änderung des Richterwahlgesetzes sollen die beschriebenen Mängel des Auswahlverfahrens dadurch abgestellt werden dass künftig die Bundesregierung das Einvernehmen mit dem Richterwahlausschuss herzustellen hat. Damit wird eine Regelung des bereits angesprochenen Gesetzes über die Ausweitung und Stärkung der Rechte des Bundestages und des Bundesrates in Angelegenheiten der Europäischen Union aufgegriffen und in der Sache auf die Auswahl der Richter am Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte erweitert. Eine weitere Regelung sorgt dafür, dass dieses Verfahren auch nach dem Inkrafttreten des Vertrags über eine Verfassung für Europa für die Bundesrepublik Bestand haben wird.

II. Zu den einzelnen Vorschriften

1. Zu Artikel 1 Nr. 1 (§ 1 Abs. 3)

Der neue § 1 Abs. 3 des Richterwahlgesetzes sieht vor, dass die von der Bundesregierung zur Ernennung zu Richtern und Generalanwälten des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften, zur Ernennung zu Mitgliedern des Gerichts erster Instanz und zur Wahl zu Richtern des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte vorzuschlagenden Persönlichkeiten künftig von der Bundesregierung im Einvernehmen mit dem Richterwahlausschuss benannt werden.

Die Norm stellt damit das Kernstück des Gesetzentwurfs dar. Sie gewährleistet zum Einen, dass nach wie vor die Bundesregierung die - dem Bereich der auswärtigen Beziehungen (Artikel 32 GG), die grundsätzlich Sache des Bundes sind, zuzurechnende - Benennung der deutschen Richterkandidaten durchführt. Zum anderen wird durch die Notwendigkeit, vor dieser Benennung das Einvernehmen mit dem Richterwahlausschuss vorzunehmen, die demokratische Legitimation des Auswahlverfahrens erhöht, da die Mitglieder des Richterwahlausschusses kraft Wahl vom Deutschen Bundestag berufen werden (§ 4 Abs. 1 des Richterwahlgesetzes). Und schließlich gewährleistet die Vorschrift eine angemessene Mitwirkung der Länder bei der Benennung der deutschen Kandidaten für die Richterämter.

Die vorgenannten Gesichtspunkte gelten nicht nur für die Richter und Generalanwälte am Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften und die Mitglieder des Gerichts erster Instanz, sondern auch für die deutschen Richter am Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte. Das Vorschlagsrecht im Hinblick auf die zuletzt Genannten wird daher von der Neuregelung ebenfalls erfasst.

2. Zu Artikel 1 Nr. 2 (§ 3 Abs. 3)

§ 3 Abs. 1 des Richterwahlgesetzes weist die Mitgliedschaft kraft Amtes im Richterwahlausschuss demjenigen Landesminister zu, zu dessen Geschäftsbereich die dem jeweiligen obersten Gericht untergeordneten Gerichte des Landes gehören. Damit bedarf es im Hinblick auf die Fälle des neuen § 1 Abs. 3 des Richterwahlgesetzes einer Sondervorschrift, da § 3 Abs. 1 des Richterwahlgesetzes diese nicht regelt. Die Bestimmung des jeweiligen Mitglied kraft Amtes, der ebenfalls ein Landesminister sein muss, überlässt der neue § 3 Abs. 3 des Richterwahlgesetzes der Regelung der Länder.

3. Zu Artikel 1 Nr. 3 (§ 10 Abs. 1 Satz 2)

Von besonderer Bedeutung für eine sachgerechte Auswahl der vorzuschlagenden Persönlichkeiten ist das Vorschlagsrecht. Nur eine transparente und ausgewogene Regelung dieses Bereichs vermag zu gewährleisten, dass das Ziel der Neuregelung in vollem Umfang erreicht wird. Der neue § 10 Abs. 1 Satz 2 des Richterwahlgesetzes weist diese Befugnis dem Bundesminister der Justiz und den Mitgliedern des Richterwahlausschusses zu. Hierdurch wird wiederum eine angemessene Mitwirkung der Länder gewährleistet. Eine derartige Möglichkeit der Länder, gestaltenden Einfluss zu nehmen, berücksichtigt insbesondere den Umstand, dass Richterpersönlichkeiten in der Regel im Dienste der Länder herangebildet werden.

4. Zu Artikel 1 Nr. 4 (§ 14a)

Der neue § 14a des Richterwahlgesetzes sorgt dafür, dass das durch Nummer 1 bis 3 des Gesetzes eingeführte neue Auswahlverfahren auch nach dem Inkrafttreten des Vertrages über eine Verfassung für Europa für die Bundesrepublik Deutschland Bestand haben wird. Die Vorschrift bestimmt, dass das in § 1 Abs. 3 und § 10 Abs. 1 Satz 2 des Richterwahlgesetzes vorgesehene Auswahlverfahren auch unter Geltung des Verfassungsvertrages Anwendung findet.

Die Vorschrift nimmt in der Sache zugleich klarstellend den Regelungsgehalt des Artikels 2 Abs. 3 des Gesetzes über die Ausweitung und Stärkung der Rechte des Bundestages und des Bundesrates in Angelegenheiten der Europäischen Union auf. Dieses Gesetz hat bereits die Zustimmung von Bundestag und Bundesrat gefunden.

5. Zu Artikel 2

Artikel 2 Abs. 3 des Gesetzes über die Ausweitung und Stärkung der Rechte des Bundestages und des Bundesrates in Angelegenheiten der Europäischen Union wird durch die Regelungen in Artikel 1, namentlich in Artikel 1 Nr. 4, obsolet und kann daher aufgehoben werden.

3. Zu Artikel 3

Diese Vorschrift regelt das In-Kraft-Treten.