Der Bundesrat hat in seiner 819. Sitzung am 10. Februar 2006 gemäß §§ 3 und 5 EUZBLG die folgende Stellungnahme beschlossen:
- 1. Der Bundesrat begrüßt den Richtlinienvorschlag mit dem grundsätzlichen Verbot für das Inverkehrbringen von Perfluoroktansulfonsäure und ihren Derivaten (kurz als PFOS bezeichnet). Perfluoroktansulfonsäure ist sehr persistent hochgradig bioakkumulierbar und giftig. Sie wird regelmäßig in Blutproben gefunden; sie wird nur langsam wieder aus dem Körper ausgeschieden.
Die biologische Halbwertszeit (bezogen auf den Menschen) beträgt mehrere Jahre.
Ein Verbot ist aus Gründen des Umwelt- und Verbraucherschutzes daher überfällig.
Dies zeigt auch die Tatsache, dass eine Entscheidung über eine Aufnahme der PFOS in die Liste der so genannten POP-Stoffe (persistente organische Schadstoffe) zur Zeit diskutiert wird.
Der vorgelegte Richtlinienvorschlag sollte jedoch noch verbessert werden.
Deshalb bittet der Bundesrat die Bundesregierung, sich bei den anstehenden Verhandlungen für folgende Änderungen einzusetzen:
- - Die Ausnahme für Feuerlöschschäume sollte gestrichen werden, da PFOS für diesen Einsatzzweck nicht mehr erforderlich sind. Die deutsche Industrie setzt PFOS bereits jetzt nicht mehr für Feuerlöschschäume ein. Die Ausnahme sollte lediglich noch für Löschschäume gelten, die sich bereits vor In-Kraft-Treten der Richtlinie in bestehenden Anlagen (z.B. Löscheinrichtungen an Flughäfen) befunden haben.
- - Laut Erwägungsgrund 5 soll die Richtlinie nur für neue Erzeugnisse gelten. Dies würde bei Vollzug im Handel zu erheblichen Problemen führen, da es keine Verpflichtung gibt, die betroffenen Erzeugnisse (wie z.B. Textilien, Kleidung, Papier, Verpackungen) mit einem Herstellungsdatum zu versehen. Diese Regelung sollte durch eine Übergangsfrist (für einen Abverkauf) ersetzt werden.
- - In der Ausnahmeregelung für geschlossene Systeme sollte der Grenzwert gestrichen werden, da diese Bestimmung nicht vollzugstauglich erscheint. Es wäre ausreichend, den Begriff "geschlossenes System" klar zu definieren.
- - Die Ausnahmen sollten zeitlich befristet werden, damit sie einer regelmäßigen Überprüfung unterliegen.
Weiterhin bittet der Bundesrat die Bundesregierung, sich für eine Überprüfung der Ausnahme für Antischleiermittel für das Verchromen einzusetzen. Gegebenenfalls sollte diese Ausnahme dann auf die Hartverchromung beschränkt werden.
- 2. Der Bundesrat verweist auf die wirtschaftspolitische Bedeutung des im o. g. Richtlinienvorschlag für Anhang I der Richtlinie 76/769/EWG unter Nr. XX Abs. 3 erstes Tiret formulierten Ausnahmetatbestands vom Inverkehrbringungs- und Verwendungsverbot für PFOS in Fotoresistlacken und Antireflexbeschichtungen für fotolithografische Prozesse.
Der Einsatz von (minimalen Mengen) PFOS im Fotoresistlack ist derzeit für die Existenz der Halbleiterindustrie unverzichtbar. Ein Ersatzstoff wird trotz der weltweit geführten Entwicklungen auf diesem Gebiet voraussichtlich frühestens in 10 bis 15 Jahren zur Verfügung stehen können.
Die Bundesregierung wird gebeten, aus diesem Grunde in den weiteren Verhandlungen zum Richtlinienvorschlag darauf hinzuwirken, dass der vorgenannte Ausnahmetatbestand unbedingt beibehalten wird.
- 3. Außerdem bittet der Bundesrat die Bundesregierung, sich gemeinsam mit Schweden und weiteren Mitgliedstaaten für eine Aufnahme von PFOS in das UNECE-Protokoll der Genfer Luftreinhaltekonvention zu POPs einzusetzen.