Entwurf des gemeinsamen Fortschrittsberichts des Rates und der Kommission über die Umsetzung des Arbeitsprogramms "Allgemeine und berufliche Bildung 2010" KOM (2005) 549 endg.; Ratsdok. 13415/05
A
Der federführende Ausschuss für Fragen der Europäischen Union,
der Ausschuss für Arbeit und Sozialpolitik,
der Ausschuss für Kulturfragen und
der Wirtschaftsausschuss
empfehlen dem Bundesrat,
zu der Vorlage
gemäß §§ 3 und 5 EUZBLG
wie folgt Stellung zu nehmen:
- 1. Der Bundesrat nimmt die Mitteilung der Kommission "Modernisierung der allgemeinen und beruflichen Bildung: ein elementarer Beitrag zum Wohlstand und zum sozialen Zusammenhalt in Europa" als Entwurf für den im Februar 2006 zu beschließenden gemeinsamen Zwischenbericht des Rates und der Kommission zur Umsetzung des Arbeitsprogramms "Bildung und Ausbildung 2010" zur Kenntnis. Der Bundesrat sieht in dem vorliegenden Kommissionsentwurf Änderungsbedarf u. a. deswegen, weil die Kommission über das eigentliche Ziel einer Bestandsaufnahme der erfolgten Aktivitäten seit der Erstellung des letzten Zwischenberichts sowie einer Skizzierung des weiteren Vorgehens in einigen Fällen hinausgeht und zu einer nicht vertragskonformen Bewertung der bildungspolitischen Maßnahmen der Mitgliedstaaten ansetzt.
- 2. Der Bundesrat bekräftigt in diesem Zusammenhang die im Rahmen seines Beschlusses zur Erstellung des Zwischenberichts 2004 erfolgten grundsätzlichen Ausführungen zur Anwendung der offenen Methode der Koordinierung im Bildungsbereich - vgl. BR-Drucksache 856/03(Beschluss) - vom 19. Dezember 2003 und weist darauf hin, dass auch die von der Kommission in der Mitteilung vorgenommene Kontextsetzung zwischen dem Arbeitsprogramm "Bildung und Ausbildung 2010" und der Entwicklung der europäischen Sozialpolitik diese Ausgangslage nicht verändert.
- 3. Der Bundesrat würdigt ausdrücklich den durch die Implementierung des Arbeitsprogramms entstehenden vertieften Informations- und Erfahrungsaustausch zwischen den Mitgliedstaaten, der sich z. T. in Entschließungen und Schlussfolgerungen des Rates oder Empfehlungen des Rates und des Europäischen Parlaments niederschlägt. Der Bundesrat erkennt auch die Impulsfunktion solcher EU-Initiativen für die Gestaltung der mitgliedstaatlichen Politik an.
- 4. Der Bundesrat betont jedoch, dass diese Impulse auf Grund der Bestimmungen von Artikel 149/150 EGV für die Mitgliedstaaten nicht verbindlich sind; er weist daher die Forderung der Kommission, die Mitgliedstaaten sollten bis 2008 die verschiedenen im Kontext des Arbeitsprogramms getroffenen europäischen Übereinkünfte als zentrale Prioritäten in die nationalen Bildungspolitiken übernehmen entschieden zurück. Welchen Stellenwert die Mitgliedstaaten dem Arbeitsprogramm und den Umsetzungsinitiativen der EU im Rahmen ihrer Bildungspolitik einräumen und wie sich dies konkretisiert, haben die Mitgliedstaaten in ihren nationalen Beiträgen zum Zwischenbericht 2006 dargelegt. Darüber hinausgehende Forderungen an die Politikgestaltung der Mitgliedstaaten stehen der Kommission nicht zu und gehören nach Auffassung des Bundesrates nicht in den Zwischenbericht.
- 5. Der Bundesrat lehnt auch die Aufforderung der Kommission, die Mitgliedstaaten sollten an Hand der im Mai 2003 verabredeten europäischen Durchschnittsbezugswerte im Bildungsbereich nationale Zielvorgaben und Indikatoren festlegen als Verstoß gegen die Ratsschlussfolgerungen zur Vereinbarung europäischer Durchschnittsbezugswerte vom 5. Mai 2003 ab. Deutschland hat der Einführung der europäischen Durchschnittsbezugswerte im Bildungsbereich nur unter der Bedingung zugestimmt, dass diese - wie in den Schlussfolgerungen ausdrücklich betont - keine Festlegung einzelstaatlicher Ziele enthalten und keine Entscheidungen vorgeben, die von den jeweiligen Regierungen getroffen werden müssen - vgl. BR-Drucksache 870/02(Beschluss) -.
- 6. Der Bundesrat spricht der Kommission darüber hinaus die Befugnis zur Beurteilung und Bewertung der von den Mitgliedstaaten im Rahmen ihrer nationalen Beiträge zum Zwischenbericht 2006 mitgeteilten Reformbemühungen ab er fordert, sich im Bericht auf eine objektive Darstellung der Faktenlage zu beschränken.
- 7. Der Bundesrat sieht in der Ankündigung der Kommission, künftig das Reformtempo in den Mitgliedstaaten im Allgemeinen und die Umsetzung von Strategien für lebenslanges Lernen in den Mitgliedstaaten im Besonderen noch systematischer als bisher zu überwachen, eine Überschreitung der in Artikel 149/150 EGV abschließend festgehaltenen eng gefassten gemeinschaftlichen Befugnisse. In diesem Zusammenhang besteht nach Ansicht des Bundesrates die Gefahr, dass die von der Kommission geforderte Schaffung einer "Evaluierungskultur" in den Mitgliedstaaten dazu führen wird, dass der Gemeinschaftsebene eine Aufgabe der Überwachung der Politiken der Mitgliedstaaten zukommt, die mit den nur subsidiären und fördernden Handlungsmöglichkeiten der Gemeinschaft nach Artikel 149 und 150 EGV nicht in Einklang stünde. Gleichermaßen betrachtet der Bundesrat die zahlreichen Aufforderungen der Kommission an die Mitgliedstaaten, immer mehr neue Aspekte bei der Abfassung der nationalen Beiträge zum Zwischenbericht 2008 zu berücksichtigen auf Grund der erheblichen administrativen Implikationen mit Sorge.
- 8. Bezüglich der Teilnahmezahlen von Erwachsenen an Weiterbildungsmaßnahmen im Jahr 2004 plädiert der Bundesrat dafür, den von Eurostat ermittelten Jahreswert von 42 % (vgl. Anhang, Fußnote 16) in den Zwischenbericht aufzunehmen. Der von der Kommission angegebene Prozentsatz von 9,9 % bezieht sich lediglich auf einen Zeitraum von vier Wochen vor der Erhebung - also auf rund einen Monat.
- 9. In diesem Zusammenhang stellt der Bundesrat fest, dass die Kommission ein etwaiges Verfehlen der Benchmarks mit weit reichenden Konsequenzen z.B. für die Erwerbsquote oder die Tragfähigkeit der europäischen Sozialpolitik verbunden sieht während sie andererseits Ansätze positiver Effekte aus der vorzeitigen Erfüllung von Benchmarks nicht feststellt (z.B. Absolventenzahl mathematischer/naturwissenschaftlicher/technischer Fächer). Der Bundesrat regt anlässlich dieses Befundes an, die Bedeutung der Benchmarks generell einer kritischen Reflexion zu unterziehen.
B
- 10. Der Ausschuss für Frauen und Jugend empfiehlt dem Bundesrat, von der Vorlage gemäß §§ 3 und 5 EUZBLG Kenntnis zu nehmen.