892. Sitzung des Bundesrates am 10. Februar 2012
A
Der federführende Ausschuss für Fragen der Europäischen Union und der Finanzausschuss empfehlen dem Bundesrat, zu der Vorlage gemäß §§ 3 und 5 EUZBLG wie folgt Stellung zu nehmen:
- 1. Der Bundesrat erkennt den vorliegenden Vorschlag der Kommission als eine grundsätzlich sinnvolle Ergänzung des verschärften Europäischen Stabilitäts- und Wachstumspakts an. Der Vorschlag enthält jedoch zahlreiche Regelungen, bei denen auf Grund von Eingriffen in die Haushaltsautonomie noch Klarstellungs- bzw. Diskussionsbedarf besteht.
- 2. Der Bundesrat sieht insbesondere in der Verankerung numerischer Haushaltsregeln in der Verfassung ein wichtiges Instrument zur Sicherung einer soliden, nachhaltigen Finanzpolitik. Er weist darauf hin, dass Deutschland diesen Weg mit der Einführung der grundgesetzlichen Schuldenbremse bereits beschritten hat. Der Bundesrat macht darauf aufmerksam, dass Ausführungen zu numerischen Haushaltsregeln im hier vorgeschlagenen Rechtsakt nicht im Widerspruch zu Ergebnissen der laufenden Verhandlungen zum Fiskalpakt stehen sollten, bei dem es sich zudem um einen zwischenstaatlichen Vertrag handelt.
- 3. Der Bundesrat sieht den Formulierungsvorschlag der Kommission zur Einführung eines funktionell eigenständigen "unabhängigen Rates für Finanzpolitik" als problematisch an. Er spricht sich dafür aus, den zusammen mit der Schuldenbremse im Rahmen der Föderalismusreform II eingeführten Stabilitätsrat als "unabhängigen Rat für die Finanzpolitik" anzuerkennen. Er bittet daher die Bundesregierung, diese Position des Bundesrates im Rahmen der weiteren Verhandlungen in gebührender Weise einzubringen. Der Bundesrat erwartet zudem, dass die Länderpositionen zur Haushaltslage und zur Haushaltsentwicklung der Länder im Rahmen der Berichterstattung an die Kommission angemessen berücksichtigt werden.
- 4. Der Bundesrat begrüßt die Absicht der Kommission zur verstärkten Synchronisation der Haushaltszeitpläne der Mitgliedstaaten zum Zwecke der besseren Wirksamkeit des Europäischen Semesters und geht dabei davon aus, dass der Zeitplan für die Haushaltsaufstellung nur für die staatlichen Ebenen verpflichtend ist, die ihren Haushalt mittels eines formellen Gesetzes feststellen.
- 5. Er kritisiert jedoch, dass die vorgesehenen Fristsetzungen das Budgetrecht der Länder in erheblicher Weise einschränken. Der Bundesrat weist darauf hin, dass bei der Vorlage der Haushaltsgesetze bzw. entsprechender Entwürfe Abweichungen vom vorgegebenen Zeitplan auftreten können. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass das Grundgesetz und die Landesverfassungen insbesondere in Bezug auf die vorgesehene Regelung in Kapitel II Artikel 3 Absatz 3 (Verabschiedung und Veröffentlichung der Haushaltsgesetze alljährlich spätestens am 31. Dezember) für eine mögliche haushaltslose Zeit ausreichend Vorsorge getroffen haben ("vorläufige Haushaltsführung"). Der Bundesrat sieht zudem die vorgeschlagene Pflicht der Mitgliedstaaten zur jährlichen Veröffentlichung der mittelfristigen Finanzplanung spätestens am 15. April als ausschließlich auf die Bundesebene bezogen an. Er sieht es für das weitere Verfahren vielmehr als ausreichend an, dass die Mitgliedstaaten - wie bisher - ihre Stabilitätsprogramme Ende April vorlegen.
Der Bundesrat bittet daher die Bundesregierung, im Rahmen der weiteren Verhandlungen auf eine entsprechende Anpassung des Vorschlags hinzuwirken.
B
- 6. Der Wirtschaftsausschuss empfiehlt dem Bundesrat, von der Vorlage gemäß §§ 3 und 5 EUZBLG Kenntnis zu nehmen.