C(2013) 8001 final
Der Bundesrat wird über die Vorlage gemäß § 2 EUZBLG auch durch die Bundesregierung unterrichtet.
Hinweis: vgl.
Drucksache 781/11 (PDF) = AE-Nr. 111010, AE-Nr. 131018
OLLI RENN
RUE DE LA LOI, 200
B-1049 BRUSSELS
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VICE-PRESIDENT OF THE EUROPEAN GOMMISSION
Brüssel, 18. November 2013
Sehr geehrter Herr Bundesratspräsident,
ich freue mich sehr, Ihnen als Anlage die Stellungnahme der Kommission zur Übersicht über die Haushaltsplanung Deutschlands sowie die Mitteilung der Kommission zur Gesamtbewertung der Haushaltslage und der Haushaltsaussichten im Euro-Währungsgebiet zu übermitteln, die heute von der Kommission angenommen wurden.
Wie Ihnen bekannt ist, sehen die "Zweierpaket"-Verordnungen für die Mitgliedstaaten des Euroraums einen Wirtschaftsdialog vor, der insbesondere auf der Grundlage von Stellungnahmen der Kommission zu den Übersichten über die Haushaltsplanung der betreffenden Länder sowie einer Gesamtbewertung der Haushaltslage und der Haushaltsaussichten im Euro-Währungsgebiet insgesamt geführt wird.
Angesichts der zunehmenden Integration unseres haushalts- und wirtschaftspolitischen Rahmens ist die Kommission der Auffassung, dass die nationalen Parlamente - im Einklang mit den nationalen verfassungsrechtlichen Regelungen - stärker in den Prozess des Europäischen Semesters einbezogen werden sollten.
Zudem sind die enge Einbindung der nationalen Parlamente in die Koordinierung der Haushaltspolitik im Euroraum und die Sensibilisierung der Parlamente für die Interdependenz der nationalen Haushaltspolitiken nach Ansicht der Kommission von größter Bedeutung für die demokratische Rechenschaftspflicht und die Legitimation des Prozesses.
Herrn Stephan WEIL
Präsident des Bundesrats
Leipziger Straße 3 - 4
D -10117 Berlin
Die Wirtschaftspolitik wirkt sich unmittelbar auf Wohlstand und Wohlergehen unserer Bürgerinnen und Bürger aus. Mit den seit Beginn der Krise durchgeführten weitreichenden Reformen zur wirtschaftspolitischen Steuerung wurde eine bessere Koordinierung der Wirtschaftspolitik in der EU und im Euro-Währungsgebiet angestrebt. Die Krise hat insbesondere deutlich vor Augen geführt, dass es einer engeren Abstimmung der Haushaltspolitik im Euroraum bedarf. Vor diesem Hintergrund verlangt die kürzlich erlassene Verordnung1 zur Verstärkung der Haushaltsüberwachung im Euro-Währungsgebiet von der Kommission eine Stellungnahme zur Übersicht über die Haushaltsplanung eines jeden Mitgliedstaates des Euroraums für das jeweils kommende Jahr. Mit Blick auf eine stärkere Einbeziehung der Euroraum-Perspektive in die nationale Politik schreibt die Verordnung außerdem vor, dass die Kommission auf der Grundlage der Einzelplanungen eine Gesamtbewertung der Haushaltslage und der Haushaltsaussichten im Euro-Währungsgebiet insgesamt vornimmt.
In diesem Herbst haben die Mitgliedstaaten des Euroraums der Kommission erstmals ihre Übersichten über die Haushaltsplanung vorgelegt. Die Kommission hat am 15. November Stellungnahmen zu den Plänen abgegeben. Mit den Stellungnahmen der Kommission soll den Interessenträgern auf nationaler Ebene eine unabhängige Einschätzung der Planung des jeweiligen Mitgliedstaates vermittelt werden. Alle einschlägigen Dokumente sind öffentlich zugänglich. Damit werden Transparenz und demokratische Kontrolle gefördert und eine informierte Debatte über die nationalen politischen Prioritäten ermöglicht. Ganz in diesem Sinne sieht die Verordnung ferner vor, dass die Kommission ihre Stellungnahme dem jeweiligen nationalen Parlament auf dessen Antrag hin vorstellt und erläutert.
Die Kommission hofft, mit der Darlegung ihres Standpunkts in den beigefügten Dokumenten einen nützlichen Beitrag zu der in Deutschland geführten Debatte über die Haushaltsplanung zu leisten, an deren Ende die Verabschiedung des Haushalts 2014 stehen wird.
Mit vorzüglicher Hochachtung
Brüssel, den 15.11.2013
C(2013) 8001 final
Stellungnahme der Kommission vom 15.11.2013 zur Übersicht über die Haushaltsplanung Deutschlands {SWD(2013) 601 final}
- 1. Die Verordnung (EU) Nr. 473/2013 enthält Bestimmungen, wonach die Haushaltspolitik der Mitgliedstaaten im Euro-Währungsgebiet verstärkt überwacht und dadurch sichergestellt werden soll, dass die nationalen Haushaltspläne mit den wirtschaftspolitischen Leitlinien vereinbar sind, die im Rahmen des Stabilitäts- und Wachstumspakts (SWP) und des Europäischen Semesters für die wirtschaftspolitische Koordinierung veröffentlicht wurden.
- 2. Nach Artikel 6 der Verordnung (EU) Nr. 473/2013 haben die Mitgliedstaaten der Kommission und der Euro-Gruppe alljährlich bis zum 15. Oktober eine Übersicht über die Haushaltsplanung für das Folgejahr mit den wichtigsten Aspekten der Haushaltslage des Sektors Staat und seiner Teilsektoren vorzulegen.
ERWÄGUNGEN zu Deutschland
- 3. Auf der Grundlage der am 15. Oktober von Deutschland übermittelten Übersicht über die Haushaltsplanung für 2014 hat die Kommission in Einklang mit Artikel 7 der Verordnung (EU) Nr. 473/2013 folgende Stellungnahme abgegeben.
- 4. Deutschland unterliegt der präventiven Komponente des SWP und sollte eine solide Haushaltslage wahren, die die Einhaltung des mittelfristigen Ziels sicherstellt. Da die Schuldenquote 2011 (d.h. in dem Jahr, in dem Deutschland sein übermäßiges Defizit behoben hat) 80 % des BIP betrug und somit über dem Referenzwert von 60 % des BIP lag, gelten für Deutschland in den drei auf die Korrektur des übermäßigen Defizits folgenden Jahren die Übergangsregelungen hinsichtlich der Erfüllung des Schuldenstandkriteriums. Es sollte in dieser Zeit genügend Fortschritte bei der Einhaltung der Anforderung erzielen.
- 5. Das der Übersicht über die Haushaltsplanung zugrundeliegende makroökonomische Szenario ist plausibel und entspricht im Großen und Ganzen dem makroökonomischen Szenario des Stabilitätsprogramms. Im Hinblick auf Tempo und Muster des Wirtschaftswachstums in den Jahren 2013 und 2014 entspricht es im Großen und Ganzen auch der Herbstprognose 2013 der Kommission sowie deren Schätzung der potenziellen Wachstumsrate Deutschlands.
- 6. Der Bundeshaushalt und die Haushaltsprojektionen Deutschlands für den Gesamtstaat beruhen auf der eigenen gesamtwirtschaftlichen Prognose der Bundesregierung, die nach derzeit verfügbaren Informationen der Kommission nicht von einer unabhängigen Einrichtung im Sinne der Verordnung (EU) Nr. 473/2013 unterstützt wird. Allerdings zieht die Bundesregierung bei der Erstellung ihrer Projektionen auch die unabhängige Gemeinschaftsdiagnose heran, die zweimal jährlich von führenden Wirtschaftsforschungsinstituten herausgegeben wird und als Richtschnur für die Prognose der Bundesregierung dient. Die Übersicht über die Haushaltsplanung für 2014 beruht auf der Frühjahrsausgabe der gesamtwirtschaftlichen Projektionen der Bundesregierung, die bereits im April veröffentlicht wurden.
- 7. Die Übersicht über die Haushaltsplanung wurde von der scheidenden Bundesregierung vorgelegt und enthält keine neuen Maßnahmen. Danach soll der Haushalt des Staates 2013 ausgeglichen sein, was gegenüber dem im Stabilitätsprogramm enthaltenen Defizitziel von 1/2% des BIP eine leichte Verbesserung darstellt, in der sich auch die günstigeren Ergebnisse der ersten Jahreshälfte niederschlagen. Das im Stabilitätsprogramm für 2014 gesetzte Ziel eines ausgeglichenen Haushalts bleibt bestehen.
- 8. Die Haushaltsziele stehen im Großen und Ganzen mit der Herbstprognose 2013 der Kommission in Einklang und scheinen insgesamt realistisch. Allerdings könnten sich durch die derzeitige Bildung einer neuen Bundesregierung noch Änderungen an den Haushaltsplanungen ergeben.
- 9. In den Jahren 2013 und 2014 soll die Schuldenquote gemäß der Übersicht über die Haushaltsplanung sinken, was dem ausgeglichenen Haushalt, dem Nennereffekt des BIP-Wachstums und der laufenden Abwicklung von "Bad Banks" zu verdanken ist. Dies stimmt weitgehend mit dem Stabilitätsprogramm und auch mit der Herbstprognose 2013 der Kommission überein.
- 10. Ausgehend von der Herbstprognose 2013 der Kommission ist die Schuldenquote Deutschlands angemessen rückläufig, was die Einhaltung der Schuldenregel bei Ablauf der Übergangszeit im Jahr 2014 sicherstellen wird.
- 11. Nach den in der Übersicht über die Haushaltsplanung enthaltenen Angaben wird Deutschland sein mittelfristiges Haushaltsziel weiterhin einhalten, was durch die Herbstprognose 2013 der Kommission bestätigt wird.
- 12. Folgende im Rahmen des Europäischen Semesters 2013 an Deutschland gerichtete Empfehlungen des Rates bleiben in der Übersicht über die Haushaltsplanung unberücksichtigt: die Kosteneffizienz der öffentlichen Ausgaben im Gesundheitswesen und in der Langzeitpflege zu verbessern, die Effizienz des Steuersystems zu verbessern, den vorhandenen Spielraum zu nutzen, damit mehr und effizienter als bisher Bildungs- und Forschungsausgaben getätigt werden, die Schuldenbremse in allen Ländern umzusetzen, die hohe Steuer- und Abgabenbelastung, insbesondere für Geringverdiener, zu senken und Fehlanreize für Zweitverdiener abzuschaffen.
- 13. Alles in allem vertritt die Kommission ausgehend von der Herbstprognose 2013 die Auffassung, dass die am 15. Oktober 2013 übermittelte Übersicht über die Haushaltsplanung Deutschlands mit den Vorgaben des SWP in Einklang steht. Die Kommission vertritt außerdem die Auffassung, dass Deutschland im Hinblick auf den strukturellen Teil der im Rahmen des Europäischen Semesters 2013 vom Rat ausgesprochenen haushaltspolitischen Empfehlungen keine Fortschritte erzielt hat, und ruft die Behörden daher zur Beschleunigung der Fortschritte auf.
- 14. Die deutschen Behörden werden ermutigt, der Kommission und der Euro-Gruppe gleich nach Amtsantritt einer neuen Regierung eine aktualisierte Übersicht über die Haushaltsplanung zu übermitteln, die dieser Stellungnahme Rechnung trägt.
Brüssel, den 15.11.2013
Für die Kommission
Olli REHN
Vizepräsident
- 1. Verordnung (EU) Nr. 473/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. Mai 2013 über gemeinsame Bestimmungen für die Überwachung und Bewertung der Übersichten über die Haushaltsplanung und für die Gewährleistung der Korrektur übermäßiger Defizite der Mitgliedstaaten im Euro-Währungsgebiet.