Gesetzesantrag des Freistaates Bayern
Entwurf eines Gesetzes zur Entlastung der Kommunen im sozialen Bereich (KEG)

A. Problem und Ziel

B. Lösung

C. Alternativen

D. Finanzielle Auswirkung auf die öffentlichen Haushalte

E. Sonstige Kosten

Gesetzesantrag des Freistaates Bayern
Entwurf eines Gesetzes zur Entlastung der Kommunen im sozialen Bereich (KEG)

Der Bayerische Ministerpräsident München, den 17. September 2004

An den

Präsidenten des Bundesrates
Herrn Ministerpräsidenten
Dieter Althaus


Sehr geehrter Herr Präsident!

Gemäß dem Beschluss der Bayerischen Staatsregierung übermittle ich den in der Anlage mit Vorblatt und Begründung beigefügten

Ich bitte, den Gesetzentwurf gemäß § 36 Abs. 2 GOBR auf die Tagesordnung der 803. Sitzung am 24. September 2004 zu setzen und ihn im Anschluss den Ausschüssen zur Beratung zuzuweisen.


Mit freundlichen Grüßen

Dr. Edmund Stoiber

Entwurf eines Gesetzes zur Entlastung der Kommunen im sozialen Bereich (KEG) vom...

Der Bundestag hat mit Zustimmung des Bundesrates das folgende Gesetz beschlossen:

Inhaltsübersicht:

Artikel 1 Änderung des SGB VIII
Artikel 2Änderung des Gesetzes zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch
Artikel 3Änderung des SGB I
Artikel 4Änderung des SGB X
Artikel 5Änderung des SGB XI
Artikel 6Inkrafttreten

Artikel 1
Änderung des Achten Buches Sozialgesetzbuch - Kinder - und Jugendhilfe -

Das Achte Buch Sozialgesetzbuch - Kinder - und Jugendhilfe - in der Fassung der Bekanntmachung vom 8. Dezember 1998 (BGBl. I S. 3546), zuletzt geändert durch ...(BGBl. I S. ...), wird wie folgt geändert:

1. Die Inhaltsübersicht wird wie folgt geändert:

2. In § 2 Abs. 2 wird Nr. 5 gestrichen, Nr. 6 wird Nr. 5."

3. § 5 Abs. 2 Satz 1 erhält folgende Fassung:

"Der Wahl und den Wünschen soll entsprochen werden, sofern dies nicht mit Mehrkosten verbunden ist."

4. § 10 wird wie folgt geändert:

5. Die Überschrift Vierter Abschnitt (vor § 27) erhält folgende Fassung: "Hilfe zur Erziehung und Hilfe für junge Volljährige"

6. In § 27 werden folgende Absätze 4 und 5 angefügt:

(4) Ist Hilfe zur Erziehung gleichzeitig begleitend neben Eingliederungshilfe nach §§ 53 ff Zwölftes Buch zu gewähren, so sollen Einrichtungen, Dienste und Personen in Anspruch genommen werden, die geeignet sind sowohl die Aufgaben der Eingliederungshilfe zu erfüllen, als auch den erzieherischen Bedarf zu decken. Sind heilpädagogische Maßnahmen für Kinder, die noch nicht im schulpflichtigen Alter sind, in Tageseinrichtungen für Kinder zu gewähren und lässt der Hilfebedarf es zu, so sollen Einrichtungen in Anspruch genommen werden, in denen behinderte und nicht behinderte Kinder gemeinsam betreut werden.

(5) Als begleitende Hilfen im Sinn des Abs. 4 kommen nur Leistungen nach §§ 28 bis 31, 33, 35 in Betracht. Ist neben Eingliederungshilfe nach §§ 53 ff Zwölftes Buch ergänzende Hilfe zur Erziehung nach §§ 32 oder 34 erforderlich, ist die notwendige erzieherische Hilfe im Rahmen der Eingliederungshilfe nach §§ 53 ff Zwölftes Buch zu leisten."

7. Die Überschrift - Zweiter Unterabschnitt: Eingliederungshilfe für seelisch behinderte Kinder und Jugendliche - wird gestrichen.

8. § 35 Satz 2 wird wie folgt gefasst:

"Die Hilfe ist im Inland zu gewähren, ist in der Regel auf längere Zeit angelegt und soll den individuellen Bedürfnissen des Jugendlichen Rechnung tragen."

9. § 35a wird gestrichen.

10. Die Überschrift Dritter Unterabschnitt: Gemeinsame Vorschriften für die Hilfe zur Erziehung und die Eingliederungshilfe für seelisch behinderte Kinder und Jugendliche - wird gestrichen.

11. § 36 Abs. 1 Satz 4 wird wie folgt gefasst:

12. § 36 Abs. 3 erhält folgende Fassung:

13. Nach § 36 wird folgender § 36a eingefügt:

Die Selbstbeschaffung der Leistungen ohne Einwilligung des Trägers der öffentlichen Jugendhilfe verpflichtet ihn grundsätzlich nicht zur Übernahme der Kosten.

14. § 37 wird wie folgt geändert:

15. § 39 wird wie folgt geändert:

16. In § 40 Satz 1 erster Halbsatz

werden die Worte " §§ 33 bis 35 oder nach § 35a Abs. 1 Nr. 3 oder 4" ersetzt durch " §§ 33 bis 35, ausgenommen begleitende Hilfe nach § 27 Abs. 4 und 5".

17. § 41 Abs. 1 wird wie folgt gefasst:

18. In § 44 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1

werden die Worte "oder von Eingliederungshilfe für seelisch behinderte Kinder und Jugendliche" gestrichen."

19. Nach § 50 wird folgender § 50a eingefügt:

" § 50a Schutzauftrag des Jugendamtes bei Kindeswohlgefährdung

(1) Werden dem Jugendamt Tatsachen bekannt, die die Annahme rechtfertigen, dass das Wohl eines Kindes oder Jugendlichen gefährdet ist, so hat es von Amts wegen den Sachverhalt zu ermitteln und nach Maßgabe von Absatz 2 die geeigneten und notwendigen Maßnahmen zu treffen. Durch Vereinbarungen mit den Trägern von Einrichtungen und Diensten, die Leistungen nach diesem Buch erbringen, ist sicher zustellen, dass diese das Jugendamt über solche Anhaltspunkte informieren.

(2) Das Jugendamt ist befugt, die Personensorgeberechtigten zur Klärung des Gefährdungsrisikos zu befragen; diese sind zur Erteilung der notwendigen Auskünfte gegenüber dem Jugendamt verpflichtet. Das Kind oder der Jugendliche ist im notwendigen Umfang in das Gespräch einzubeziehen.

(3) Das Jugendamt bietet den Personensorgeberechtigten Leistungen, insbesondere Hilfe zur Erziehung, an. Sind diese nicht bereit oder in der Lage, die Leistungen in Anspruch zu nehmen und auf diese Weise die Gefährdung abzuwenden, hat das Jugendamt das Familiengericht anzurufen. § 50 Absatz 2 gilt entsprechend. Soweit zur Abwendung der Gefährdung das Tätigwerden anderer Leistungsträger, der Einrichtungen der Gesundheitshilfe oder der Polizei notwendig ist, hat das Jugendamt die Personensorgeberechtigten darüber zu informieren und auf deren Inanspruchnahme hinzuwirken. Bei Gefahr im Verzug oder fehlender Fähigkeit oder Bereitschaft der Eltern zur Gefahrenabwehr hat das Jugendamt selbst die Information weiterzugeben.

(4) Eine Gefährdung des Wohls des Kindes oder Jugendlichen ist insbesondere zu vermuten

20. Nach § 65 Abs. 1 wird folgender Absatz 1a eingefügt:

21.

22. In § 78a Abs. 1 wird Nr. 5 gestrichen; Nr. 6, 7 werden zu Nr. 5, 6.

23. Nach § 80 Abs. 2 wird folgender Absatz 2a eingefügt:

24. § 85 Abs. 2 wird wie folgt geändert:

25. Dem § 85 Abs. 4 wird folgender Satz 2 angefügt:

26. § 86 wird wie folgt gefasst:

27. In § 86a Abs. 4 Satz 1

werden die Worte " §§ 27 bis 35 a" ersetzt durch " §§ 27 bis 35".

28. In § 86b Abs. 3 werden die Worte " §§ 27 bis 35 a" ersetzt durch " §§ 27 bis 35".

29. § 89a wird aufgehoben.

30. In § 89e Abs. 1 wird folgender Satz 2 eingefügt:

Eine nach Satz 1 begründete Erstattungspflicht bleibt bestehen, wenn und solange sich die örtliche Zuständigkeit nach § 86a Abs. 4 richtet."

31. Die Überschrift zum Achten Kapitel wird wie folgt gefasst:

"Achtes Kapitel.
Teilnahmebeiträge, Heranziehung zu den Kosten, Überleitung von Ansprüchen ,Erhebung von Gebühren und Auslagen"

32. § 90 wird wie folgt geändert:

3. die bisherige Nr. 3 wird Nr. 7, sie erhält folgende Fassung:

4. § 90 Abs. 1 Satz 2 erhält folgende Fassung:

"Landesrecht kann eine Staffelung der Teilnahmebeiträge und Gebühren, die für die Inanspruchnahme der Tageseinrichtungen oder der Tagespflege für Kinder zu entrichten sind, nach Einkommensgruppen und Kinderzahl oder der Zahl der Familienangehörigen vorschreiben oder selbst entsprechend gestaffelte Beträge festsetzen."

33. In § 91 Abs. 1 wird Nr. 5 gestrichen; Nr. 6, 7 werden zu Nr. 5, 6.

34. §§ 91, 92 werden wie folgt geändert:

35. " §§ 93 ff werden wie folgt gefasst:

36. Nach § 93 wird folgender § 93a eingefügt:

§ 93a Heranziehung des Ehegatten und des Lebenspartners

Ehegatten und Lebenspartner sind zu den Kosten der Leistungen nach § 91 Abs. 2 Nr. 2 und 3 heranzuziehen. § 93 Abs. 3 bis 5 gilt entsprechend."

37. § 94 wird wie folgt gefasst:

§ 94 Heranziehung der Eltern

(1) Die Eltern sind zu den Kosten der in § 91 Abs. 1 und 2 Nr. 1 genannten Leistungen und vorläufigen Maßnahmen heranzuziehen. Die Heranziehung erfolgt durch Erhebung eines Kostenbeitrags von jedem Elternteil, der durch Leistungsbescheid festgesetzt wird. Wird Hilfe zur Erziehung nach § 32 gewährt, so wird nur der Elternteil, der mit dem Kind oder Jugendlichen zusammenlebt, zu den Kosten herangezogen. § 93 Abs. 4 Satz 2 gilt entsprechend.

(2) Grundlage des Kostenbeitrags sind die Kosten, die der Träger der öffentlichen Jugendhilfe für den Lebensunterhalt des Kindes oder Jugendlichen aufbringt. Für die Heranziehung sollen nach Einkommensgruppen gestaffelte Pauschalbeträge festgelegt werden.

(3) Bei sehr hohem Einkommen oder Vermögen der unterhaltspflichtigen Eltern bzw. des Elternteils ist die Heranziehung bis zur Höhe des Jugendhilfeaufwands möglich.

(4) Erhalten die Eltern oder ein Elternteil Geldleistungen, die dem gleichen Zweck wie die jeweilige Leistung der Jugendhilfe dienen und nicht bereits als Einkommen berücksichtigt wurden, so haben sie diese unabhängig von einem Kostenbeitrag einzusetzen. Werden Leistungen über Tag und Nacht außerhalb des Elternhauses gewährt und bezieht einer der Elternteile für den jungen Menschen Kindergeld, so hat dieser Elternteil mindestens einen Kostenbeitrag in Höhe des auf das Kind oder den Jugendlichen entfallenden Kindergeldes oder einer dieser Leistung vergleichbaren Leistung zu zahlen; dabei findet § 1612b Abs. 5 BGB keine Anwendung. Der Träger der öffentlichen Jugendhilfe ist insoweit berechtigt, anstelle des Kostenbeitrags das anteilige Kindergeld oder die diesem vergleichbare Leistung durch Geltendmachung eines Erstattungsanspruchs nach § 74 Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes in Anspruch zu nehmen.

(5) Zu einem Kostenbeitrag für Leistungen an junge Volljährige können Eltern nur herangezogen werden, wenn und soweit Unterhaltsansprüche vorrangig oder gleichrangig Berechtigter nicht geschmälert werden.

(6) Von der Heranziehung der Eltern zu den Kosten ist abzusehen, wenn das Kind, die Jugendliche oder die junge Volljährige schwanger ist oder ein leibliches Kind bis zur Vollendung seines 6. Lebensjahres betreut. Von der Heranziehung soll im Einzelfall ganz oder teilweise abgesehen werden, wenn sonst Ziel und Zweck der Leistung, insbesondere die Aufrechterhaltung des Kontakts zu dem Kind oder Jugendlichen oder seine angestrebte Rückführung, gefährdet würden, sich aus der Heranziehung eine besondere Härte ergäbe oder wenn anzunehmen ist, dass der damit verbundene Verwaltungsaufwand in keinem angemessenen Verhältnis zu dem Kostenbeitrag stehen wird."

38. § 96 wird gestrichen.

39. Nach § 97a Abs. 1 Satz 3 wird folgender Satz 4 angefügt:

"Wird ein Kind in Tagespflege (§ 23) durch Großeltern betreut oder erhält ein Kind oder ein Jugendlicher Vollzeitpflege (§ 33) bei Großeltern, sind die Großeltern verpflichtet, dem örtlichen Träger der Jugendhilfe über ihre Einkommens- und Vermögensverhältnisse Auskunft zu geben."

40. § 97a wird wie folgt geändert:

41. Nach § 97a wird folgende Vorschrift eingefügt:

§ 97b Übergangsregelung

Für Leistungen und vorläufige Maßnahmen, die vor dem (Tag des Inkrafttretens) gewährt worden sind und über diesen Tag hinaus erbracht werden, richtet sich die Heranziehung zu den Kosten bis zur Beendigung nach den bis zu diesem Tag geltenden Regelungen, längstens jedoch bis zum 31.12.2005."

42. Nach § 97b wird folgender § 97c eingefügt:

§ 97c SGB VIII Erhebung von Gebühren und Auslagen

Landesrecht kann abweichend von § 64 des Zehnten Buches die Erhebung von Gebühren und Auslagen vorsehen."

43. In § 98 Nr. 1 wird Buchstabe c gestrichen.

44. § 99 wird wie folgt geändert:

45. In § 101 Abs. 1 werden die Worte "die Erhebungen nach Abs. 1, soweit sie die Eingliederungshilfe für seelisch behinderte Kinder und Jugendliche betreffen, beginnend 2002" gestrichen."

Artikel 2
Änderung des Gesetzes zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch

Im Gesetz zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch in der Fassung der Bekanntmachung vom 27. Dezember 2003 (BGBl. I S. 3022) werden Art. 1 und Art. 4 wie folgt geändert:

Artikel 3
Änderung des Ersten Buches Sozialgesetzbuch - Allgemeiner Teil -

Das Erste Buch Sozialgesetzbuch - Allgemeiner Teil - in der Fassung der Bekanntmachung vom 11. Dezember 1975 (BGBl. I S. 3015), zuletzt geändert durch ...(BGBl. I S. ...), wird wie folgt geändert:

In § 33 SGB I werden nach Satz 2 folgende Sätze 3 bis 5 angefügt:

Artikel 4
Änderung des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz -

Das Zehnte Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - in der Fassung der Bekanntmachung vom 18.Januar 2001 (BGBl. I S. 130), zuletzt geändert durch ......., wird wie folgt geändert:

1. An § 64 wird folgender Absatz 3 angefügt:

(3) Die Behörden können eine Gebühr bis zu 2600 Euro auferlegen, wenn die Einlegung eines Rechtsbehelfs in Verfahren nach diesem Gesetzbuch einen Missbrauch darstellt."

2. § 67a wird wie folgt geändert:

3. In § 69 Abs. 1 wird folgender Satz 2 eingefügt: " § 67a Abs. 1 S. 5 gilt entsprechend."

Artikel 5
Änderung des Elften Buches Sozialgesetzbuch - Soziale Pflegeversicherung -

Das Elfte Buch Sozialgesetzbuch - Soziale Pflegeversicherung - (Art. 1 des Gesetzes vom 26. Mai 1994, BGBl. I S. 1014,1015, zuletzt geändert durch ......., wird wie folgt geändert:

§ 85 Abs. 6 S. 3 SGB XI wird wie folgt gefasst:

"Nach Ablauf des Pflegesatzzeitraums gelten die vereinbarten oder festgesetzten Pflegesätze bis zum Inkrafttreten neuer Pflegesätze weiter für längstens sechs Monate."

Artikel 6
Inkrafttreten

Dieses Gesetz tritt am ersten Tage des auf den Tag der Verkündigung folgenden vierten Monats in Kraft. Abweichend davon tritt Art. 1 Nr. 26a) des Gesetzes erst zum 1. Januar 2007 in Kraft.

Begründung des Gesetzentwurfs

A. Allgemeiner Teil

Eine möglichst breite und konstruktive Zusammenarbeit mit den kommunalen Gebietskörperschaften ist die Grundlage für eine ebenso qualitativ hochwertige wie kostenbewusste Erbringung sozialer Leistungen durch die Gebietskörperschaften.

Angesichts der dramatischen Finanzsituation der Kommunen besteht aktuell besonderer Handlungsbedarf. Allein die Ausgaben für die Jugendhilfe sind seit Inkrafttreten des SGB VIII (01.01.1991) enorm gestiegen. Im gesamten Bundesgebiet ist ein Anstieg der Jugendhilfeausgaben von rd. 14,3 Mrd. € im Jahr 1992 auf rd. 20,2 Mrd. € im Jahr 2002 zu verzeichnen (letzter aktueller verfügbarer Stand der Statistik). Auch die Ausgaben im Sozialhilfebereich sind in den letzten Jahren stetig weiter gewachsen: So stiegen die Nettoausgaben von 20,28 Mrd. € im Jahr 1998 auf 21,914 Mrd. € im Jahr 2002. Ab dem Jahr 2003 wird die Hilfe zum Lebensunterhalt der Sozialhilfe zum Teil ersetzt durch die Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung, durch die den Kommunen zusätzliche finanzielle und bürokratische Lasten aufgebürdet wurden; der Bund leistet hierfür lediglich einen Teilausgleich.

Die Diskussion hat gegenwärtig vor allem durch die Spar- und Konsolidierungszwänge der öffentlichen Hand an Schärfe gewonnen. Bereits seit längerem führen die Kommunalen Spitzenverbände die Klage, dass vor allem für die im eigenen Wirkungskreis der Kommunen angesiedelte Kinder- und Jugendhilfe Rechtsansprüche durch Bundesgesetz geregelt worden sind, ohne eine adäquate Finanzausstattung sicherzustellen. Die Kommunen fordern deshalb, das Kinder- und Jugendhilfegesetz und das Sozialgesetzbuch XII auf den Prüfstand zu bringen. Ziel ist es, insbesondere bei einigen kostenträchtigen Leistungen eine weitere Kostenbelastung der Kommunen zu vermeiden oder wenigstens deutlich einzudämmen.

Mit dem Gesetzentwurf wird die nachhaltige Wahrnehmung der Aufgaben durch die Kommunen gesichert. Insbesondere wird bei einigen Leistungen eine ziel- und zweckgerichtetere Leistungsgewährung ermöglicht und dadurch eine weitere Belastung der Kommunen vermieden oder zumindest deutlich eingedämmt. Außerdem werden bürokratische Hemmnisse weiter abgebaut, Länderkompetenzen gestärkt bzw. zurückgeholt sowie durch Deregulierungsmaßnahmen der Vollzug optimiert.

Die Änderungsvorschläge des Gesetzentwurfs beinhalten im Bereich der Kinder- und Jugendhilfe:

Die Änderungsvorschläge des Gesetzentwurfs beinhalten im Bereich des Sozialhilferechts:

Die Änderungsvorschläge des Gesetzentwurfs beinhalten im Bereich des Sozialgesetzbuches I die Einfügung einer generellen Finanzkraftklausel, gültig für alle Bücher des Sozialgesetzbuches.

Die Änderungsvorschläge des Gesetzentwurfs beinhalten im Bereich des Sozialgesetzbuchs X

Die Änderungsvorschläge des Gesetzentwurfs beinhalten im Bereich des Sozialgesetzbuchs XI

B. Besonderer Teil

Zu Artikel 1 (Änderung des Achten Buches Sozialgesetzbuch)

Zu Nummer 1

Redaktionelle Änderung der Inhaltsübersicht

Zu Nummer 2 (§ 2)

Folgeänderung aufgrund Nummer 9.

Zu Nummer 3 (§ 5)

Die bisherige Regelung des Wunsch- und Wahlrechtes hat die Jugendhilfeetats der Kommunen erheblich belastet. Mit dem Wegfall des Wortes "unverhältnismäßig" muss der Wahl und den Wünschen dann nicht mehr entsprochen werden, wenn diese Mehrkosten zur Folge haben. Auch entfallen künftig verwaltungsaufwändige Vergleichsberechnungen.

Zu Nummer 4 (§ 10)

Die Neufassung der Vorschrift dient der gesetzlichen Betonung des bestehenden Nachranges gegenüber der Verpflichtung zur Selbsthilfe, gegenüber Unterhaltsverpflichteten und gegenüber anderen Sozialleistungen.

Zu Nummern 5 bis 7 Folgeänderungen aufgrund Nummer 9.

Zu Nummer 8 (§ 35)

Die intensivsozialpädagogische Einzelbetreuung für schwer dissoziale und delinquente Kinder und Jugendliche wird häufig im Ausland angeboten. Bei den sog. Stand- und Reiseprojekten sind deutliche Fehlentwicklungen feststellbar. Die Maßnahmen werden zum Teil als ultimatives Krisenmanagement angeboten und gewinnträchtig vermarktet. Deshalb werden Auslandsprojekte als schnelle Lösung für extreme Problemfälle genutzt, in der Erwartung, dass die betreffenden jungen Menschen geläutert zurückkommen. Fälschlicherweise werden sie dabei nicht selten als einzig sinnvolle Alternative etwa zur geschlossenen Heimerziehung interpretiert. Für eine auf die individuellen Bedürfnisse von Jugendlichen abgestimmte intensive sozialpädagogische Einzelbetreuung sind Auslandsmaßnahmen nicht zwingend erforderlich. Den Bürgern ist es angesichts zwingender und notwendiger Sparmaßnahmen nicht darstellbar, dass hierfür von der öffentlichen Hand Finanzmittel bereitgestellt werden.

Im Übrigen ist die Qualitätskontrolle im Ausland wesentlich erschwert; die Ausübung des staatlichen Wächteramtes zum Schutz von Kindern und Jugendlichen kann dort nicht gewährleistet werden.

Zu Nummer 9 (§ 35a)

Aus Gründen der Gleichbehandlung sowie zur Vermeidung von Abgrenzungs- und Zuständigkeitsproblemen ist es im Interesse der jungen Menschen mit seelischen Behinderungen geboten, die Sonderzuständigkeit der Jugendhilfeträger für diese Zielgruppe aufzuheben und ihnen - ebenso wie den körperlich und geistig behinderten Kindern und Jugendlichen - künftig wieder Eingliederungshilfe durch die Sozialhilfeträger zu gewähren (§§ 53 ff Zwölftes Buch). Die Reintegration in die Sozialhilfe bietet für die Betroffenen wesentliche Vorteile. Die Eingliederungshilfe wird als Komplexleistung gewährt, d.h., dass die Leistungsempfänger alle nötigen Hilfen aus "einer Hand" erhalten und insbesondere bei Mehrfachbehinderungen nicht auf die Antragstellung bei verschiedenen Leistungsträgern angewiesen sind. Zudem werden die Entscheidungsprozesse konzentriert und sind für den Hilfeempfänger transparenter. Die Befassung nur eines Leistungsträgers dient auch der Verwaltungsvereinfachung.

Die sog. "große Lösung", der Versuch, mit Einführung des § 35a in das SGB VIII als erster Schritt, die einheitliche Teilhabe aller jungen Menschen mit Behinderungen unter dem Dach der Jugendhilfe zu organisieren, muss in Kenntnis der Jugendhilfepraxis seit 1995 als gescheitert angesehen werden. Es gibt nach wie vor erhebliche Vollzugsprobleme in der Praxis. Sowohl die Bedarfsermittlung als auch die Entscheidung über notwendige und geeignete Hilfsangebote einschließlich der Beurteilung der Eignung von leistungserbringenden Fachkräften, Diensten und Einrichtungen, aber auch im Hinblick auf die Hilfeplanung und Finanzierungsfragen konnten bis heute nicht zufrieden stellend gelöst werden.

§ 35a SGB VIII sprengt zudem die Logik, Systematik und die Strukturmaximen des SGB VIII. Vom Selbstverständnis her war und ist das Kinder- und Jugendhilfegesetz ein Erziehungsgesetz, das bis zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des § 35a SGB VIII in sich stimmig war. Ansatz des SGB VIII ist, die Entstehung und Lösung von Problemen des Aufwachsens, der Erziehung und der Entwicklung junger Menschen in ihrer wechselseitigen Abhängigkeit als multifaktorielle Erziehungs- und Entwicklungsbedingungen zu sehen. Mit der Schaffung des § 35a SGB VIII wurde dieser im SGB VIII erkämpfte und erreichte systematische Ansatz durchbrochen und zurückgenommen. Darüber hinaus wurde mit dem § 35a SGB VIII allein für die Gruppe der seelisch behinderten jungen Menschen ein individueller Rechtsanspruch eröffnet, während im übrigen SGB VIII - dem Gesamtkonzept des Gesetzes entsprechend - immer die Eltern bzw. die Personensorgeberechtigten leistungsberechtigt sind.

Um den Systembruch zu beenden und die Gleichbehandlung aller jungen Menschen mit Behinderungen zu gewährleisten, wird § 35a SGB VIII ersatzlos gestrichen.

Zur Vermeidung von Abgrenzungsproblemen bei gleichzeitiger Gewährung von Eingliederungshilfe und Hilfe zur Erziehung nach dem SGB VIII, werden entsprechende Regelungen getroffen.

Zu Nummer 10

Folgeänderung aufgrund Nummer 9.

Zu Nummer 11 (§ 36)

Folgeänderung aufgrund Nummer 3.

Zu Nummer 12 (§ 36)

Folgeänderung aufgrund Nummer 9.

Zu Nummer 13 (§ 36a)

Die Leistungen nach dem SGB VIII werden zum überwiegenden Teil nicht von den öffentlichen Träger der Jugendhilfe, sondern von den Träger der freien Jugendhilfe erbracht. Gleichwohl richtet sich die gesetzliche Leistungsverpflichtung ausschließlich gegenüber den Träger der öffentlichen Jugendhilfe.

Das auf der Grundlage des SGB VIII bereit gehaltene Instrumentarium beinhaltet insbesondere im Bereich der Hilfe zur Erziehung ein an den unterschiedlichen Lebenslagen von Familien orientiertes System von beratenden und unterstützenden Leistungen. Es entspricht nicht der Aufgabe des öffentlichen Jugendhilfeträgers, nur Kostenträger und nicht zugleich Leistungsträger zu sein.

Die Übernahme der Kosten einer selbst beschafften Hilfemaßnahme ist entsprechend der jugendhilferechtlichen Zielsetzung partnerschaftlicher Hilfe unter Achtung familiärer Autonomie nur möglich, wenn vom öffentlichen Jugendhilfeträger das Vorliegen der Voraussetzungen (Notwendigkeit und Geeignetheit) für die Hilfegewährung (nachträglich) festgestellt wird. Der Wahl und den Wünschen der Leistungsberechtigten ist zu entsprechen, sofern sie nicht mit Mehrkosten verbunden sind (vgl. § 5).

Zu Nummern 14 bis 16 (§§ 37, 39, 40) Folgeänderungen aufgrund Nummer 9.

Zu Nummer 17 (§ 41)

Bisher können junge Volljährige auch noch nach Vollendung des 18. Lebensjahres - in Extremfällen sogar bis Ende des 27. Lebensjahres - erstmals Jugendhilfeleistungen in Anspruch nehmen. Die Hilfegewährung für junge Volljährige berücksichtigt vor allem die Tatsache, dass die individuelle Persönlichkeitsentwicklung von der abstrakt juristisch bestimmten Volljährigkeit abweicht. Jugendhilfeleistungen für über 21-Jährige sollten aber auch nach dem Willen des Gesetzgebers nach § 41 a.F. die Ausnahme sein, in der Praxis hat sich dies jedoch zum Regelfall umgekehrt. Folge hiervon sind massive Abgrenzungsprobleme und Zuständigkeitsstreitigkeiten zwischen Jugend- und Sozialhilfe sowie erhebliche Reibungsverluste durch einen entsprechend hohen Verwaltungsaufwand und zum Teil Mitnahmeeffekte. Jugendämter vertreten zudem die Auffassung, dass nach Eintritt der Volljährigkeit die erzieherischen Methoden der Jugendhilfe weniger erfolgversprechend sind, insbesondere, wenn die Hilfe erst nach Volljährigkeit beginnt.

Durch die Neufassung wird erreicht, dass bei jungen Volljährigen nur begonnene Jugendhilfeleistungen fortgesetzt werden (keine Ersthilfe für junge Volljährige mehr) und die Leistungen der Jugendhilfe spätestens mit Vollendung des 21. Lebensjahres beendet sind. Notwendige Hilfe zur Selbsthilfe kann jungen Volljährigen effektiv auch durch moderne und qualifizierte Ansätze der Sozialhilfe (ggf. in Verbindung mit arbeitsfördernden Maßnahmen, z.B. "Arbeit statt Sozialhilfe"), Wohnungsvermittlung oder Schuldnerberatung, ohne personalkostenintensiven pädagogischen Einsatz von Jugendhilfefachkräften angeboten werden.

Die gesellschaftliche Integration junger Menschen sowie die Entfaltung ihrer Persönlichkeit erfolgt zu wesentlichen Teilen im Rahmen schulischer oder beruflicher Ausbildung. Durch die Bindung der Hilfegewährung an eine schulische oder berufliche Ausbildung wird sichergestellt, dass der junge Volljährige die Zeit der Hilfegewährung sinnvoll nutzt, um in der Zukunft ein eigenständiges Leben führen zu können. Die erzieherische Leitlinie des Gesetzes wird betont.

Im Sinne des aktivierenden Sozialstaates entspricht die Neuregelung dem Grundsatz des "Förderns und Forderns".

Zu Nummer 18 (§ 44) Folgeänderung aufgrund Nummer 9.

Zu Nummer 19 (§ 50a)

§ 50 Abs. 3 SGB VIII räumt dem Jugendamt einen weiten Beurteilungsspielraum bei der Frage ein, ob es zur Abwendung einer Gefährdung des Wohls des Kindes ein Tätigwerden des Gerichts für erforderlich hält. In der Praxis ist eine Zurückhaltung der Jugendämter bei der Anrufung der Familiengerichte zu erkennen. Dies ist darauf zurückzuführen, dass mit Blick auf das Elternrecht (Art. 6 GG) die Schwelle für Eingriffe in die elterliche Sorge in § 1666 BGB vom Gesetzgeber hoch angesetzt wurde.

Mit Blick sowohl auf die Fälle der Kindesmisshandlung bzw. Kindesvernachlässigung, bei denen Kinder schwerst geschädigt oder getötet wurden, als auch auf die Ereignisse, in denen Kinder und Jugendliche durch besonders aggressives und gewalttätiges Verhalten sich selbst und auch andere gefährdet haben, soll das staatliche Wächteramt bzw. der Schutzauftrag der Jugendämter gesetzlich stärker betont werden. Diese sind nicht ausschließlich Dienstleistungsbehörden.

Neu eingeführt werden die Verpflichtung der Personensorgeberechtigten zur Erteilung der notwendigen Auskünfte gegenüber dem Jugendamt und die gesetzliche Festschreibung der Intervention des Jugendamtes bis hin zur Anrufung des Familiengerichts als "Muss-Vorschrift". Ferner wird auf die in der Praxis unumgängliche Notwendigkeit der Weitergabe von Informationen der Träger von Einrichtungen und Diensten, die Leistungen nach dem SGB VIII erbringen, hingewiesen, damit Jugendämtern auch die notwendigen Erkenntnisse zufließen und sie ihrem Schutzauftrag gerecht werden können.

Die neue Vorschrift des § 50a SGB VIII soll damit zum einen ein praxisgerechtes Instrument zur Früherkennung von Erziehungsdefiziten und Hilfebedarf darstellen, zum anderen auch einen Beitrag zur Bekämpfung der Kinder- und Jugendkriminalität durch eine möglichst frühzeitige Einwirkung auf gefährdete Jugendliche leisten.

Eine Klärung, ob das Wohl des Kindes oder Jugendlichen gefährdet ist und ob ein entsprechender Hilfebedarf besteht, ist dem Jugendamt oft nur bei einem Gespräch mit den Eltern möglich. Die Regelung sieht deshalb vor, dass das Jugendamt die Eltern befragen darf und diese zur Auskunftserteilung verpflichtet sind. Zeichnet sich im Rahmen des Gesprächs ein Jugendhilfebedarf ab, muss das Jugendamt entsprechende Beratung und sonstige Leistungen anbieten. Sind die Eltern bzw. Personensorgeberechtigten nicht bereit, hiervon Gebrauch zu machen und ihrer Erziehungsverantwortung nachzukommen, hat das Jugendamt das Familiengericht anzurufen.

Was unter dem Wohl des Kindes oder des Jugendlichen zu verstehen ist, wurde bislang nicht eindeutig definiert. Die Konkretisierung dieses unbestimmten Rechtsbegriffs mit einer nicht abschließenden Aufzählung von Beispielfällen, soll dazu beitragen, dass Jugendämter früh und vor allem rechtzeitig auf den Plan treten.

Zu Nummer 20 (§ 65)

Das Wohl der Kinder und Jugendlichen erfordert eine zeitnahe Datenweitergabe innerhalb des Jugendamtes aufgrund seines in Art. 6 GG festgeschriebenen staatlichen Wächteramtes und der damit im Zusammenhang stehenden Garantenstellung. Datenschutz darf hier nicht zu Reibungsverlusten bzw. zur Erschwernis der Zusammenarbeit innerhalb eines Jugendamtes führen. Der neu einzufügende Abs. 1 a) stellt klar, dass Daten, die mitgeteilt worden sind, um eine Sach- und Geldleistung zu erhalten, "nicht anvertraut" sind und damit nicht dem besonderen Schutz nach § 65 SGB VIII unterliegen. Da in der Praxis große Unsicherheit hinsichtlich Auslegung und Anwendung der Vorschrift herrscht, führt die entsprechende Änderung außerdem zu mehr Rechtssicherheit und einer stärkeren Verwaltungsvereinfachung.

Zu Nummer 21 a (§ 69 )

Die sachliche Zuständigkeit des überörtlichen Trägers der Jugendhilfe ist zwingend vorgeschrieben. Es besteht zur Zeit keine Möglichkeit des Landesgesetzgebers, abweichende Zuständigkeitsregelungen zu treffen, die die Zuständigkeit des örtlichen Trägers vorsehen, obwohl dies unter dem Gesichtspunkt ortsnaher, effizienter Aufgabenwahrnehmung (z.B. bei Kindertagesstätten) sachgerecht sein könnte. Mit der Öffnungsklausel soll den Ländern der erforderliche Spielraum für mögliche Verlagerungsentscheidungen eröffnet werden.

Zu Nummer 21 b (§ 69)

Die Regelung eröffnet den Ländern die Möglichkeit, den gewachsenen Strukturen Rechnung zu tragen und den Gemeinden im örtlichen Bereich eine selbständige Aufgabenwahrnehmung zu ermöglichen. Davon unberührt bleibt die Planungshoheit des örtlichen Trägers der Jugendhilfe (vgl. auch Kammerbeschluss des BVerfG vom 15.11.1993).

Zu Nummer 22 (§ 78) Folgeänderung aufgrund Nummer 9.

Zu Nummer 23 (§ 80)

Jugendhilfeplanung ist gerade im Hinblick auf ihre kostendämpfende Wirkung eines der zentralen Steuerungsinstrumente für die Jugendämter. Ziel ist, durch ein kompatibles Netz an Jugendhilfeleistungen Synergieeffekte zu nutzen, Fehlinvestitionen zu vermeiden und letztendlich den jungen Menschen und ihren Familien im Einzelfall rasch und zielgerichtet zu helfen.

In der Praxis wird örtliche Jugendhilfeplanung allerdings noch sehr unterschiedlich umgesetzt. Zum Teil fehlt es an systematischen und kontinuierlichen Planungsprozessen, auch den Aspekten wie Qualität, Wirtschaftlichkeit und Effektivität wird nicht immer Rechnung getragen, veraltete Statistiken und "Datenfriedhöfe" sind mancherorts keine Seltenheit.

Durch die gesetzliche Klarstellung der Notwendigkeit einer regelmäßigen Fortschreibung der Jugendhilfeplanung in Satz 2 soll die Kontinuität der Jugendhilfeplanung in der Praxis verbessert werden, die Prozesshaftigkeit und Aktualität betont und dem Prinzip der Nachhaltigkeit stärker als bislang Rechnung getragen werden.

Zu Nummer 24 (§ 85 Abs. 2) Folgeänderung aufgrund Nummer 9.

Zu Nummer 25 (§ 85 Abs. 4)

Für die Einrichtungen der Kindertagesbetreuung wird durch die derzeitige Rechtslage eine zielführende und effektive Bündelung der Aufgabenwahrnehmung im Bereich der staatlichen Aufsicht vereitelt. Die bundesrechtlichen Schranken führen z.B. in Bayern zu dem absurden Ergebnis, dass altersgemischte Einrichtungen (= Kindergarten, Hort, Netz für Kinder und Krippe unter einem Dach) teilweise von den Jugendämtern und von den Regierungen gleichzeitig beaufsichtigt werden. Durch Landesrechtsvorbehalt soll für die Länder die Möglichkeit geschaffen werden, die bislang zum Teil noch überregional bzw. zentral angesiedelte staatliche Aufsicht und die Aufgabenwahrnehmung zum Schutz von Kindern und Jugendlichen in Einrichtungen der Kindertagesbetreuung auf die orts- und sachnähere Ebene der Kreisverwaltungsbehörden zu delegieren bzw. die Aufsicht dezentral anzusiedeln.

Zu Nummer 26 (§ 86)

Das Regelungswerk der örtlichen Zuständigkeiten im SGB VIII ist äußerst kompliziert, verwaltungsaufwändig und fehleranfällig. Erfahrungen in der Praxis zeigen, dass Jugendhilfeleistungen oft wegen Zuständigkeitswechsel abgebrochen werden. Die Verbindung zwischen Personensorgeberechtigten und dem ursprünglich hilfegewährenden Jugendamt wird gekappt und muss mit dem nunmehr zuständig gewordenen Jugendamt vollständig neu aufgebaut werden. "Jugendhilfekarrieren" gilt es jedoch mit allen zu Gebote stehenden Mitteln zu vermeiden.

Den Ländern soll in Abs. 7 die Möglichkeit der Einführung einer statischen Zuständigkeitsregelung, d.h. die einmal begründete Zuständigkeit eines Jugendamtes bleibt bis zur Beendigung einer konkreten Leistung/Maßnahme erhalten, innerhalb des jeweiligen landesrechtlichen Geltungsbereichs ermöglicht werden. Auch der Wegfall der Sonderzuständigkeit nach § 86 Abs.6 SGB VIII a.F. führt dazu, die derzeitigen Regelungen zur örtlichen Zuständigkeit erheblich zu vereinfachen und die fachliche Kontinuität zu wahren. Den Kommunen muss hier jedoch die Möglichkeit gegeben werden, sich auf die neue Rechtslage einzustellen. Deshalb sieht das Gesetz in Artikel 6 die Aufhebung des § 86 Abs.6 SGB VIII erst zum 1. Januar 2007 vor.

Zu Nummern 27 bis 28 (§§ 86 a, 86 b) Folgeänderungen aufgrund Nummer 9.

Zu Nummer 29 (§ 89a)

Folgeänderung aufgrund Nummer 29.

Zu Nummer 30 (§ 89e)

§ 89e dient dem Schutz der Einrichtungsorte. Dieser Schutz wird gewährt, wenn die Person, nach der sich die örtliche Zuständigkeit richtet, ihren gewöhnlichen Aufenthalt in einer Einrichtung, einer anderen Familie oder sonstigen Wohnform begründet. Die Regelung legt einen Erstattungsanspruch gegenüber dem örtlichen Jugendhilfeträger fest, in dessen Bereich die Person vor der Aufnahme ihren gewöhnlichen Aufenthalt hatte. Durch die Vorschrift soll eine übermäßige finanzielle Belastung der kommunalen Gebietskörperschaften vermieden werden, in deren Bereich sich Einrichtungen befinden.

Die Änderung dient der gesetzlichen Klarstellung, dass bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 89e der Schutz der Einrichtungsorte auch bei der Fortführung der Hilfegewährung an junge Volljährige gilt.

Zu Nummer 32 (§ 90)

Die Erhebung von Teilnahmebeiträgen auch für die Tagespflege ermöglicht eine Pauschalierung (Verwaltungsvereinfachung) und führt zu einer Gleichbehandlung mit den Kostenbeteiligungsregelungen bei den Kinderkrippen, Kindergärten und Horten. Die Regelung über die bisherige Kostenbeteiligung mittels Kostenbeitrag war deshalb aufzuheben.

Die Kostenbelastung der örtlichen Träger der öffentlichen Kinder- und Jugendhilfe ist durch die verstärkte Inanspruchnahme von Angeboten im Beratungsbereich und bei Hilfen mit therapeutischen Inhalten stark angestiegen. Diese Leistungsangebote weiterhin kostenfrei auszugestalten widerspricht dem Prinzip der eigenverantwortlichen Lebensgestaltung und ist angesichts der Finanzsituation der Kommunen nicht mehr zu rechtfertigen.

Die Einfügung einer Vorschrift über die Möglichkeit zur Erhebung von pauschalierten Teilnahmebeiträgen stellt es in das Ermessen der öffentlichen Träger der Jugendhilfe, über Grund und Höhe des Teilnahmebeitrages für ihre Einrichtungen und Leistungsangebote frei zu entscheiden. Der öffentliche Träger kann diesen Beitrag prozentual an den Kosten einer Fachleistungsstunde orientieren, hat aber auch die Möglichkeit, je nach Art des Beratungsangebotes (z.B. individueller Rechtsanspruch nach § 28 oder sonstige Beratungsangebote) zu differenzieren. Im Gegensatz zu den Heranziehungsregelungen der §§ 91 ff. erfordert die Erhebung von Teilnahmebeiträgen aber keine differenzierte und verwaltungsaufwändige Kostenermittlung und beeinträchtigt den niedrigschwelligen Zugang zu vielen Beratungsangeboten nicht zwingend.

Im Interesse der Gleichbehandlung der Beratungsangebote ist es geboten, für sämtliche Beratungsformen die Möglichkeit zur Erhebung von Kosten zu eröffnen. Die Hilfen zur Erziehung sind in §§ 27 bis 35 nicht abschließend geregelt. Im Rahmen des Auffangtatbestandes des § 27 können deshalb auch andere therapeutische Leistungen begehrt werden. Für diese Leistungen, die oft im Vorfeld vergleichbarer Leistungen nach SGB V stehen, ist es gerechtfertigt eine Kostenbeteiligung vorzusehen.

Zur Vermeidung von Unklarheiten bei der Einordnung von Beratungsangeboten nach § 28 ist diese Hilfeart besonders im Katalog der beitragsfähigen Leistungen benannt.

Die Möglichkeit, bei fehlender finanzieller Leistungsfähigkeit im Einzelfall von einem Teilnahmebeitrag abzusehen, ist bereits im geltenden Recht (Absätze 2 und 3) unter bestimmten Voraussetzungen vorgesehen und bleibt unverändert.

Zu Nummer 33 (§ 91)

Folgeränderung aufgrund Nummer 9.

Zu Nummern 34 bis 41 (§§ 91, 92, 93, 93a, 94, 95, 97a, 97b)

Die Ausgaben für die Jugendhilfe sind seit Inkrafttreten des SGB VIII (1. Januar 1991) enorm gestiegen. Im gesamten Bundesgebiet ist ein Anstieg der Jugendhilfeausgaben von rd. 14, 3 Mrd. Euro im Jahr 1992 auf rd. 20,2 Mrd. Euro im Jahr 2002 zu verzeichnen (letzter aktuell verfügbarer Stand der Statistik). Diese Last tragen in erster Linie die verantwortlichen Kommunen, die mittlerweile deutlich an die Grenze ihrer Leistungsfähigkeit stoßen. Auch und gerade im Interesse der jungen Menschen und ihrer Familien müssen die Kommunen, als tragende Säule der Jugendhilfe, handlungsfähig bleiben. Deshalb sind auch die Vorschriften des Kinder- und Jugendhilfegesetzes zur Heranziehung zu den Kosten zu novellieren. Durch die Änderungen werden die Möglichkeiten der Kostenheranziehung erweitert und auf das verwaltungsaufwändige Verfahren der Überleitung von Ansprüchen gegen einen nach bürgerlichem Recht Unterhaltspflichtigen verzichtet. Soweit möglich erfolgt die Kostenheranziehung durch Pauschalen (Verwaltungsvereinfachung). Eltern mit sehr hohem Einkommen oder Vermögen werden am Jugendhilfeaufwand angemessen beteiligt.

§ 94 Abs. 4 n.F. ermöglicht die Anrechnung des Kindergeldes, wenn das Jugendamt den Lebensunterhalt des Kindes sicherstellt, wie das z.B. regelmäßig bei den stationären Hilfen der Fall ist. Mit einer entsprechenden Neuregelung wird dem Unverständnis darüber begegnet, dass Eltern, deren Kinder im Rahmen der Jugendhilfe außerhalb des Elternhauses untergebracht sind und dort den Lebensunterhalt erhalten, noch durch das Kindergeld "belohnt" werden. Die dadurch nicht zu rechtfertigende Schlechterstellung der Eltern, die ihr Kind selbst erziehen, wird beseitigt. Durch die Änderung wird erreicht, dass Eltern/ein Elternteil bei der Heranziehung zu den Kosten in den genannten Fällen einen Kostenbeitrag mindestens in Höhe des auf das Kind/den Jugendlichen entfallenden Kindergeldes (oder einer diesem vergleichbaren Leistung) zu leisten haben/hat. Die bürgerlichrechtliche Aufteilung des Kindergeldes unterbleibt, da das Kindergeld in voller Höhe dem Elternteil zufließt, in dessen Haushalt das kindergeldauslösende Kind lebte. Außerdem wird klargestellt, dass sich die Träger der Jugendhilfe das Kindergeld von den Familienkassen erstatten lassen können und insoweit den entsprechenden Betrag nicht von den Eltern/dem Elternteil fordern müssen.

§ 97a n.F. trägt den Urteilen des Bundesverwaltungsgerichts vom 12.09.96 Rechnung, in denen festgestellt wird, dass Großeltern, die ihr Enkelkind in Erfüllung ihrer sekundären Unterhaltspflicht (d.h. die Eltern des Kindes sind nicht oder nicht in vollem Umfang leistungsfähig) in Tages- oder Vollzeitpflege betreuen, kein Pflegegeld erhalten. Voraussetzung hierfür ist jedoch die finanzielle Leistungsfähigkeit der Großeltern. Dies festzustellen, stellt die Jugendämter vor erhebliche Vollzugsprobleme, da das SGB VIII derzeit keine Auskunfts- oder sonstige Mitwirkungspflicht der Großeltern enthält. Die Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts können deshalb in der Praxis nicht umgesetzt werden. Mit der Einführung einer Auskunftspflicht der Großeltern über ihre Einkommens- und Vermögensverhältnisse in Abs. 1 wird erreicht, dass die Jugendämter deren Leistungsfähigkeit überprüfen können. Dadurch werden die durch die Urteile des Bundesverwaltungsgerichts vom 12.06.1996 entstandenen Unsicherheiten in der Praxis beseitigt und Rechtssicherheit geschaffen.

Zu Nummer 42 (§ 97c)

Hoheitliches Handeln der Jugendämter bzw. der Landesjugendämter oder der Bezirksregierungen erfolgt bislang kostenfrei. Die Einführung von (nicht allzu hohen) Gebühren bzw. Auslagen bei bestimmten Leistungen ist aber insbesondere dort sinnvoll, wo kein nennenswerter Unterschied zwischen diesen und ähnlich gelagerten Amtshandlungen beispielsweise im Bereich des Personenstandsrechts, des Gewerbe- oder Baurechts besteht. Durch Einführung eines Landesrechtsvorbehalts soll den Ländern in begründeten Fällen die Erhebung von Gebühren und Auslagen bei bestimmten Leistungen der Träger der öffentlichen Jugendhilfe ermöglicht werden.

Zu Nummern 43 bis 45 (§§ 98, 99, 101) Folgeänderungen aufgrund Nummer 9.

Zu Artikel 2 a) (Änderung des Artikels 1 Sozialgesetzbuch (SGB) Zwölftes Buch (XII) - Sozialhilfe)

Zu Nummer 1

Anpassung des Inhaltsverzeichnisses an die Änderungen Nr. 5, 8 und 10.

Zu Nummer 2 (§ 9)

Nach geltendem Recht können Wünsche des Hilfesuchenden in Bezug auf die Hilfegestaltung abgelehnt werden, wenn deren Erfüllung mit unverhältnismäßigen Mehrkosten verbunden ist (§ 3 Abs. 2 S. 3 BSHG; ab 01.01.2005 § 9 Abs. 2 S. 3 SGB XII). Die Grenze des Unverhältnismäßigen ist im Einzelfall zu bestimmen; die Rechtsprechung geht i. d. R. bei ca. 20 % Mehrkosten von unverhältnismäßigen Kosten aus. Künftig berechtigen jegliche Mehrkosten zur Ablehnung der Hilfe.

Zu Nummer 3 (§ 26)

Die Möglichkeiten des Trägers der Sozialhilfe, mit gegenüber dem Hilfesuchenden bestehenden Rückforderungsansprüchen gegenüber der 1aufenden Sozialhilfe aufzurechnen, werden erweitert. Die Aufrechnung wird auf Fälle des § 105 SGB XII (Herausgabe bei Doppelbezug von Sozialleistungen) erweitert; die zeitlichen Beschränkungen des bisherigen Satz 2 zur Erklärung der Aufrechnung entfallen.

Zu Nummer 4 (§ 28)

Die Änderung dient der Rückholung und Stärkung von Länderkompetenzen. Die bisherige Festlegung der Bemessungskriterien für die Bestimmung der Regelsätze in den Absätzen 3 und 4 wird aufgegeben, die Bestimmung von Bemessungskriterien bleibt künftig dem Landesrecht vorbehalten. Lediglich der bisher in Abs. 3 Satz 1 enthaltene Bedarfsdeckungsgrundsatz bleibt erhalten; er wird nun in Abs. 1 übertragen.

Nach derzeitiger Rechtslage werden die Regelsätze innerhalb enger bundesgesetzlicher Vorgaben durch die Länder bestimmt; das Bundesrecht gibt insbesondere auch die Bemessungskriterien vor: Entwicklung der Nettoeinkommen, Verbraucherverhalten und Lebenshaltungskosten. Daneben wird ein bestimmter Lohnabstand (Abstand zu durchschnittlichen Nettolöhnen unterer Gehaltsgruppen) festgelegt. Die Länder können die Träger der Sozialhilfe ermächtigen, abweichende höhere regionale Regelsätze zu bestimmen (§ 22 BSHG; ab 01.01.2005 § 28 SGB XII).

Künftig ist die Bestimmung der Regelsätze einschließlich der berücksichtigten Bemessungskriterien allein Ländersache. Die Länder können die Träger der Sozialhilfe ermächtigen, abweichende höhere oder niedrigere regionale Regelsätze zu bestimmen.

In Folge der Änderung können die Länder nicht nur länderbezogene Lohn- und Preisniveaus berücksichtigen, sondern andere oder weitere Bemessungskriterien heranziehen, einzelne Kriterien stärker oder schwächer gewichten und damit selbstständige Sozialpolitik betreiben. So könnte z.B. eine stärkere Berücksichtigung des Lohnabstandes zur Stärkung der Akzeptanz der Sozialhilfe in der Gesellschaft beitragen. Denn obwohl die Sozialhilfe ab 01.01.05 eine Sozialleistung für nicht erwerbsfähige Personen darstellt, ist es für die Motivation der Erwerbstätigen wichtig, sich deutlich besser zu stellen, als die von ihren Steuergeldern lebenden, nicht erwerbstätigen Personen.

Zu Nummer 5 (§ 29)

Der Hilfeempfänger hat eine Informationspflicht vor Anmietung einer anderen Wohnung (§ 29 Abs. 1 S. 4). Bei Nichtbefolgung und Unangemessenheit der neuen Wohnung erhält der Hilfesuchende keinerlei Unterkunftskosten mehr erstattet. Dies ist sachgerecht, da der Hilfesuchende, sofern er seine Einkommens- und Vermögensverhältnisse ordnungsgemäß angegeben hat, ohnehin nicht in der Lage wäre, den Differenzbetrag zwischen den tatsächlichen Mietkosten und den vom Sozialamt erstatteten angemessenen Kosten zu tragen. Selbst die Zahlung des angemessenen Teils der Mietkosten durch das Sozialamt könnte einen Wohnungsverlust wegen Mietrückständen nicht verhindern, sofern es nicht gelingt, durch Untervermietung oder auf andere Weise die Wohnkosten auf das angemessene Maß zu senken. Dies ist auch zumutbar, da der Hilfesuchende die Situation selbst verschuldet hat und überdies ein wirtschaftlicher Druck angezeigt ist, auf eine Senkung der Mietkosten hinzuwirken.

Zu Nummer 6 (§ 40) Folgeänderung zu Nr. 5.

Zu Nummer 7 (§ 75 Abs. 2)

Sozialhilfeträger müssen die Möglichkeit haben, den Abschluss von Vereinbarungen nach § 75 SGB XII mit Einrichtungen zu verweigern, die nicht bedarfsgerecht sind.

Zu Nummer 8 (§ 77 Abs. 4)

Bislang gelten Vereinbarungen nach Ablauf der Vertragsdauer gesetzlich bestimmt für unbegrenzte Dauer fort. Um die Vertragspartner zum zügigen Abschluss neuer, den evt1. geänderten Verhältnissen angepassten Vereinbarungen anzuhalten, erscheint es sachdienlich, die Fortgeltung abgelaufener Vereinbarungen nur für die Dauer von sechs Monaten gesetzlich fortzuschreiben.

Zu Nummer 9 (§ 82)

Der neue Satz 3 des Absatzes 1 stellt klar, dass Kindergeld, auch wenn die Eltern oder ein Elternteil Bezugsberechtigte sind, dem Sozialhilfeempfänger als Einkommen zuzurechnen ist, wenn er Hilfe nach dem Vierten Kapitel oder in einer stationären Einrichtung Eingliederungshilfe für Menschen mit Behinderung oder Hilfe zur Pflege erhält. Das Kindergeld ist von ihm deshalb als Einkommen einzusetzen.

Nach der bisherigen Rechtsprechung zum Grundsicherungsgesetz ist das Kindergeld beim Antragsteller nur anzurechnen, wenn eine erkennbare zweckorientierte Zuwendung der Eltern an das Kind erfolgt. Die Vermutung der Bedarfsdeckung und des gemeinsamen Wirtschaftens einer Haushaltsgemeinschaft gilt nur im Rahmen der Hilfe zum Lebensunterhalt. Die unterschiedliche Handhabung der Anrechnung von Kindergeld bei der Hilfe zum Lebensunterhalt und der Grundsicherung bei Erwerbsminderung ist nicht gerechtfertigt. Es bedarf der gesetzlichen Klarstellung, dass das Kindergeld auch dem Grundsicherungsempfänger als Einkommen zuzurechnen ist. Dafür spricht auch die Regelung des § 74 Abs. 1 EStG, § 48 Abs. 1 SGB I, nach denen das Kindergeld auch an das Kind selbst ausgezahlt werden kann, wenn der Kindergeldberechtigte diesem gegenüber seiner gesetzlichen Unterhaltspflicht nicht nachkommt.

Soweit einem Sozialhilfeempfänger in einer stationären Einrichtung Eingliederungshilfe für Menschen mit Behinderung oder Hilfe zur Pflege gewährt wird, ist eine Zurechnung des Kindergeldes als dessen Einkommen gerechtfertigt, da dieser in der Einrichtung eine Vollversorgung erhält. Dafür soll auf das Kindergeld zurückgegriffen werden können. Mit einer entsprechenden Neuregelung wird dem Unverständnis begegnet, dass Eltern, deren Kinder im Rahmen der Eingliederungshilfe oder der Hilfe zur Pflege außerhalb des Elternhauses untergebracht sind und dort den Lebensunterhalt sowie Hilfe nach dem Sechsten oder Siebten Kapitel erhalten, gleichwohl Kindergeld beziehen. Durch die Zuordnung des Kindergeldes als Einkommen des Kindes wird gewährleistet, dass dieses nach Maßgabe der §§ 85 ff. SGB XII einzusetzen ist.

Zu Nummer 10 (§§ 97 bis 99)

Folgeänderung zu Nr. 2. Die sachliche und örtliche Zuständigkeit wird künftig ausschließlich durch Landesrecht bestimmt.

Zu Nummer 11 (§ 102)

Die Erbenhaftung wird verschärft: Es wird eine unbeschränkte Haftung des Nachlasses eingeführt. Hinterlässt der Sozialhilfeempfänger Vermögenswerte, sind diese künftig unbeschränkt zur Rückzahlung der gewährten Hilfe einzusetzen.

Nach geltendem Recht kann Sozialhilfe gewährt werden, obwohl der Betroffene über "geschützte" Vermögenswerte verfügt, wie z.B. ein angemessenes Hausgrundstück, angemessener Hausrat, Familien- und Erbstücke, kleineres Barvermögen. Die Erben sind zur Rückzahlung der in den letzten 10 Jahre vor dem Tod des Hilfeempfängers aufgewandten Sozialhilfe verpflichtet, allerdings nur mit den Mitteln des Nachlasses und unter Abzug z. T. erheblicher Freibeträge (§ 92c BSHG; ab 01.01.2005 § 102 SGB XII).

Die Rückzahlungspflicht wird erweitert: Künftig muss der gesamte Nachlass eingesetzt werden, ohne Freibeträge und ohne Begrenzung auf einen 10-Jahres-Zeitraum. Eine Ausnahme kann allenfalls in außergewöhnlichen Härtefällen zugestanden werden, z.B. wenn ein angemessenes Hausgrundstück vermacht wird, das vom Erben zum Zeitpunkt des Erbfalls mitbewohnt wird, und wenn der Erbe andernfalls obdachlos würde.

Der Leistungsbezieher selbst muss die erhaltene Sozialhilfe, sofern er sie rechtmäßig bezogen hat, wie nach bisherigem Recht nicht zurückbezahlen. Anders als bisher kann er die Vermögenssubstanz jedoch nicht mehr teilweise oder vollständig den Erben erhalten. Die stärkere Erbenhaftung stellt insoweit eine notwendige Korrektur dar, weil es nicht gerechtfertigt ist, wenn steuerfinanzierte Sozialleistungen zur Bereicherung der Erben des Leistungsbeziehers führen.

Zu Artikel 2 b) (Änderung des Artikels 4: Änderung des Fünften Buches Sozialgesetzbuch -

Gesetzliche Krankenversicherung)

Zum 01.01.2005 tritt das Gesetz über eine bedarfsorientierte Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung außer Kraft; gleichzeitig werden die entsprechenden Vorschriften in das neue SGB XII als Viertes Kapitel eingeordnet. Die Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung ist ab diesem Zeitpunkt nur noch eine besondere Leistungsform der Sozialhilfe. Von daher ist es gerechtfertigt und geboten, Empfänger von Leistungen nach dem Vierten Kapitel des SGB XII hinsichtlich der Krankenversorgung ebenso zu behandeln wie sonstige Sozialhilfeempfänger. Die in Artikel 4 Nr. 7 Buchst. a des Gesetzes zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch geregelte Neufassung des § 264 Abs. 2 SGB V nimmt die Empfänger von Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung von der ansonsten für alle anderen Leistungsempfänger geltenden Regelung aus, dass die Krankenbehandlung gegen Kostenerstattung durch die Sozialhilfeträger von den Krankenkassen übernommen wird. Artikel 2b schließt diese Lücke, indem er § 264 Abs. 2 SGB V auch auf die Empfänger von Leistungen nach dem Vierten Kapitel SGB XII erstreckt. Es wird jedoch an dem Ziel des Art. 28 Gesundheitsstrukturgesetz festgehalten, auf Dauer alle Leistungsempfänger in die gesetzliche Pflichtversicherung einzubeziehen.

Zu Artikel 3 (Änderung des Ersten Buches Sozialgesetzbuch)

In § 33 SGB I wird in Satz 3 bezüglich der Rechte von Leistungsempfängern (aus sämtlichen Büchern des SGB) festgelegt, dass bei bestehenden Wunsch- und Wahlrechten den Wünschen der Berechtigten entsprochen werden soll, soweit sie angemessen sind. Bei der Prüfung der "Angemessenheit" spielt bislang die finanzielle Leistungsfähigkeit des Kostenträgers keine entscheidende Rolle. In Gerichtsverfahren vor den Verwaltungs- bzw. Sozialgerichten wurde entschieden, ohne dass die Rechtsprechung der finanziellen Situation des Leistungserbringers bei der notwendigen Abwägung aller Gesichtspunkte eine besondere Bedeutung beigemessen hätte. Durch die vorgeschlagene Ergänzung der Vorschrift wird die Prüfung der finanziellen Leistungsfähigkeit als Abwägungsgesichtspunkt ausdrücklich mit einbezogen.

Durch die Anfügung des § 33 SGB I in Satz 4 wird bewirkt, dass bei allen Vorschriften in den Büchern des SGB, die Wunsch- und Wahlrechte enthalten, die Finanzkraft des öffentlichen Trägers als Abwägungsgesichtspunkt bei der Entscheidung über die Ausgestaltung der Leistungen zu berücksichtigen ist.

Durch Satz 5 wird erreicht, dass bei Verhandlungen bei Vereinbarungen nach allen Büchern des SGB die Finanzkraft des öffentlichen Trägers zu berücksichtigen ist.

Zu Artikel 4 (Änderung des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch)

Zu Nummer 1 (§ 64)

Es wird eine Mutwillensgebühr eingeführt. Diese wird fällig, wenn ein Rechtsbehelf missbräuchlich eingelegt wird. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn der Rechtsbehelf als offensichtlich unzulässig oder unbegründet zu Lasten des Hilfeempfängers zurückgewiesen wird.

Die Regelung entspricht derjenigen des § 34 BVerfGG; ähnlich wie beim dort geregelten, ebenfalls grundsätzlich kostenfreien verfassungsgerichtlichen Verfahren ist ein Korrektiv für den Missbrauchsfall erforderlich, um die Überforderung der Behörden durch eine Vielzahl aussichtsloser und unsinniger Verfahren zu vermeiden.

Zu Nummer 2 (§ 67a)

Buchst. a regelt, dass auch stichprobenhafte Nachfragen zur Kontrolle des Leistungsmissbrauchs ohne Anfangsverdacht möglich sein müssen.

In der bisherigen Rechtspraxis kommt es immer wieder zu Streitigkeiten darüber, ob solche Datenerhebungen auf die Generalklauseln des SGB X gestützt werden können. Während bisher überwiegend anerkannt worden ist, dass z.B. in den Fällen der §§ 116, 117 BSHG, § 21 Abs. 4 SGB X Daten auch ohne konkretes Verdachtsmoment im Interesse der vorbeugenden Leistungskontrolle übermittelt werden dürfen, wird dies in den übrigen Fällen, in denen als Rechtsgrundlage nur die allgemeinen Vorschriften (§ 67a und § 69 Abs. 1 Nr. 1 SGB X) zur Verfügung stehen, uneinheitlich gesehen.

Die Änderung ist geeignet und erforderlich zur Herbeiführung einer einheitlichen Rechtspraxis und im Interesse der Schaffung effektiver Generalklauseln für die Missbrauchskontrolle.

Buchst. b erleichtert die Erhebung der Daten bei Dritten. Nach der bisherigen Rechtslage erfolgen Abfragen in der Regel beim Betroffenen selbst bzw. über diesen, also mit dessen Einverständnis bei Dritten. Direkte Anfragen an andere Sozialleistungsträger (oder an sonstige Träger des Sozialgeheimnisses), die zur Überprüfung der Angaben des Betroffenen erforderlich sind, sind bisher nur dann zulässig, wenn die Direktabfrage zugleich der Vermeidung eines unverhältnismäßigen Aufwandes dient (§ 67a II 2 Nr. 1 Buchst. b SGB X). Es soll künftig als Erhebungsgrund ausreichend sein, wenn die Abfrage zur Überprüfung der Angaben des Betroffenen erforderlich ist. Durch die Direktanfrage kann z.B. auch vermieden werden, dass gerade in Fällen erheblichen Missbrauchsverdachts der Betroffene um seine Mitwirkung bei der Überprüfung ersucht werden muss und Verdunklungsmaßnahmen einleiten kann.

Zu Nummer 3 (§ 69)

Die Änderung erstreckt die Neuregelung der Erhebungsbefugnisse (Nr. 1 Buchst. a) auf die Übermittlungsbefugnisse und bringt Erhebungs- und Übermittlungsbefugnisse in Einklang. Hierdurch wird sichergestellt, dass die von der anfragenden Sozialbehörde zur Missbrauchskontrolle benötigten Daten durch die angefragte Sozialbehörde auch übermittelt werden dürfen.

Zu Artikel 5 (Änderung des Elften Buches Sozialgesetzbuch)

Bislang gelten Pflegesätze nach Ablauf des vereinbarten Zeitraumes gesetzlich bestimmt für unbegrenzte Dauer fort. Um die Pflegesatzparteien zum zügigen Abschluss neuer, den evt1. geänderten Verhältnissen angepasster Pflegesätze anzuhalten, erscheint es sachdienlich, die Fortgeltung abgelaufener Pflegesatzvereinbarungen nur für die Dauer von sechs Monaten gesetzlich fortzuschreiben.

Zu Artikel 6 (Inkrafttreten)

Artikel 6 regelt das Inkrafttreten des Gesetzes. Eine Übergangsfrist ist dabei notwendig. Für die Aufhebung des Art. 86 Abs.6 SGB VIII (Art. 1 Nr. 26a des Gesetzes) ist eine längerer Übergangsfrist bis 1. Januar 2007 notwendig.