Land Brandenburg Potsdam, 14. November 2017
Der Ministerpräsident
An den Präsidenten des Bundesrates
Herrn Regierenden Bürgermeister
Michael Müller
Sehr geehrter Herr Bundesratspräsident,
die Landesregierung von Brandenburg hat beschlossen, dem Bundesrat die als Anlage beigefügte Entschließung des Bundesrates zur Aufnahme von Kinderrechten ins Grundgesetz zuzuleiten.
Ich bitte, die Vorlage gemäß § 36 Absatz 2 der Geschäftsordnung des Bundesrates auf die Tagesordnung der 962. Bundesratssitzung am 24. November 2017 zu setzen.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Dietmar Woidke
Entschließung des Bundesrates zur Aufnahme von Kinderrechten ins Grundgesetz
Der Bundesrat möge beschließen:
Der Bundesrat fordert die künftige Bundesregierung auf, einen Gesetzentwurf zur Änderung des Grundgesetzes vorzulegen, der die verfassungsrechtliche Verankerung von Kinderrechten vorsieht, um die Rechtsstellung und das besondere Schutzbedürfnis von Kindern klarer zum Ausdruck zu bringen.
Begründung:
- 1. Der Bundesrat hat sich in der Vergangenheit bereits mehrfach mit der Stärkung von Kinderrechten befasst. Er hat sich in seiner Entschließung vom 25. November 2011 (Drs. 386/11 (PDF) <Beschluss>) für eine Grundgesetzänderung ausgesprochen, um Grundrechte der Kinder, insbesondere deren besonderen Schutz durch Staat und Gesellschaft vor Gewalt, Vernachlässigung und Ausbeutung, sowie das Recht der Kinder auf altersgemäße Anhörung in allen sie betreffenden Gerichts- und Verwaltungsverfahren ausdrücklich in der Verfassung zu normieren.
- 2. Kinder sind Träger eigener Rechte und nicht nur Objekt von Schutz und Fürsorge. Das Kind ist nicht Gegenstand elterlicher Rechtsausübung, es ist "Rechtssubjekt und Grundrechtsträger, dem die Eltern schulden, ihr Handeln an seinem Wohl auszurichten" (BVerfGE 121, 69, 93). Das zuvörderst den Eltern obliegende Recht auf Pflege und Erziehung der Kinder ist untrennbar mit der Pflicht der Eltern verbunden, dem Kind Schutz und Hilfe zu seinem Wohl angedeihen zu lassen. Das Kindeswohl ist - so Artikel 3 der Kinderrechtskonvention - zudem bei allen Maßnahmen öffentlicher oder privater Einrichtungen, die Kinder betreffen, ein vorrangig zu berücksichtigender Gesichtspunkt.
- 3. Die meisten Landesverfassungen normieren ausdrücklich - wenn auch in unterschiedlicher Ausgestaltung - die besondere Bedeutung der Rechte und des Schutzbedürfnisses von Kindern und beziehen konsequent auch die staatlichen Schutzpflichten ein. Mit einer Verankerung von Kinderrechten im Grundgesetz, die die zentralen Prinzipien der VN-Kinderrechtskonvention widerspiegelte, würde der hohen verfassungsrechtlichen Bedeutung Rechnung getragen, die ihnen zukommt. Zugleich würde ein wichtiges Zeichen gesetzt, um die Stellung der Kinder in der Gesellschaft zu stärken und das Bewusstsein für ihre Belange zu schärfen.
- 4. Die Justizministerkonferenz hat im Herbst 2016 den Vorschlag der Jugend- und Familienministerkonferenz begrüßt, in einer gemeinsamen Bund-Länder-Arbeitsgruppe einen Formulierungsvorschlag für die Aufnahme von Kinderrechten ins Grundgesetz zu prüfen. Die Arbeitsgruppe hat - unter Beteiligung der zuständigen Bundesressorts - bereits erste Vorschläge erörtert. Diese Arbeiten könnten für die Erarbeitung eines Gesetzentwurfs nutzbar gemacht werden.