861. Sitzung des Bundesrates am 18. September 2009
A.
Der federführende Ausschuss für Fragen der Europäischen Union (EU) und der Wirtschaftsausschuss (Wi) empfehlen dem Bundesrat, zu der Vorlage gemäß §§ 3 und 5 EUZBLG wie folgt Stellung zu nehmen:
- 1. Der Bundesrat begrüßt, dass die Kommission einen Vorschlag zur Überarbeitung der Rechtsvorschriften über die Gasversorgungssicherheit vorgelegt hat, der insbesondere die Erfahrungen aus dem Ausfall russischer Erdgaslieferungen durch die Ukraine im Januar dieses Jahres berücksichtigt.
- 2. Der Bundesrat hält eine Verpflichtung der Mitgliedstaaten zu einer angemessenen Krisenprävention und die Vorgabe bestimmter Infrastruktur- und Versorgungsstandards für sinnvoll. Wie diese Vorgaben erreicht werden, muss aber den Mitgliedstaaten überlassen bleiben. Daher ist die Rechtsform der Richtlinie besser geeignet als die vorgeschlagene Rechtsform der Verordnung.
- 3. Eine pauschale Verpflichtung, alle grenzüberschreitenden Gastransportleitungen zum Gastransport in beiden Richtungen ("Reverse Flow", Artikel 6 Absatz 5) auszurüsten, lehnt der Bundesrat in der vorgeschlagenen Form als unverhältnismäßig ab. Sie würde zudem zu einer überproportionalen Kostenbelastung der Netzkunden im Gastransitland Deutschland führen.
- 4. Nach Auffassung des Bundesrates sind im Sinne des Subsidiaritätsprinzips für die Gewährleistung der Gasversorgungssicherheit primär die Gasunternehmen (ggf. in grenzüberschreitender Zusammenarbeit), in zweiter Linie die Mitgliedstaaten und erst an dritter Stelle die EU verantwortlich. Eine Schwächung der Eigenverantwortung der Gaswirtschaft, die über das notwendige technische Knowhow zur Krisenprävention und -bewältigung verfügt, würde sich kontraproduktiv auf die Versorgungssicherheit auswirken.
- 5. Der Bundesrat fordert daher, die vorgeschlagenen Regelungen für den gemeinschaftsweiten Notfall (Artikel 10) so zu ändern, dass die primäre Verantwortung der Gasunternehmen auch im Notfall erhalten bleibt. Vorrang vor einem Tätigwerden der EU muss außerdem die regionale Kooperation der betroffenen Mitgliedstaaten haben.
- 6. Die EU-weite Koordinierung sollte nicht der Kommission übertragen werden, stattdessen sollte die "Koordinierungsgruppe Erdgas" eine stärkere Rolle erhalten und die Letztentscheidung über zu treffende gemeinsame Maßnahmen sollte bei den Mitgliedstaaten verbleiben. (bei Annahme entfällt Ziffer 7)
- 7. Die EU-weite Koordinierung sollte bei der bewährten "Koordinierungsgruppe Erdgas" verbleiben und nicht der Kommission übertragen werden.
- 8. Die Schwellen für die Ausrufung des gemeinschaftsweiten Notfalls müssen gegenüber dem Vorschlag deutlich angehoben werden.
- 9. Der Bundesrat hält es im Interesse der Bürokratievermeidung für notwendig, dass vor Einführung neuer Informationspflichten (Artikel 11) die Erforderlichkeit der Informationserhebung nachgewiesen wird.
B.
- 10. Der Ausschuss für Innere Angelegenheiten empfiehlt dem Bundesrat, von der Vorlage gemäß §§ 3 und 5 EUZBLG Kenntnis zu nehmen.