826. Sitzung des Bundesrates am 13. Oktober 2006
A
Der federführende Ausschuss für Fragen der Europäischen Union und der Ausschuss für Kulturfragen empfehlen dem Bundesrat, zu der Vorlage gemäß §§ 3 und 5 EUZBLG wie folgt Stellung zu nehmen:
- 1. Der Bundesrat sieht in dem Kommissionsentwurf einen Beitrag zur Stärkung der grenzüberschreitenden Mobilität in Europa, der in einer erweiterten Union ständig steigende Bedeutung zukommt.
- 2. Der Bundesrat begrüßt die Konzeption des EQR für Qualifikationen in Form eines Metarahmens, der auf der Zugrundelegung von Lernergebnissen und freiwilliger Implementierung durch die Mitgliedstaaten beruht, und betont, dass der EQR keine "europäischen Qualifikationen" generieren kann und sich seine Funktion auf die Rolle eines Übersetzungsinstruments ohne legislativen Charakter, d. h. ohne normierende Wirkung nach außen, beschränkt. In diesem Zusammenhang weist der Bundesrat jegliche wie auch immer geartete innerstaatliche Bindewirkung eines EQR zurück. Ob und ggf. wann die Schaffung nationaler Qualifikationsrahmen erfolgen soll, verbleibt in der alleinigen Entscheidung der Mitgliedstaaten. Vor diesem Hintergrund werden im Zusammenhang der EQR-Schaffung mit Fristen verbundene Kommissionsforderungen ebenso wie etwaige gesonderte, über den Rahmen der Zwischenberichte des Arbeitsprogramms "Bildung und Ausbildung 2010" hinausgehende diesbezügliche Berichtsaufforderungen abgelehnt.
- 3. Auch die EQR-Implementierungsmodalitäten müssen der mitgliedstaatlichen Ebene vorbehalten bleiben. Daher soll es jedem Mitgliedstaat vorbehalten bleiben, ob und ggf. wann ein von der Kommission gefordertes "nationales Zentrum" zur Unterstützung und Koordinierung der Beziehungen zwischen dem nationalen Qualifikationssystem und dem EQR geschaffen und wie die Information interessierter Kreise über die EQR-Inhalte gestaltet werden soll.
- 4. Für den Fall der Schaffung eines Qualifikationsrahmens für die Bundesrepublik Deutschland unterstreicht der Bundesrat, dass dieses Instrument zur Erleichterung der Einordnung von Qualifikationen in einem europäischen Kontext als Mobilitätsrahmen konzipiert werden sollte, der ausschließlich für die grenzüberschreitende Mobilität Verwendung findet und innerstaatlich keine Berechtigungen verleiht. Dazu ist es aus Sicht des Bundesrates nicht erforderlich, eine umfassende, alle Bildungsbereiche vom frühesten Kindesalter bis zum Seniorenalter beinhaltende Zusammenstellung von Qualifikationen in der Bundesrepublik Deutschland für den innerstaatlichen Gebrauch zu erstellen.
- 5. Auch für die europäische Ebene betrachtet der Bundesrat das Ziel, einen EQR für die gesamte Bandbreite des lebenslangen Lernens zu schaffen, als zu ehrgeizig und wohl nur unter größtem bürokratischen Aufwand durchführbar. Er fordert daher eine Konzentration der Bemühungen auf die tatsächlich durch grenzüberschreitende Mobilität entstehenden Fälle, die hauptsächlich die Bereiche Sekundarschulbildung, Hochschulbildung und berufliche Bildung umfassen.
- 6. Aus Sicht des Bundesrates lässt sich vor allem im Hinblick auf die Einordnung einer großen Vielfalt von mitgliedstaatlichen Qualifikationen bzw. Qualifikationsrahmen in einen europäischen Metarahmen gegenwärtig nicht verlässlich einschätzen, mit welchen Problemen bzw. Unwägbarkeiten bei der Vergleichbarmachung der Qualifikationen bzw. Abschlüsse zu rechnen sein wird. Daher spricht sich der Bundesrat nachdrücklich für eine mehrjährige EQR-Probephase aus, in die Erfahrungen aus mehreren von der Kommission finanzierten Pilotprojekten eingehen sollen.
- 7. Eine konsequente Stützung auf Lernergebnisse muss im Hinblick auf die Bildungsgänge in der deutschen beruflichen Bildung, die in anderen Mitgliedstaaten im tertiären Bereich geregelt sind, eine adäquatere Einstufung im internationalen Vergleich als bisher möglich gewährleisten. Der Bundesrat bittet die Bundesregierung, im Rahmen der weiteren Verhandlungen sowie der Durchführung bzw. Auswertung von diesbezüglichen Pilotprojekten dafür Sorge zu tragen.
B
- 8. Der Ausschuss für Innere Angelegenheiten und der Wirtschaftsausschuss empfehlen dem Bundesrat, von der Vorlage gemäß §§ 3 und 5 EUZBLG Kenntnis zu nehmen.