A
Der federführende Ausschuss für Arbeit und Sozialpolitik (AS),
der Ausschuss für Familie und Senioren (FS),
der Ausschuss für Frauen und Jugend (FJ) und
der Gesundheitsausschuss (G)
empfehlen dem Bundesrat, den Gesetzentwurf gemäß Artikel 76 Abs. 1 des Grundgesetzes nach Maßgabe folgender Änderungen beim Deutschen Bundestag einzubringen:
1. Zu Artikel 1 (§ 7 Abs. 1 Satz 3 SGB II)
In Artikel 1 sind in § 7 Abs. 1 Satz 3 nach dem Wort "aufhalten" die Wörter ", oder soweit sich aus internationalen und europäischen Abkommen etwas anderes ergibt" einzufügen.
Als Folge ist
in der Begründung in Abschnitt "B. Besonderer Teil" der Einzelbegründung zu Artikel 1 (§ 7 Abs. 1 Satz 3 SGB II) folgender Satz anzufügen:
§ 7 Abs. 1 Satz 3 letzter Halbsatz stellt klar, dass zwischenstaatliche Abkommen, wie beispielsweise das Europäische Fürsorgeabkommen vom 11. Dezember 1953, die Deutschschweizerische Fürsorgevereinbarung vom 14. Juli 1952 und das Deutschösterreichische Abkommen über Fürsorge- und Jugendwohlfahrtspflege vom 17. Januar 1966 auch weiterhin Geltung haben.
Begründung (nur für das Plenum):
Notwendige Ergänzung hinsichtlich zwischenstaatlicher Abkommen.
2. Zu Artikel 3 Nr. 1 (§ 23 Abs. 1 Satz 2 SGB XII)
In Artikel 3 Nr. 1 ist § 23 Abs. 1 Satz 2 wie folgt zu fassen:
- "Abweichend von Satz 1 ist zur Behebung eines akut lebensbedrohlichen Zustandes oder für eine unaufschiebbare und unabweisbar gebotene Behandlung einer schweren oder ansteckenden Erkrankung Hilfe bei Krankheit zu leisten; im Übrigen ist die nach den Umständen unabweisbar gebotene Hilfe zu gewähren."
Als Folge ist
in der Einzelbegründung zu Artikel 3 Nr. 1 der letzte Satz der Einzelbegründung zu § 23 Abs. 2 wie folgt zu fassen:
'Satz 2 greift den bisherigen Absatz 3 Satz 2 auf, wobei eine Anpassung an § 4 Abs. 1 AsylbLG vorgenommen und damit kein Ermessen in Form einer "Soll-Vorschrift" eingeräumt wird.'
Begründung (nur für das Plenum):
§ 23 Abs. 1 Satz 2 SGB XII in der Fassung des Gesetzentwurfs stellt bei Ausländern, die sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten, die Leistung der nach den Umständen unabweisbar gebotenen Hilfe in das Ermessen des Sozialhilfeträgers. Das begegnet verfassungsrechtlichen Bedenken. Der Anspruch auf Sozialhilfe wird aus den Grundrechten der Artikel 1 Abs. 1 und Artikel 2 Abs. 1 und 2 des Grundgesetzes hergeleitet. Dabei handelt es sich um so genannte "Jedermann-Grundrechte", auf die sich nicht nur Deutsche, sondern alle in Deutschland lebenden Menschen berufen können. Auf die Gewährung der nach den Umständen unabweisbar gebotenen Hilfe dürften daher alle in Deutschland lebenden Menschen einen Rechtsanspruch haben. Die nach dem Gesetzentwurf beabsichtigte Regelung ginge im Übrigen auch weiter als die vergleichbare Regelung nach § 1a des Asylbewerberleistungsgesetzes.
3. Zu Artikel 3 Nr. 1 (§ 23 Abs. 4 Satz 2 und Absatz 5a - neu - SGB XII)
In Artikel 3 Nr. 1 ist § 23 wie folgt zu ändern:
- a) Absatz 4 Satz 2 ist zu streichen.
- b) Nach Absatz 5 ist folgender neuer Absatz einzufügen:
(5a) Internationales und europäisches Recht sowie internationale und europäische Abkommen bleiben unberührt.
Als Folge ist
in der Einzelbegründung zu Artikel 3 Nr. 1 die Einzelbegründung zu § 23 wie folgt zu ändern:
- a) In der Einzelbegründung zu Absatz 4 ist Satz 3 zu streichen.
- b) Nach der Einzelbegründung zu den Absätzen 5 und 6 ist folgende Einzelbegründung einzufügen:
"Zu Absatz 5a
Absatz 5a weist klarstellend auf den Vorrang internationalen und europäischen Rechts (wie etwa der EU-Freizügigkeitsrichtlinie) sowie internationaler und europäischer Abkommen hin."
Begründung (nur für das Plenum):
Die Einfügung eines eigenständigen Absatzes, wonach internationales und europäisches Recht bzw. internationale und europäische Abkommen unberührt bleiben, hat klarstellenden Charakter. Hierdurch wird zum einen sichergestellt, dass sich rechtmäßig aufhaltende Unionsbürger insbesondere im Hinblick auf § 23 Abs. 3 SGB XII nicht anders als Inländer behandelt werden dürfen und Anspruch auf alle Leistungen des SGB XII haben. Weiterhin wird durch die Regelung gewährleistet, dass günstigere bilaterale Abkommen betreffend die Sozialhilfe (z.B. Schweiz) weiterhin anwendbar bleiben.
4. Zu Artikel 3 Nr. 2 ( § 82 Abs. 4 SGB XII) Nr. 3 - neu - (§ 88 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und 3, Satz 2 - neu - SGB XII) und Artikel 4 (Inkrafttreten, Übergangsvorschrift - neu -)
- a) Artikel 3 ist wie folgt zu ändern:
- aa) Nummer 2 ist wie folgt zu fassen:
'2. § 82 Abs. 4 wird wie folgt gefasst:
"Lebt eine Person in einer teilstationären oder stationären Einrichtung, kann die Aufbringung der Mittel für die Leistungen in der Einrichtung nach dem Dritten und Vierten Kapitel von ihr und ihrem nicht getrennt lebenden Ehegatten oder Lebenspartner aus dem gemeinsamen Einkommen verlangt werden, soweit Aufwendungen für den häuslichen Lebensunterhalt erspart werden. Darüber hinaus soll in angemessenem Umfang die Aufbringung der Mittel verlangt werden, wenn eine Person auf voraussichtlich längere Zeit Leistungen in einer Einrichtung bedarf. Bei der Prüfung, welcher Umfang angemessen ist, ist auch der bisherigen Lebenssituation des im Haushalt verbliebenen, nicht getrennt lebenden Ehegatten oder Lebenspartners sowie der im Haushalt lebenden minderjährigen, unverheirateten Kinder Rechnung zu tragen." '
- bb) Nach Nummer 2 ist folgende neue Nummer anzufügen:
'3. § 88 Abs. 1 wird wie folgt geändert:
- a) In Nummer 2 wird das Komma am Ende durch einen Punkt ersetzt.
- b) Nummer 3 wird gestrichen.
- c) Nach Satz 1 wird folgender neuer Satz angefügt:
"Darüber hinaus soll in angemessenem Umfang die Aufbringung der Mittel verlangt werden, wenn eine Person auf voraussichtlich längere Zeit Leistungen in einer Einrichtung bedarf." '
- aa) Nummer 2 ist wie folgt zu fassen:
- b) Artikel 4 ist wie folgt zu fassen:
'Artikel 4
(1) Dieses Gesetz tritt vorbehaltlich des Absatzes 2 am Tag nach der Verkündung in Kraft.
(2) Artikel 3 Nr. 2 tritt vom 1. Januar 2005 bis zum Tag nach Verkündung dieses Gesetzes in folgender Fassung in Kraft:
- "Lebt eine Person in einer teilstationären oder stationären Einrichtung, kann die Aufbringung der Mittel für die Leistungen in der Einrichtung nach dem Dritten und Vierten Kapitel von ihr und ihrem nicht getrennt lebenden Ehegatten oder Lebenspartner aus dem gemeinsamen Einkommen verlangt werden, soweit Aufwendungen für den häuslichen Lebensunterhalt erspart werden. Darüber hinaus soll in angemessenem Umfang die Aufbringung der Mittel von Personen verlangt werden, die auf voraussichtlich längere Zeit der Pflege in einer Einrichtung bedürfen, solange sie nicht einen anderen überwiegend unterhalten." '
Als Folge ist
- a) das Vorblatt wie folgt zu ändern:
aa) In Teil "A. Problem und Ziel" Abschnitt II. ist Absatz 3 durch folgende Absätze zu ersetzen:
"Nach dem Willen des Gesetzgebers sollte die bisherige Regelung des § 85 Abs. 1 Nr. 3 des Bundessozialhilfegesetzes wortgleich auch für die Hilfe zum Lebensunterhalt übernommen werden, so dass sich keine Änderungen für die bisherige Bewilligungspraxis ergeben (vgl. Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Gesundheit und Soziale Sicherung des Deutschen Bundestages vom 20. Oktober 2004 zu dem Gesetzentwurf der Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/die GRÜNEN - BT-Drucksache 015/3673 - Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch, BT-Drucksache 015/3977, Seite 8, Zu Artikel 2 zu Nummer 4). Dies ist dem Gesetzgeber nicht gelungen, so dass es notwendig ist, die Einkommensschonregelung des § 82 Abs. 4 SGB XII neu zu regeln.
Die Neuregelung wird zudem genutzt, eine bereits unter der Geltung des BSHG bestehende Ungleichbehandlung zu beseitigen. Während von Heimbewohnern, die einen anderen überwiegend unterhalten, der Einsatz der Mittel nur in Höhe der häuslichen Ersparnis verlangt werden kann, müssen Heimbewohner, die einen anderen nicht überwiegend unterhalten, da beispielsweise ihr Partner über eigenes Einkommen verfügt, ihr Einkommen über die häusliche Ersparnis hinaus einsetzen. Dies führt dazu, dass Ehepaare - je nachdem, ob der Heimbewohner oder der zu Hause verbliebene Partner über Einkommen verfügt - in äußerst unterschiedlicher Höhe zu den Kosten der Heimunterbringung herangezogen werden."
bb) In Teil "B. Lösung" sind dem Abschnitt II. folgende Sätze anzufügen: "Zudem wird sichergestellt, dass
- - die Einkommensschonregelung (grundsätzlich Begrenzung der Kostenheranziehung auf die häusliche Ersparnis) auf das gemeinsame Einkommen des Heimbewohners sowie seines nicht getrennt lebenden Ehegatten oder Lebenspartners Anwendung findet,
- - darüber hinaus - unabhängig davon, ob der Heimbewohner oder dessen Partner Einkommen erzielt oder der Heimbewohner einen anderen überwiegend unterhält - nur im angemessenen Umfang die Aufbringung der Mittel verlangt werden kann,
- - bei der Prüfung des angemessenen Umfangs die Lebenssituation des im Haushalt verbliebenen, nicht getrennt lebenden Ehegatten oder Lebenspartners sowie dessen im Haushalt lebender Kinder zu berücksichtigen ist."
cc) In Teil "D. Finanzielle Auswirkungen auf die öffentlichen Haushalte" ist der letzte Satz durch folgende Sätze zu ersetzen:
Durch die Änderung des § 82 Abs. 4 SGB XII wird im Wesentlichen lediglich der Wille des Gesetzgebers in juristisch klarer Form präzisiert, so dass insoweit von Mehrkosten nicht gesprochen werden kann. Soweit die unter der Geltung des BSHG bestehende Ungleichbehandlung hinsichtlich der Anwendung der Einkommensschonregelung beseitigt wurde, kann dies mit Mehr- bzw. Minderausgaben für die Träger der Sozialhilfe verbunden sein. Ent- und Belastungen werden sich in der Regel die Waage halten.
- b) die Begründung wie folgt zu ändern:
aa) In Abschnitt "A. Allgemeiner Teil" ist Nummer 3 wie folgt zu fassen:
3. Die Vorschrift des § 82 Abs. 4 SGB XII wird insoweit korrigiert, dass sie im Wesentlichen der bis 31. Dezember 2004 geltenden Einkommensschonregelung des § 85 Abs. 1 Nr. 3 BSHG entspricht.
bb) In Abschnitt "B. Besonderer Teil" sind die Einzelbegründungen wie folgt zu ändern:
aaa) Die Einzelbegründung zu Artikel 3 Nr. 2 ( § 82 Abs. 4 SGB XII) ist wie folgt zu fassen:
'b) Zu Nummer 2
Mit dem Gesetz zur Änderung des Gesetzes zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch hatte der Gesetzgeber beabsichtigt, die bisherige Einkommensschonregelung des § 85 Abs. 1 Nr. 3 BSHG in das neue SGB XII (§ 82 Abs. 4) zu übertragen. Die Träger der Sozialhilfe sollten damit die Möglichkeit erhalten, ihre bisherige Praxis der Heranziehung zu den Kosten der Heimunterbringung im Wesentlichen beizubehalten. Dies ist jedoch nicht gelungen, da unter anderem der insoweit eindeutige Wortlaut des § 82 Abs. 4 SGB XII die Schonregelung auf Leistungen nach dem Dritten Kapitel SGB XII begrenzt.
Im Einzelnen:
(1) Zu Satz 1:
Satz 1 der Vorschrift begrenzt die Heranziehung zu den Kosten grundsätzlich auf die Einsparungen für den Lebensunterhalt, wenn eine Person in einer teilstationären oder stationären Einrichtung lebt. Im Gegensatz zur Vorschrift des § 82 Abs. 4 Satz 1 SGB XII in der Fassung vom 9. Dezember 2004 stellt diese Regelung sicher, dass die Einkommensschonregelung
- - auf Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung (so genannte Hotelkosten) sowie
- - auf das gemeinsame Einkommen des Heimbewohners sowie seines nicht getrennt lebenden Ehegatten oder Lebenspartners Anwendung findet.
Der Bund hat zwar die Auffassung vertreten, dass im Wege der Interpretation die Einkommensschonregelung auch auf die Leistungen der Grundsicherung erstreckt werden könne. Dagegen spricht allerdings der Wortlaut des § 82 Abs. 4 SGB XII. Insbesondere spricht die derzeitige Anrechnungspraxis verschiedener Sozialhilfeträger, die dazu führt, dass manche zu Hause lebenden (Ehe-) Partner auf das Sozialhilfeniveau zurückfallen, für die Notwendigkeit gesetzgeberischen Handelns. Dies wird auch von der Bundesarbeitsgemeinschaft der überörtlichen Sozialhilfeträger (BAGüS) betont. Rechtsaufsichtlich kann das Verhalten der Sozialhilfeträger nicht beanstandet werden, da der Gesetzeswortlaut für sie spricht und die Rechtslage zumindest höchst unklar ist. Zur Klarstellung und aus Gründen der Gleichbehandlung ist daher § 82 Abs. 4 SGB XII um die Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung zu ergänzen.
Schließlich begrenzt im Gegensatz zur Regelung des § 85 Abs. 1 Nr. 3 BSHG die Vorschrift des § 82 Abs. 4 Satz 1 SGB XII in der Fassung vom 9. Dezember 2004 den Personenkreis, der sein Einkommen nur in der Höhe der häuslichen Ersparnis für die Kosten des Lebensunterhalts in der Einrichtung einsetzen muss, auf die untergebrachten Personen. Dies führt zu unerwünschten und nicht zu rechtfertigenden Ergebnissen: Ein im eigenen Haushalt lebender Ehegatte bzw. Lebenspartner, der über Einkommen verfügt, das seinen eigenen notwendigen Lebensunterhalt übersteigt, muss gemäß § 19 Abs. 1 bzw. § 43 Abs. 1 i. V. m. § 19 Abs. 2 SGB XII mit der gesamten Einkommensüberschreitung für den Lebensunterhalt des in der Einrichtung lebenden Partners aufkommen. Damit verfügt dieser nur noch über den sozialhilferechtlich notwendigen Lebensunterhalt. Dagegen greift in umgekehrten Fällen, in denen der in der Einrichtung lebende Partner über höheres eigenes Einkommen verfügt, die Einkommensschonregelung und begrenzt damit grundsätzlich den Einkommenseinsatz auf die häusliche Ersparnis.
(2) Zu Satz 2:
Über die häusliche Ersparnis hinaus soll die Aufbringung der Mittel vom Heimbewohner sowie dessen (Ehe-) Partner in angemessenem Umfang verlangt werden, wenn der Leistungsberechtigte voraussichtlich auf längere Zeit Leistungen in einer Einrichtung bedarf.
Abweichend vom bisherigen Recht (BSHG) kann also künftig auch das Einkommen des (Ehe-) Partners eines Heimbewohners über die häusliche Ersparnis hinaus zu den so genannten "Hotelkosten" einer Heimunterbringung herangezogen werden. Auch das Tatbestandsmerkmal, dass der Heimbewohner einen anderen überwiegend unterhält, wurde gestrichen.
Die Änderungen sind aus Gründen der Gleichbehandlung geboten. Das bisherige Recht privilegierte die so genannten "Hausfrauen-Ehen", bei denen der Heimbewohner seinen zu Hause lebenden (Ehe-) Partner überwiegend unterhält, da in diesen Fällen der Einsatz des Einkommens des Heimbewohners nur in Höhe der häuslichen Ersparnis verlangt werden konnte. In den Fällen, in denen der zu Hause lebende (Ehe-) Partner über eigenes Einkommen verfügt und damit zumindest einen überwiegenden Teil seines Lebensbedarfs selbst decken kann, musste das Einkommen des Heimbewohners dagegen in voller Höhe zur Finanzierung der Kosten der Heimunterbringung eingesetzt werden. Dies führte dazu, dass Ehepaare - je nachdem, ob der Heimbewohner oder der zu Hause verbliebene Partner über Einkommen verfügt - in äußerst unterschiedlicher Höhe zu den Kosten der Heimunterbringung herangezogen wurden, auch wenn diese Paare über ein gleich hohes gemeinsames Einkommen verfügten.
(3) Zu Satz 3:
Welche Beteiligung an den Kosten der Heimunterbringung angemessen ist, richtet sich nach den Umständen des Einzelfalles. Neben der Art des Bedarfs, der Dauer und Höhe der erforderlichen Aufwendungen sowie den besonderen Belastungen des Leistungsberechtigten ist nach Satz 3 der
Vorschrift auch die bisherige Lebenssituation des im Haushalt verbliebenen, nicht getrennt lebenden Ehegatten oder Lebenspartners sowie der im Haushalt lebenden minderjährigen, unverheirateten Kinder zu berücksichtigen. Es handelt sich im Verhältnis zu § 19 Abs. 1 und 2 SGB XII um eine Spezialnorm.
Welcher Selbstbehalt dem im Haushalt verbliebenen (Ehe-) Partner sowie den im Haushalt lebenden minderjährigen, unverheirateten Kindern zu belassen ist, richtet sich nach den Gegebenheiten des Einzelfalles. Im Regelfall wird dem Betroffenen als Selbstbehalt ein oberhalb des sozialhilferechtlich notwendigen Lebensunterhalts liegender Betrag verbleiben.'
bbb) Nach der Einzelbegründung zu Artikel 3 Nr. 2 ist folgende neue Einzelbegründung anzufügen:
"c) Zu Nummer 3
Da nach der Neukonzeption des SGB XII die Hilfe zum Lebensunterhalt nicht mehr Bestandteil der Hilfe in besonderen Lebenslagen (Wegfall des § 27 Abs. 3 BSHG) ist, kann bei teilstationären oder stationären Leistungen nach dem Fünften bis Neunten Kapitel kein häuslicher Lebensunterhalt erspart werden. Die Vorschrift des § 88 Abs. 1 Nr. 3 ist daher insoweit zu streichen, als sie die Aufbringung der Mittel in Höhe der häuslichen Lebensunterhaltsersparnis verlangt. Im Übrigen wird die Vorschrift des § 88 Abs. 1 Nr. 3 SGB XII entsprechend der Neuregelung des § 82 Abs. 4 SGB XII angepasst. Die Neufassung des § 82 Abs. 4 SGB XII (Satz 3) bewirkt, dass auch bei der Prüfung, inwieweit für Leistungen nach dem Fünften bis Neunten Kapitel der Einsatz von Einkommen unterhalb der
Einkommensgrenze verlangt werden kann, der bisherigen Lebenssituation des im Haushalt verbliebenen (Ehe-) Partners sowie der im Haushalt lebenden minderjährigen, unverheirateten Kinder Rechnung zu tragen ist."
ccc) Die Einzelbegründung zu Artikel 4 ist wie folgt zu fassen: "4. Zu Artikel 4 (Inkrafttreten, Übergangsvorschrift)
Das Gesetz soll am Tag nach seiner Verkündung in Kraft treten. Abweichend hiervon soll aus Gründen des Vertrauensschutzes die Vorschrift des § 82 Abs. 4 SGB XII in der Fassung des Artikels 4 Abs. 2 vom 1. Januar 2005 bis zum Tag nach Verkündung dieses Gesetzes in Kraft treten."
Begründung (nur für das Plenum):
Zu Buchstabe a:
Die Regelung der Heranziehung zu den Kosten der Sozialhilfe bei Dauerpflegeheimfällen soll entsprechend der Absicht des Gesetzgebers bei Verabschiedung des neuen SGB XII gestaltet werden. Als Einkommensschonregelung ist eine Heranziehung in angemessenem Umfang vorgesehen.
Zu Buchstabe b:
Notwendige Differenzierung des Inkrafttretens aus Gründen des Vertrauensschutzes.
5. Zu Artikel 3 Nr. 4 - neu - (§ 90 Abs. 2 Nr. 2a - neu - SGB XII)
Nach Artikel 3 Nr. 3 - neu - ist folgende neue Nummer anzufügen:
'4. In § 90 Abs. 2 wird nach Nummer 2 folgende neue Nummer eingefügt:
"2a. einer Versicherung, mit der eine den örtlichen Verhältnissen entsprechende angemessene Bestattung sichergestellt werden soll; für eine andere Form der Vorsorge gilt dies entsprechend, wenn sichergestellt ist, dass das dafür verwendete Vermögen nur für die Bestattung verwendet werden kann," '
Als Folge ist
- a) das Vorblatt wie folgt zu ändern:
- aa) Teil A. "Problem und Ziel" ist wie folgt zu ändern:
aaa) In Absatz 1 Satz 2 sind nach dem Wort "lebt" folgende Wörter einzufügen:
, sowie der Katalog des § 90 Abs. 2 SGB XII um die angemessene Vorsorge für den Sterbefall erweitert werden
bbb) Die Überschrift zu Abschnitt II. ist wie folgt zu fassen:
II. Heranziehung zu den Kosten der Sozialhilfe bei Dauerpflegeheimfällen sowie Erweiterung des Katalogs des § 90 Abs. 2 SGB XII um die angemessene Vorsorge für den Sterbefall
ccc) Dem Abschnitt II. ist folgender Absatz anzufügen:
Die derzeitige Rechtslage, nach der Sterbeversicherungen im Rahmen der Sozialhilfe als Vermögen einzusetzen sind, soweit der Einsatz der Sterbeversicherung keine besondere Härte bedeutet, ist höchst unbefriedigend. Die Vorstellungen über Tod und Bestattung gehören zum Kern der Persönlichkeit und haben für viele Menschen im Alter herausragende Bedeutung. Für viele Menschen ist das Bewusstsein, dass eine würdige Bestattung nach ihrem Ableben ohne Inanspruchnahme von Sozialhilfe sichergestellt ist, wesentlicher Bestandteil der Lebensqualität. Ein Vermögen, das für die Bestattung zurückgelegt wurde, soll daher in angemessenem Umfang von vornherein geschützt werden.
- bb) In Teil "B. Lösung" ist dem Abschnitt II. folgender Satz anzufügen:
Außerdem wird der Katalog des § 90 Abs. 2 SGB XII um die angemessene Vorsorge für den Sterbefall erweitert.
- aa) Teil A. "Problem und Ziel" ist wie folgt zu ändern:
- b) die Begründung wie folgt zu ändern:
- aa) Dem Abschnitt "A. Allgemeiner Teil" ist folgende neue Nummer anzufügen:
4. Der Katalog des § 90 Abs. 2 SGB XII wird um die angemessene Vorsorge für den Sterbefall erweitert.
- bb) In Abschnitt "B. Besonderer Teil" ist nach der Einzelbegründung zu Artikel 3 Nr. 3 - neu - folgende neue Einzelbegründung anzufügen:
d) Zu Nummer 4
Angesichts der Tatsache, dass ein Sterbegeld von den gesetzlichen Krankenkassen nicht mehr bezahlt wird, werden auf privatrechtlicher Basis abgeschlossene Sterbeversicherungen künftig eine verstärkte Bedeutung erhalten. Für viele Menschen ist das Bewusstsein, dass eine würdige Bestattung nach ihrem Ableben ohne Inanspruchnahme von Sozialhilfe sichergestellt ist, wesentlicher Bestandteil ihrer Lebensqualität. Diese Sicherheit können sie sich durch den Abschluss einer Sterbeversicherung verschaffen. Schon bisher ist es nicht nachvollziehbar gewesen, dass die Sozialhilfe - bevor sie eingetreten ist - die Verwertung einer derartigen Versicherung verlangt hat. Dies beruht nicht zuletzt auf der Tatsache, dass letztendlich nach Auflösung der Versicherung häufig doch die Sozialhilfe für die Bestattungskosten aufkommen muss.
Die Erweiterung des Katalogs für das Schonvermögen in § 90 Abs. 2 SGB XII beendet diesen unbefriedigenden Zustand. Sterbeversicherungen müssen - soweit sie angemessen sind - künftig nicht mehr vor dem Bezug von Sozialhilfe aufgelöst werden. Dies ist insbesondere für ältere Menschen eine wichtige Änderung. Die Mehrkosten für die Sozialhilfeträger werden sich in überschaubarem Rahmen halten, da in nicht geringem Maße ansonsten durch die Sozialhilfe zu tragende Bestattungskosten entfallen. Die gewählte Formulierung stellt sicher, dass örtliche Gegebenheiten (einschließlich der Kosten) und die Lebensverhältnisse des Verstorbenen berücksichtigt werden können, und dass Versicherungen, soweit sie über eine angemessene Bestattung hinausgehen, nicht dem Vermögensschutz unterfallen.
Die gleiche Wirkung soll eintreten, wenn eine andere Form der Vorsorge gewählt wird, wenn mit ihr sichergestellt wird, dass das angelegte Vermögen nur für die Bestattung, nicht aber für andere Zwecke verwendet werden kann. Diese Einschränkung ist notwendig, da sonst jede Form des Sparens als Vermögensanlage für die Bestattung bezeichnet werden könnte. Es muss vielmehr sichergestellt sein, dass das für die Bestattung vorgesehene Geld dem jederzeitigen Zugriff und der jederzeitigen Verfügung des Betroffenen entzogen ist.
Mit der Erweiterung des Katalogs für das "Schonvermögen" wird gleichzeitig der Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts im Urteil vom 11. Dezember 2003 (BVerwG 5 C 84.02) Rechnung getragen, dass "der Wunsch vieler Menschen, für die Zeit nach ihrem Tode vorzusorgen, dahin zu respektieren ist, dass ihnen die Mittel erhalten bleiben, die sie für eine angemessene Bestattung und eine angemessene Grabpflege zurückgelegt haben".'
- aa) Dem Abschnitt "A. Allgemeiner Teil" ist folgende neue Nummer anzufügen:
Begründung (nur für das Plenum):
Ergänzung des Katalogs für das Schonvermögen um die angemessene Vorsorge für den Sterbefall unter gleichzeitiger Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts.
B
- 6. Der Finanzausschuss,
der Ausschuss für Innere Angelegenheiten und
der Wirtschaftsausschuss
empfehlen dem Bundesrat, den Gesetzentwurf gemäß Artikel 76 Abs. 1 des Grundgesetzes beim Deutschen Bundestag einzubringen.
C
- 7. Der Ausschuss für Arbeit und Sozialpolitik empfiehlt dem Bundesrat ferner,
- Frau Staatsministerin Stewens (Bayern)
gemäß § 33 der Geschäftsordnung des Bundesrates zur Beauftragten des Bundesrates für die Beratungen des Gesetzentwurfs im Deutschen Bundestag und seinen Ausschüssen zu bestellen.