A. Zielsetzung
- Das Gesetz zur Neugliederung, Vereinfachung und Reform des Mietrechts (Mietrechtsreformgesetz) vom 19. Juni 2001 (BGBl. I S. 1149) hat die Rechtsstellung der Vermieter in verschiedenen Punkten in sachlich nicht gebotenem Umfang verschlechtert. Zu nennen sind insbesondere:
- 1. Die Kappungsgrenze für Mieterhöhungen wurde von grundsätzlich 30 vom Hundert auf 20 vom Hundert abgesenkt (§ 558 Abs. 3 BGB). Diese Absenkung stellt einen erheblichen Eingriff in den Markt dar, der insbesondere mit Blick auf die örtlich verschiedenen Gegebenheiten nicht notwendig in allen Bundesländern zur Erzielung eines angemessenen Ausgleichs von Vermieter- und Mieterinteressen erforderlich ist.
- 2. Nach § 569 Abs. 3 Nr. 2 Satz 1 BGB wird die außerordentliche fristlose Kündigung unwirksam, wenn der Vermieter spätestens bis zum Ablauf von zwei Monaten nach Eintritt der Rechtshängigkeit des Räumungsanspruchs hinsichtlich der fälligen Miete und der fälligen Entschädigung nach § 546a Abs. 1 BGB befriedigt wird oder sich eine öffentliche Stelle zur Befriedigung verpflichtet. Diese sog. Schonfrist betrug vor dem Mietrechtsreformgesetz lediglich einen Monat. Die Fälle, in denen es dem Mieter zwar nicht innerhalb eines Monats, wohl aber innerhalb zweier Monate möglich ist, seine Rückstände zurückzuführen, werden verhältnismäßig selten sein. Auch die Behörden dürften nicht auf eine zweimonatige Frist angewiesen sein, um das Gebotene zu veranlassen.
Während sich der Nutzen der verlängerten Frist damit als äußerst beschränkt darstellt, belastet sie die Vermieter massiv. Da zum Teil die Auffassung vertreten wird, vor Ablauf der Schonfrist dürfe regelmäßig kein Räumungstitel geschaffen werden, wird durch die Fristverlängerung das wirtschaftliche Risiko des Vermieters unzumutbar erhöht, denn er läuft Gefahr, die Miete bzw. Nutzungsentschädigung für einen weiteren Monat nicht zu erhalten. Angesichts des zur Kündigung erforderlichen Zahlungsverzuges, der Dauer des gerichtlichen Verfahrens und der zur Vollstreckung des Räumungstitels erforderlichen Zeit, ist eine weitere Steigerung des Ausfallrisikos des Vermieters nicht hinzunehmen.
- 3. Mit § 573c Abs. 1 BGB hat das Mietrechtsreformgesetz für die ordentliche Kündigung asymmetrische Kündigungsfristen eingeführt. Während der Mieter stets spätestens am dritten Werktag eines Kalendermonats zum Ablauf des übernächsten Monats kündigen kann, verlängert sich die Kündigungsfrist für den Vermieter nach fünf und acht Jahren seit der Überlassung des Wohnraums um jeweils drei Monate. Diese unterschiedliche Behandlung von Vermieter und Mieter ist nicht gerechtfertigt. Auf Grund des sozialen Mietrechts, der im Vergleich zur früher veränderten Wohnraumsituation und auch deshalb, weil die Veränderung der allgemeinen Lebensbedingungen zu mehr Flexibilität - auch bei der Wahl des Wohnorts - führen musste und geführt hat, ist der Mieter auf zusätzlichen Schutz durch lange Fristen nicht mehr angewiesen.
- Die Auswirkungen des Mietrechtsreformgesetzes beschränken sich aber nicht nur auf die Rechtsstellung der einzelnen Vermieter, vielmehr ist der Anreiz für Kapitalanleger, in die Errichtung von Mietwohnungen zu investieren erheblich gesunken. In Anbetracht der gegenwärtigen Wirtschaftslage muss es das Ziel sein, die Bautätigkeit zu beleben. Eine vermehrte Bautätigkeit dient nicht nur der weiteren Verbesserung der Lage auf dem Wohnungsmarkt, sie gibt auch wichtige Impulse für die Bauwirtschaft und damit ebenso für den Arbeitsmarkt. Der Wohnungsbau muss folglich wieder an Attraktivität gewinnen. Dies setzt jedoch als Rahmenbedingung ein ausgewogenes Wohnraummietrecht voraus. In den angesprochenen drei Bereichen sind aus diesem Grunde Regelungen erforderlich die sowohl den Interessen der Mieter als auch denjenigen der Vermieter angemessen Rechnung tragen.
B. Lösung
- Der Entwurf schlägt folgende Regelungen vor:
- 1. Die Landesregierungen werden ermächtigt, die Kappungsgrenze des § 558 Abs. 3 BGB durch Rechtsverordnung von 20 auf 30 vom Hundert zu erhöhen.
- 2. Die Schonfrist des § 569 Abs. 3 Nr. 2 Satz 1 BGB wird wieder auf einen Monat verkürzt.
- 3. § 573c Abs. 1 Satz 2 BGB wird gestrichen, d.h. die Fristen für die ordentliche Kündigung werden für Mieter und Vermieter einheitlich gestaltet eine Verlängerung der Kündigungsfrist wird nicht mehr vorgesehen.
- Für Kündigungen, die vor dem Inkrafttreten des Gesetzes zugegangen sind, sollen die Regelungen keine Anwendung finden, es verbleibt mithin beim bisher geltenden Recht.
C. Alternativen
- Keine.
D. Finanzielle Auswirkungen auf die öffentlichen Haushalte
- Die Regelung verursacht keine unmittelbaren Haushaltsausgaben.
E. Sonstige Kosten
- Da die Initiative positive Auswirkungen auf den Mietwohnungsbau haben wird, insbesondere ein verstärktes Angebot bezahlbaren Wohnraums zu erwarten ist werden in der Breite keine höheren Kosten bei den Mietern entstehen.
Gesetzesantrag des Landes Baden-Württemberg Entwurf eines Gesetzes zur Liberalisierung des Wohnraummietrechts
Staatsministerium Baden-Württemberg Stuttgart, den 27. Juli 2006
Der Staatssekretär
An den
Präsidenten des Bundesrates
Herrn Ministerpräsidenten
Peter Harry Carstensen
Sehr geehrter Herr Präsident,
die Regierung des Landes Baden-Württemberg hat beschlossen, dem Bundesrat den als Anlage mit Begründung beigefügten
- Entwurf eines Gesetzes zur Liberalisierung des Wohnraummietrechts
zuzuleiten.
Ich bitte, gemäß § 36 Abs. 1 der Geschäftsordnung des Bundesrates die Beratung des Gesetzentwurfs in den Ausschüssen zu veranlassen.
Mit freundlichen Grüßen
Rudolf Böhmler
Entwurf eines Gesetzes zur Liberalisierung des Wohnraummietrechts
Vom ...
Der Bundestag hat das folgende Gesetz beschlossen:
Artikel 1
Änderung des Bürgerlichen Gesetzbuches
- Das Bürgerliche Gesetzbuch in der Fassung der Bekanntmachung vom 2. Januar 2002 (BGBl. I S. 42), zuletzt geändert durch ..., wird wie folgt geändert:
- 1. In § 558 Abs. 3 wird folgender Satz 2 angefügt:
"Die Landesregierungen werden ermächtigt, den in Satz 1 genannten Vomhundertsatz durch Rechtsverordnung auf 30 vom Hundert zu erhöhen."
- 2. In § 569 Abs. 3 Nr. 2 Satz 1 werden die Wörter "von zwei Monaten" durch die Wörter "eines Monats" ersetzt.
- 3. § 573c Abs. 1 Satz 2 wird gestrichen.
- 1. In § 558 Abs. 3 wird folgender Satz 2 angefügt:
Artikel 2
Änderung des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche
- Dem Artikel 229 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche in der Fassung der Bekanntmachung vom 21. September 1994 (BGBl. I S. 2494, berichtigt 1997 I S. 1061), zuletzt geändert durch ..., wird folgende Vorschrift angefügt:
§ 16 Überleitungsvorschrift zum Gesetz zur Liberalisierung des Wohnraummietrechts vom (einsetzen: Tag der Ausfertigung des Gesetzes zur Liberalisierung des Wohnraummietrechts)
- (1) Auf ein am (Einsetzen: Tag des Inkrafttretens des Gesetzes zur Liberalisierung des Wohnraummietrechts) bestehendes Mietverhältnis sind im Falle einer nach dem 31. August 2001 aber vor dem (Einsetzen: Tag des Inkrafttretens des Gesetzes zur Liberalisierung des Wohnraummietrechts) zugegangenen Kündigung § 569 Abs. 3 Nr. 2 Satz 1, § 573c Abs. 1 Satz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuches in der bis zu diesem Zeitpunkt geltenden Fassung anzuwenden.
- (2) Artikel 229 § 3 dieses Gesetzes bleibt unberührt."
Artikel 3
Inkrafttreten
Dieses Gesetz tritt am Tage nach seiner Verkündung in Kraft.
Begründung:
A. Allgemeines
- Das Gesetz zur Neugliederung, Vereinfachung und Reform des Mietrechts (Mietrechtsreformgesetz) vom 19. Juni 2001 (BGBl. I S. 1149) hat die Rechtsstellung der Vermieter unter anderem in folgenden drei Punkten in sachlich nicht gerechtfertigtem Umfang verschlechtert:
- 1. Die Kappungsgrenze für Mieterhöhungen wurde von 30 vom Hundert auf 20 vom Hundert abgesenkt (§ 558 Abs. 3 BGB). Diese Absenkung auf 20% stellt einen erheblichen Eingriff in den Markt dar, der insbesondere mit Blick auf die örtlich verschiedenen Gegebenheiten nicht notwendig in allen Bundesländern zur Erzielung eines angemessenen Ausgleichs von Vermieter- und Mieterinteressen erforderlich ist. Es ist daher geboten, den Landesregierungen die Möglichkeit einzuräumen, die Kappungsgrenze durch Rechtsverordnung wieder auf 30% zu erhöhen.
- 2. Die nunmehr in § 569 Abs. 3 Nr. 2 Satz 1 BGB geregelte so genannte Schonfrist wurde von einem Monat auf zwei Monate verlängert. Die Fälle, in denen es dem Mieter zwar nicht innerhalb eines Monats, wohl aber innerhalb zweier Monate möglich ist, seine Rückstände zurückzuführen, werden verhältnismäßig selten sein. Auch die Behörden sind regelmäßig nicht auf eine zweimonatige Frist angewiesen, um das Gebotene zu veranlassen.
Während der Nutzen der zweimonatigen Frist sich damit als äußerst beschränkt darstellt, belastet sie die Vermieter massiv. Da zum Teil die Auffassung vertreten wird, vor Ablauf der Schonfrist dürfe kein Räumungstitel im Sinne eines Versäumnisurteils bzw. eines streitigen Endurteils geschaffen werden, wird durch die Fristverlängerung das wirtschaftliche Risiko des Vermieters unzumutbar erhöht, denn er läuft Gefahr, die Miete bzw. Nutzungsentschädigung für einen weiteren Monat nicht zu erhalten. Angesichts des zur Kündigung erforderlichen Zahlungsverzuges, der Dauer des gerichtlichen Verfahrens und der zur Vollstreckung des Räumungstitels erforderlichen Zeit, ist eine weitere Steigerung des Ausfallrisikos des Vermieters nicht vertretbar.
- 3. Mit § 573c Abs. 1 BGB hat das Mietrechtsreformgesetz für die ordentliche Kündigung asymmetrische Kündigungsfristen eingeführt. Während der Mieter stets spätestens am dritten Werktag eines Kalendermonats zum Ablauf des übernächsten Monats kündigen kann, verlängert sich die Kündigungsfrist für den Vermieter nach fünf und acht Jahren seit der Überlassung des Wohnraums um jeweils drei Monate. Diese unterschiedliche Behandlung von Vermieter und Mieter ist nicht mehr gerechtfertigt und durch eine für beide Mietparteien einheitliche Kündigungsfrist von drei Monaten zu beseitigen. Auf Grund des sozialen Mietrechts, der zwischenzeitlich veränderten Wohnraumsituation und auch deshalb, weil die Veränderung der allgemeinen Lebensbedingungen zu mehr Flexibilität - auch bei der Wahl des Wohnorts - führen musste und geführt hat, ist der Mieter auf zusätzlichen Schutz durch verlängerte Fristen nicht mehr angewiesen.
- Zur Schaffung eines ausgewogenen Wohnraummietrechts, das auch Kapitalanlegern Anreize zur Investition bietet, sieht das Gesetz Regelungen vor, die sowohl den Interessen der Vermieter als auch denjenigen der Mieter angemessen Rechnung tragen.
B. Zu den einzelnen Vorschriften
Zu Artikel 1 Änderung des Bürgerlichen Gesetzbuches
Zu Nummer 1:
Der geltende § 558 Abs. 3 BGB stellt mit seiner Kappungsgrenze von grundsätzlich 20% einen erheblichen Eingriff in den Markt dar, der insbesondere mit Blick auf die örtlich verschiedenen Gegebenheiten nicht notwendig in allen Bundesländern zur Erzielung eines angemessenen Ausgleichs von Vermieter- und Mieterinteressen erforderlich ist. Es ist daher geboten, den Landesregierungen die Möglichkeit einzuräumen, die Kappungsgrenze durch Rechtsverordnung auf 30% zu erhöhen.
Zu Nummer 2:
Die so genannte Schonfrist wird auf die - bis zum Inkrafttreten des Mietrechtsreformgesetzes gültige - Dauer von einem Monat zurückgeführt. Einer zweimonatigen Frist bedarf es nicht. Der Mieter, dem es trotz redlichen Bemühens binnen eines Monats nicht gelingt, die Rückstände zurückzuführen, wird dies auch selten in zwei Monaten bewerkstelligen. Die betroffenen Behörden werden regelmäßig ebenfalls nicht auf eine zweimonatige Frist angewiesen sein um das Erforderliche veranlassen zu können. Während der Nutzen der verlängerten Schonfrist damit beschränkt ist, steigt das wirtschaftliche Risiko des Vermieters in nicht vertretbarem Maße an. Da zum Teil die Auffassung vertreten wird, vor Ablauf der Schonfrist dürfe kein Räumungstitel im Sinne eines Versäumnisurteils bzw. eines streitigen Endurteils geschaffen werden läuft der Vermieter Gefahr, die Miete bzw. Nutzungsentschädigung für einen weiteren Monat nicht zu erhalten. In Anbetracht des für die Kündigung erforderlichen Zahlungsverzuges, der Dauer des gerichtlichen Verfahrens und des Zeitraums, den die Vollstreckung des Räumungstitels in Anspruch nimmt, übersteigt eine weitere Erhöhung des Ausfallrisikos die Grenze des Zumutbaren.
Zu Nummer 3:
Die gegenwärtigen asymmetrischen Kündigungsfristen lassen sich durch die unterschiedliche Interessenlage von Vermieter und Mieter nicht rechtfertigen.
Auf Grund des sozialen Mietrechts ist der Mieter heute auf einen zusätzlichen Schutz durch lange Kündigungsfristen nicht mehr angewiesen. Bei Einführung der langen Fristen, die Anfang der 60er Jahre durch das sog. Abbaugesetz erfolgte, war es in Anbetracht der nachkriegsbedingt sehr schwierigen Wohnraumsituation für den Mieter schwer, angemessenen Ersatzwohnraum zu finden.
Diese Lage ist heute grundlegend anders. Zudem wird der Mieter inzwischen auch durch das Erfordernis eines berechtigten Interesses des Vermieters an der Kündigung und durch eine gegenüber der damaligen Rechtslage zu Gunsten des Mieters veränderte Sozialklausel geschützt. In den meisten Fällen, in denen der Vermieter überhaupt zur Kündigung berechtigt ist, ist ihm das Zuwarten von bis zu neun Monaten zur Beendigung des Mietverhältnisses regelmäßig gerade nicht zuzumuten: Eine Kündigung aufgrund nicht unerheblicher, schuldhafter Pflichtverletzungen des Mieters hat dieser selbst veranlasst und ist nicht schutzbedürftig, und bei einer Kündigung aufgrund Eigenbedarfs ist der Vermieter selbst dringend auf die ihm gehörende Wohnung angewiesen.
Da letztlich auch die Veränderung der allgemeinen Lebensbedingungen zu mehr Flexibilität - auch bei der Wahl des Wohnorts - führen musste und geführt hat, ist es gerechtfertigt, die Kündigungsfristen einheitlich und ohne die bislang vorgesehene Verlängerung auszugestalten.
Zu Artikel 2 Änderung des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche
Die Neuregelungen erfassen nur Kündigungen, die nach Inkrafttreten des Gesetzes zugegangen sind. Im Übrigen verbleibt es bei der bisherigen Rechtslage.
Zu Artikel 3 Inkrafttreten
Die Vorschrift regelt das Inkrafttreten