802. Sitzung des Bundesrates am 9. Juli 2004
A
Der Ausschuss für Innere Angelegenheiten (In) und der Wirtschaftsausschuss (Wi) empfehlen dem Bundesrat, der Verordnung gemäß Artikel 80 Abs. 2 des Grundgesetzes nach Maßgabe folgender Änderungen zuzustimmen:
1. Zu Artikel 1 (Einleitungsformel und § 1 Abs. 3 Arbeitsstättenverordnung)
- a) In der Einleitungsformel sind die Wörter "Auf Grund des § 18 des Arbeitsschutzgesetzes vom 7. August 1996 (BGBl. I S. 1246), der" durch die Wörter "Auf Grund des § 18 und des § 19 des Arbeitsschutzgesetzes vom 7. August 1996 (BGBl. I S. 1246), von denen § 18" zu ersetzen.
- b) In Artikel 1 § 1 ist dem Absatz 3 folgender Satz anzufügen:
"Für Tätigkeiten im öffentlichen Dienst der Länder, Gemeinden und sonstigen landesunmittelbaren Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts können den Sätzen 1 und 2 entsprechende Regelungen durch Landesrecht getroffen werden."
Begründung
Artikel 1 § 1 Abs. 3 sieht die Möglichkeit vor, Ausnahmen von den Vorschriften der Verordnung zuzulassen, soweit öffentliche Belange dies zwingend erfordern, insbesondere zur Aufrechterhaltung oder Wiederherstellung der öffentlichen Sicherheit. Die Befugnis dazu ist dem Bundeskanzleramt und einigen Bundesministerien vorbehalten.
Gemäß § 20 Abs. 1 Arbeitsschutzgesetz kann für die Beamten der Länder, Gemeinden und sonstigen Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts durch Landesrecht geregelt werden, ob und inwieweit die nach § 18 erlassenen Rechtsverordnungen gelten. Damit ist den Landesregierungen bereits die Möglichkeit eingeräumt, für Beamte ganz oder teilweise von der Arbeitsstättenverordnung abweichende Regelungen zu treffen. Für andere Beschäftigte ist eine Befugnis zur Regelung von Ausnahmen von der Arbeitsstättenverordnung auf Landesebene nicht vorgesehen.
Da die Ausnahmeregelung insbesondere zur Aufrechterhaltung oder Wiederherstellung der öffentlichen Sicherheit zur Anwendung kommen kann und in den Berliner Sicherheitsbehörden Beamte und Angestellte zum Teil inhaltsgleiche Tätigkeiten verrichten, muss gewährleistet werden, dass für alle Beschäftigtengruppen die gleichen arbeitsschutzrechtlichen Maßstäbe gelten. Die in § 20 Abs. 1 Arbeitsschutzgesetz enthaltene Ausnahmeregelung ist auf Beamte beschränkt so dass eine entsprechende Ausnahmemöglichkeit für andere Beschäftigtengruppen in der Arbeitsstättenverordnung vorzusehen ist.
Die Befugnis, Ausnahmen von der Arbeitsstättenverordnung für bestimmte Bereiche des öffentlichen Dienstes vorsehen zu können, ergibt sich aus dem europäischen Recht (Artikel 2 Abs. 2 i.V.m. Artikel 16 Abs. 1 und 3 der Richtlinie 89/391/EWG des Rates vom 12. Juni 1989 - Rahmenrichtlinie Arbeitsschutz - ABl. EG (Nr. ) L 183 S. 1). Daher ist in der Einleitungsformel der Verordnung § 19 des Arbeitsschutzgesetzes zu ergänzen, der ausdrücklich zur Umsetzung europäischer Rechtsakte auf den Sachgebieten des § 18 des Arbeitsschutzgesetzes ermächtigt.
2. Zu Artikel 1 (§ 7 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 ArbStättV)
In Artikel 1 ist § 7 wie folgt zu ändern:
- a) In Absatz 1 Satz 1 ist der Halbsatz nach dem Doppelpunkt wie folgt zu fassen:
- "2 Vertreter der privaten Arbeitgeber,
- 1 Vertreter der öffentlichen Arbeitgeber,
- 1 Vertreter der Industrie,
- 1 Vertreter des Handwerks,
- 1 Vertreter des Handels,
- 3 Vertreter der Gewerkschaften,
- 1 Vertreter der Unfallversicherungsträger,
- 3 Vertreter der für die Verordnung zuständigen Landesbehörden,
- 2 Vertreter der Wissenschaft."
- b) Absatz 4 ist wie folgt zu fassen:
(4) Regeln nach § 7 Abs. 3 werden dem Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit zugeleitet, wenn zwei Drittel der Mitglieder des Ausschusses diesen zugestimmt haben. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit kann die vom Ausschuss ermittelten Regeln dann bekannt machen."
Begründung
Es soll eine breite Akzeptanz der von dem Ausschuss für Arbeitsstätten zu ermittelnden Regeln gewährleistet werden. Diese Akzeptanz gilt es insbesondere unter den Tarifpartnern und in den Betrieben sicherzustellen. Insoweit ist deren ausreichende Vertretung im Ausschuss erforderlich. Darüber hinaus ist es notwendig, dass Regeln mit einer breiten Mehrheit des Ausschusses verabschiedet werden.
3. Zu Artikel 1 (§ 7 Abs. 1 Satz 3 - neu - ArbStättV)
In Artikel 1 ist dem § 7 Abs. 1 der folgende Satz anzufügen:
- Die Benennung der Mitglieder erfolgt im Einvernehmen mit den Ländern.
Begründung
Der Ausschuss für Arbeitsstätten ist ein sehr wichtiges Gremium, dessen Beschlüsse weitreichende Auswirkungen auf die Wirtschaft und die Länder als Vollzugsbehörden haben. Die mit den Ländern abgestimmte einvernehmliche Besetzung der Mitgliedern stellt sicher, dass die Länderinteressen angemessen berücksichtigt werden.
4. Zu Artikel 1 (Anhang zu § 3 Abs. 1 Nr. 1.5 Abs. 3 Satz 2 - neu - ArbStättV)
In Artikel 1 ist im Anhang zu § 3 Abs. 1 in Nummer 1.5 dem Absatz 3 der folgende Satz anzufügen:
- Dies gilt nicht für Unterglasanbauanlagen von Gartenbaubetrieben, soweit diese ausschließlich zur Pflanzenzucht genutzt werden.
Begründung
Es käme zu einem untragbar hohen finanziellen Aufwand für die Gartenbaubetriebe, wenn sie die Stehwände in den Gewächshäusern mit bruchsicherem Werkstoff ausstatten müssten. Hinzu kommt, dass nicht in jedem Gewächshaus die Glasscheiben ausgetauscht werden können, da dort, wo z.B. Isolierglas verwendet wird, ein Austausch ohne kostenintensive bauliche Veränderungen nicht möglich ist. Die Sicherheit der Arbeitnehmer in den Gewächshäusern ist auf der Basis der Unfallverhütungsvorschrift Nr. 2.6 ("Besondere Bestimmungen für Gewächshäuser") ausreichend gewährleistet.
B
- 5. Der federführende Ausschuss für Arbeit und Sozialpolitik und der Ausschuss für Städtebau, Wohnungswesen und Raumordnung empfehlen dem Bundesrat, der Verordnung gemäß Artikel 80 Abs. 2 des Grundgesetzes zuzustimmen.
C
- 6. Der Wirtschaftsausschuss empfiehlt dem Bundesrat ferner die Annahme folgender Entschließung:
Der Bundesrat ist der Auffassung, dass die breite Anwendung und Wirksamkeit der technischen Regeln nur dann gewährleistet wird, wenn diese zumindest die Zustimmung der Länder, der Arbeitgeber- und der Arbeitnehmervertreter finden und bittet daher die Bundesregierung darauf hinzuwirken, dass Entscheidungen des Ausschusses für Arbeitsstätten im Sinne des § 7 ArbStättV grundsätzlich im Konsens getroffen werden.