Zugeleitet mit Schreiben des Generalsekretärs des Europäischen Parlaments - 307115 - vom 23. Mai 2005. Das Europäische Parlament hat die Entschließung in der Sitzung am 14. April 2005 angenommen.
Entschließung des Europäischen Parlaments zu Bangladesch
Das Europäische Parlament,
- - in Kenntnis des Kooperations-Abkommens zwischen der Europäischen Gemeinschaft und der Volksrepublik Bangladesch über Partnerschaft und Entwicklung',
- - unter Hinweis auf die wachsende Kritik wegen zahlreicher und sich verschlimmernder Menschenrechtsverstöße seitens staatlicher Kräfte und fundamentalistischer religiöser Organisationen, die vom Wirtschafts- und Sozialrat der Vereinten Nationen im Februar 2005 (E/CN.4/2005/NGO/32), vom US-Außenministerium ebenfalls im Februar 2005 (Jahresbericht über Menschenrechtspraktiken in Bangladesch 2004) und von Amnesty International (beispielsweise Urgent Action 061/2005) geäußert wurden,
- - unter Hinweis auf die Erklärung des Vorsitzes im Namen der Europäischen Union vom 29. Januar 2005 zu dem Anschlag in Habiganj, Bangladesch,
- - gestützt auf Artikel 115 seiner Geschäftsordnung,
A. besorgt über wiederholte Bombenangriffe auf wichtige Oppositionspolitiker, Gruppen religiöser Minderheiten, Journalisten und Vertreter von Nichtregierungsorganisationen, insbesondere über die beiden jüngsten Granatenangriffe auf zwei prominente Oppositionspolitiker: am 21. August 2004 auf Sheikh Hasina, Vorsitzende der Awami-Liga und ehemalige Ministerpräsidentin, und am 27. Januar 2005 auf den ehemaligen Finanzminister Shah Mohammad Kibria, der ermordet wurde;
B. besorgt über jüngste politische Entwicklungen in Bangladesch, wo die Gefahr des Fundamentalismus offenbar zunimmt und wo schlechte Staatsführung, Korruption und Vetternwirtschaft die Rechtsstaatlichkeit einschließlich in der Verfassung vorgesehener Garantien zum Schutz der Grundrechte in Bangladesch untergraben,
C. besorgt darüber, dass es der Regierung von Bangladesch nur begrenzt gelungen ist, Ausbrüche von Gewalt einzudämmen, und dass die Bedrohungen durch extremistische Gruppen anhalten; in Kenntnis der Tatsache, dass in ländlichen Gegenden weiterhin paramilitärische Gruppen - in manchen Fällen mit der Unterstützung kommunaler Behörden - tätig sind,
D. besorgt darüber, dass religiöse Minderheiten einschließlich der Hindus, aber auch gemäßigte muslimische Gruppen sowie Frauenrechtsorganisationen in den letzten Jahren Opfer einer Reihe gewaltsamer Anschläge und von Einschüchterungen geworden sind,
E. in der Erkenntnis, dass das sich daraus ergebende Klima der Angst durch Machtmissbrauch seitens der muslimischfundamentalistischen Regierungsparteien entstanden ist,
F. in der Erwägung, dass Bangladesch zwar einige Fortschritte in sozioökonomischen Bereichen wie Gesundheit, Gesundheitswesen, Bildung, Stärkung der Stellung der Frau, Familienplanung und Selbstversorgung mit Lebensmitteln gemacht hat, dass es jedoch bei der Verbesserung der allgemeinen Staatsführung und bei der Förderung der Menschenrechte einen Rückstand aufweist, dessen Überwindung die sozioökonomischen Fortschritte für die Bevölkerung noch weiter ankurbeln könnte;
G. besorgt über die Tatsache, dass es der Regierung von Bangladesch bisher nicht gelungen ist, diejenigen, die diese Anschläge verüben, vor Gericht zu bringen, und über den allgemeinen Verfall von Recht und Ordnung in Bangladesch im Laufe des letzten Jahres; jedoch in Kenntnis der Tatsache, dass die Regierung von Bangladesch am_22. Februar 2005 zwei muslimischen kriminellen Vereinigungen die Betätigung verboten und ihre Vermögenswerte eingefroren hat,
H. unter Hinweis darauf, dass das Kooperationsabkommen zwischen der EG und Bangladesch auf der Achtung der Menschenrechte und demokratischer Grundsätze basiert und dass die Verletzung von Artikel 1 einen Verstoß darstellt, durch den die Fortführung des Abkommens in Frage gestellt werden kann,
L in der Erwägung, dass die Kommission gewährleisten muss, dass die Lage der Menschenrechte in Bangladesch überwacht und das Parlament darüber auf dem Laufenden gehalten wird,
J. unter Hinweis darauf, dass Bangladesch als Staat, der sowohl dem Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte als auch dem UN-Übereinkommen gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe angehört, völkerrechtliche Verpflichtungen hat, aber noch keine Gesetze zur Umsetzung verabschiedet hat,
- 1. verurteilt die wiederholten Bombenanschläge und fordert die Regierung von Bangladesch eindringlich auf, dafür zu sorgen, dass zur Unterstützung der Nachrichtendienste von Bangladesch eingesetzte internationale Ermittler gemäß den von der Regierung gegebenen Zusagen uneingeschränkten Zugang zu allen Beweismitteln bezüglich der Anschläge erhalten, und fordert die Regierung von Bangladesch nachdrücklich auf, den Ermittlungsbericht vollständig zu veröffentlichen;
- 2. fordert die Regierung von Bangladesch eindringlich auf, den Anweisungen ihres Hohen Gerichts, den Missbrauch von Rechtsinstrumenten zur Inhaftierung oppositioneller Demonstranten zu vermeiden und sich der Unterdrückung friedlicher politischer Proteste durch Festnahmen und Folter zu enthalten, Folge zu leisten;
- 3. fordert die Regierung von Bangladesch insbesondere auf, den Einsätzen der paramilitärischen RAB-Truppen (Rapid Action Batallion) zur Verbrechensbekämpfung, bei denen es zu außergerichtlichen Tötungen kommt, ein Ende zu bereiten; weist darauf hin, dass die angesehene Menschenrechtsorganisation ODHIKAR festgestellt hat, dass es im Jahr 2004 zu 90 öffentlich gemeldeten Todesfällen in Haft durch Folter gekommen ist;
- 4. ermutigt die Regierung von Bangladesch, der Bevölkerung die Teilnahme an traditionellen Kulturereignissen zu ermöglichen und Sicherheitsvorkehrungen zu treffen, damit diese Ereignisse, die eine Tradition der Toleranz und des Säkularismus widerspiegeln, gefahrlos durchgeführt werden können;
- 5. fordert die Regierung von Bangladesch eindringlich auf, präventiv gegen muslimische paramilitärische Gruppen vorzugehen, die ländliche Gebieten von Bangladesch mit Gewalt und Einschüchterung überzogen haben;
- 6. bekräftigt seine Unterstützung für die Forderung, dass diejenigen, die während des Befreiungskriegs von Bangladesch 1971 bekanntermaßen an der Massakrierung von Bürgern von Bangladesch und anderen Kriegsverbrechen teilgenommen haben, vor Gericht gestellt werden;
- 7. vertritt die Auffassung, dass mit Blick auf die für Ende 2006/Anfang 2007 geplanten Parlamentswahlen Reformen des Systems notwendig sind, um die Grundsätze der verantwortungsvollen Staatsführung dergestalt wiederherzustellen, dass die Wahlkommission und die geschäftsführende Regierung unabhängig arbeiten können;
- 8. geht davon aus, dass zur Unterstützung solcher Reformen ein koordinierter Ansatz aller Geber weltweit erforderlich sein wird;
- 9. fordert alle Beteiligten auf, sich undemokratischer Praktiken zu enthalten und durch uneingeschränkte Beteiligung am demokratischen Prozess im Parlament in einen Allparteiendialog zu treten; fordert insbesondere die Oppositionsparteien auf, den Boykott der parlamentarischen Tätigkeit einzustellen, da Agitation und Gewalt Leid über das Volk von Bangladesch bringen;
- 10. bekundet seine Unterstützung für die auf hehren Prinzipien gegründeten Schritte, die EU-Vertreter im Laufe des letzten Jahres zur Verteidigung der Rechte religiöser Minderheiten in Bangladesch unternommen haben, beispielsweise ihre physische Anwesenheit in einem Komplex der Ahmadiyya-Muslime im Oktober 2004, als sich Fundamentalisten angeschickt hatten, einen Massenangriff auf den Komplex zu inszenieren;
- 11. fordert den Rat auf, die Anwendung der Menschenrechts- und Demokratieklausel des Kooperationsabkommens zwischen der EG und Bangladesch zu überprüfen und sich zu vergewissern, ob die Regierung von Bangladesch ausreichende Anstrengungen unternimmt, um die Menschenrechtslage grundlegend zu verbessern;
- 12. nimmt bescheidene Schritte zur Kenntnis, die die Regierung von Bangladesch in jüngster Zeit unternommen hat, um die politische Lage im Land zu verbessern, wird die Regierung von Bangladesch ermutigen, eine auf der Einhaltung von Recht und Ordnung beruhende Lage herzustellen, und wird jeden wesentlichen Fortschritt in Fragen wie der verantwortungsvollen Staatsführung, der Pressefreiheit, der Korruptionsbekämpfung und der Einhaltung der Menschenrechte unterstützen;
- 13. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Europäischen Rat, dem Rat, der Kommission, den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten und der Bewerberländer sowie dem Generalsekretär der Vereinten Nationen und der Regierung von Bangladesch zu übermitteln.
1 ABI. L 118 vom 27.4.2001, S. 48.