Der Bundesrat hat in seiner 812. Sitzung am 17. Juni 2005 beschlossen, zu dem vom Deutschen Bundestag am 12. Mai 2005 verabschiedeten Gesetz zu verlangen, dass der Vermittlungsausschuss gemäß Artikel 77 Abs. 2 des Grundgesetzes mit dem Ziel der Aufhebung des Gesetzes einberufen wird.
Begründung
- 1. Der Bundesrat ist der Auffassung, dass der Bund für die Errichtung einer "Bundesstiftung Baukultur" in Deutschland keine verfassungsrechtliche Kompetenz hat.
Nach dem Gesetz soll die Stiftung das Bewusstsein für Baukultur bei Bauschaffenden und in der Bevölkerung stärken und die Qualität, Nachhaltigkeit und wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Architektur- und Ingenieurwesens in Deutschland national wie international repräsentieren. Zu diesem Zweck soll die Stiftung regelmäßig einen Konvent der Baukultur veranstalten, zu dem sie unter anderem Träger und Stifter bundesweit bedeutsamer Preise auf dem Gebiet der Baukultur einlädt. Mitglieder des Konvents sollen Erfahrungen aus allen wesentlichen Bereichen der Baukultur einbringen, wie Architektur, Kultur, Kunst, Design, Denkmalpflege und Architekturkritik.
Zutreffend geht das Gesetz vor allem in seinen Bestimmungen über den Konvent der Baukultur davon aus, dass Baukultur ein Teilbereich der Kultur ist. Baukultur ist jener Bereich, der über die bloße Bautechnik, Baustatik, Materialanalyse und -verwendung sowie über die bloße Funktionalität von Bauwerken hinausweist und Ausdruck künstlerischen Schaffens ist. Dementsprechend wird zu Recht auch in der Begründung des ursprünglichen Gesetzentwurfs ausgeführt, dass die gebaute Umwelt in besonderer Weise Selbstverständnis und Werthaltungen unserer Gesellschaft, ihre Modernisierungsbereitschaft und ihre Leistungsfähigkeit widerspiegele und Baukultur einen Beitrag für attraktive Städte und Gemeinden leisten müsse, "in denen die Bürger sich wohl fühlen" (vgl. Begründung, Allgemeiner Teil, Abschnitt A Nr. 2 Abs. 2). Dies sind aber kulturpolitische Zielsetzungen, deren Förderung, Entwicklung und Repräsentation allein in die Verantwortung der Länder fällt.
Die Kulturhoheit liegt grundsätzlich bei den Ländern. Sie ist ihr verfassungsrechtlicher Auftrag und Kernstück ihrer Eigenstaatlichkeit. Ungeschriebene Kompetenzen des Bundes bedürfen mit Blick auf die grundsätzliche Zuständigkeit der Länder als Ausnahme daher einer besonderen Rechtfertigung. Die Gesetzesbegründung enthält jedoch keinerlei Hinweis darauf, welche Kompetenzgrundlage die Bundesregierung für die Errichtung dieser neuen rechtsfähigen Stiftung des öffentlichen Rechts heranzieht. Nach Auffassung des Bundesrates ist die Förderung der Baukultur als staatliche Aufgabe der Bundesgesetzgebung entzogen.
Ausdrücklich bekräftigt der Bundesrat die Notwendigkeit, die Baukultur in Deutschland zu fördern und das Bewusstsein für ihre Bedeutung in der Öffentlichkeit und bei den Bauherren zu stärken. Nur müssen diese Zielsetzungen in verfassungsrechtlich gebotener Weise realisiert und unter Bewahrung der verfassungsrechtlichen Verantwortlichkeiten durchgeführt werden.
- 2. Der Bundesrat äußert darüber hinaus Zweifel, ob die Stärkung des "Bewusstseins für Baukultur bei Bauschaffenden und Bürgern" und die dazu verfolgten "wissenschaftlichen, kulturellen und Bildungszwecke" über die damit bereits heute befassten Stellen hinaus durch den geplanten fünfhundertköpfigen Konvent der Baukultur und das weitere Organisationsgeflecht der Stiftung zusätzlich vorangebracht werden können. Auch im Hinblick auf die jährlich 2,5 Mio. Euro Kosten der Stiftung stellt sich angesichts der aktuellen Haushaltssituation des Bundes die Frage nach den Prioritäten.