Das Bundesministerium für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft hat mit Schreiben vom 27. Juni 2005 ergänzend Folgendes mitgeteilt:
Der Bundesrat hat in seiner 809. Sitzung am 18. März 2005 beschlossen, dass die Bundesregierung bis 1. Mai 2005 über die ergriffenen Maßnahmen und die bislang erreichten Ergebnisse in Bezug auf die im Rahmen des Vermittlungsverfahrens abgegebene Erklärung vom 27. Oktober 2004 berichten solle (Drs. 153/05(B) ). Das Bundesministerium für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft ist dem Beschluss nachgekommen und hat einen Umsetzungsbericht übermittelt.
Nummer 3 der oben genannten Erklärung lautete:
- "Das Bundesministerium für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft stellt sicher, dass die im Rahmen genehmigter Freisetzungen von den Betreibern vorgelegten Monitoringberichte von der zuständigen Bundesoberbehörde ausgewertet werden. Über die Ergebnisse der Auswertung wird das Bundesministerium erstmals Mitte des Jahres 2005 berichten."
Das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit hat nunmehr weisungsgemäß einen Bericht übermittelt, den ich in Umsetzung der oben zitierten Erklärung an Sie weiterleite.
Erklärung des BMVEL im Vermittlungsausschuss zum Gesetz zur Neuordnung des Gentechnikrechts
Ein "Überwachungsplan" (Monitoringplan) gemäß Artikel 6 Absatz 2 a) v) der Richtlinie 2001/18/EG und die Vorlage von Monitoringberichten seitens der Betreiber waren bei Freisetzungen in der Vergangenheit nicht erforderlich. Vor Inkrafttreten des ,Gesetzes zur Neuordnung des Gentechnikrechts" vom 21. Dezember 2004 ergaben sich die Verpflichtungen zur Mitteilung von Beobachtungen und Vorkommnissen für Betreiber genehmigter Freisetzungen aus § 21 Absatz 3 und 4 des Gentechnikgesetzes (GenTG). Demzufolge waren Vorkommnisse, die nicht dem erwarteten Verlauf der Freisetzung entsprachen und bei denen der Verdacht einer- Gefährdung der in § 1 Nr. 1 GenTG bezeichneten Schutzgüter bestand, unverzüglich der Genehmigungsbehörde und der für die Überwachung zuständigen Behörde mitzuteilen. Nach Abschluss einer Freisetzung waren der Genehmigungsbehörde. die Ergebnisse der Freisetzung im Zusammenhang mit der Gefährdung der menschlichen Gesundheit und der Umwelt mitzuteilen.
Um aktuell über die im Rahmen von Kontrollgängen bei Freisetzungen gemachten Beobachtungen und über die Ergebnisse von Nachkontrollen nach Ende der Freisetzungen informiert zu sein, haben das Robert-Koch-Institut (RK() bzw. das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) als Genehmigungsbehörden die Genehmigungsbescheide regelmäßig mit der Auflage versehen, dass von den Betreibern jährlich nach Abschluss der Vegetationsperiode Zwischenberichte über den Verlauf der Freisetzung sowie während der Dauer der Nachkontrolle jährliche Berichte über deren Ergebnisse vorzulegen sind. Zu diesem Zweck wurde vom RKI in Abstimmung mit den damaligen Einvernehmensbehörden, dem Umweltbundesamt und der Biologischen Bundesanstalt für Land- und Forstwirtschaft, ein Berichtsformular entwickelt.
Die aufgrund dieser Auflagen von den Betreibern vorgelegten Zwischen- und Abschlussberichte wurden vom RKI bzw. BVL ausgewertet. Die Ergebnisse dieser Auswertung lassen sich wie folgt zusammenfassen:
- Aus den Berichten ergaben sich keine Hinweise auf Gefährdungen der in § 1 Nr. 1 des Gentechnikgesetzes bezeichneten Rechtsgüter durch die genehmigten Freisetzungen.
- Als Vorkommnisse, die nicht dem erwarteten Verlauf der Freisetzung entsprachen, wurden bei einer Reihe Versuchen witterungsbedingte Ausfälle in Pflanzenbeständen mitgeteilt Zusammenhänge zwischen solchen Ausfällen und den gentechnischen Veränderungen waren nicht erkennnbar. Etwa 8% der Freisetzungen wurden teilweise oder ganz durch Dritte zerstört. Insgesamt führten witterungsbedingte Ausfälle, Versuchszerstörungen durch Dritte sowie vorzeitige Beendigungen von Freisetzungen im Rahmen von Wertprüfungen durch das Bundessortenamt dazu, dass etwa 16% der Freisetzungen von den Betreibern vor ihrem planmäßigen Ende abgebrochen wurden. Der Abbruch erfolgte durch mechanische Bearbeitungsmaßnahmen, wobei die gentechnisch veränderten Pflanzen zerstört und deren Reste anschließend in den Boden eingearbeitet wurden_
- Im Rahmen der Nachkontrollen nach Beendigung der Freisetzungen sind die Freisetzungsflächen von den Betreibern daraufhin zu beobachten, ob dort im folgenden Jahr bzw in den folgenden Jahren Nachkommen der gentechnisch veränderten Pflanzen ("Durchwuchs") auftreten, die sich aus eventuell im Boden verbliebenen Überdauerungsorganen (Samen, Kartoffelknollen) entwickeln können. Die Dauer des Nachkontrollzeitraums wird in den Genehmigungsbescheiden festgelegt und richtet sich in erster Linie nach der Überdauerungsfähigkeit der jeweiligen Pflanzenart.
Bei den bisherigen Freisetzungen wurde ein Auftreten von Durchwuchspflanzen bei Raps, Kartoffeln und Mais festgestellt, außerdem bei Zuckerrüben in den wenigen Fällen, in denen die Pflanzen zur Erzeugung von Samen freigesetzt wurden und daher bis zur Samenreife im Freiland verblieben waren.
Bei Raps ist wegen der großen Zahl der gebildeten Samen, des Samenausfalls bei der Ernte und der Überdauerungsfähigkeit von Rapssamen grundsätzlich mit dem Auftreten von Durchwuchs in den Folgejahren zu rechnen. Diese Erwartung bestätigte sich bei den Rapsfreisetzungen. Auftretende Durchwuchspflanzen wurden vor der Samenreife zerstört. Die Nachkontrolle wurde bei Auftreten von Durchwuchs so lange um jeweils ein Jahr verlängert, bis kein gentechnisch veränderter Durchwuchsraps mehr auf der Fläche festgestellt wurde. An einer Reihe Standorten führte das zu einer Nachkontrolldauer von mehreren Jahren.
Durchwuchskartoffeln im auf die Freisetzung folgenden Jahr wurden nach milden Wintern beobachtet, in denen offenbar bei der Ernte nicht erfasste Knollen nicht erfroren waren. Nachdem diese Durchwuchskartoffeln entfernt worden waren, wurde im zweiten Jahr nach der Freisetzung nur in Einzelfällen Kartoffeldurchwuchs festgestellt. Im dritten Jahr der Nachkontrolle trat dann in keinem Fall mehr Durchwuchs auf.
Bei Mais wurde Durchwuchs im Folgejahr nur an zwei Standorten in Baden-Württemberg nach dem sehr milden Winter 1999/2000 beobachtet. Im zweiten Jahr nach Beendigung der Freisetzung wurde dann kein Durchwuchs mehr festgestellt.
Kein Durchwuchs trat nach Freisetzungen von Tabak, Petunien, Sojabohnen und Weinreben auf. Bei Zuckerrüben, die nur bis zum vegetativen Stadium angebaut wurden (keine Blütenbildung), wurde zwar in einigen Fällen das Austreiben von nach der Ernte auf dem Feld verbliebenen Stücken von Rübenkörpern beobachtet, jedoch führte dieses nicht zum Aufwachsen von Pflanzen.
Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass das Überdauerungsverhalten der bisher freigesetzten gentechnisch veränderten Pflanzen im Rahmen dessen lag, was aufgrund der Erfahrungen mit dem Anbau konventioneller Sorten der entsprechenden Pflanzenart zu erwarten war. Einflüsse der gentechnischen Veränderungen auf das Überdauerungsverhalten waren nicht erkennbar.
Dr. Christian Grugel