Übermittelt vom Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie am 23.Mai 2006 gemäß § 2 des Gesetzes über die Zusammenarbeit von Bund und Ländern in Angelegenheiten der Europäischen Union (BGBl. I 1993 S. 313 ff.).
Die Vorlage ist von der Kommission der Europäischen Gemeinschaften am 5. Mai 2006 dem
Generalsekretär/Hohen Vertreter des Rates der Europäischen Union übermittelt worden.
Hinweis: vgl.
AE-Nr. 030178, AE-Nr. 050337 und
Drucksache 102/06 (PDF) = AE-Nr. 060418
Grünbuch
Europäische Transparenzinitiative
I. Einführung
Im Rahmen der "Strategischen Ziele 2005-2009", mit denen eine "Partnerschaft für die Erneuerung Europas"1 ins Leben gerufen wurde, hat sich die Europäische Kommission unter anderem dazu verpflichtet, Interessengruppen aktiver in die EU-Politikgestaltung einzubinden. In diesem Zusammenhang betonte die Kommission insbesondere, dass Konsultation und Beteiligung "unverzichtbare Bestandteile der Partnerschaft" seien.
Ebenso hob die Kommission hervor, wie wichtig "ein hoher Grad an Transparenz" sei, denn die Union müsse "für öffentliche Überprüfung offen sein und für ihre Arbeit zur Rechenschaft gezogen werden können".
Nach Ansicht der Kommission muss sich jede moderne Verwaltung durch ein hohes Maß an Transparenz legitimieren. Die Bürger Europas dürfen zu Recht effiziente, rechenschaftspflichtige und dienstleistungsorientierte öffentliche Einrichtungen erwarten.
Ebenso sollten sie davon ausgehen können, dass die den politischen und öffentlichen Einrichtungen anvertrauten Entscheidungsbefugnisse und Ressourcen sorgfältig gehandhabt und niemals aus persönlichem Gewinnstreben missbraucht werden.
Vor diesem Hintergrund gab die Kommission im November 2005 den Startschuss für die "Europäische Transparenzinitiative" (ETI)2.
Die Initiative soll auf einer Reihe von Transparenz-Maßnahmen aufbauen, die von der Kommission bereits eingeführt wurden. Wichtige Maßnahmen gingen insbesondere aus den umfassenden Reformen seit 1999 hervor sowie aus dem Weißbuch "Europäisches Regieren".
Zu den wichtigsten Ergebnissen zählen:
- - die Vorschriften für den Zugang zu Dokumenten (Verordnung (EG) Nr. 1049/2001). Sie schaffen einen Rahmen für den Zugang zu unveröffentlichten Dokumenten der EU-Organe und Einrichtungen durch die Registrierung von Dokumenten und die Bearbeitung von persönlichen Anfragen. Darüber hinaus hat die Kommission (gemäß dieser Verordnung) ein Dokumentenregister eingerichtet, sowie ein eigenes Register für Dokumente der "Komitologie"-Ausschüsse;
- - die Einrichtung von Datenbanken mit Informationen über Gremien und Sachverständigenausschüsse, die die Kommission beraten;
- - eine breite Befragung der interessierten Kreise und umfassende Folgenabschätzungen vor der Erstellung von Legislativvorschlägen. Damit wird sichergestellt dass die Anliegen der Bürger und aller interessierten Kreise angemessen berücksichtigt werden und die Kommission ihr Ziel einer "besseren Rechtsetzung" in die Tat umsetzen kann.
- - der "Kodex für gute Verwaltungspraxis" der Kommission, der bei den Beziehungen zur Öffentlichkeit als Maßstab für gute Dienstleistungen dient. Die berufsethischen Regeln für die Kommissionsbediensteten finden sich im Beamtenstatut und in dessen Durchführungsvorschriften. Was die politische Ebene betrifft, so enthält der EG-Vertrag eindeutige Vorschriften zu ethischen Standards, die von den Kommissionsmitgliedern beachtet werden müssen. Diese wurden durch den "Verhaltenskodex für Kommissionsmitglieder" in spezifische Regeln umgesetzt.
Im Zuge der Europäischen Transparenzinitiative hat die Kommission mit der Überprüfung ihres gesamten Transparenzkonzepts begonnen. Da Schwachpunkte identifiziert und diskutiert werden sollen, deckt die Initiative ein breites Themenspektrum ab. Dieses reicht von einer umfassenderen Information über die Verwaltung und Verwendung von EU-Geldern, über berufsethische Regeln für die europäischen Organe und Einrichtungen bis hin zum Rahmen, in dem Lobbyisten und Organisationen der Zivilgesellschaft ihre Tätigkeit ausüben.
In ihrer Transparenzinitiative, die am 9. November 2005 startete, unterscheidet die Kommission drei Aufgabenbereiche.
Im ersten Bereich wurden folgende Sofortmaßnahmen beschlossen:
- - Verbesserte Kontrolle der Verwendung der zentral verwalteten EU-Gelder: Zu diesem Zweck wird eine eigene Internetseite eingerichtet, auf der Informationen über EU-finanzierte Projekte und Programme benutzerfreundlich abgerufen werden können. Auf dieser Seite werden auch Links zu anderen Internetseiten der Mitgliedstaaten mit Informationen über die Empfänger von EU-Geldern im Rahmen der geteilten Mittelverwaltung zu finden sein. Die Seite ist noch im Aufbau.
- - Ausweitung des Dokumentenregisters der Kommission: Hier sollen insbesondere mehr Dokumente online bereitgestellt werden.
Der zweite Bereich sieht eine Diskussion mit den anderen europäischen Organen und Einrichtungen über folgende Themen vor:
- - Berufsethische Regeln und Standards für Träger politischer Ämter in den europäischen Organen und Einrichtungen.
- - Überprüfung der Vorschriften für den Zugang zu Dokumenten. Neben der interinstitutionellen Zusammenarbeit zu diesem Thema wird Ende 2006 oder Anfang 2007 eine Öffentlichkeitsbefragung stattfinden. Im Anschluss daran wird die Kommission einen Vorschlag erarbeiten.
- - Überarbeitung des Rechtsrahmens für das Europäische Amt für Betrugsbekämpfung OLAF. Damit soll sichergestellt werden, dass die Mitgliedstaaten dem OLAF systematisch die abschließenden Ergebnisse der Verfolgung von Betrugsfällen, die den zuständigen nationalen Behörden gemeldet worden waren, mitteilen.
Darüber hinaus hat die Kommission drei Transparenz-Schwerpunkte festgelegt, die Gegenstand dieses Grünbuchs sind, und die im Rahmen einer Öffentlichkeitsbefragung vertieft werden sollen:
- Die Notwendigkeit eines strukturierteren Rahmens für die Lobbyarbeit
Ein offener Umgang mit den Interessenvertretern steht für die Kommission seit jeher an oberster Stelle. In den letzten Jahren hat die Kommission die Einbindung der Organisationen der Zivilgesellschaft und anderer wichtiger Akteure verstärkt und weiterentwickelt. Zu nennen sind hier insbesondere die von der Kommission verabschiedeten Dokumente "Europäisches Regieren - Ein Weißbuch" sowie "Allgemeine Grundsätze und Mindeststandards für die Konsultation betroffener Parteien"3. Gleichzeitig gilt für die Kommission weiterhin der Grundsatz "Größere Einbindung bedeutet aber auch größere Verantwortung"4. Die Öffentlichkeit muss über Möglichkeiten verfügen die Beziehungen zwischen der Kommission und den Interessenvertretern zu kontrollieren. Daher ist es wichtig, den Rahmen zu untersuchen, in dem Interessengruppen ihre Tätigkeit ausüben, und Meinungen über die Notwendigkeit neuer Initiativen einzuholen.
- Feedback zu den Mindeststandards für die Konsultation
Die seit drei Jahren geltenden Konsultationsstandards der Kommission bringen mehr Transparenz in die Beziehung zwischen den Interessenvertretern und der Kommission. Die Kommission überwacht die Einhaltung dieser Standards und möchte nun zusätzlich Feedback von außen einholen.
- Offenlegungspflicht für Informationen über Empfänger von EU-Geldern im Rahmen der geteilten Mittelverwaltung
Es kam die Frage auf, ob die Mitgliedstaaten neben der Veröffentlichung auf dem bereits erwähnten Internetportal der Kommission auch gesetzlich verpflichtet werden sollten, im Rahmen der geteilten Mittelverwaltung die Empfänger von EU-Geldern offen zu legen.
Interessierte Kreise werden gebeten, ihre Beiträge zu diesen drei Themen einzureichen. Die zu beantwortenden Fragen befinden sich jeweils am Ende jedes Themenblocks.
Das Konsultationsverfahren läuft vom 3. Mai 2006 bis zum 31. August 2006.
Die Beiträge sind über eine Internetseite bei der Kommission einzureichen, auf der auch das Konsultationsverfahren näher beschrieben ist. Darüber hinaus wird die Kommission über ihre Vertretungen in den Mitgliedstaaten die wichtigsten Akteure befragen.
Alle Beiträge werden im Internet veröffentlicht.
II. Transparenz und Interessenvertretung (Lobbyarbeit)
1. Definitionen und Rahmenbestimmungen
In diesem Grünbuch werden mit "Lobbyarbeit" alle Tätigkeiten bezeichnet, mit denen auf die Politikgestaltung und den Entscheidungsprozess der europäischen Organe und Einrichtungen Einfluss genommen werden soll.
Demzufolge sind mit "Lobbyisten" Personen gemeint, die Lobbyarbeit betreiben, und die in einer der zahlreichen Organisationen tätig sind, z.B. in Beraterorganisationen für öffentliche Angelegenheiten, Anwaltskanzleien, Nichtregierungsorganisationen, Denkfabriken,
Wirtschaftsverbänden oder Unternehmenslobbys ("Inhouse-Vertreter").
Wie kann auf EU-Ebene sinnvolle Lobbyarbeit geleistet werden? Bevor diese Frage erörtert werden kann, muss zunächst der Rahmen für die Beziehungen zwischen den EU-Organen und den Lobbyisten definiert werden. Nach Ansicht der Kommission sind dabei folgende Punkte wichtig:
- 1. In einem demokratischen System hat Lobbyarbeit durchaus ihre Berechtigung. Dabei spielt es keine Rolle, wer diese Lobbyarbeit betreibt: einzelne Bürger bzw. Unternehmen, Organisationen der Zivilgesellschaft oder andere Interessengruppen bzw. Firmen, die Dritte vertreten (Berater für öffentliche Angelegenheiten, Denkfabriken und Rechtsanwälte).
- 2. Lobbyisten können die europäischen Organe und Einrichtungen auf wichtige Themen aufmerksam machen. In manchen Fällen stellt die Gemeinschaft finanzielle Unterstützung bereit, damit bestimmte Interessengruppen auf europäischer Ebene Gehör finden (z.B. Verbraucher, Behinderte, Umweltschutz usw.).
- 3. Gleichzeitig sollte durch Lobbyarbeit aber kein unzulässiger Einfluss auf die europäischen Organe und Einrichtungen ausgeübt werden.
- 4. Wenn Lobbygruppen die EU-Politik mitgestalten möchten, muss der Beitrag, den sie den europäischen Organen und Einrichtungen liefern, auch für die Öffentlichkeit transparent sein. Darüber hinaus muss klar sein, wen sie vertreten, welches ihre Aufgaben sind und wie sie finanziert werden.
- 5. Die europäischen Organe und Einrichtungen haben die Pflicht, herauszufinden, was "zum allgemeinen Wohl der Gemeinschaften"5 gehört und entsprechend zu handeln. Dies räumt ihnen auch das Recht ein, interne Beratungen abzuhalten, ohne dass von außen darauf Einfluss genommen wird.
- 6. Transparenzmaßnahmen müssen wirksam und angemessen sein.
2. Mögliche Problembereiche
Medien, Wissenschaftler und Interessenvertreter haben Bedenken darüber geäußert, dass bestimmte Lobbypraktiken über eine berechtigte Interessenvertretung hinausgehen könnten.
Hier geht es nicht nur um eindeutig rechtswidrige Praktiken (Betrug und Korruption), sondern auch um andere unzulässige Lobbymethoden, die entweder die offene Politik der EU-Organe und -Einrichtungen ausnutzen oder einfach irreführend sind.
In diesem Zusammenhang werden oft folgende Beispiele zitiert:
- - Die EU-Organe und -Einrichtungen werden über mögliche wirtschaftliche, soziale oder umweltpolitische Auswirkungen von Legislativvorschlägen falsch informiert.
- - Mit modernen Kommunikationstechniken (Internet und E-Mail) ist es einfach, für oder gegen ein bestimmtes Thema ganz massiv Propaganda zu betreiben, ohne dass die EU-Organe und -Einrichtungen herausfinden können, inwiefern es sich um ein tatsächliches Anliegen der Bürger handelt.
- - Manchmal wird in Frage gestellt, inwiefern eine Interessenvertretung durch europäische Nichtregierungsorganisationen ihre Berechtigung hat, denn einige dieser Organisationen werden aus EU-Mitteln finanziert und erhalten zudem von ihren Mitgliedern politische und finanzielle Unterstützung.
- - Viele Nichtregierungsorganisationen führen in diesem Zusammenhang jedoch an, dass bei der Lobbyarbeit ungleiche Ausgangsbedingungen herrschen, da Unternehmen für diesen Zweck mehr Geld investieren können.
- - Ganz allgemein wird kritisiert, dass die Informationen über Lobbyisten, die auf EU-Ebene tätig sind, unzureichend sind, und so u.a. nicht klar ist, über welche finanziellen Mittel sie verfügen.
3. Bestehende Maßnahmen und Möglichkeiten ihrer Weiterentwicklung
Die Transparenzpolitik, die die Kommission in punkto Lobbyarbeit verfolgt, gründet sich auf zwei Arten von Maßnahmen: Einerseits wird die Öffentlichkeit über die Beziehungen zwischen den Interessenvertretern und der Kommission informiert, damit sie so eine gewisse Kontrolle ausüben kann; andererseits gibt es einen Verhaltenskodex für Lobbyisten und Personen, denen die Lobbyarbeit gilt.
3.1. Kontrollmöglichkeiten durch die Öffentlichkeit
Kontrollmöglichkeiten durch die Öffentlichkeit können zur Vermeidung unzulässiger Lobbymethoden beitragen. So können Transparenzmaßnahmen darüber Aufschluss geben, wer Lobbyarbeit leistet und welcher Standpunkt gegenüber den europäischen Organen und Einrichtungen vertreten wird.
Die Europäische Kommission pflegt Kontakte zu vielen unterschiedlichen Akteuren, Sachverständigen und Lobbyisten. In diesem Abschnitt wird die Teilnahme von Interessenvertretern an Öffentlichkeitsbefragungen näher beleuchtet.
In diesem Bereich hat die Kommission ihre Politik der Transparenz bereits fest etabliert und im Dokument "Allgemeine Grundsätze und Mindeststandards für die Konsultation betroffener Parteien" festgelegt.
Nach diesen Mindeststandards müssen bei Öffentlichkeitsbefragungen die Beiträge der Teilnehmer im Internet veröffentlicht (siehe auch Kapitel III) und Angaben darüber gemacht werden von welchen Interessengruppen diese Beiträge stammen.
Allgemeine Grundsätze und Mindeststandards für die Konsultation
"Offenheit und Verantwortlichkeit sind wesentliche Grundsätze für das Verhalten von Organisationen, die einen Beitrag zur EU-Politik leisten möchten. Es muss deutlich werden,
- - welche Interessen sie vertreten
- - wie umfassend diese Vertretung ist.
Betroffene Parteien, die Kommentare zu einem Handlungsvorschlag der Kommission abgeben möchten müssen bereit sein, der Kommission und der breiten Öffentlichkeit die oben beschriebenen Informationen zur Verfügung zu stellen. Diese Informationen können entweder über die Datenbank CONECCS (bei Organisationen, die für diese Datenbank in Frage kommen und freiwillig aufgenommen werden möchten) oder durch andere Maßnahmen, z.B. auf der Grundlage besonderer Informationsblätter, zur Verfügung gestellt werden. Werden diese Angaben nicht zur Verfügung gestellt, werden die Einreichungen als Einzelbeiträge angesehen"6.
CONECCS7 ist eine Datenbank der Kommission, die freiwillig bereitgestellte Informationen über Organisationen der Zivilgesellschaft enthält. Der Begriff "Organisationen der Zivilgesellschaft" und das damit verbundene Konzept sind weit gefasst und beinhalten sowohl Gewerkschaften und Arbeitgeberverbände, Nichtregierungsorganisationen, Verbraucherorganisationen, Organisationen, die gesellschaftliche und wirtschaftliche Interessen vertreten, als auch Wohlfahrtsverbände und Basisorganisationen8. Deshalb kann CONECCS als Datenbank europäischer Interessengruppen (Lobbygruppen) bezeichnet werden.
CONECCS dient sowohl den Kommissionsdienststellen als auch der Öffentlichkeit als Informationsquelle. Für die Organisationen der Zivilgesellschaft ist eine Registrierung jedoch weder erforderlich, noch bietet sie einen besonderen Anreiz. Wer sich nicht registrieren lässt, hat dadurch auch keine Nachteile.
Die Kommission verfügt weder über ein Akkreditierungssystem noch führt sie ein verbindliches Register aller Organisationen, die mit ihr Kontakte pflegen.
Das Europäische Parlament (EP) hingegen verfügt über ein Akkreditierungssystem für alle, die häufig Zugang zur Institution benötigen (mindestens fünf Tage pro Jahr). Dieses System erlaubt den physischen Zugang zum Parlament. Von den Quästoren werden besondere Ausweise ausgestellt, die für ein Jahr gültig sind. Sie enthalten den Namen der Person, den Namen des Unternehmens, für das sie arbeitet, und die Organisation, die sie vertritt. Eine Liste der akkreditierten Lobbyisten wird auf der Website des Europäischen Parlaments veröffentlicht. Dabei handelt es sich nur um eine alphabetische Aufstellung, in der lediglich die Namen der Ausweisinhaber aufgeführt sind sowie die Organisationen, die sie vertreten.
Daraus geht jedoch nicht hervor, welche Interessen ein Lobbyist vertritt.
Innerhalb der EU ist der Deutsche Bundestag derzeit9 das einzige Parlament, das die Registrierung von Lobbyisten förmlich geregelt hat. Jedes Jahr wird eine Liste aller Lobbygruppen im Internet veröffentlicht. Für die Registrierung einer Interessengruppe sind folgende Angaben erforderlich: Name und Sitz, Vorstand und Geschäftsführung, Interessensbereich, Mitgliederzahl, Namen der Vertreter und Anschrift der Geschäftsstelle.
Informationen zur finanziellen Situation werden nicht verlangt.
Grundsätzlich können Lobbyisten nur dann von parlamentarischen Ausschüssen angehört werden oder Zutritt zu Parlamentsgebäuden erhalten, wenn sie registriert sind. Der Bundestag kann allerdings auch nicht registrierte Organisationen auffordern, jeweils im Einzelfall Informationen bereitzustellen.
Einige nicht zur EU gehörende Länder (USA und Kanada) haben ein obligatorisches Lobbyregister eingeführt, in dem PR-Unternehmen und Lobbygruppen offen legen müssen, für wen sie arbeiten, mit welchen Themen sie sich befassen und wie viel Geld sie für ihre Arbeit von den einzelnen Kunden erhalten. Darüber hinaus müssen die Lobbyisten regelmäßig einen Bericht vorlegen. Diese Informationen werden im Internet veröffentlicht.
Verstärkte Kontrollmöglichkeiten durch die Öffentlichkeit
Für eine wirksamere Kontrolle der Lobbytätigkeit durch die Öffentlichkeit kommen mehrere Möglichkeiten in Betracht. Besonders geeignet sind nach Ansicht der Kommission die Bereitstellung umfassenderer Informationen darüber, wer an der Politik oder der Ausarbeitung eines Rechtsrahmens mitgewirkt hat, und die Einführung eines Registrierungssystems, das einen Anreiz zur Teilnahme bietet.
Umfassendere Informationen
Zunächst sollte verstärkt darauf geachtet werden, dass bei Öffentlichkeitsbefragungen die bestehenden Regelungen einheitlich angewandt werden. Die Kommission wird in diesem Zusammenhang sicherstellen, dass die Interessengruppen systematisch aufgefordert werden, über ihre Ziele und Interessen sowie über ihre Finanzierung Auskunft zu geben.
Die Einhaltung der bestehenden Transparenzanforderungen könnte beispielsweise durch die Entwicklung eines Online-Fragebogens unterstützt werden, denn damit könnte die Kommission mehr Informationen über die Teilnehmer webgestützter Öffentlichkeitsbefragungen sammeln.
Ein solcher Fragebogen könnte von allen Kommissionsdienststellen standardmäßig bei Internet-Konsultationen eingesetzt werden.
Neue Anreize zur Registrierung auf freiwilliger Basis Die Kommission könnte ein webgestütztes System zur Registrierung aller Interessengruppen und Lobbyisten, die an Befragungen zu EU-Initiativen teilnehmen möchten, entwickeln und verwalten. Die Registrierung würde auf freiwilliger Basis erfolgen. Wer bei der Registrierung Angaben zur eigenen Organisation bzw. Person macht, könnte besondere Interessenschwerpunkte angeben und würde im Gegenzug immer dann informiert werden, wenn zu diesen Themen eine Konsultation stattfindet. Somit würden nur registrierte Lobbyisten von der Kommission automatisch benachrichtigt . Bei der Registrierung müssten die Teilnehmer angeben, wen sie vertreten, welches ihre Aufgaben sind und aus welchen Mitteln sie finanziert werden. Darüber hinaus müssten sie sich nach einem Verhaltenskodex richten (siehe Kapitel 3.2.), dessen Einhaltung transparent überprüft werden würde. Dank dieser Liste hätte die Öffentlichkeit einen Überblick über Interessenvertreter, die bei der Kommission Lobbyarbeit betreiben, und könnte somit eine gewisse Kontrolle ausüben.
3.2. Integrität und Lobbyarbeit: Verhaltenskodizes für Lobbyisten
Neben der Kontrolle der Kontakte mit Lobbyisten durch die Öffentlichkeit können Vorschriften zur Gewährleistung der Integrität maßgeblich zur Transparenz der Lobbyarbeit beitragen.
Derzeitige Situation Der traditionelle europäische Ansatz stellt das ethische Verhalten der Bediensteten der Organe in den Vordergrund und verzichtet darauf, zusätzliche rechtlich verbindliche Verhaltensregeln für Lobbyisten festzulegen. Dies hat zur Folge, dass die Mitglieder der Kommission und die Bediensteten der europäischen Organe an strenge Vorschriften gebunden sind, die ihre Unparteilichkeit sicherstellen sollen. Die einschlägigen Bestimmungen sind im Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaften und dem Beamtenstatut enthalten (siehe Anhang).
Die Durchsetzung dieser Vorschriften erfolgt mittels spezieller Kontroll- und Sanktionsmechanismen.
Die Kommission ist der Ansicht, dass freiwillige Verhaltenskodizes für Lobbyisten eine nützliche unterstützende Rolle spielen können. Bisher hat sich die Kommission in diesem Bereich für eine Politik der Selbstregulierung entschieden. In ihrer Mitteilung aus dem Jahre 1992 zum Thema Interessengruppen forderte sie die Lobbyisten auf, eigene Verhaltenskodizes auf Grundlage der von ihr vorgeschlagenen Mindestkriterien festzulegen.
Die wichtigsten Merkmale dieser Kriterien lassen sich folgendermaßen zusammenfassen:
- - Lobbyisten sollten ein ehrenhaftes Verhalten an den Tag legen und immer angeben, welche Interessen sie vertreten.
- - Sie sollten keine missverständlichen Informationen verbreiten.
- - Sie sollten keine finanziellen Zuwendungen anbieten, um Informationen oder eine Vorzugsbehandlung zu erhalten.
Im Zuge der von der Kommission geförderten Selbstregulierung haben mehrere europäische Dachorganisationen der so genannten Public Affairs Lobbyisten (einzelne Berater und Beraterfirmen) freiwillige Verhaltenskodizes angenommen. Diese stützen sich auf die von der Kommission vorgeschlagenen Mindeststandards und weisen große Ähnlichkeit in Bezug auf Ton und Inhalt auf. Im Jahr 2005 haben die Organisationen ihre Kodizes durch interne Sanktionsmechanismen ergänzt, die von einem Verweis über einen befristeten Ausschluss bis hin zu einem unbefristeten Ausschluss reichen.
Bislang wurden keine Fälle von Fehlverhalten im Zusammenhang mit diesen freiwilligen Verhaltenskodizes bekannt. An dieser Stelle sei aber daran erinnert, dass sich nur Berater an derartige Verhaltenskodizes halten. Weder Lobbyisten, die als feste Angestellte für Interessengruppen tätig sind, noch andere Interessengruppen, die hin und wieder Lobbyarbeit betreiben (z.B. Anwaltskanzleien und Denkfabriken), fallen unter den Anwendungsbereich der Verhaltenskodizes auf freiwilliger Basis. Daher ist die Zahl derer, die die freiwilligen Kodizes anwenden, im Vergleich zur Gesamtzahl der in Brüssel tätigen Interessenvertreter gering. Hinzu kommt, dass das aktuelle System auf Selbstdisziplin beruht. Vor diesem Hintergrund wird die Konsolidierung der bestehenden Kodizes und die Einrichtung eines gemeinsamen von allen Beteiligten getragenen Systems zur Durchsetzung und Verleihung von Sanktionen erforderlich. Ein derartiges System könnte einen Verhaltenskodex umfassen, der für alle Lobbyisten verbindlich ist, dessen Einhaltung von einer besonderen Dachorganisation kontrolliert wird und der mit einem von der Kommission verwalteten Registrierungssystem gekoppelt ist. Es gab auch den Vorschlag, die Organe der EU sollten formale Sanktionen gegen Lobbyisten verhängen, die gegen den Verhaltenskodex verstoßen.
Das Europäische Parlament hat für alle, die eine Akkreditierung beantragen, einen verbindlichen Verhaltenskodex10 festgelegt (s.o.). Ein Verstoß gegen den Kodex kann zu einem Entzug der Akkreditierung und damit der Möglichkeit des Zugangs zu den Gebäuden des Europäischen Parlaments führen.
In den Mitgliedstaaten der EU gibt es derzeit keine verbindlichen Verhaltenskodizes11.
Kanada ist das einzige nicht der EU angehörende Land, das ein derartiges System anwendet.
Inhaltlich erfasst der kanadische Verhaltenskodex die gleichen Bereiche wie die von der Kommission vorgeschlagenen Mindestkriterien für einen Kodex auf freiwilliger Basis. Das kanadische Recht enthält folgende Bestimmung: Besteht hinreichend Grund zur Vermutung, dass ein Verstoß gegen den Verhaltenskodex vorliegt, leitet der Registerführer eine Untersuchung ein und erstattet dem Parlament Bericht. Die Untersuchungsergebnisse können von der Öffentlichkeit eingesehen werden (in den Jahren 2003-2004 wurden vier Beschwerden verfolgt, die sich allesamt als gegenstandslos erwiesen haben). Verstöße gegen das Gesetz können mit Freiheitsentzug oder einer Geldstrafe bis zu 66 000 EUR geahndet werden.
Die weitere Entwicklung Vor diesem Hintergrund hält die Kommission es für notwendig, die Lobbyarbeit transparenter zu machen. Ein glaubwürdiges System müsste ihrer Auffassung nach folgende Elemente umfassen:
- - Ein von der Kommission verwaltetes Registrierungssystem auf freiwilliger Basis, das für Lobbyisten Anreize zur Registrierung bietet. Die Lobbyisten könnten beispielsweise jedes Mal informiert werden, wenn eine Konsultation zu ihren Interessenschwerpunkten vorgesehen ist.
- - Ein gemeinsamer Verhaltenskodex für alle Lobbyisten oder zumindest gemeinsame Mindestanforderungen. Der Kodex sollte von den in der Lobbyarbeit tätigen Personen entwickelt werden, wobei nach Möglichkeit bestehende Kodizes konsolidiert oder verbessert werden sollten.
- - Ein Überwachungs- und Sanktionssystem, das bei unrechtmäßiger Registrierung und/oder Verstoß gegen den Verhaltenskodex angewendet wird.
Die Kommission hält ein obligatorisches Registrierungssystem nicht für angemessen.
Stattdessen würde sie einem strafferen System der Selbstregulierung den Vorzug geben.
Allerdings sollte nach einer gewissen Zeit geprüft werden, ob die Selbstregulierung funktioniert hat. Sollte sich das System als unwirksam erweisen, könnte ein System obligatorischer Maßnahmen - ein verbindlicher Verhaltenskodex und die obligatorische Registrierung - in Erwägung gezogen werden.
Fragen:
- - Sind Sie der Auffassung, dass Anstrengungen für mehr Transparenz der Lobbyarbeit unternommen werden sollten?
- - Sind Sie der Auffassung, dass Lobbyisten, die automatisch von den Organen und Einrichtungen der EU über Konsultationen informiert werden möchten, registriert sein sollten und Informationen zu ihren Zielen, ihrer finanziellen Situation und den Interessen, die sie vertreten, bereitstellen sollten? Sind Sie der Auffassung, dass die breite Öffentlichkeit Zugang zu diesen Informationen haben sollte? Wer sollte das Register Ihrer Auffassung nach verwalten?
- - Sind Sie der Auffassung, dass die bestehenden Verhaltenskodizes mittels gemeinsamer Mindestanforderungen konsolidiert werden sollten? Wer sollte die Regeln des Verhaltenskodexes Ihrer Auffassung nach festlegen?
- - Sind Sie der Auffassung, dass eine neue, umfassende, externe Überwachungsorganisation eingerichtet werden sollte, die die Einhaltung der Mindestanforderungen kontrolliert und bei Verstoß gegen den Kodex Sanktionen verhängt?
III. FEEDBACK zur Anwendung der Mindeststandards für die Konsultation
Dank einer breit angelegten Befragung können alle interessierten Kreise am Prozess der Politikgestaltung teilhaben. Die Konsultation ist ein wichtiges Instrument, um die Qualität der Rechtsetzungsvorschläge der Kommission zu verbessern. Die Mindeststandards der Kommission bilden das Herzstück des Aktionsplans Bessere Rechtsetzung, dessen oberstes Ziel eine Verbesserung der Qualität der EU-Rechtsvorschriften ist.
Die Kommission hat im Dezember 2002 eine Mitteilung über die Mindeststandards für die Konsultation12 angenommen. Ziel war die Schaffung eines transparenten und kohärenten allgemeinen Konsultationsrahmens, der so flexibel ist, dass die Kommissionsdienststellen ihre Konsultationsmethoden an die jeweiligen Politikbereiche anpassen können. Oberstes Ziel war es sicher zu stellen, dass alle interessierten Kreise Gehör finden und ihre Anmerkungen in die Politikgestaltung der Kommission einfließen.
Die Mindeststandards gelten für Konsultationen zu wichtigen politischen Vorschlägen der Kommission, für die eine Folgenabschätzung vorgeschrieben ist. Diese Vorschläge sind im jährlichen Arbeitsprogramm der Kommission13 aufgeführt. Darüber hinaus gelten die Mindeststandards für Konsultationen zu Grünbüchern14. Die Kommissionsdienststellen werden aufgefordert, die Standards auch bei anderen Konsultationen anzuwenden. Einige Konsultationsinstrumente sind allerdings von der Anwendung der Mindeststandards ausgenommen. Dazu gehören Entscheidungen, die im Rahmen eines Verfahrens getroffen werden zu dem auch die förmliche Konsultation der Mitgliedstaaten gehört (das so genannte Ausschussverfahren), Konsultationen im Rahmen des Sozialen Dialogs (Artikel 137 bis 139 EGV) und die im Rahmen internationaler Abkommen vorgeschriebenen Konsultationen. Die allgemeinen Grundsätze und die Mindeststandards sind rechtlich nicht verbindlich.
In der Mitteilung werden unter "Konsultationen" jene Verfahren verstanden, mit denen die Kommission erreichen möchte, dass die interessierten Kreise einen Beitrag zur Politikgestaltung leisten, bevor der entsprechende Beschluss der Kommission ergeht. Die "interessierten Kreise" umfassen all jene, die an den von der Kommission organisierten Konsultationen teilnehmen möchten; dabei spielt es keine Rolle, ob es sich um Organisationen oder Privatpersonen handelt.
Die Mindeststandards werden seit Anfang 2003 angewendet. Ende 2005 hatte die Kommission mehr als hundert wichtige Vorschläge auf den Weg gebracht, bei denen die Mindeststandards angewandt worden waren15. Außerdem veröffentlichte die Kommission in dieser Zeit 26 Grünbücher16, bei denen die Standards ebenfalls Anwendung gefunden hatten.
Die über diesen Zeitraum erstellte Bewertung zeigt, dass die Mindeststandards in der Regel eingehalten wurden. In den Berichten über eine bessere Rechtsetzung17 ist zu lesen, dass die Kommissionsdienststellen die meisten Mindeststandards korrekt angewandt haben.
Insbesondere die zentrale Anlaufstelle für Konsultationen, das Internetportal "Ihre Stimme in Europa"18, wird häufig zur Bekanntmachung aktueller Öffentlichkeitsbefragungen genutzt. In den meisten Fällen wurden auch die Mindestfristen für die Beantwortung der Fragen eingehalten. In den Berichten über die Folgenabschätzungen wurde transparent über die Konsultationsverfahren und die Ergebnisse berichtet. Allerdings wurden nicht alle Beiträge zu Öffentlichkeitsbefragungen im Internet veröffentlicht. Es hat auch Fälle gegeben, in denen unzureichend Auskunft darüber gegeben wurde, ob und wie im Rahmen der Konsultation eingegangene Beiträge in den endgültigen Politikvorschlag der Kommission eingeflossen sind.
Für die Kommission ist das Feedback der Teilnehmer an den Konsultationsverfahren wichtig, da es sich bei ihnen um interessierte Kreise handelt, die Erfahrungen mit Konsultationsverfahren und der Anwendung der Konsultationsstandards gesammelt haben.
Dabei darf nicht aus den Augen verloren werden, dass diese Standards nur für die Konsultation zu (i) wichtigen politischen Vorschlägen, bei denen eine Folgenabschätzung vorgeschrieben ist und zu (ii) Grünbüchern gelten. Dank des Feedbacks wird die Kommission Verbesserungsmöglichkeiten bei der Anwendung der Standards erkennen und weitere Schritte für eine verstärkte Anwendung der Standards in Erwägung ziehen können.
Frage:
Sind Sie der Auffassung, dass die Kommission die allgemeinen Grundsätze und die Mindeststandards für die Konsultation auf zufrieden stellende Weise angewandt hat? Sie können sich in Ihrer Antwort auf die verschiedenen Standards beziehen, die in Anhang 2 aufgeführt sind.
Bitte nennen Sie Gründe für Ihre Antwort und erläutern Sie sie gegebenenfalls an Hand von Beispielen.
IV. OFFENLEGUNG von Informationen über Empfänger von EU-Geldern
Die Europäische Kommission hat sich verpflichtet, das Bewusstsein der Öffentlichkeit für die Verwendung von EU-Geldern zu schärfen, indem besser erläutert wird, was Europa tut und warum diese Tätigkeiten von Bedeutung sind. Die Kommission ist für die Ausführung des Gemeinschaftshaushalts zuständig. Sie ist vor dem europäischen Steuerzahler rechenschaftspflichtig und geht davon aus, dass die Bereitstellung von Informationen über die Verwendung von EU-Geldern im allgemeinen öffentlichen Interesse liegt.
Obwohl es dank der modernen Instrumente der Massenkommunikation nie dagewesene Möglichkeiten für den Zugang der Öffentlichkeit zu Informationen gibt, haben die Bürger bedauerlicherweise das Gefühl, nur relativ wenig über die Europäische Union zu wissen.
Gleichzeitig fordern sie mehr Transparenz der öffentlichen Einrichtungen und erwarten, dass sie - wie dies in anderen Lebensbereichen zunehmend der Fall ist - "auf Wunsch" und nutzerfreundlich Zugang zu bestimmten Informationen haben können. Als Motor für Veränderung und Modernität möchte die EU diese Entwicklung an vorderster Front mitgestalten.
Die Aufbereitung von Informationen zur Weitergabe an die Öffentlichkeit wird häufig als zusätzlicher Verwaltungsaufwand empfunden. Nach Ansicht der Kommission handelt es sich hierbei um Investitionen, die notwendig sind, um die Unterstützung der Öffentlichkeit zu gewinnen.
Für die aus EU-Geldern finanzierten Politikbereiche, die die Kommission zentral und direkt verwaltet stellt sie diese Informationen bereits zur Verfügung und hat sich hier zu größerer Nutzerfreundlichkeit verpflichtet. Der größte Teil des EU-Haushalts wird allerdings nicht zentral und direkt von der Kommission ausgeführt sondern in Partnerschaft mit den Mitgliedstaaten ("geteilte Mittelverwaltung"). Die Maßnahmen im Rahmen der gemeinsamen Landwirtschafts- und Fischereipolitik, der Strukturfonds, des Kohäsionsfonds und des Europäischen Flüchtlingsfonds werden im Rahmen der geteilten Mittelverwaltung durchgeführt. Diese in Partnerschaft mit den Mitgliedstaaten verwalteten politischen Maßnahmen machen 75,7% des EU-Haushalts aus, d.h. mehr als 86,6 Mrd. EUR pro Jahr.
Man muss sich vor Augen führen, dass die Bedeutung des Begriffs "Empfänger" von einer politischen Maßnahme zur anderen stark variiert und vom einzelnen Bauern und Fischer über Nichtregierungsorganisationen bis hin zu Ausbildungseinrichtungen oder nationalen Ministerien, die bestimmte Maßnahmen einleiten oder durchführen, reicht.
Derzeit gehören Informationen über Empfänger von Gemeinschaftsgeldern, die in Partnerschaft mit den Mitgliedstaaten ausgegeben wurden, in den Zuständigkeitsbereich der Mitgliedstaaten. Sie entscheiden, ob und welche Informationen veröffentlicht werden. Dabei weist der Umfang der weitergegebenen Informationen von Land zu Land große Unterschiede auf.
Da es keine allgemeine Verpflichtung auf EU-Ebene gibt, ist es natürlich schwierig, einen vollständigen Überblick für jedes Programm oder Projekt in jedem Mitgliedstaat zu erstellen.
Im Falle der Gemeinsamen Agrarpolitik beispielsweise stellen derzeit elf Mitgliedstaaten (Belgien, Dänemark, Estland, Frankreich, Irland, die Niederlande, Portugal, Spanien, Schweden, Slowenien und das Vereinigte Königreich) Informationen über die Begünstigten zur Verfügung19, die aber in Bezug auf die Detailgenauigkeit und die Verfahren zur Bereitstellung dieser Informationen (vom vollständigen und direkten Zugang zum teilweisen Zugang auf Anfrage) erheblich variieren. Im Falle der Strukturfonds beispielsweise werden die grundlegenden Daten zu den Begünstigten zwar von den Mitgliedstaaten gesammelt, doch sie werden weder zentralisiert noch der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. In einigen Mitgliedstaaten sind Informationen zu den Begünstigten der Finanzinstrumente für die Ausrichtung der Fischerei verfügbar (z.B. Online-Informationen in Dänemark, Irland, Litauen, Schweden und Spanien).
Häufig wenden sich Bürger mit der Frage an die Europäische Kommission, wie die EU-Gelder verwendet wurden, und verlangen Informationen zu den Empfängern, wenn man ihnen diese Antwort auf regionaler oder nationaler Ebene schuldig geblieben ist. Das versetzt die Kommission in eine schwierige Lage, da sie über diese Informationen entweder nicht verfügt oder nicht das Recht hat, sie ohne vorherige Zustimmung des betroffenen Mitgliedstaats weiterzugeben. Der bestehende rechtliche Rahmen untersagt der Kommission ausdrücklich, Informationen über die Begünstigten zu veröffentlichen.
Hinzu kommt, dass dem restriktiven Konzept, das einige Mitgliedstaaten in Bezug auf die Veröffentlichung von Informationen anwenden, häufig nationale Datenschutzvorschriften zu Grunde liegen, die über die auf EU-Ebene festgelegten Mindestanforderungen20 hinausgehen, von Land zu Land unterschiedlich sind und häufig durch nationale Traditionen und kulturelle Wahrnehmungen und Empfindlichkeiten bestimmt sind.
Eine kohärente umfassende Verpflichtung für die Mitgliedstaaten müsste daher auf einem in allen Mitgliedstaaten direkt anwendbaren neuen Rechtsrahmen der EU begründet sein. Auf diese Weise ließe sich ein einheitliches Vorgehen bei allen Empfängern von EU-Geldern gewährleisten.
Fragen:
- - Ist es Ihrer Meinung nach wünschenswert, auf Gemeinschaftsebene eine Verpflichtung für die Mitgliedstaaten einzuführen, Informationen über Empfänger von EU-Geldern im Rahmen der geteilten Mittelverwaltung zur Verfügung zu stellen?
- - Wenn ja, welche Informationen sollten auf nationaler Ebene bereitgestellt werden? Wie könnten diese Informationen am besten verfügbar gemacht werden (Umfang der verlangten Informationen, erfasster Zeitraum, gewünschtes Informationsmedium)?
Anhang 1
Gewährleistung der Integrität: Der EG-Vertrag und das Beamtenstatut Artikel 213 Absatz 2 des EG-Vertrags
"Die Mitglieder der Kommission üben ihre Tätigkeit in voller Unabhängigkeit zum allgemeinen Wohl der Gemeinschaft aus.
Sie dürfen bei der Erfüllung ihrer Pflichten Anweisungen von einer Regierung oder einer anderen Stelle weder anfordern noch entgegennehmen. Sie haben jede Handlung zu unterlassen die mit ihren Aufgaben unvereinbar ist. []
Die Mitglieder der Kommission dürfen während ihrer Amtszeit keine andere entgeltliche oder unentgeltliche Berufstätigkeit ausüben. Bei der Aufnahme ihrer Tätigkeit übernehmen sie die feierliche Verpflichtung, während der Ausübung und nach Ablauf ihrer Amtstätigkeit die sich aus ihrem Amt ergebenden Pflichten zu erfüllen, insbesondere die Pflicht, bei der Annahme gewisser Tätigkeiten oder Vorteile nach Ablauf dieser Tätigkeit ehrenhaft und zurückhaltend zu sein."
Das Beamtenstatut
Artikel 11:
"Der Beamte hat sich bei der Ausübung seines Amtes und in seinem Verhalten ausschließlich von den Interessen der Gemeinschaften leiten zu lassen; er darf von keiner [] Organisation oder Person außerhalb seines Organs Weisungen anfordern oder entgegennehmen. Er führt die ihm übertragenen Aufgaben objektiv unparteiisch [] aus."
Artikel 16:
"Der Beamte ist nach dem Ausscheiden aus dem Dienst verpflichtet, bei der Annahme gewisser Tätigkeiten oder Vorteile ehrenhaft und zurückhaltend zu sein.
Ein Beamter, der beabsichtigt vor Ablauf von zwei Jahren nach seinem Ausscheiden aus dem Dienst gegen Entgelt oder unentgeltlich eine berufliche Tätigkeit aufzunehmen, muss sein Organ hiervon in Kenntnis setzen. Steht die Tätigkeit in Zusammenhang mit der Tätigkeit, die der Beamte in den letzten drei Jahren seiner Dienstzeit ausgeführt hat und könnte sie zu einem Konflikt mit den legitimen Interessen des Organs führen, so kann die Anstellungsbehörde [] beschließen, dem Beamten die Aufnahme dieser Tätigkeit zu untersagen oder vorbehaltlich von ihr als angemessen angesehener Auflagen ihre Zustimmung zu erteilen."
Anhang 2
Die "Allgemeinen Grundsätze" und "Mindeststandards" im Einzelnen21
Die allgemeinen Grundsätze für die Konsultation umfassen: Partizipation, Offenheit und Verantwortlichkeit, Effektivität und Kohärenz. In der Praxis soll dadurch gewährleistet werden dass die Konsultationsverfahren der Kommission breit angelegt, transparent, effizient und kohärent sind.
Die fünf Mindeststandards sind an verschiedenen Aspekten des Konsultationsverfahrens ausgerichtet:
A. Eindeutiger Inhalt der Konsultationsverfahren
"Jegliche Kommunikation im Hinblick auf Konsultationen muss klar und präzise sein und alle notwendigen Informationen enthalten, um Antworten zu erleichtern."
B. Zielgruppen der Konsultation
"Bei der Bestimmung von Zielgruppen für Konsultationsverfahren muss die Kommission gewährleisten dass betroffene Parteien Gelegenheit haben, ihren Standpunkt darzulegen."
C. Veröffentlichung
"Die Kommission muss eine angemessene, auf Sensibilisierung ausgerichtete Werbung gewährleisten und ihre Kommunikationskanäle den jeweiligen Zielgruppen anpassen. Ohne andere Kommunikationsmittel ausschließen zu wollen, sollten öffentliche Konsultationen im Internet veröffentlicht und über die "zentrale Anlaufstelle" angekündigt werden." 22
D. Teilnahmefristen
"Die Kommission sollte für Planung und Antworten auf Einladungen und schriftliche Beiträge ausreichend Zeit einräumen. Sie sollte sich bemühen, für Antworten zu schriftlichen öffentlichen Konsultationen eine Frist von mindestens acht Wochen und für Sitzungen eine Frist von 20 Werktagen vorzusehen."
E. Eingangsbestätigung und Rückmeldungen
"Der Eingang von Beiträgen ist zu bestätigen. Die Ergebnisse der öffentlichen Konsultationen sind auf Internetseiten, die über einen Link mit der zentralen Anlaufstelle verbunden sind, zu veröffentlichen. Beiträge im Rahmen offener, öffentlicher Konsultationen werden bei der zentralen Anlaufstelle veröffentlicht. Die Ergebnisse anderer Formen der Konsultation sollten, soweit möglich, ebenfalls bei der zentralen Internet-Anlaufstelle öffentlich nachprüfbar sein.
Die Kommission stellt ein angemessenes Feedback für die Parteien, die geantwortet haben, und die Öffentlichkeit bereit."23
1 KOM (2005) 12.
2 SEK(2005) 1300.
3 KOM (2002) 704.
4 Weißbuch der Europäischen Kommission über "Europäisches Regieren".
5 Siehe Artikel 213 EG-Vertrag.
6 KOM (2002) 704.
7 CONECCS-Consultation, the European Commission and Civil Society (Konsultation, die Europäische Kommission und die Zivilgesellschaft) http://europa.eu.int/comm/civil_society/coneccs/index_de.htm .
8 Die Kommission stützt sich weitgehend auf die Definition, die vom Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss (EWSA) verwendet wird.
9 In einigen neuen EU-Mitgliedstaaten wird über die Einführung obligatorischer Systeme nachgedacht.
10 Artikel 3 der Anlage IX zur Geschäftsordnung des EP.
11 In Ungarn und der Slowakei wird über die Einführung verbindlicher Konzepte nachgedacht.
12 KOM (2002) 704.
13 Die Webseite "Arbeitsprogramms": http://europa.eu.int/comm/atwork/programmes/index_en.htm Die Webseite "Folgenabschätzungen": http://europa.eu.int/comm/secretariat_general/impact/index_en.htm .
14 Die Webseite "Grünbücher": http://europa.eu.int/comm/ipg/index_en.htm
15 Diese Vorschläge können auf der Webseite "Folgenabschätzungen" eingesehen werden: http://europa.eu.int/comm/secretariat_general/impact/practice._en.htm .
16 Die Grünbücher können auf folgender Webseite eingesehen werden: http://europa.eu.int/comm/off/green/index_en.htm
17 Die "Berichte über eine bessere Rechtsetzung" beschäftigen sich auch mit der Anwendung der Mindeststandards für die Konsultation: Bericht 2003: http://europa.eu.int/eurlex/ en/com/rpt/2003/com2003_0770en01.pdf Bericht 2004: http://europa.eu.int/eurlex/ lex/LexUriServ/site/en/com/2005/com2005_0098en01.pdf und der Anhang zum Bericht: http://europa.eu.int/comm/civil_society/docs/SEC_2005_0364_1_EN .pdf
18 http://europa.eu.int/yourvoice/consultations/index_en.htm .
19 Siehe beispielsweise die Informationen unter http://www.farmsubsidy.org/60.html .
20 Richtlinie 95/46/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. Oktober 1995 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und zum freien Datenverkehr ABl. L 281 vom 23.11.1995, S. 31.
21 Das vollständige Dokument zu den Grundsätzen und Standards: KOM (2002) 704, Kapitel V. http://europa.eu.int/comm/secretariat_general/sgc/consultation/index_en.htm
22 Das Portal "Ihre Stimme in Europa" (http://europa.eu.int/yourvoice/consultations/index_en.htm ) wurde im nachhinein zur "zentralen Anlaufstelle" für Konsultationen der Kommission bestimmt Er besteht aus zwei Teilen. Auf der Startseite des Portals haben die Kommissionsdienststellen Gelegenheit, auf die von ihnen anberaumten Konsultationen aufmerksam zu machen. Die meisten Konsultationen werden nur auf den Webseiten der einzelnen Politikbereiche angekündigt; diese werden von den zuständigen Kommissionsdienststellen gepflegt und sind mit der "zentralen Anlaufstelle" verknüpft.
23 Rückmeldungen sollten in Begündungen zu Legislativvorschlägen aufgeführt werden sowie in Mitteilungen, die nach einem Konsultationsverfahren veröffentlicht werden, und in Berichten über die Folgenabschätzung. Informationen zu diesen Dokumenten der Jahre 2003-2005 finden Sie auf der Webseite "Folgenabschätzungen": http://europa.eu.int/comm/secretariat_general/impact/practice.htm .