Zugeleitet mit Schreiben des Generalsekretärs des Europäischen Parlaments - 305610 - vom 9. April 2008.
Das Europäische Parlament hat die Entschließung in der Sitzung am 13. März 2008 angenommen.
Das Europäische Parlament,
- - in Kenntnis des Vorschlags für eine Empfehlung an den Rat, eingereicht von Ana Maria Gomes im Namen der PSE-Fraktion, zur Rolle der Europäischen Union im Irak (B6-0328/2007),
- - unter Hinweis auf seine früheren Entschließungen zum Irak, insbesondere diejenige vom 25. Oktober 20071,
- - unter Hinweis auf seine Entschließung vom 12. Juli 2007 zur humanitären Lage der irakischen Flüchtlinge2,
- - unter Hinweis auf die Beschlüsse seiner Konferenz der Präsidenten vom 15. November und 6. Dezember 2007 zur Zusammensetzung und zu den Aufgaben einer "Adhoc-Delegation für die Beziehungen zum Irak",
- - unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Rates Allgemeine Angelegenheiten und Außenbeziehungen zur Rolle der Europäischen Union im Irak vom 23./24. April, 15./16. Oktober und 19./20. November 2007,
- - unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 7. Juni 2006 mit dem Titel "Empfehlungen für ein verstärktes Engagement der Europäischen Union gegenüber Irak" (KOM (2006) 0283),
- - unter Hinweis auf den "International Compact" mit dem Irak, der am 3. Mai 2007 in Sharm el-Sheikh (Ägypten) auf den Weg gebracht wurde,
- - unter Hinweis auf die Resolutionen 1546 (2004) vom 8. Juni 2004, 1770 (2007) vom 10. August 2007 und 1790 (2007) vom 18. Dezember 2007, insbesondere die Anhänge I und II, des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen,
- - unter Hinweis auf die Gemeinsame Aktion 2005/190/GASP des Rates vom 7. März 2005 betreffend die Integrierte Mission der Europäischen Union zur Stützung der Rechtsstaatlichkeit im Irak, EUJUST LEX3, die im Rahmen der Europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik (ESVP) geschaffen wurde, und die darauf folgenden Gemeinsamen Aktionen, durch die sie geändert wurde und das Mandat der Mission erweitert wurde,
- - unter Hinweis auf die Europäische Sicherheitsstrategie "Ein sicheres Europa in einer besseren Welt" vom 12. Dezember 2003,
- - unter Hinweis auf den Europäischen Entwicklungskonsens vom 22. November 2005,
- - unter Hinweis auf seine Entschließung vom 1. Juni 2006 zur Lage der Frau in bewaffneten Konflikten und ihre Rolle beim Wiederaufbau und beim Demokratisierungsprozess4,
- - unter Hinweis auf das Vierte Genfer Abkommen vom 12. August 1949 über den Schutz von Zivilpersonen in Kriegszeiten sowie die Anhänge I und II hierzu und in tiefer Besorgnis wegen der Gewalt, der die Mitarbeiter humanitärer, gesundheitlicher und religiöser Organisationen bei der Ausübung ihrer Tätigkeit ausgesetzt sind.
- - unter Hinweis auf seine Entschließung vom 1. Juni 2006 zu kleinen und mittleren Unternehmen in den Entwicklungsländern5,
- - gestützt auf Artikel 114 Absatz 3 seiner Geschäftsordnung,
- - in Kenntnis des Berichts des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten (A6-0052/2008),
A. in der Erwägung, dass in der Republik Irak seit 2005 zwei Mal Wahlen unter Beteiligung mehrerer Parteien stattgefunden haben, eine Verfassung im Rahmen eines Referendums angenommen, die Grundlage für einen Bundesstaat geschaffen und der schwierige Prozess eingeleitet wurde, demokratische Institutionen aufzubauen,
B. in der Erwägung, dass die irakische Gesellschaft und ihre politische Führung gespalten sind und dass die Sicherheitslage in einigen Teilen des Irak nach wie vor außerordentlich prekär ist,
C. in der Erwägung, dass der Irak mit Feindseligkeiten zwischen Bevölkerungsgruppen und aufständischen Bewegungen zu kämpfen hat, die Lage im Land aber auch von einem generellen Fehlen von Rechtsstaatlichkeit gekennzeichnet ist,
D. in der Erwägung, dass sich die Sicherheitslage in der Republik Irak verbessert hat, die irakischen Streitkräfte jedoch weiterhin vor der schweren Aufgabe stehen, diese Verbesserung - mit internationaler Unterstützung - aufrechtzuerhalten und zu konsolidieren und dass ernsthafte Anstrengungen zur Sicherung des Wiederaufbaus und der nachhaltigen Entwicklung sowie die Fähigkeit der Europäischen Union, dem irakischen Volk Unterstützung zu leisten, von der stetigen Verbesserung der politischen Lage und der Sicherheitslage abhängen,
E. in der Erwägung, dass die irakischen Behörden während der jahrzehntelangen Diktatur eher auf eine Kontrolle der Bevölkerung als auf öffentliche Dienstleistungen ausgerichtet waren und dass die Jahre der rigoros zentralisierten Verwaltung durch die Baath-Partei zu schwerwiegenden Defiziten im Zusammenhang mit der Fähigkeit der Iraker geführt haben, den Haushalt zu verwalten und auf angemessene Weise mit den finanziellen Ressourcen umzugehen, mit dem Ergebnis, dass der öffentliche Sektor heute instabil und geschwächt ist und die Aufgabe, die Menschen im Irak mit Dienstleistungen zu versorgen, nicht vollständig als vorrangiges Wesensmerkmal verinnerlicht hat,
F. in der Erwägung, dass die Nachbarländer sich nicht in die inneren Angelegenheiten des Irak einmischen dürfen und dessen Unabhängigkeit, Souveränität und territoriale Integrität sowie den Wunsch der irakischen Bevölkerung, das verfassungsrechtliche und politische System mit eigener Anstrengung aufzubauen, achten müssen,
G. in der Erwägung, dass dieser Konflikt bisher 2,4 Millionen Menschen im Irak zu Binnenvertriebenen gemacht hat und dass 2,28 Millionen in die Nachbarländer geflüchtet sind, vor allem nach Syrien und Jordanien,
H. in der Erwägung, dass die Kurdenregion eine Region im Irak ist, in der ein gewisses Maß an Frieden und Stabilität gewährleistet ist und die internationale Entwicklungszusammenarbeit und Privatinvestitionen zunehmen,
I. in der Erwägung, dass die Europäische Union als globaler Akteur ihre Verantwortung für den Aufbau eines neuen, demokratischen Irak übernehmen sollte und dass die Politik der Europäischen Union gegenüber dem Irak in dem größeren Rahmen der strategischen Partnerschaft der Europäischen Union mit dem Mittelmeerraum und den Nahen Osten betrachtet werden sollte,
J. in der Erwägung, dass die Europäische Union in ihrer Unterstützung des Irak bei seinem Fortschritt in dem Bestreben, ein demokratischer Bundesstaat zu werden, strategischer vorgehen muss; in der Erwägung, dass nach Auffassung der Europäischen Union als grundlegende Voraussetzungen für eine tragende Rolle der Europäischen Union im Irak eine belastungsfähige Partnerschaft mit dem Volk des Irak, ein ständiger Einsatz der irakischen Regierung für Sicherheit, Versöhnung, Bereitschaft zur Zusammenarbeit, Anstrengungen zum Aufbau von Kapazitäten und Demokratie und Anstrengungen zur Bekämpfung von Korruption und zur Gewährleistung von Transparenz und Effizienz vorhanden sein müssen, damit sie wirksame Unterstützung leisten kann; in der Erwägung, dass die größten Herausforderungen beim Wiederaufbau institutioneller und gesellschaftlicher Art sind, vor allem Aufbau von Kapazitäten in Institutionen und Verwaltung und Konsolidierung der Rechtsstaatlichkeit, der Strafverfolgung und der Achtung der Menschenrechte,
K. in der Erwägung, dass die Europäische Union erkannt hat, dass sie ihre Maßnahmen auf einer Mehrjahresbasis planen muss, die über die derzeitige jährliche Planung auf der Grundlage von Sondermaßnahmen hinausgeht, wenn sie die Effizienz ihrer Hilfe verbessern will,
L. in der Erwägung, dass die Europäische Union die Verwendung ihrer Ressourcen den spezifischen internen, regionalen und humanitären Herausforderungen anpassen muss, denen der Irak gegenübersteht; in der Erwägung, dass Effizienz, Transparenz und Sichtbarkeit wesentliche Voraussetzungen für ein stärkeres Engagement der Europäischen Union im Irak sind,
M. in der Erwägung, dass die Lage im Irak sich, gemessen daran, dass dieses Land in den 1970er Jahren zu den Ländern mit Durchschnittseinkommen zählte, verschlechtert hat, und die Europäische Union den Einsatz ihrer Ressourcen den besonderen Umständen entsprechend anpassen muss,
N. in der Erwägung, dass die Kommission seit Dezember 2005 eine kleine Delegation in Bagdad unterhält, deren operative Abteilung ihren Sitz in Amman hat, und es ihr infolge militärischer Vorkehrungen sowie aufgrund der Sicherheitslage sehr schwer fällt in bestimmten Gebieten tätig zu werden, besonders in Bagdad selbst,
O. in der Erwägung, dass die Kommission seit 2003 über 800 Mio. Euro zur Unterstützung des Irak bereitgestellt hat (vorwiegend über den Internationalen Wiederaufbaufonds für den Irak (IRFFI)), sowie in der Erwägung, dass die EU seit 2005 über ihre im Rahmen der ESVP geschaffenen EUJUST-LEX-Mission unmittelbar an der Verbesserung der Rechtsstaatlichkeit beteiligt war; in der Erwägung, dass das Mandat von EUJUST LEX ein letztes Mal verlängert wurde,
P. in der Erwägung, dass die irakische Regierung zusammen mit der Weltbank und den Vereinten Nationen im Mai 2007 den "International Compact" mit dem Irak vereinbart hat der sich als Vision der irakischen Regierung für die nächsten fünf Jahre und als Hauptbezugspunkt für das Engagement der internationalen Gemeinschaft im Irak versteht mit der vollen Unterstützung der Europäischen Union als einer der Hauptsponsoren,
Q. in der Erwägung, dass die vorgenannte Resolution 1770 (2007) des UN-Sicherheitsrats das Mandat der Mission der Vereinten Nationen im Irak erheblich erweitert hat,
R. in der Erwägung, dass die Jahre des Baath-Regimes und der jahrzehntelange Krieg eine Gesellschaft hinterlassen haben, die traumatisiert ist durch Krieg, Repression, ethnische Säuberungen (auch durch den Einsatz chemischer Waffen, wie in Halabja), und die Tatsache, dass die Welt diese Verbrechen kaum zur Kenntnis genommen hat; in der Erwägung, dass die internationale Gemeinschaft und besonders die Staaten, die die Intervention unterstützt haben, eine rechtliche und moralische Verpflichtung zur und ein Sicherheitsinteresse an der Unterstützung der Bevölkerung des Irak haben und dass die Europäische Union gemeinsam mit anderen internationalen Geldgebern ihrer Verantwortung nachkommen muss, indem sie alle ihr zur Verfügung stehenden Instrumente rasch und produktiv einsetzt,
S. in der Erwägung, dass das Europäische Parlament fest entschlossen ist, seine Beziehungen zum irakischen Repräsentantenrat auszubauen, auch über offizielle Kanäle,
- 1. richtet folgende Empfehlungen an den Rat:
- a) gemeinsam mit der Kommission eine neue Strategie zu entwickeln, die den Beitrag der Europäischen Union zur Unterstützung der Bemühungen der Vereinten Nationen zum Aufbau eines sicheren, stabilen, geeinigten, wirtschaftlich starken, föderalen und demokratischen Irak erhöht, der die Menschenrechte achtet, seine Minderheiten schützt und Toleranz zwischen den Volksgruppen fördert und so den Weg für Stabilität und Sicherheit in der Region ebnet und der Resolution 1770 (2007) des UN-Sicherheitsrats nachzukommen, durch die die Rolle der VN im Irak erheblich gestärkt wird;
- b) die Unterstützung der Europäischen Union für eine demokratische Staatsführung vor allem auf folgende drei Ziele zu lenken: Verbesserung der Koordinierung zwischen der Regierung und dem Repräsentantenrat, um Blockaden im legislativen Prozess auf ein Mindestmaß zu reduzieren; Stärkung der Wahlverfahren auf lokaler Ebene, um zu gewährleisten, dass in den Provinzräten alle Bevölkerungsgruppen uneingeschränkt vertreten sind; Stärkung der lokalen Demokratie mit konsultativen Mechanismen, um die Menschen vor Ort regelmäßig und häufig an der Beschlussfassung zu beteiligen;
- c) den Schwerpunkt der Hilfe der Europäischen Union im Irak generell auf wichtige technische Unterstützung und den Aufbau von Kapazitäten in den Bereichen Rechtsstaatlichkeit und Justiz, Menschenrechte, verantwortungsvolle Staatsführung, Finanz- und Haushaltsverwaltung, Gleichstellung der Geschlechter, Gesundheit und Bildung sowie auf die Stärkung der föderalen, regionalen und lokalen Regierungs- und Verwaltungsinstitutionen zu legen;
- d) die Kommission nachdrücklich aufzufordern, die Transparenz und Effizienz der EU-Hilfe für den Irak zu gewährleisten, indem
- - sie auf die Besorgnisse eingeht, die schon 2005 in der Stellungnahme des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten des Europäischen Parlaments zum Entwurf des Gesamthaushaltsplans für 2006 geäußert wurden, indem sie vollständige regelmäßige und transparente Informationen über die tatsächliche Auszahlung und Umsetzung der EU-Hilfe vorlegt, insbesondere über die im Rahmen des IRFFI bereitgestellten Mittel;
- - sie direkt vor Ort tätig wird, sofern die Sicherheitslage dies zulässt, besonders im Marschland im Süden des Landes, dessen Bevölkerung besonders vernachlässigt wird, und in der Kurdenregion;
- - sie die Agenturen der Vereinten Nationen und andere internationale Organisationen auffordert, es ihr gleich zu tun;
- - sie die uneingeschränkte Unterstützung der lokalen Akteure, einschließlich der Zivilgesellschaft und der Regierungsbehörden, bei der Gestaltung, der Durchführung und der Nachhaltigkeit der Vorhaben und Programme gewährleistet;
- - sichergestellt wird, dass von der Europäischen Union finanzierte Vorhaben sich nicht mit der Arbeit anderer internationaler Geldgeber überschneiden, sondern diese ergänzen;
- - der Anteil der EU-Hilfe für die Finanzierung bilateraler technischer Unterstützung und des Aufbaus von Kapazitäten erhöht und die direkte Gemeinschaftskontrolle der Finanzierung verbessert wird;
- - der Schwerpunkt der EU-Hilfe auf bilaterale Vorhaben verlegt wird, die sich auf technische Hilfe und den Aufbau von Kapazitäten in den Bereichen Rechtsstaatlichkeit, Finanzverwaltung, demokratische Staatsführung und Menschenrechte konzentrieren;
- - sichergestellt wird, dass umfangreiche Mittel der Europäischen Union in die Verbesserung der Verwaltung der öffentlichen Finanzen und der Haushaltskontrolle fließen, damit die irakische Regierung besser in der Lage ist die substanziellen öffentlichen Mittel, die ihr jetzt in wachsendem Umfang zur Verfügung stehen, auszuzahlen;
- - sie ihre Erfahrung mit der Bereitstellung von Hilfsprogrammen an ihre ENP-Partner nutzt um ein effizienteres Engagement im Irak zu gewährleisten;
- e) zu prüfen, ob die Kommission ein mehrjähriges Länderstrategie-Papier für den Irak ausarbeiten kann;
- f) die Erneuerung der bilateralen politischen, diplomatischen, kulturellen und wirtschaftlichen Beziehungen und des diesbezüglichen Austauschs zwischen den Mitgliedstaaten und dem Irak anzuregen;
- g) folgende Elemente in eine neue Strategie für ein proaktives Engagement der Europäischen Union und ihrer Mitgliedstaaten im Irak aufzunehmen, die in dem Maße, in dem es die Umstände und insbesondere die Sicherheitslage erlauben und in enger Absprache mit den irakischen Behörden und anderen Partnern, wie den UN-Agenturen und den Nichtregierungsorganisationen (NRO), umgesetzt wird:
- - Vergrößerung der Delegation der Kommission in Bagdad und Erweiterung ihrer Zuständigkeiten und Ressourcen, Erwerb eigener neuer Räumlichkeiten, wobei sicherzustellen ist, dass die Mitarbeiter in Sicherheit leben und arbeiten können die nicht in Bagdad vertretenen EU-Mitgliedstaaten sollten ermutigt werden ins Land zurückzukehren und die Einrichtungen der Kommission und die damit verbundenen Sicherheitskosten zu teilen;
- - die Sichtbarkeit der Europäischen Union bzw. der Kommission in Erbil, Nasiriyah, Basra und anderen Gegenden des Irak, wo die Sicherheitslage dies erlaubt sollte gewährleistet werden;
- - Verstärkung der Unterstützung für Rechtsstaatlichkeit und Justiz, indem besonders Justizorganen und NRO in folgenden Bereichen weiterhin prioritär Unterstützung gewährt wird: Unterstützung des Instituts für juristische Ausbildung, Hilfe beim Aufbau von Ämtern zur Ermittlung bei Schwerverbrechen, Unterstützung des Obersten Justizrates, Hilfe beim Aufbau eines Pilotgerichts in Basra, Unterstützung der irakischen Anwaltsvereinigung und Hilfe beim Aufbau von Zentren für Rechtshilfe;
- - aufbauend auf den positiven Erfahrungen mit EUJUST LEX Vorbereitung der Nachfolgemaßnahmen der Mission auf der Grundlage der gewonnenen Erfahrungen und einer eingehenden externen Evaluierung der Auswirkungen der Mission auch innerhalb des Irak mit Blick auf eine weitere Stärkung des Polizei- und Strafrechtssystems im Irak mit Hilfe der ESVP und von Gemeinschaftsinstrumenten;
- - Unterstützung der Reform der öffentlichen Systeme für Finanzverwaltung und Rechnungsprüfung;
- - Fortsetzung der technischen Hilfe zur Durchführung freier und fairer Wahlen;
- - Unterstützung des Prozesses der Wiederversöhnung, besonders im Zusammenhang mit Kirkuk und anderen intern umkämpften Gebieten, einschließlich der assyrischen Gebiete, die als Niniveh-Ebene bekannt sind, mit ihren christlichen Minderheiten; Unterstützung der UN-Initiativen zur Förderung des Dialogs auf regionaler Ebene, besonders, indem Mittel und Wege zur Verbesserung der operationellen Kapazität einschließlich des Lufttransports gefunden werden;
- - Nutzung des spezifischen Charakters des Stabilitätsinstruments6 zur Bereitstellung substanzieller Hilfe als entscheidenden Beitrag zur Entwicklung in einer Situation der Krise oder entstehenden Krise, wie sie im Irak herrscht; Unterstützung des Aufbaus demokratischer, nicht sektiererischer, pluralistischer föderaler, regionaler und lokaler Institutionen, unter besonderer Beachtung des Repräsentantenrates und seiner Fähigkeit zur Steuerung des Legislativprozesses, Kontrolle der Exekutive und Gewährleistung einer stärkeren Rolle der Frauen in der irakischen Gesellschaft; Förderung der Achtung von Menschenrechten und Grundfreiheiten, von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit, unter besonderer Betonung der Rechte von Frauen, Minderheiten und Kindern; Unterstützung von Maßnahmen zur Stärkung der Entwicklung und Organisation der Zivilgesellschaft und ihrer Mitwirkung im politischen Prozess sowie zur Förderung unabhängiger, pluralistischer und professionell arbeitender Medien; Unterstützung von Minenräumaktionen; Beratung und Unterstützung der Kurdenregion und ihrer Regierung bei den Bemühungen zur Bekämpfung des Drogenhandels;
- - Konzentration der Mittel, die dem Irak im Rahmen des Instruments für Entwicklungszusammenarbeit (DCI)7 zugute kommen, auf die Millenniums-Entwicklungsziele, um als Angelegenheit höchster Priorität den allgemeinen Zugang zu lebenswichtigen öffentlichen Gesundheitsversorgungsdiensten zu sichern für die dringend Einrichtungen und Kapazitäten zwecks Behebung des akuten strukturellen Defizits aufgebaut werden müssen, um prioritäre Maßnahmen zur Verhinderung einer weiteren Verschlechterung des Bildungssystems zu ergreifen, einschließlich praktischer Maßnahmen zu dem Zweck, sicherzustellen, dass Mädchen die uneingeschränkte Möglichkeit der Teilnahme am Unterricht auf allen Bildungsebenen haben, und um die Bemühungen zur Revitalisierung des ökologischen und sozialen Systems der Marschgebiete und zum Schutz des einmaligen Kulturerbes der Marsch-Araber zu unterstützen; Einsatz des DCI, um zur Unterstützung irakischer Initiativen zur Ermittlung und Behebung von Umweltschäden und der Auswirkungen des Klimawandels technisches Fachwissen zur Verfügung zu stellen und Kapazitäten aufzubauen;
- - Ermutigung europäischer NRO, mit entsprechenden Organisationen im Irak - die besonders in der Kurdenregion bereits sehr aktiv sind - zusammenzuarbeiten und umfassender Einsatz des Europäischen Instruments für Demokratie und Menschenrechte8 zur Bereitstellung technischer und finanzieller Hilfe für Organisationen der Zivilgesellschaft, um zur Lösung folgender Probleme beizutragen: gleichberechtigte Teilnahme von Frauen und Männern am politischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Leben; Gewalt gegen Frauen, besonders Zwangsheiraten, "Ehrenverbrechen", Frauenhandel und genitale Verstümmelung; Rechte der autochthonen Bevölkerungsgruppen und der Angehörigen von Minderheiten und ethnischen Gruppen wie den Assyrern (Chaldäer, Syrer und andere christliche Gemeinschaften), Jesiden und Turkmenen; Rechte des Kindes, besonders im Zusammenhang mit der Bekämpfung von Kinderarbeit, Kinderprostitution und Kinderhandel; Bekämpfung von willkürlicher Verhaftung und Folter und Abschaffung der Todesstrafe;
- - Ermutigung und Unterstützung der irakischen Regierung, als äußerst vordringliche Maßnahme Gesetze zu erlassen, mit denen finanzielle Unterstützung für mehr als eine Million Not leidender, auf sich gestellter Frauen und ihre Angehörigen bereitgestellt werden kann;
- - Erhöhung der Mittelausstattung des Erasmus-Mundus-Programms für den Irak; Unterstützung laufender und neuer Aktivitäten zur Schaffung von Netzwerken zwischen irakischen und ausländischen akademischen Einrichtungen und Organisationen, einzelnen Wissenschaftlern, Intellektuellen und Studentenorganisationen, um das akademische Umfeld wiederzubeleben;
- - Stärkung der Kapazität der irakischen Behörden zur Durchführung wirksamer Grenzkontrollen, die unter anderem den Zustrom von Waffen ins Land eindämmen sollen; Beitrag zur Unterbindung des Transfers von Kleinwaffen und leichten Waffen in den Irak, indem insbesondere der EU-Verhaltenskodex für Waffenexporte rechtsverbindlich wird, die Kontrolle von Waffenlagern in Bosnien-Herzegowina durch EUFOR-Althea verbessert und die Zerstörung von Lagerbeständen in den Balkanländern beschleunigt wird und indem die irakischen Behörden dabei unterstützt werden, den Überschuss an Kleinwaffen und leichten Waffen mit Hilfe eines umfassenden Programms für Entwaffnung, Demobilisierung und Reintegration mit Unterstützung der ESVP und einschlägiger Gemeinschaftsinstrumente abzubauen;
- - Fortsetzung der begrüßenswerten und produktiven Verhandlungen über das neue Handels- und Kooperationsabkommen EU-Irak unter Betonung der Bedeutung der Achtung der Menschenrechte als eines wesentlichen und für die vertraglichen Beziehungen der Europäischen Union zu jedem Drittland bestimmenden Elements, auch im Zusammenhang mit der Bekämpfung des Terrorismus;
- - Bereitstellung administrativer und technischer Unterstützung und Förderung des Aufbaus von Kapazitäten vor Ort, um die irakische Regierung bei der Durchführung ihres kürzlich gestarteten Programms für Mikrokredite zu unterstützen und bewährte Verfahren und Erfahrungen auszutauschen im Zusammenhang mit dem positiven Beitrag, den Mikrokredite zum Existenzaufbau und zur Existenzsicherung der Frauen, besonders der über eine Million Not leidenden Witwen, in ihren Gemeinden leisten können;
- - die Kommission nachdrücklich aufzufordern, die Not der irakischen Flüchtlinge in Jordanien, Syrien und anderen Ländern der Region, die von der irakischen Flüchtlingskrise betroffen sind, zu mildern, und die Transparenz und Wirksamkeit der EU-Hilfe zugunsten der irakischen Flüchtlinge in diesen Ländern zu verbessern;
- - Verstärkung des Beitrags der Europäischen Union - namentlich durch das Amt für humanitäre Hilfe der Europäischen Gemeinschaft (ECHO) - zur Unterstützung der NRO und internationalen Organisationen bei ihren Bemühungen, die Not der irakischen Flüchtlinge in den Nachbarländern und der irakischen Binnenvertriebenen zu lindern; nachdrückliche Aufforderung an die irakischen Behörden, ihrer Verantwortung gerecht zu werden und finanzielle und anderweitige Unterstützung zur Reintegration von Flüchtlingen und Binnenvertriebenen bereitzustellen;
- - Verbesserung der Möglichkeiten für irakische Flüchtlinge, in Mitgliedstaaten der Europäischen Union Zuflucht zu finden, durch Wiederansiedlungsprogramme, die mit dem UNHCR vereinbart wurden (25 000 Fälle) oder durch individuelle Asylanträge, Abschaffung der derzeitigen willkürlichen Kriterien für die Gewährung von Schutz und Verhinderung von Zwangsausweisungen in irgend einen Teil des Irak; Sofortmaßnahmen zur Linderung der Not der palästinensischen Flüchtlinge, die in der Grenzregion zwischen Irak und Syrien gestrandet sind;
- - Forderung an die irakische Regierung und die internationalen Behörden, Antiquitäten, die nach der Intervention im Jahr 2003 aus dem irakischen Nationalmuseum in Bagdad und Einrichtungen in anderen Teilen des Irak entnommen wurden, wieder zurück zu bringen, um die irakische Geschichte und Kultur für künftige Generationen zu erhalten;
- h) auf der wertvollen Erfahrung aufzubauen, die die Europäische Union und ihre Mitgliedstaaten aus erfolgreichen Operationen der Teams zum Wiederaufbau der Provinzen (Provincial Reconstruction Teams - PRT) in Afghanistan gewonnen haben und eine Beteiligung an den PRT-Anstrengungen im Irak in Erwägung zu ziehen insbesondere bei der Bereitstellung grundlegender Dienste und Infrastrukturen;
- i) Ermutigung europäischer Firmen, in den Wiederaufbau des Irak zu investieren, im Rahmen von Ausschreibungen, die sowohl von den Regierungen der Mitgliedstaaten als auch von der irakischen Regierung finanziert werden und/oder auf der Grundlage einer engen Zusammenarbeit zwischen ihnen;
- j) die europäischen Firmen zu ermuntern und sie dabei zu unterstützen, sich um Verträge zu bewerben, um den Irak wiederaufzubauen, vor Ort präsent zu sein und sich frühere Erfahrungen im Irak vor dem Krieg und in der Zeit des Wiederaufbaus zunutze zu machen;
- k) den Beobachterstatus des Irak in der Welthandelsorganisation (WTO) zu begrüßen da dies ein wichtiger Schritt für die Wiedereingliederung des Irak in die Weltwirtschaft ist, der dazu beiträgt, dass die Verhandlungen zwischen der Europäischen Union und dem Irak über ein Handels- und Kooperationsabkommen erfolgreich abgeschlossen werden; es zu begrüßen, dass der Irak zu gegebener Zeit der WTO uneingeschränkt beitreten wird;
- l) über ein Handels- und Kooperationsabkommen zwischen der Europäischen Union und dem Irak so zu verhandeln, dass dadurch interne Reformen im Irak erleichtert und gefördert und die irakischen Regelungen für den Handel an die Vorschriften und Sanktionen multilateraler Handelssysteme angenähert werden; das Europäische Parlament regelmäßig über den Stand der Verhandlungen zwischen der Europäischen Union und dem Irak über das Handels- und Kooperationsabkommen zu unterrichten;
- m) die irakische Regierung zu ermutigen, die Erlöse aus dem Erdölverkauf so einzusetzen dass sie wieder im Irak investiert und von öffentlichen Beschaffungsstellen, bei denen die irakische Regierung die letztendliche Entscheidungsgewalt innehat, verwaltet werden; vorzuschlagen, dass diese Strategie für die Europäische Union eine wesentliche Voraussetzungen für die Unterstützung des Wiederaufbaus und der Entwicklung der irakischen Wirtschaft sein sollte;
- n) die multinationale Truppe im Irak (MNF-I) aufzufordern, Gespräche mit der irakischen Regierung aufzunehmen und über die Situation der mehr als 24 000 Gefangenen, die sich im Gewahrsam der MNF-I befinden, Rechenschaft abzulegen damit die Einhaltung fairer Gerichtsverfahren und die Achtung der grundlegenden Menschenrechte dieser Gefangenen gewährleistet ist;
- o) in einen Dialog mit den USA einzutreten und sich aktiv um eine Stärkung des multilateralen Charakters der Rolle der internationalen Gemeinschaft im Land unter der Schirmherrschaft der UN zu bemühen; den Irak bei seinen Bemühungen zu unterstützen, mehr und eingehendere Gespräche mit seinen Nachbarn, insbesondere Iran, Syrien, Saudi-Arabien und der Türkei, über die Zukunft des Irak, aber auch über jedes andere Thema oder Anliegen zu führen; die Türkei aufzufordern die territoriale Integrität des Irak zu achten und terroristische Akte nicht mit Militäraktionen auf irakischem Gebiet zu beantworten; die irakischen Behörden aufzufordern, es nicht zuzulassen, dass irakisches Hoheitsgebiet als Ausgangsbasis für gegen die Türkei verübte Terrorakte genutzt wird;
- p) Auskunft darüber zu geben, welche privaten Militär- und Sicherheitsfirmen für die Sicherheit der EU-Bediensteten im Irak sorgen; ein Konzept für den Einsatz der privaten Militär- und Sicherheitsfirmen bei ESVP-Operationen auszuarbeiten und klare Leitlinien für die Inanspruchnahme privater Militär- und Sicherheitsfirmen durch die EU-Institutionen festzulegen;
- 2. betont, dass das Parlament den Grundsätzen und den Verfahren der parlamentarischen Demokratie verpflichtet ist; erinnert deshalb an seine Initiative, im Rahmen des Haushalts 2008 zur Unterstützung des Aufbaus der Demokratie mit Parlamenten in Drittländern beizutragen und den irakischen Repräsentantenrat aktiv zu unterstützen, indem es seine Hilfe für den Aufbau von Kapazitäten anbietet, sowie an seine Tätigkeit im Rahmen seiner Adhoc-Delegation für den Irak zur Förderung bilateraler Beziehungen; beschließt in diesem Sinne, die weitere Entwicklung des irakischen Repräsentantenrates durch folgende Maßnahmen zu unterstützen:
- a) Entwicklung von Initiativen, damit die gewählten Vertreter des Irak besser in der Lage sind, ihre verfassungsrechtliche Rolle in der Gesellschaft durch beispielhafte parlamentarische Methoden, gute Beziehungen zur Exekutive und gute Arbeit in den Wahlkreisen zu erfüllen;
- b) Förderung des Transfers von Erfahrung in den Bereichen effiziente Verwaltung, Ausbildung von Mitarbeitern, Entwicklung einer voll funktionsfähigen Ausschussstruktur, umfassende Regeln für Verfahren sowie institutionelle Transparenz und Rechenschaftspflicht;
- c) Bereitstellung von Fachwissen bei der Ausarbeitung von Gesetzen, die für die wirksame Umsetzung einer bundesstaatlichen Struktur notwendig sind;
- 3. beauftragt seinen Präsidenten, diese Empfehlung dem Rat und, zur Information, der Kommission sowie den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten und der Regierung und dem Repräsentantenrat der Republik Irak zu übermitteln.
- 1 Angenommene Texte, P6_TA(2007)0481.
- 2 Angenommene Texte, P6_TA(2007)0357.
- 3 ABl. L 62 vom 9.3.2005, S. 37.
- 4 ABl. C 298 E vom 8.12.2006, S. 287.
- 5 ABl. C 298 E vom 8.12.2006, S. 171.
- 6 Siehe Verordnung (EG) Nr. 1717/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. November 2006 zur Schaffung eines Instruments für Stabilität (ABl. L 327 vom 24.11.2006, S. 1).
- 7 Siehe Verordnung (EG) Nr. 1905/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Dezember 2006 zur Schaffung eines Finanzierungsinstruments für die Entwicklungszusammenarbeit (ABl. L 378 vom 27. 12. 2006, S. 41).
- 8 Siehe Verordnung (EG) Nr. 1889/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Dezember 2006 zur Einführung eines Finanzierungsinstruments für die weltweite Förderung der Demokratie und der Menschenrechte (ABl. L 386 vom 29. 12. 2006, S. 1).