897. Sitzung des Bundesrates am 15. Juni 2012
A
- 1. Der Ausschuss für Innere Angelegenheiten und der Ausschuss für Verteidigung empfehlen dem Bundesrat, den Gesetzentwurf gemäß Artikel 76 Absatz 1 des Grundgesetzes nach Maßgabe folgender Änderungen beim Deutschen Bundestag einzubringen:
Zum Vorblatt, Abschnitt "A. Problem", letzter Absatz, Zur Allgemeinen Begründung, Absatz 2
- a) Im Vorblatt, Abschnitt "A. Problem" ist der letzte Absatz wie folgt zu fassen:
"Diese rein wirtschaftliche Sichtweise würde jedoch bei werthaltigen Liegenschaften regelmäßig dazu führen, dass die Standortkommune aufgrund der aktuellen Situation der kommunalen Haushalte regelmäßig nicht in der Lage wäre, die Grundstücke zu Marktkonditionen zu erwerben. Bei ertragsschwachen Konversionsfällen ist möglicherweise überhaupt kein positiver wirtschaftlicher Erfolg zu erzielen. Eine im Sinne der nachhaltigen Regionalentwicklung umgesetzte Konversion darf sich bei der Verwaltung und Verwertung der Liegenschaften daher nicht ausschließlich an kaufmännischen Grundsätzen orientieren. Vielmehr muss jede von der Konversion betroffene Kommune als Verwalter der örtlichen Belange unmittelbar in die Lage versetzt werden, die Entwicklung "ihrer" Bundeswehrliegenschaften eigenverantwortlich zu gestalten. Denn die Kommunen als Träger des kommunalen Selbstverwaltungsrechts wissen selbst am besten, was auf ihrem Gemeindegebiet möglich und wünschenswert ist. Deshalb sind die rechtlichen Voraussetzungen zu schaffen, die es der BImA ermöglichen, die betreffenden Liegenschaften zu günstigeren Konditionen an die Kommune abzugeben. Sollte die Kommune aufgrund ihrer Haushaltslage auch hierzu nicht in der Lage sein oder ist aufgrund der Besonderheit des Grundstücks eine wirtschaftliche positive Konversionslösung nicht möglich, ist der Bund als Hauptverantwortlicher des von ihm initiierten Konversionsprozesses in der Pflicht, den Kommunen mit einem ergänzenden Bundeskonversionsprogramm individuell zu helfen. Daneben darf eine im Sinne der nachhaltigen Regionalentwicklung umgesetzte Konversion nicht ausschließlich auf die wichtige Option der wirtschaftlichen Ansiedlung verengt sein; vielmehr muss die zivile Nachnutzung - insbesondere außerhalb der bebauten Ortslagen - zur Schaffung oder Ergänzung von Bereichen für den Landschafts- und Naturschutz, für die regenerative Energiegewinnung oder für Ausgleichsmaßnahmen möglich sein."
- b) In der Begründung, Abschnitt "I Allgemeines " ist Absatz 2 wie folgt zu fassen:
"Die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA) als zuständige Bundesbehörde für die Verwertung der vom Bund nicht mehr benötigten Bundesliegenschaften hat das gesetzlich auferlegte Ziel, nicht betriebsnotwendiges Vermögen wirtschaftlich zu veräußern. Der Schlüssel für eine gelungene Konversion liegt nach den Erfahrungen aus den vergangenen Strukturreformen jedoch in der Möglichkeit der öffentlichen Hand, Konversionsgrundstücke zu verbilligten Konditionen zu erwerben. Denn insbesondere die Standortkommunen, die an einer eigenverantwortlichen Entwicklung der auf ihrem Gemeinde-/Stadtgebiet liegenden Konversionsflächen interessiert sind, sehen sich aufgrund der aktuellen Situation der kommunalen Haushalte regelmäßig nicht dazu in der Lage, die Grundstücke zu Marktkonditionen zu erwerben. Deshalb haben sowohl die Regierungschefs der Länder am 15. Dezember 2011 als auch der Bundesrat am 30. März 2012 die Einführung einer Öffnungsklausel im Gesetz über die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImAG) gefordert, mit der die Berücksichtigung strukturpolitischer Ziele des Bundes, der Länder und der Kommunen bei der Verwertung von Liegenschaften ermöglicht wird. Neben dieser Öffnungsklausel müssen gleichzeitig die notwendigen haushaltsrechtlichen Voraussetzungen für eine verbilligte Abgabe von Konversionsgrundstücken rechtzeitig vor Räumung der Bundeswehrliegenschaften geschaffen werden (Haushaltsvermerk)."
- a) Im Vorblatt, Abschnitt "A. Problem" ist der letzte Absatz wie folgt zu fassen:
Begründung (nur gegenüber dem Plenum):
Viele Kommunen sind an einer eigenverantwortlichen Entwicklung der auf ihrem Gemeinde-/Stadtgebiet liegenden Konversionsflächen interessiert, weisen jedoch darauf hin, dass ein Erwerb der Liegenschaften zu Marktkonditionen aufgrund der aktuellen Situation der kommunalen Haushalte nicht möglich ist. Deshalb liegt - ähnlich wie in den 1990er-Jahren mit den Verbilligungsgrundsätzen praktiziert - der Schlüssel für eine gelungene Konversion in der Möglichkeit, dass die öffentliche Hand, insbesondere der Kommunen, Konversionsgrundstücke zu verbilligten Konditionen erwerben.
Die mit dem Gesetzesantrag verfolgte Öffnungsklausel soll der BImA unter dem Vorbehalt der Haushaltsvermerke die Möglichkeit geben, neben wirtschaftlichen Aspekten gleichrangig die strukturpolitischen Ziele des Bundes, der Länder und der Kommunen bei der Verwaltung und der Verwertung der Grundstücke zu berücksichtigen und damit auch Verbilligungen bei der Abgabe der Grundstücke an die öffentliche Hand umzusetzen.
Mit dieser Öffnungsklausel sollte allerdings - anders als im Antrag des Landes Nordrhein-Westfalen - nicht das Ziel verfolgt werden, dass mit den Erträgen aus Konversionslösungen in starken regionalen Märkten strukturschwache Konversionslösungen im Sinne eines Finanzierungskreislaufs unterstützt werden (Fondslösung).
Jede betroffene Kommune soll unabhängig von dem möglicherweise zu erzielenden wirtschaftlichen Ertrag die Möglichkeit erhalten, Grundstücke zu günstigeren Konditionen zu erwerben, um sie eigenverantwortlich zu entwickeln. Die Fondslösung schränkt in starken Regionalmärkten den Gestaltungsspielraum derjenigen Kommunen, die die Konversionsgrundstücke nur zum "vollen" Wert erwerben können, erheblich ein, während es Kommunen in schwachen Regionalmärkten zu "Antragstellern" macht, die gegenüber der BImA um begrenzte Fondsmittel konkurrieren.
B
- 2. Der federführende Finanzausschuss, der Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit sowie der Ausschuss für Städtebau, Wohnungswesen und Raumordnung empfehlen dem Bundesrat, den Gesetzentwurf gemäß Artikel 76 Absatz 1 des Grundgesetzes beim Deutschen Bundestag einzubringen.
C
- 3. Der Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit empfiehlt dem Bundesrat ferner, folgende Entschließung zu fassen:
Der Bund trägt bei der Bewältigung der Konversionsfolgen eine regionalpolitische Verantwortung.
Ein tragfähiges Konzept, welches zum einen Lösungen für die Bewältigung der Konversionslasten bietet und zum anderen den Erhalt ökologischer Werte nachhaltig absichert, liegt bislang jedoch nicht vor.
Der Bundesrat bittet die Bundesregierung, eine konsensorientierte Diskussion über mögliche Nachnutzungskonzepte auch für naturschutzfachlich wertvolle nicht mehr militärisch genutzte Liegenschaften in Abstimmung mit den Kommunen und Gebietskörperschaften sicherzustellen, um die freiwerdenden ökologisch besonders wertvollen Flächen zu schützen und zu erhalten. Dabei sind insbesondere auch Übertragungsmöglichkeiten an die Länder, Kommunen und Gebietskörperschaften anzustreben, beispielsweise im Sinne einer Weiterführung des erfolgreichen Projektes "Nationales Naturerbe".
Insbesondere betroffene Truppenübungsplätze stellen oftmals ökologisch besonders wertvolle Gebiete dar. Die Erhaltung dieser großen zusammenhängenden Flächen bietet große Potenziale für den Natur-, Arten-, Boden- und Gewässerschutz sowie für den Tourismus und die damit im Zusammenhang stehende nachhaltige Regionalentwicklung.