Gesetzentwurf des Bundesrates
Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben

A. Problem

Nach dem am 26. Oktober 2011 von der Bundesregierung verkündeten Stationierungskonzept der Bundeswehr werden mehr als 120 der bundesweit 400 Standorte geschlossen oder drastisch verkleinert. 31 Standorte werden komplett geschlossen, davon sechs große mit mehr als 1 000 Dienstposten. 90 Standorte werden drastisch verkleinert, das heißt um mehr als 50 Prozent oder mehr als 500 Dienstposten. 33 davon schrumpfen so stark, dass sie künftig mit weniger als 15 Soldaten oder Zivilisten ausgestattet sind und gar nicht mehr als Standorte geführt werden.

Der Bund muss seiner besonderen strukturpolitischen Verantwortung bei dem von ihm initiierten Konversionsprozess gerecht werden. Der diesbezügliche Verweis des Bundes auf die bestehenden Förderprogramme reicht bei weitem nicht aus, um zu einer angemessenen Flankierung der mit dem Stationierungskonzept der Bundeswehr verbundenen Auswirkungen beizutragen. Hinzu kommt, dass einige Bundesländer zudem einen bereits vollzogenen oder angekündigten Abzug der Alliierten Streitkräfte zu bewältigen haben. Insbesondere die strukturschwachen Regionen der Bundesrepublik werden bei der Bewältigung und Gestaltung der Konversionsprozesse vor schwierige Aufgaben gestellt.

Zur Flankierung der mit dem Stationierungskonzept verbundenen Auswirkungen hat die Konferenz der Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder bereits am 9. Juni 2011 die Bundesregierung gebeten, für aufgegebene Bundeswehrstandorte - insbesondere in strukturschwachen Regionen - Konversionsmaßnahmen des Bundes zu veranlassen und ein Konversionsprogramm aufzulegen. Zudem wurde der Bund gebeten, zur Erleichterung des Strukturwandels eine verbilligte

Abgabe der zu Verteidigungszwecken nicht mehr benötigten Liegenschaften an die jeweiligen Kommunen zu ermöglichen und sich an der Sanierung etwaiger Altlasten zu beteiligen. Diese Forderung wurde in der Jahreskonferenz der Regierungschefinnen und Regierungschefs vom 26. bis 28. Oktober 2011 bekräftigt.

Die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA) ist die zuständige Bundesbehörde für die Verwertung der vom Bund nicht mehr benötigten Bundesliegenschaften. Nach geltender Rechtslage hat sie sich bei der Verwaltung und Verwertung der Liegenschaften an kaufmännischen Grundsätzen zu orientieren und nicht betriebsnotwendiges Vermögen wirtschaftlich zu veräußern.

Eine wichtige Voraussetzung für eine nachhaltig erfolgreiche Entwicklung der Liegenschaften ist jedoch, dass die Vermarktung der Liegenschaften durch die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben nicht ausschließlich betriebswirtschaftlichen oder fiskalischen Parametern folgt. Vielmehr muss die BImA eine den kommunalen und regionalen Zielvorstellungen entsprechende Nachnutzung auch dann ermöglichen können, wenn diese nicht zum "vollen Wert" realisiert werden kann oder ein positiver wirtschaftlicher Ertrag überhaupt nicht zu erzielen ist. Es bedarf daher einer Rechtsgrundlage, welche die Möglichkeit eröffnet, mit den Erträgen aus Konversionsprojekten in starken Regionalmärkten auch ertragsschwache Konversionslösungen zu unterstützen. Eine im Sinne der nachhaltigen Regionalentwicklung umgesetzte Konversion darf nicht ausschließlich auf die wichtige Option der wirtschaftlichen Ansiedlung verengt sein; vielmehr muss die zivile Nachnutzung - insbesondere außerhalb der bebauten Ortslagen - zur Schaffung oder Ergänzung von Bereichen für den Landschafts- und Naturschutz, für die regenerative Energiegewinnung oder für Ausgleichsmaßnahmen möglich sein.

B. Lösung

Die Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder haben deshalb auf ihrer Sitzung am 15. Dezember 2011 in Berlin gefordert, dass § 1 des Gesetzes über die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImAG) durch eine Öffnungsklausel ergänzt wird, die die Berücksichtigung strukturpolitischer Ziele des Bundes, der Länder und der Kommunen ausdrücklich ermöglicht.

Eine solche Öffnungsklausel soll es der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben ermöglichen und sie dazu anhalten, den Verwertungsprozess der Liegenschaften im Rahmen eines ganzheitlichen Ansatzes zwischen wirtschaftlicher Verwertung der Liegenschaften auf der einen und Berücksichtigung strukturpolitischer Ziele des Bundes, der Länder und der Kommunen auf der anderen Seite durchzuführen.

C. Alternativen

Keine.

D. Finanzielle Auswirkungen

Für den Bund entstehen eventuell Mindererlöse.

Für Länder und Gemeinden entstehen unmittelbar keine finanziellen Auswirkungen.

E. Sonstige Kosten

Für Bund, Länder und Gemeinden entstehen keine finanziellen Auswirkungen.

F. Bürokratiekosten

Informationspflichten für Bürger und die Verwaltung werden nicht eingeführt, geändert oder aufgehoben.

Gesetzentwurf des Bundesrates
Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben

A

Der Bundesrat hat in seiner 897. Sitzung am 15. Juni 2012 beschlossen, den als Anlage 1 beigefügten Gesetzentwurf gemäß Artikel 76 Absatz 1 des Grundgesetzes beim Deutschen Bundestag einzubringen.

B

Der Bundesrat hat ferner die aus der Anlage 2 ersichtliche Entschließung gefasst.

Anlage 1
Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben

Der Bundestag hat das folgende Gesetz beschlossen:

Artikel 1
Änderung des Gesetzes über die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben

Das Gesetz über die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben vom 9. Dezember 2004 (BGBl. I S. 3235), zuletzt geändert durch Artikel 15 Absatz 83 des Gesetzes vom 5. Februar 2009 (BGBl. I S. 160), wird wie folgt geändert:

In § 1 Absatz 1 wird nach Satz 5 folgender Satz eingefügt:

"Bei der Verwaltung und Verwertung ehemals militärisch genutzter Liegenschaften hat sie gleichrangig sicherzustellen, dass die strukturpolitischen Ziele des Bundes, der Länder und der Kommunen im Sinne einer nachhaltigen Regionalentwicklung berücksichtigt werden."

Artikel 2
Inkrafttreten

Dieses Gesetz tritt am Tag nach der Verkündung in Kraft.

Begründung:

I. Allgemeines

Nach dem am 26. Oktober 2011 verkündeten Stationierungskonzept der Bundeswehr werden 31 Standorte geschlossen. Darüber hinaus werden 91 Standorte signifikant reduziert, so dass mehr als 120 der bundesweit 400 Standorte geschlossen oder drastisch verkleinert werden. Dies führt für die Kommunen vor Ort zu erheblichen strukturellen Auswirkungen, deren Ausgleich ohne die Hilfe des Bundes nicht möglich ist. Der Bund muss seiner besonderen strukturpolitischen Verantwortung bei dem von ihm initiierten Konversionsprozess gerecht werden. Der diesbezügliche Verweis des Bundes auf die bestehenden Förderprogramme reicht bei weitem nicht aus, um zu einer angemessenen Flankierung der mit dem Stationierungskonzept der Bundeswehr verbundenen Auswirkungen beizutragen. Hinzu kommt, dass einige Bundesländer zudem einen bereits vollzogenen oder angekündigten Abzug der Alliierten Streitkräfte zu bewältigen haben.

Die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA), als zuständige Bundesbehörde für die Verwertung der vom Bund nicht mehr benötigten Bundesliegenschaften, hat das gesetzlich auferlegte Ziel, nicht betriebsnotwendiges Vermögen wirtschaftlich zu veräußern. Eine wichtige Voraussetzung für eine nachhaltig erfolgreiche Entwicklung der frei werdenden Liegenschaften ist jedoch, dass die Vermarktung nicht ausschließlich betriebswirtschaftlichen oder fiskalischen Parametern folgt. Vielmehr muss die BImA eine den kommunalen und regionalen Zielvorstellungen entsprechende Nachnutzung auch dann ermöglichen können, wenn diese nicht gemäß § 63 Bundeshaushaltsordnung zum "vollen Wert" realisiert werden kann oder ein positiver wirtschaftlicher Ertrag überhaupt nicht zu erzielen ist. Es bedarf daher einer Rechtsgrundlage, welche die Möglichkeit eröffnet, mit den Erträgen aus Konversionsprojekten in starken Regionalmärkten auch ertragsschwache Konversionslösungen zu unterstützen.

II. Einzelbegründungen

Zu Artikel 1:

Die Ergänzung stellt klar, dass im Rahmen der Veräußerung von nicht betriebsnotwendigen Vermögen der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben nicht nur wirtschaftliche Tatbestände, sondern auch strukturpolitische Ziele des Bundes, der Länder und der Kommunen im Sinne einer nachhaltigen Regionalentwicklung Berücksichtigung finden müssen. Im Kontext eines ganzheitlichen Ansatzes sollen beide Zieldimensionen gleichrangige Berücksichtigung finden.

Zu Artikel 2:

Die Vorschrift regelt das Inkrafttreten des Gesetzes.

Anlage 2
Entschließung

Der Bund trägt bei der Bewältigung der Konversionsfolgen eine regionalpolitische Verantwortung.

Ein tragfähiges Konzept, welches zum einen Lösungen für die Bewältigung der Konversionslasten bietet und zum anderen den Erhalt ökologischer Werte nachhaltig absichert, liegt bislang jedoch nicht vor.

Der Bundesrat bittet die Bundesregierung, eine konsensorientierte Diskussion über mögliche Nachnutzungskonzepte auch für naturschutzfachlich wertvolle nicht mehr militärisch genutzte Liegenschaften in Abstimmung mit den Kommunen und Gebietskörperschaften sicherzustellen, um die freiwerdenden ökologisch besonders wertvollen Flächen zu schützen und zu erhalten. Dabei sind insbesondere auch Übertragungsmöglichkeiten an die Länder, Kommunen und Gebietskörperschaften anzustreben, beispielsweise im Sinne einer Weiterführung des erfolgreichen Projektes "Nationales Naturerbe".

Insbesondere betroffene Truppenübungsplätze stellen oftmals ökologisch besonders wertvolle Gebiete dar. Die Erhaltung dieser großen zusammenhängenden Flächen bietet große Potenziale für den Natur-, Arten-, Boden- und Gewässerschutz sowie für den Tourismus und die damit im Zusammenhang stehende nachhaltige Regionalentwicklung.