Unterrichtung durch die Bundesregierung
Vorschlag für einen Rahmenbeschluss des Rates zur Berücksichtigung der in anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union ergangenen Verurteilungen in einem neuen Strafverfahren
KOM (2005) 91 endg.; Ratsdok. 7645/05

Rahmenbeschluss
Begründung

Übermittelt vom Bundesministerium der Finanzen am 8. April 2005 gemäß § 2 des Gesetzes über die Zusammenarbeit von Bund und Ländern in Angelegenheiten der Europäischen Union (BGBl. I 1993 S. 313 ff.).

Die Vorlage ist von der Kommission der Europäischen Gemeinschaften am 18. März 2005 dem Generalsekretär/Hohen Vertreter des Rates der Europäischen Union übermittelt worden.

Das Europäische Parlament wird an den Beratungen beteiligt.

Begründung

1. Einleitung

Dem vorliegenden Vorschlag ging ein Weißbuch voraus, das sich mit dem Austausch von Informationen über strafrechtliche Verurteilungen und deren Wirkung innerhalb der Europäischen Union auseinander setzte. In dem Weißbuch wurde der Frage nachgegangen, wie Informationen über strafrechtliche Verurteilungen im Gebiet der Union ausgetauscht und genutzt werden, und das weitere Vorgehen der EU in diesem Bereich umrissen:

Zur Umsetzung der ersten Zielvorgabe plant die Kommission im ersten Halbjahr 2005 die Vorlage eines Beschlussvorschlags zur Einrichtung eines elektronischen Datenaustauschs über strafrechtliche Verurteilungen. Der zweiten Zielvorgabe ist der vorliegende Vorschlag gewidmet. Ein verbesserter Datenaustausch ist für die Mitgliedstaaten nur von geringem Nutzen, wenn es ihnen nicht möglich ist, die übermittelten Daten zu berücksichtigen. Umgekehrt dürfte die Möglichkeit, die mitgeteilten Informationen tatsächlich zu nutzen, die Verbesserung des Informationsaustauschs deutlich beflügeln.

Dem in den Schlussfolgerungen des Europäischen Rates von Tampere als "Eckstein" der justiziellen Zusammenarbeit in Zivil- und Strafsachen bezeichneten Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung hat der Rat im Dezember 20001 ein ganzes Maßnahmenprogramm gewidmet.

Maßnahme Nr. 2 dieses Programms sieht Folgendes vor: "Annahme eines oder mehrerer Rechtsakte, in denen der Grundsatz verankert ist, dass das Gericht eines Mitgliedstaats die in den anderen Mitgliedstaaten ergangenen rechtskräftigen Entscheidungen in Strafsachen heranziehen können muss, um die strafrechtliche Vergangenheit eines Täters bewerten, eine Rückfälligkeit berücksichtigen und die Art der Strafen und die Einzelheiten des Strafvollzugs entsprechend festlegen zu können".

Im vorliegenden Vorschlag für einen Rahmenbeschluss wird festgelegt, welche Voraussetzungen vorliegen müssen, damit eine in einem anderen Mitgliedstaat ergangene Verurteilung in einem neuen wegen einer anderen Straftat eingeleiteten Strafverfahren berücksichtigt werden kann. Auf diese Weise soll den in Maßnahme Nr. 2 anvisierten Zielvorgaben entsprochen werden. Des Weiteren werden Regeln für die Aufnahme von in einem anderen Mitgliedstaat ergangenen Verurteilungen in das nationale Strafregister formuliert.

2. Rechtsgrundlage

Rechtsgrundlage dieses Vorschlags ist Artikel 31 des Vertrags über die Europäische Union in der Fassung des Vertrags von Nizza über das gemeinsame Vorgehen im Bereich der justiziellen Zusammenarbeit in Strafsachen sowie Artikel 34 Absatz 2 Buchstabe b.

3. Finanzbogen

Mit der Durchführung des geplanten Rahmenbeschlusses sind keine zusätzlichen operativen Ausgaben zu Lasten der Haushalte der Mitgliedstaaten oder des Gesamthaushalts der Europäischen Union verbunden.

4. Erläuterung der Artikel

Artikel 1 - Gegenstand

Gemäß Artikel 1 geht es in diesem Rahmenbeschluss darum, die Berücksichtigung einer in einem anderen Mitgliedstaat ergangenen Verurteilung in einem neuen Strafverfahren zu ermöglichen, das gegen dieselbe Person wegen einer anderen Tat eingeleitet worden ist.

In Absatz 2 wird hervorgehoben, dass dies die Pflicht zur Achtung der Grundrechte und allgemeinen Rechtsgrundsätze gemäß Artikel 6 des Vertrags über die Europäische Union unberührt lässt. Die Formulierung dieses Absatzes ist dem Rahmenbeschluss über den Europäischen Haftbefehl und die Übergabeverfahren zwischen den Mitgliedstaaten entnommen.

Artikel 2 - Begriffsbestimmungen Dieser Artikel enthält zwei Definitionen.

Die Definitionen für "Strafregister" und "Verurteilung" sind dem Vorschlag für einen Beschluss über den Austausch von Informationen aus dem Strafregister entnommen, den die Kommission am 13. Oktober 20042 angenommen hat. In der Textfassung, die der Rat im Dezember 2004 erstmals erörterte, waren diese Definitionen allerdings nicht mehr enthalten. Bei der Definition von Verurteilung wird auf den Begriff der strafbaren Handlung Bezug genommen, wie er aus der Anwendung der Artikel 51 und 52 des Übereinkommens zur Durchführung des Übereinkommens von Schengen von 1990 sowie des Übereinkommens über die Rechtshilfe in Strafsachen zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Union vom 29. Mai 2000 folgt3. Die Definition entspricht dem üblichen Anwendungsbereich der Rechtshilfe und lässt die Berücksichtigung bestimmter Entscheidungen verwaltungs-/strafrechtlicher Art zu, wie sie in manchen Mitgliedstaaten vorkommen. Auf diese Weise werden mit diesem Rahmenbeschluss auch Verstöße gegen die Straßenverkehrsordnung erfasst (wenn es sich um Mischtatbestände "verwaltungs-/strafrechtlicher" Art handelt), bei denen die Kenntnis von etwaigen Vorstrafen von besonderem Interesse ist. Die Definition ist bewusst eng gefasst, um nur Verurteilungen im engen Wortsinn zu berücksichtigen, d.h. rechtskräftige Entscheidungen der Strafgerichte (oder Entscheidungen, die bei Mischtatbeständen verwaltungs-/strafrechtlicher Art von Gerichten hätten erlassen werden können), die in allen Mitgliedstaaten als Verurteilungen aufgefasst werden können. Das einzelstaatliche Recht berücksichtigt darüber hinaus in manchen Fällen auch andere Entscheidungen (z.B. staatsanwaltliche Vergleiche). Mitgliedstaaten, die in einem anderen Mitgliedstaat ergangene Entscheidungen dieser Art, von denen sie Kenntnis haben, mit denselben Wirkungen versehen wollen, können dies tun. Der Rahmenbeschluss lässt solche Entscheidungen allerdings außer Acht.

Das "Strafregister" ist das einzelstaatliche Register, in dem diese Verurteilungen eingetragen werden. In machen Mitgliedstaaten gibt es mehrere Register.

Artikel 3 - Berücksichtigung einer in einem anderen Mitgliedstaat ergangenen Verurteilung in einem neuen Strafverfahren

In diesem Artikel wird der Grundgedanke des Rahmenbeschlusses formuliert, wonach eine in einem anderen Mitgliedstaat ergangene Verurteilung die gleichen Wirkungen haben muss wie eine inländische Verurteilung. Wie bereits erwähnt, geht es keinesfalls darum, die Rechtsfolgen zu harmonisieren, die die Mitgliedstaaten an eine frühere Verurteilung knüpfen. Für die Rechtsfolgen ist ausschließlich das einzelstaatliche Recht maßgebend.

Um Anwendungsfälle des Grundsatzes "ne bis in idem" auszuschließen, zu dem die Kommission gesonderte Vorschläge vorlegen wird, heißt es im Text des Rahmenbeschlusses, dass er die Berücksichtigung früherer Verurteilungen in einem neuen Strafverfahren regelt, das wegen einer anderen Tat eingeleitet worden ist.

Frühere strafrechtliche Verurteilungen können die verschiedenen Phasen eines neuen Strafverfahrens beeinflussen.

Dem Rahmenbeschluss zufolge sollen frühere Verurteilungen in jeder Phase des Strafverfahrens nach Maßgabe des einzelstaatlichen Rechts berücksichtigt werden.

Wie die Untersuchungen der Kommission zeigen (vgl. Anhang zum Weißbuch betreffend den Austausch von Informationen über strafrechtliche Verurteilungen und deren Wirkung innerhalb der Europäischen Union), versehen die einzelstaatlichen Rechtsordnungen frühere Verurteilungen mit ganz unterschiedlichen Wirkungen. In manchen Mitgliedstaaten ist eine frühere Verurteilung lediglich ein Faktum, dessen Berücksichtigung im Ermessen der zuständigen Behörden liegt. In anderen Mitgliedstaaten ist die Rückfälligkeit gesetzlich geregelt. Danach entfaltet eine frühere Verurteilung bestimmte Rechtswirkungen, die sich dem Ermessen der zuständigen Behörden entziehen.

Im ersten Fall dürfte die Berücksichtigung einer in einem anderen Mitgliedstaat ergangenen früheren Verurteilung keine größeren Probleme bereiten, da es sich um ein Sachelement unter mehreren handelt. Aus der Übersicht Nr. 5 im Anhang zum Weißbuch geht überdies hervor, dass die Mitgliedstaaten, in denen die Rückfälligkeit nicht gesetzlich geregelt ist,

Verurteilungen in anderen Mitgliedstaaten als Sachelement in der Regel bereits berücksichtigen.

Im zweiten Fall ist es an den Mitgliedstaaten, die Bedingungen zu nennen, unter denen eine in einem anderen Mitgliedstaat ergangene Verurteilung hinsichtlich ihrer Wirkung inländischen Verurteilungen gleichgestellt wird. Die gesetzliche Regelung der Rückfälligkeit ist in den Mitgliedstaaten häufig unmittelbar mit der Struktur der Straftatbestände und Strafen verknüpft; dies gilt in allen Fällen, in denen sich der Rückfall auf eine gleichartige Straftat (z.B. wiederholter Drogenhandel oder Diebstahl) bezieht. In diesen Fällen müssen die Mitgliedstaaten alle erforderlichen Maßnahmen ergreifen, damit gewährleistet ist, dass die in anderen Mitgliedstaaten ergangenen Verurteilungen berücksichtigt werden.

Artikel 4 - Zwingende Gründe für die Nichtberücksichtigung einer in einem anderen Mitgliedstaat ergangenen Verurteilung

In diesem Artikel werden vier Fälle genannt, in denen eine in einem anderen Mitgliedstaat ergangene Verurteilung im Inland nicht berücksichtigt werden darf. Bei den ersten drei Fällen, die auch in anderen Rechtsakten der EU vorkommen, handelt es sich um das Verbot der doppelten Strafverfolgung (ne bis in idem), die Verjährung der Strafverfolgung oder der verhängten Strafe und Amnestie/Begnadigung, wenn der betreffende Mitgliedstaat nach seinem eigenen Strafrecht ebenfalls für die Verfolgung der Tat hätte zuständig sein können. Der vierte Fall betrifft Sachverhalte, bei denen die Anwendung der innerstaatlichen Strafregistervorschriften zur Tilgung des Eintrags über die Verurteilung geführt hätte.

Artikel 5 - Fakultative Gründe für die Nichtberücksichtigung einer in einem anderen Mitgliedstaat ergangenen Verurteilung

Außer den in Artikel 4 aufgezählten zwingenden Gründen gibt es zwei weitere Fälle, in denen die Mitgliedstaaten beschließen können, eine in einem anderen Mitgliedstaat ergangene Verurteilung außer Acht zu lassen:

Der erste Fall, der in den Rechtsakten zur Anwendung des Grundsatzes der gegenseitigen Anerkennung inzwischen gang und gäbe ist, betrifft die doppelte Strafbarkeit. Danach kann ein Mitgliedstaat von der Berücksichtigung einer Auslandsverurteilung absehen, wenn diese einen Straftatbestand betrifft, den es im einzelstaatlichen Recht nicht gibt. Diese Möglichkeit ist allerdings beschränkt, wenn sich die erste Verurteilung auf einen Straftatbestand bezog, der in der Liste des Rahmenbeschlusses über die gegenseitige Anerkennung von Geldstrafen und Geldbußen aufgeführt ist. Erging die erste Verurteilung wegen einer in dieser Liste erfassten Straftat, kann sie bei der zweiten Straftat nicht deshalb unberücksichtigt bleiben, weil der Grundsatz der doppelten Strafbarkeit Anwendung findet. Die Kommission hat sich hier im Übrigen für eine umfassendere Liste entschieden, die insofern zweckmäßiger als die Liste im Rahmenbeschluss über den Europäischen Haftbefehl ist, als sie auch Verstöße gegen die Straßenverkehrsordnung enthält, bei denen die Prüfung der Rückfälligkeit besonders geboten ist.

Eine Auslandsverurteilung kann auch dann außer Acht gelassen werden, wenn sie aufgrund des Umstands, dass sie in einem anderen Rechtssystem angesiedelt ist, dazu führen würde, dass der Betroffene im zweiten Verfahren strenger behandelt würde, als wenn er im ersten Verfahren nach innerstaatlichem Recht verurteilt worden wäre. Diese Bestimmung dient als Schutzvorkehrung, um zu verhindern, dass eine in einem anderen Mitgliedstaat verurteilte Person bei einem späteren Verfahren im Inland schlechter gestellt wird als eine Person, die wegen desselben Tatbestands im Inland vorbestraft ist. Hierzu folgendes Beispiel: Eine Person ist im ersten Urteilsmitgliedstaat zu einer höheren Strafe als das im zweiten

Mitgliedstaat für denselben Straftatbestand zulässige Höchstmaß verurteilt worden. Wenn sich für die Person aufgrund dieses Strafmaßes im zweiten Mitgliedstaat negative Rechtsfolgen ergeben (z.B. Anwendung strengerer Verfahrensvorschriften), die bei Anwendung des innerstaatlichen Rechts dieses Mitgliedstaats (d.h. der dort zulässigen Höchststrafe) nicht eingetreten wären, kann die erste Entscheidung unberücksichtigt bleiben, da sie auf der Grundlage einer anderen Rechtsordnung mit einer höheren Höchststrafe erging und die betreffende Person schlechter stellt.

Artikel 6 - Aufnahme einer in einem anderen Mitgliedstaat ergangenen Verurteilung in das Strafregister

Dieser Artikel richtet sich nur an die Mitgliedstaaten, die in einem anderen Mitgliedstaat gegen ihre Staatsangehörige oder gegen in ihrem Land ansässige Personen ergangene Verurteilungen in ihr Strafregister aufnehmen. Er begründet keinerlei Verpflichtung für diejenigen Mitgliedstaaten, die nach Maßgabe ihres innerstaatlichen Rechts die in anderen Staaten ergangenen Verurteilungen nicht registrieren.

Nach Absatz 1 muss die ins Strafregister eingetragene Strafe der im Urteilsmitgliedstaat verhängten Strafe entsprechen, und zwar auch dann, wenn diese höher ist als die im Eintragungsmitgliedstaat für denselben Straftatbestand zulässige Höchststrafe. Die Kommission steht hier auf dem Standpunkt, dass die Strafe so einzutragen ist, wie sie im Urteilsmitgliedstaat verhängt wurde, auch wenn das Strafmaß nicht dem innerstaatlichen Recht des Eintragungsstaats entspricht. Die Strafe muss in der Form, in der sie verhängt worden ist, sichtbar bleiben, was auch durchaus im Interesse des Betroffenen sein kann, vor allem wenn die Möglichkeit eines Aufgehens der leichteren Strafe in der schwereren besteht. Anders ist die Lage, wenn die Strafe beispielsweise bei ihrer Vollstreckung im Mitgliedstaat, der die Eintragung in das Strafregister vornimmt, in eine niedrigere Strafe umgewandelt worden ist. Die Voraussetzungen, unter denen eine Strafumwandlung gegebenenfalls vorgenommen werden kann, sind allerdings nicht Gegenstand dieses Rahmenbeschlusses.

Absatz 2 bestimmt als allgemeinen Grundsatz, dass die Aufnahme einer in einem anderen Mitgliedstaat ergangenen Verurteilung in das nationale Strafregister nicht zur Folge haben darf, dass der Betroffene schlechter gestellt wird, als wenn er im Inland verurteilt worden wäre.

Gemäß Absatz 3 muss der Staatsangehörigkeits- oder Wohnsitzmitgliedstaat, der eine in einem anderen Mitgliedstaat ergangene Verurteilung registriert, dafür sorgen, dass das nationale Strafregister Vorgängen Rechnung trägt, die in der Folge im Urteilsmitgliedstaat eingetreten sind und von denen es Kenntnis erhalten hat, es sei denn, das innerstaatliche Recht ist für den Betroffenen vorteilhafter. Die Eintragung ein und derselben Verurteilung in mehrere nationale Strafregister führt häufig dazu, dass unterschiedliche Rechtsvorschriften zur Anwendung gelangen. Ziel dieses Artikels ist es daher, die auf eine Verurteilung anwendbaren Rechtsvorschriften nach Möglichkeit zu vereinheitlichen und dabei die Rechte der Betroffenen weitestgehend zu wahren, indem das Recht des Staates zur Anwendung gelangt, das für die Betroffenen am günstigsten ist.

Artikel 7 - Verhältnis zu anderen Rechtsakten

Diesem Artikel zufolge ersetzt der Rahmenbeschluss im Verhältnis zwischen den Mitgliedstaaten Artikel 56 des Haager Übereinkommens vom 28. Mai 1970 über die internationale Geltung von Strafurteilen. Artikel 56 regelt die Berücksichtigung einer in einem anderen Staat ergangenen früheren Verurteilung.

Artikel 8 - Umsetzung

Die Mitgliedstaaten sind verpflichtet, bis zum 31. Dezember 2006 die zur Umsetzung des Rahmenbeschlusses erforderlichen Maßnahmen zu treffen und der Kommission sowie dem Generalsekretariat des Rates den Wortlaut der Umsetzungsvorschriften mitzuteilen. Besondere Aufmerksamkeit gilt dabei den Bestimmungen des Artikels 3, der nach Maßgabe des einschlägigen innerstaatlichen Rechts der Mitgliedstaaten auf sehr unterschiedliche Art und Weise umgesetzt werden kann.

Über die Anwendung des Rahmenbeschlusses erstattet die Kommission dem Europäischen Parlament und dem Rat bis spätestens 31. Dezember 2007 Bericht.

Artikel 9 - Inkrafttreten

Der Rahmenbeschluss tritt am Tag seiner Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.

Vorschlag für einen Rahmenbeschluss des Rates
zur Berücksichtigung der in anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union ergangenen Verurteilungen in einem neuen Strafverfahren

Der Rat der Europäischen Union -

(1) Die Europäische Union hat sich die Erhaltung und Weiterentwicklung eines Raums der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts zum Ziel gesetzt. Hierzu müssen Informationen über in den Mitgliedstaaten ergangenen Verurteilungen auch außerhalb des Urteilsmitgliedstaats zur Prävention neuer Straftaten und bei einer etwaigen neuen Verurteilung herangezogen werden können.

(2) Am 29. November 2000 hat der Rat entsprechend den Schlussfolgerungen des Europäischen Rates von Tampere ein Maßnahmenprogramm zur Umsetzung des Grundsatzes der gegenseitigen Anerkennung gerichtlicher Entscheidungen in Strafsachen angenommen6. Maßnahme Nr. 2 dieses Programms sieht Folgendes vor: "Annahme eines oder mehrerer Rechtsakte, in denen der Grundsatz verankert ist, dass das Gericht eines Mitgliedstaats die in den anderen Mitgliedstaaten ergangenen rechtskräftigen Entscheidungen in Strafsachen heranziehen können muss, um die strafrechtliche Vergangenheit eines Täters bewerten, eine Rückfälligkeit berücksichtigen und die Art der Strafen und die Einzelheiten des Strafvollzugs entsprechend festlegen zu können". In diesem Rahmenbeschluss soll festgelegt werden, unter welchen Voraussetzungen eine in einem anderen Mitgliedstaat ergangene Verurteilung in einem neuen Strafverfahren heranzuziehen ist, das gegen dieselbe Person wegen einer anderen Tat in einem anderen Mitgliedstaat eingeleitet worden ist.

(3) Während in manchen Mitgliedstaaten strafrechtliche Verurteilungen anderer Mitgliedstaaten Wirkungen entfalten, werden in anderen Mitgliedstaaten nur die im Inland ergangenen Verurteilungen berücksichtigt. Hier sollte für eine Gleichbehandlung aller EU-Bürger gesorgt werden.

(4) Als Grundsatz sollte gelten, dass eine in einem anderen Mitgliedstaat ergangene Verurteilung mit den gleichen tatsächlichen oder rechtlichen Wirkungen zu versehen ist, die das innerstaatliche Recht den im Inland ergangenen Verurteilungen zuerkennt. Eine Harmonisierung der in den verschiedenen Rechtsordnungen für frühere Verurteilungen vorgesehenen Rechtswirkungen ist hier jedoch nicht beabsichtigt.

(5) Eine in einem anderen Mitgliedstaat ergangene Verurteilung muss dieselben Wirkungen entfalten wie eine im Inland ergangene Entscheidung unabhängig davon, ob es sich um die Phase vor dem Strafverfahren, das Strafverfahren selbst oder die Strafvollstreckung handelt. Knüpft das einzelstaatliche Recht an die Existenz einer früheren Verurteilung gewisse Rechtsfolgen, so ist in den einzelstaatlichen Umsetzungsvorschriften zu regeln, inwieweit eine in einem anderen Mitgliedstaat ergangene Entscheidung hinsichtlich ihrer Wirkungen einer im Inland ergangenen Entscheidung gleichgestellt wird.

(6) Die in einem anderen Mitgliedstaat gegen eigene Staatsangehörige oder im Inland ansässige Personen ergangenen Verurteilungen müssen nach Maßgabe derselben Bestimmungen in das Strafregister eingetragen werden wie inländische Verurteilungen, wenn eine solche Eintragung vorgesehen ist. Diese Eintragung darf nicht dazu führen, dass Personen, gegen die in einem anderen Mitgliedstaat eine Verurteilung ergangen ist, schlechter gestellt werden als Personen, die im Inland verurteilt worden sind.

(7) Die Bestimmungen über die Berücksichtigung strafrechtlicher Verurteilungen im Haager Übereinkommen vom 28. Mai 1970 über die internationale Geltung von Strafurteilen werden durch den vorliegenden Rahmenbeschluss ersetzt.

(8) Dieser Rahmenbeschluss steht im Einklang mit dem in Artikel 2 des Vertrags über die Europäische Union und Artikel 5 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft festgelegten Subsidiaritätsprinzip, da eine Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten auf Ebene der Mitgliedstaaten nicht ausreichend erreicht werden kann und ein koordiniertes Vorgehen auf Ebene der Europäischen Union erforderlich ist. Entsprechend dem in Artikel 5 EG-Vertrag genannten Verhältnismäßigkeitsprinzip geht dieser Rahmenbeschluss nicht über das für die Erreichung dieses Ziels erforderliche Maß hinaus.

(9) Dieser Rahmenbeschluss steht im Einklang mit den Grundrechten und Grundsätzen, die in Artikel 6 des Vertrags über die Europäische Union und mit der Charta der Grundrechte der Europäischen Union anerkannt wurden -

HAT folgenden Rahmenbeschluss angenommen:

Inhaltsübersicht
Artikel 1 Gegenstand
Artikel 2 Begriffsbestimmungen
Artikel 3 Berücksichtigung einer in einem anderen Mitgliedstaat ergangenen Verurteilung in einem neuen Strafverfahren
Artikel 4 Zwingende Gründe für die Nichtberücksichtigung einer in einem anderen Mitgliedstaat ergangenen Verurteilung
Artikel 5 Fakultative Gründe für die Nichtberücksichtigung einer in einem anderen Mitgliedstaat ergangenen Verurteilung
Artikel 6 Aufnahme einer in einem anderen Mitgliedstaat ergangenen Verurteilung in das nationale Strafregister
Artikel 7 Verhältnis zu anderen Rechtsakten
Artikel 8 Umsetzung
Artikel 9 Inkrafttreten

Artikel 1
Gegenstand

Artikel 2
Begriffsbestimmungen

Für die Zwecke dieses Rahmenbeschlusses gelten folgende Begriffsbestimmungen:

Artikel 3
Berücksichtigung einer in einem anderen Mitgliedstaat ergangenen Verurteilung in einem neuen Strafverfahren

Artikel 4
Zwingende Gründe für die Nichtberücksichtigung einer in einem anderen Mitgliedstaat ergangenen Verurteilung

In einem anderen Mitgliedstaat ergangene Verurteilungen bleiben unberücksichtigt, wenn

Artikel 5
Fakultative Gründe für die Nichtberücksichtigung einer in einem anderen Mitgliedstaat ergangenen Verurteilung

Artikel 6
Aufnahme einer in einem anderen Mitgliedstaat ergangenen Verurteilung in das nationale Strafregister

Artikel 7
Verhältnis zu anderen Rechtsakten

Artikel 8
Umsetzung

Artikel 9
Inkrafttreten

Dieser Rahmenbeschluss tritt am Tag seiner Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.

Geschehen zu Brüssel am
Im Namen des Rates
Der Präsident

Hinweis: vgl. Drucksache 151/05 (PDF) = AE-Nr. 050528
1 ABl. C 12 vom 15.l.2001, S. 10.
2 KOM (2004) 664.
3 ABl. C 197 vom 12.7.2000, S. l.
4 ABl. C vom , S. .
5 ABl. C vom , S. .
6 ABl. C 12 vom 15.l.2001, S. 10.