TOP 10 der 810. Sitzung des Bundesrates am 29. April 2005
Der Bundesrat möge den Vermittlungsausschuss mit dem folgenden Ziel anrufen: Zu Artikel 1 Nr. 8 Buchstabe b1 - neu - (§ 20 Abs. 4 Satz 2 GWB)
In Artikel 1 Nr. 8 ist nach Buchstabe b folgender Buchstabe einzufügen:
b1) In Absatz 4 Satz 2 werden nach dem Wort 'Unternehmen' die Wörter
Lebensmittel im Sinne des Lebensmittel- und Bedarfsgegenständegesetzes unter Einstandspreisen beziehungsweise sonstige' eingefügt."
Begründung
Nach dem geltenden § 20 Abs. 4 GWB ist eine unbillige Behinderung von Wettbewerbern nicht anzunehmen, wenn Waren oder gewerbliche Leistungen zwar unter Einstandspreis angeboten werden, dies aber "nur gelegentlich" geschieht. Diese Regelung reicht zur Abwehr von unbilligen Behinderungen durch überlegene Marktmacht im Lebensmittelhandel nicht aus. Dort kommt es vermehrt zu kurzfristigen Verlustpreisaktionen, die Wettbewerber unbillig behindern. Der Lebensmittelhandel wird zunehmend dominiert von besonders marktmächtigen Unternehmen. Diese verdrängen vor allem durch ihre überlegene Nachfragemacht und dadurch bei den Herstellern erzielbare Sonderkonditionen die kleineren Wettbewerber. Als weiteres Instrument setzen Großunternehmen Verlustpreisaktionen ein, die ihnen auch bei kurzer Dauer - und damit ohne spürbare eigene wirtschaftliche Einbuße - durch ihre Lockvogelwirkung zusätzliche unbillige Vorteile am Markt verschaffen. Damit wird eine nach unten gerichtete Preisspirale in Gang gesetzt und gefördert. Dieser ruinösen Entwicklung können weder die kleinen und mittleren
Wettbewerber noch die ebenfalls existenziell betroffene Erzeuger- und Herstellerseite aus eigener Kraft wirksam entgegen treten. Deshalb müssen im Lebensmittelhandel auch punktuelle Verlustpreisaktionen grundsätzlich als unbillige Behinderung im Sinn des Gesetzes anerkannt werden.
Der Bundesrat hatte bereits am 20. Juni 2003 in seiner Stellungnahme zum Entwurf eines Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb eine vergleichbare Forderung erhoben.