869. Sitzung des Bundesrates am 7. Mai 2010
Der federführende Ausschuss für Fragen der Europäischen Union (EU), der Ausschuss für Kulturfragen (K) und der Wirtschaftsausschuss (Wi) empfehlen dem Bundesrat, die Entschließung nach Maßgabe folgender Änderungen zu fassen:
1. Zu Nummer 1 Satz 6
In Nummer 1 ist Satz 6 zu streichen.
Folgeänderung:
Nach Nummer 15 - neu - ist folgende Nummer 16 - neu - anzufügen:
- 16. Der Bundesrat erkennt an, dass die Debatte über das zukünftige EU-Forschungsrahmenprogramm auch im Kontext der Überprüfung des europäischen Finanzsystems steht. Fragen der finanziellen Ausstattung der zukünftigen Europäischen Forschungspolitik werden daher erst im Rahmen der nächsten finanziellen Vorausschau zu klären sein.
Begründung (nur gegenüber dem Plenum):
Einzelfragen im Zusammenhang mit der Finanziellen Vorausschau sollen nicht vor den Abstimmungen zur nächsten Finanziellen Vorausschau aufgeworfen werden.
2. Zu Nummer 4 Absatz 2 Satz 2 (bei Annahme entfällt Ziffer 3)
In Nummer 4 Absatz 2 Satz 2 sind die Wörter "vor allem Hochschulen und KMU" durch die Wörter "Hochschulen, außeruniversitäre Forschungseinrichtungen und Unternehmen - insbesondere KMU -" zu ersetzen.
Begründung (nur gegenüber dem Plenum):
In den angesprochenen kleineren Verbundprojekten sind nicht ausschließlich Hochschulen und KMU beteiligt, sondern häufig auch außeruniversitäre Forschungseinrichtungen. Daher sollten die Forschungseinrichtungen auch erwähnt werden. Zudem sollte an dieser Stelle ein Gegensatz von KMU und Unternehmen vermieden werden, auch wenn die Bedeutung von KMU hervorgehoben wird.
3. Zu Nummer 4 Absatz 2 Satz 2
In Nummer 4 Absatz 2 Satz 2 sind die Wörter "und KMU" durch die Wörter ", außeruniversitäre Forschungseinrichtungen und Unternehmen - insbesondere KMU -" zu ersetzen.
Begründung (nur gegenüber dem Plenum):
Kleinere Verbundprojekte sind sowohl für KMU als auch für Hochschulen und (insbesondere kleinere) außeruniversitäre Forschungseinrichtungen von Belang. Dies sollte entsprechend zum Ausdruck kommen.
4. Zu Nummer 5 Absatz 2 Satz 1
In Nummer 5 Absatz 2 ist Satz 1 durch die folgenden Sätze zu ersetzen: "Soweit die Förderung von Forschungseinrichtungen und -projekten als Teil einer integrierten regionalen Entwicklung im Vordergrund steht, sollen dafür in noch höherem Maße als bisher die kohäsionspolitischen Förderinstrumente eingesetzt werden. Diese sind in besonderer Weise geeignet, durch die Unterstützung von entsprechenden Netzwerken, Clustern und anderen Instrumenten für den Technologietransfer die Innovationskraft gerade der kleinen und mittleren Unternehmen auf breiter Front zu stärken."
5. Zu Nummer 5a - neu -Der Nummer 5 Absatz 2 Satz 2 bis 5 ist die Zählbezeichnung "5a" voranzustellen.
Begründung zu Ziffern 4 und 5 (nur gegenüber dem Plenum):
Klarstellung, wie durch kohäsionspolitische Instrumente ein wichtiger Beitrag zur Verwirklichung innovationspolitischer Ziele unterstützt werden kann.
Zu Nummer 6 Absatz 1 Satz 4, 5 und 6
Nummer 6 Absatz 1 ist wie folgt zu ändern:
- 6. a) In Satz 4 sind nach dem Wort "Hochschulen" die Wörter "und außeruniversitären Forschungseinrichtungen" einzufügen.
- 7. b) In Satz 4 ist das Wort "entscheidend" durch die Wörter "von großer Bedeutung" zu ersetzen.
- 8. c) In Satz 5 sind nach dem Wort "Hochschulen" die Wörter "und der außeruniversitären Forschungseinrichtungen" einzufügen.
[Begründung zu Buchstaben a und c (nur gegenüber dem Plenum):
Neben den Hochschulen sind die außeruniversitären Forschungseinrichtungen wesentliche Akteure als Träger von Forschung und Innovation und auch wesentlich an der Ausbildung des wissenschaftlichen Nachwuchses beteiligt.]
- 9. d) In Satz 6 sind die Wörter "KMU und Industrie" durch die Wörter "die Unternehmen auch" zu ersetzen.
Begründung zu Buchstaben b und d (nur gegenüber dem Plenum):
Wenn die Idee der besseren Integration der drei Bereiche des Wissensdreiecks unterstützt werden soll, sollte neben der Einbindung von Hochschulen auch die Beteiligung von Forschungseinrichtungen und Unternehmen an Forschungs- und Innovationsprojekten hervorgehoben werden.
10. Zu Nummer 7 Absatz 2 Satz 1
In Nummer 7 Absatz 2 Satz 1 ist das Wort "Stakeholder" durch die Wörter "potentiell Betroffenen und Interessenträger" zu ersetzen.
Begründung (nur gegenüber dem Plenum):
Auf die Verwendung des Wortes "Stakeholder" sollte verzichtet werden, weil sich dahinter mindestens ein halbes Dutzend Bedeutungen verbirgt, es sich also um einen besonders unscharfen Begriff handelt, der die Zielsetzung des Begehrens eher verschleiert als erhellt. Der Begriff "Stakeholder" sollte daher durch die Wörter "potentiell Betroffene und Interessenträger" ersetzt werden.
Der Bundesrat hat sich immer wieder für die Stärkung der deutschen Sprache in der EU eingesetzt (vgl. etwa BR-Drucksache 472/07(B) vom 21. September 2007). Es geht nicht an, für die Arbeit in den Gremien der EU Forderungen aufzustellen, die man für die Arbeit in der eigenen Sprache nicht ernst nimmt.
Im Übrigen verweist der Bundesrat auf eine parallele Beschlussfassung vom 20. Dezember 2007 (vgl. BR-Drucksache 797/07(B) Ziffer 3).
11. Zu Nummer 8 Satz 1 und 4
Nummer 8 ist wie folgt zu ändern:
- a) In Satz 1 sind die Wörter "KMU und Industrie" durch die Wörter "außeruniversitäre Forschungseinrichtungen und Unternehmen, insbesondere KMU," zu ersetzen.
- b) In Satz 4 sind nach dem Wort "Hochschulen" die Wörter "und außeruniversitären Forschungseinrichtungen" einzufügen.
Begründung (nur gegenüber dem Plenum):
[Es sollte deutlich gemacht werden, dass die Bedingungen für eine Beteiligung am 8. FRP ebenfalls für außeruniversitäre Forschungseinrichtungen zu verbessern sind.]
{Es sollte auch an dieser Stelle betont werden, dass die Bedingungen einer Beteiligung am Forschungsrahmenprogramm nicht nur für Hochschulen, sondern auch für Forschungseinrichtungen, Unternehmen und insbesondere KMU zu verbessern sind. Außerdem sollte in diesem Zusammenhang nicht zwischen KMU und Industrie unterschieden werden; die angesprochene Forderung betrifft alle Unternehmen. Die Anwendung der bewährten Standards für Verbundprojekte bei geistigen Eigentumsrechten und bei Finanzhilfevereinbarungen sind nicht nur für Hochschulen, sondern auch für außeruniversitäre Forschungseinrichtungen von Vorteil.}
Zu Nummer 10 - neu - bis 15 - neu -Der Nummer 9 sind folgende Nummern 10 bis 15 anzufügen:
- 12. "10. Der Bundesrat teilt die Auffassung der EU dass KMU für das Innovationsgeschehen in Europa eine hohe Bedeutung haben. Mehr als 99 Prozent aller Unternehmen in der EU sind KMU. In vielen Bereichen liefern KMU neue Technologien und gehören zu den Innovationstreibern. Dennoch tun sich KMU auf internationalem Parkett oft schwer.
Das Forschungsrahmenprogramm ist auch ein Element zur Stärkung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit von KMU. Das gilt im Besonderen für die anwendungsorientierte Verbundforschung und die KMU-spezifischen Maßnahmen. Vor diesem Hintergrund haben das Europäische Parlament und der Europäische Rat das Ziel ausgegeben, dass 15 Prozent der Mittel des Spezifischen Programms "Kooperation" an KMU fließen sollen.
Mit der Halbzeit des 7. Forschungsrahmenprogramms ist festzustellen, dass die Erwartungen, die hinsichtlich des KMU-Engagements gesetzt wurden, sich bisher nur teilweise erfüllt haben. So weist der von der Kommission vorgelegte "Vierte Bericht zur KMU-Beteiligung" im Programm "Kooperation" eine KMU-Finanz-Quote von 13,4 Prozent aus. Das 15 Prozent-Ziel konnte somit bisher nicht ganz erreicht werden.
Trotz aller Bemühungen ist das 7. Forschungsrahmenprogramm geprägt von einer geringen Erfolgsquote der KMU, mangelnder Aufnahme der FuE-Ergebnisse durch die beteiligten KMU, großen Projekten mit vielen Partnern, hohem Bürokratieaufwand für beteiligte KMU und schließlich von langwierigen Bearbeitungsprozessen. Noch immer geht der Impuls zu Forschungsvorhaben überwiegend von Forschungsdienstleitern aus und nehmen KMU selten eine führende Rolle ein. Dies gilt insbesondere für die KMU-spezifischen Maßnahmen, die eigentlich auf den Bedarf der KMU zugeschnitten sein sollten.
- 13. 11. Derzeit vergehen rund 400 Tage zwischen Einreichluss und Bewilligung ("Timeto-Contract"). Dieser lange Zeitraum ist für KMU nicht geeignet, um resultierende Forschungs- und Entwicklungsergebnisse effizient zu nutzen und daraus rasch Innovationen auf den Markt zu bringen. Die erwarteten Ergebnisse eines Forschungsprojekts sind so häufig schon zu Beginn des Projekts vom Markt überholt. Der Bundesrat sieht hier erheblichen Verbesserungsbedarf. Eine Verkürzung der Antragsbearbeitungszeiten auf maximal drei Monate für alle Projekte der Verbundforschung und der KMU-spezifischen Maßnahmen sollte spätestens zu Beginn des 8. Forschungsrahmenprogramms gewährleistet sein.
- 14. 12. Die Erfahrungen aus anderen Programmen, beispielsweise aus dem "Zentralen Innovationsprogramm Mittelstand" (ZIM) des Bundes und den Förderprogrammen der Länder, zeigen, dass Themenoffenheit, hohe Erfolgsquoten durch ein ausreichendes bzw. höheres Budget, überschaubare Projektgrößen mit wenigen Partnern, einfach und übersichtlich gestaltete Antragsverfahren mit kurzen Bearbeitungszeiten und mehreren Ausschreibungsründen pro Jahr entscheidend für die KMU-Attraktivität eines Programms sind. Im Hinblick auf die geringe KMU-Beteiligung im Programm "Kooperation" sieht der Bundesrat für das 8. Forschungsrahmenprogramm dringenden Handlungsbedarf:
Um die Beteiligung von KMU zu verbessern, müssen die Rahmenbedingungen geändert werden. Hierzu werden folgende Eckpunkte vorgeschlagen:
- - Der Umfang der Anträge und die Bearbeitungszeiten sollten wesentlich reduziert werden (maximal drei Monate). In diesem Zusammenhang sollte auch die Einführung eines kontinuierlichen Einreichverfahrens sowie die Abkehr von dem bestehenden Vertragsverfahren hin zu einem Zuwendungsverfahren geprüft werden.
- - Bei der Evaluation von Vorhaben mit Beteiligung von KMU sollten vor allem Verwertungspotenzial und Marktnähe die wichtigsten Kriterien werden.
- - Demonstrationstätigkeiten und Prototypenbau sollten verstärkt in die Themenkonzeption einbezogen werden.
- - Die Koordinatorenfunktion sollte bei Vorhaben mit Beteiligung von KMU häufiger bei den KMU liegen, zumindest sollten die Belange von KMU in den Projekten ausreichend berücksichtigt werden.
- - Die Mindestanforderungen für die Zahl der Partner sollte auf mindestens zwei Partner aus zwei verschiedenen Ländern reduziert werden, wobei auf den europäischen Mehrwert nicht verzichtet werden darf. Auch sollte darauf geachtet werden, dass kleinere Projekte eine realistische Chance auf Förderung haben.
- - Die KMU sollten einen angemessenen Teil der für die Forschung erforderlichen Mittel als Eigenleistung erbringen, damit sie selbst für die Marktnähe der FuE-Projekte sorgen.
- - Die Vorgabe von speziellen Themen in den Aufrufen Thematischer Programme sollte sich auf übergeordnete Themenfelder beschränken.
- 15. 13. Die Budgets für die anwendungsorientierte Verbundforschung und die KMU-spezifischen Maßnahmen sollten bei einer Gesamtaufstockung des Budgets angemessen steigen, um auskömmliche Erfolgsquoten sicherzustellen.
- 16. 14. Die diversen KMU-Maßnahmen im Forschungsrahmenprogramm (im Einzelnen thematische Programme, spezifische KMU-Maßnahmen, CORNET, ERASME, EUROSTARS) sind für Außenstehende oft nicht überschaubar und sind in ihren unterschiedlichen Konditionen schwer zu kommunizieren. Die Kommission wird aufgefordert, Maßnahmen zur Verbesserung zu ergreifen und insbesondere die Beratungsleistungen und die Zuordnung von Programmen zu optimieren.
- 17. Eine Verlagerung der KMU-spezifischen Maßnahmen in das Programm "Wettbewerbsfähigkeit und Innovation" (CIP) bzw. in die Generaldirektion Unternehmen und Industrie sollte in diesem Zusammenhang geprüft werden. Für eine Verlagerung spräche auch, dass hierdurch das "Enterprise Europe Network" effizient eingebunden werden könnte, das durch die Generaldirektion Unternehmen und Industrie betreut wird.
- 18. 15. Die Förderung von Exzellenz darf nicht zugunsten von Kohäsionszielen aufgeweicht werden. Vielmehr ist es eine zentrale Aufgabe, das 8. Forschungsrahmenprogramm und die EU-Strukturfonds (insbesondere EFRE) so weiterzuentwickeln, dass sie möglichst komplementär und unter Berücksichtigung möglicher Synergieeffekte zur FuE-Förderung im Mittelstand eingesetzt werden können."