Der Leiter der Bayerischen Staatskanzlei München, den 11. März 2005
Staatsminister für
Bundesangelegenheiten und Verwaltungsreform
An den
Präsidenten des Bundesrates
Herrn Ministerpräsidenten
Matthias Platzeck
Sehr geehrter Herr Präsident!
Im Namen der Länder Bayern und Baden-Württemberg übermittle ich die in der Anlage beigefügte
Entschließung des Bundesrates zur Überreglementierung bei der Bankenaufsicht.
Ich bitte, die Entschließung gemäß § 36 Abs. 2 GOBR auf die Tagesordnung der 809. Sitzung am 18. März 2005 zu setzen. Es wird sofortige Sachentscheidung beantragt.
Mit freundlichen Grüßen
Erwin Huber
Anlage
Entschließung des Bundesrates zur Überreglementierung bei der Bankenaufsicht
Der Bundesrat möge beschließen:
Die Banken in Deutschland tragen schwer an der insgesamt schlechten wirtschaftlichen Lage, dem geringen Wirtschaftswachstum und ihren eigenen noch nicht überwundenen strukturellen Problemen. Im internationalen Vergleich weisen sie eine sehr geringe Eigenkapitalrendite auf. Hinzu kommt eine zunehmende Belastung durch gesetzliche und administrative Vorgaben, die nur zum Teil auf die europäische Integration des Binnenmarktes für Finanzdienstleistungen zurückzuführen sind und sich nachteilig auf die Kreditvergabe vor allem an den Mittelstand auswirken. Im Vergleich zu anderen EU-Ländern weist Deutschland ein deutlich schwächeres Kreditwachstum auf. Der Grund hierfür ist nicht nur in der konjunkturell bedingten Zurückhaltung bei Investitionen zu sehen, sondern auch in einer restriktiven Kreditvergabe wegen der zunehmenden Einengung der Ermessensspielräume aufgrund der stringenten Vorgaben durch die Aufsicht, die zu einer übersteigerten Vorsichtsstrategie bei den für die Kreditentscheidungen Verantwortlichen führen. Auf der anderen Seite kommt es nicht selten bei den vermeintlich guten Risiken zu einem ruinösen Konditionenwettbewerb der Banken untereinander.
Wichtig erscheint es daher, die EU-rechtlichen Spielräume zu nutzen und die deutschen bankaufsichtsrechtlichen Regelungen am Standard der anderen Mitgliedstaaten zu orientieren bzw. entsprechend zu harmonisieren. Wie die Ertragsstärke der Banken aus dem benachbarten EU-Raum zeigt, ist eine höhere Regelungsdichte keine Garantie für einen wirtschaftlichen Erfolg, sondern eher ein Hemmnis im Wettbewerb.
Ein wichtiger erster Schritt auf dem Weg zur Harmonisierung des Aufsichtsrechts ist die im Rahmen des Gesetzes zur Neuordnung des Pfandbriefrechts vorgesehene Anpassung des § 18 KWG an die im österreichischen Bankwesengesetz (§ 27 Abs. 8 BWG) getroffene Regelung für die Offenlegung der wirtschaftlichen Verhältnisse des Kreditnehmers. Bei Darlehen bis zu den dort genannten Grenzwerten (der Großkreditgrenze bzw. 750.000 €) finden dann auch die hierzu ergangenen umfangreichen
Verlautbarungen der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) keine Anwendung, worin die aus der Änderung des § 18 KWG resultierende größte Erleichterung für Banken und Kreditnehmer zu sehen ist. Der Bundesrat begrüßt es daher, dass das Bundesfinanzministerium die BaFin daneben aufgefordert hat, die Verlautbarungen zu § 18 KWG - die weiterhin für Kredite ab den dann angehobenen Offenlegungsgrenzen gelten - zusammenzufassen und dabei zu verschlanken sowie zu entbürokratisieren.
Der Bundesrat ist allerdings der Auffassung, dass diese Maßnahmen noch nicht ausreichen, um die Kreditinstitute von bürokratischen Hemmnissen und Kostenbelastungen aufgrund der Komplexität der bankaufsichtsrechtlichen Regelungen nachhaltig zu entlasten und damit auch die Kreditvergabe zu erleichtern. Er fordert daher die Bundesregierung auf, folgende weitere Maßnahmen zu prüfen und in Angriff zu nehmen:
- - Die Sonderprüfungen nach § 44 KWG, bei denen in der Regel Wirtschaftsprüfer eingesetzt werden, sind gerade für kleinere Banken sehr belastend und kostenintensiv. Sie sollten daher nicht ohne besonderen Anlass angeordnet werden. Damit sich die Aufsicht einen Eindruck von dem Institut verschaffen kann, sind in der Regel die sog. Aufsichtsgespräche ausreichend.
- - Die Zusammenfassung der Mindestanforderungen an das Kreditgeschäft (MaK), der Mindestanforderungen an die Handelsgeschäfte (MaH) und der Mindestanforderungen an die Ausgestaltung der Inneren Revision (MalR) zu Mindestanforderungen an das Risikomanagement (MaRisk) darf nicht zu neuen regulatorischen Hemmnissen und Erschwernissen für die Banken und die Kreditvergabe führen, sondern muss zu einem Abbau von Überreglementierungen genutzt werden. Wichtig ist eine Reduzierung der zu formalistischen Aufsichts- und Prüfungspraxis, die schon aus Wettbewerbsgründen nicht über das Niveau unserer Nachbarländer hinausgehen sollte. Für kleinere Kreditinstitute sind Öffnungsklauseln vorzusehen. Bei den aufgrund von Basel II erforderlichen Neuregelungen zum Management von Zinsänderungs- und Liquiditätsrisiken sowie operationeller Risiken ist auf eine schlanke und europäischen Standard nicht überschreitende Regelung besonders zu achten.
- - § 14 Abs. 2 Nr. 2 GwG (Geldwäschegesetz) und § 25a Abs. 1 KWG sehen vor, dass Kreditinstitute auch durch laufende Untersuchungen (sog. Research) auffällige Transaktionen erkennen und Geldwäscheprävention betreiben. Die Anforderungen an das EDV Research der Kreditinstitute im Bereich der Geldwäsche sind bereits hoch. Eine weitere Erhöhung der Anforderungen seitens der BaFin erscheint daher in Hinblick auf das Verhältnis von Aufwand und Nutzen problematisch. In diesem Zusammenhang darf vor allem auch die Situation kleinerer Kreditinstitute, für die die Anforderungen schon jetzt einen besonderen administrativen und finanziellen Aufwand bedeuten, nicht außer Betracht bleiben.
- - § 25a Abs. 2 KWG sieht für den Fall der Auslagerung von Bereichen für die Durchführung von Bankgeschäften auf ein anderes Unternehmen eine Absichts- und eine Vollzugsanzeige vor. Hier erscheint eine Vollzugsanzeigepflicht ausreichend.
- - Die Regelung aufgrund des Gesetzes über die integrierte Finanzdienstleistungsaufsicht vom 22.04.2002, wonach die Kosten der BaFin zu 100 % auf die beaufsichtigten Unternehmen umgelegt werden, hat sich nicht bewährt. Aufgrund der Aufwandsneutralität für den Bund ist die Aufsicht seitdem, ohne auf die Grundsätze einer sparsamen Haushaltsführung Rücksicht nehmen zu müssen, personell und sachlich kontinuierlich aufgestockt und intensiviert worden. Es fehlen dadurch finanzielle Anreize, die Geschäftstätigkeit der Aufsicht, insbesondere die Prüfungen, effizient und kostengünstig zu gestalten. Es sollte daher zu der bewährten Regelung einer anteiligen Kostentragung (10 %) durch die Aufsicht bzw. den Bund zurückgekehrt werden.