Der Bundesrat hat in seiner 922. Sitzung am 23. Mai 2014 beschlossen, zu dem Gesetzentwurf gemäß Artikel 76 Absatz 2 des Grundgesetzes wie folgt Stellung zu nehmen:
1. Zum Gesetzentwurf insgesamt
- a) Der Bundesrat begrüßt, dass mit dem Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Staatsangehörigkeitsgesetzes ein weiterer, wichtiger Schritt zu einem modernen Staatsangehörigkeitsrecht in Deutschland gegangen wird.
- b) Der Bundesrat erinnert daran, dass bereits im Jahr 1998 von der damaligen Bundesregierung die Schaffung eines modernen Staatsangehörigkeitsrechts als zentrales Vorhaben der Integrationspolitik vereinbart und in der Folge ein entsprechender Gesetzentwurf vorgelegt wurde. Ein maßgeblicher Punkt des Vorhabens bestand darin, dass Kinder ausländischer Eltern mit der Geburt die deutsche - neben der ausländischen - Staatsangehörigkeit erwerben, wenn ein Elternteil hier geboren wurde oder als Minderjähriger nach Deutschland eingereist ist. Die Opposition im Deutschen Bundestag ebenso wie die Mehrheit im Bundesrat wollte damals eine solche moderne Staatsangehörigkeitsregelung nicht mittragen. Die aktuell gültige Regelung zum Staatsangehörigkeitsrecht ergab sich aus einem Kompromiss, der mit Teilen der damaligen Opposition vereinbart wurde. Damit sollte den betroffenen Bürgerinnen und Bürgern trotz unterschiedlicher politischer Vorstellungen der Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit erleichtert werden.
- c) Der Bundesrat nimmt zur Kenntnis, dass der Koalitionsvertrag auf Bundesebene vorsieht, dass für in Deutschland geborene und aufgewachsene Kinder ausländischer Eltern in Zukunft der Optionszwang entfällt und die Mehrstaatigkeit akzeptiert wird.
- d) Der Bundesrat begrüßt, dass diese Vereinbarung im Koalitionsvertrag durch den Gesetzentwurf der Bundesregierung nun zeitnah umgesetzt wurde. Er stellt fest, dass der jetzt vorgelegte Gesetzentwurf diese Umsetzung in deutlich besserer Form vornimmt als dies im ursprünglichen Gesetzentwurf des Bundesministeriums des Innern von Anfang Februar vorgesehen war. So wurde der Kreis der optionspflichtigen Kinder, für die künftig die Optionspflicht entfällt, erheblich erweitert. Dadurch wird nach ersten Schätzungen der Optionszwang für mehr als 90 Prozent der jetzt noch Optionspflichtigen entfallen. Für diese Personengruppe wird also eine deutliche Verbesserung erreicht werden.
- e) Der Bundesrat bedauert, dass die Bundesregierung sich nicht auf eine umfassende gesetzliche Regelung verständigen konnte, die die vollständige und vorbehaltlose Abschaffung des Optionsverfahrens und die Aufgabe des Grundsatzes der Vermeidung von Mehrstaatigkeit vorsieht.
- f) Der Bundesrat verweist in diesem Zusammenhang auf seinen Gesetzentwurf vom 5. Juli 2013 (vgl. BR-Drucksache 461/13(B) ). Der vom Bundesrat beschlossene Gesetzentwurf sah eine Streichung des Grundsatzes der Vermeidung von Mehrstaatigkeit insgesamt aus dem Staatsangehörigkeitsgesetz ebenso vor, wie die vollständige Aufhebung der Optionsregelung in § 29 des Staatsangehörigkeitsgesetzes (vgl. Artikel 1 Nummer 7 der BR-Drucksache 461/13 (PDF) ). Der Bundesrat hält an den Zielen seines Beschlusses vom 5. Juli 2013 fest. Insbesondere sollte nach dem mit dem Gesetzentwurf der Bundesregierung gegangenen ersten Schritt sowohl im Interesse der Betroffenen als auch aus verwaltungsökonomischer Sicht in einem zweiten Schritt die Optionsregelung vollständig aufgehoben werden. Der Bundesrat bittet daher, bereits im Rahmen des weiteren Gesetzgebungsverfahrens eine Evaluation des neuen Optionsverfahrens vorzusehen.
- g) Der Bundesrat hält es für erforderlich, in den Gesetzentwurf der Bundesregierung eine Regelung für "Altfälle" aufzunehmen. Er sollte um einen Anspruch auf den Wiedererwerb der deutschen Staatsangehörigkeit bzw. um einen Anspruch auf Beibehaltungsgenehmigung für Personen, die aufgrund der Optionsregelung die deutsche Staatsangehörigkeit bereits verloren oder ihre ausländische Staatsangehörigkeit aufgegeben haben, ergänzt werden. Der Gesetzentwurf sieht in der Begründung lediglich vor, dass die Betroffenen nach den geltenden Regeln des Staatsangehörigkeitsgesetzes im Rahmen des Ermessens eingebürgert werden oder eine Beibehaltungsgenehmigung erhalten können. Eine Gebührenbefreiung könne aus Gründen der Billigkeit oder im öffentlichen Interesse gewährt werden. Der Verzicht auf eine Anspruchsregelung bedeutet für die Staatsangehörigkeitsbehörden, dass sie eine umfassende Einzelfallprüfung mit Beteiligung externer Stellen vornehmen müssen, bevor sie eine entsprechende Ermessensentscheidung treffen können. Dies führt zu unterschiedlichen Entscheidungen und widerspricht dem Ziel einer möglichst unbürokratischen Lösung. Hinzu kommt, dass die Staatsangehörigkeitsbehörden eine Prüfung im Einzelfall vornehmen, aber auf Gebühren für das Verfahren verzichten sollen. Es ist davon auszugehen, dass auch die Einzelfallentscheidung zum Gebührenverzicht bundesweit sehr unterschiedlich gehandhabt werden wird. Der Bundesrat bittet daher, im Interesse einer bundeseinheitlichen unbürokratischen Handhabung im weiteren Gesetzgebungsverfahren einen gebührenfreien Anspruch auf Wiedererwerb bzw. Beibehaltungsgenehmigung ohne weitere Voraussetzungen in das Gesetz aufzunehmen.
- h) Der Bundesrat ist der Auffassung, dass der Gesetzentwurf im Interesse der Bundeseinheitlichkeit um eine Übergangsregelung für diejenigen ergänzt werden sollte, die sich nach Vollendung des 18. Lebensjahres bereits im (laufenden) Optionsverfahren befinden, das heißt bei denen die Staatsangehörigkeitsbehörde nach Mitteilung der Meldebehörde den Optionspflichtigen mit Vollendung des 18. Lebensjahres bereits angeschrieben hat. Soweit keine erneute Datenübermittlung durch die Meldebehörde vorgesehen ist (zum Beispiel wenn der Betroffene bereits das 21. Lebensjahr überschritten hat), liegen der Staatsangehörigkeitsbehörde nur unzureichende Daten für eine eigene Prüfung vor.
- i) Der Bundesrat weist darauf hin, dass der Gesetzentwurf eine Anpassung auch des Pass- und des Personalausweisgesetzes erforderlich macht. Die derzeit geltenden Regelungen sehen vor, dass die Gültigkeitsdauer des Personalausweises bzw. Reisepasses von optionspflichtigen Deutschen den Zeitpunkt der Vollendung des 23. Lebensjahres nicht überschreiten darf. Bereits jetzt führt die Regelung zu Problemen, wenn das Optionsverfahren in Einzelfällen nicht bis zum 23. Lebensjahr abgeschlossen werden kann. Der Gesetzentwurf sieht keinen Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit mit Vollendung des 23. Lebensjahres vor. Vielmehr tritt der Verlust erst zwei Jahre nach Zustellung des Hinweises auf die Optionspflicht ein. Der Hinweis ist innerhalb eines Jahres nach Vollendung des 21. Lebensjahres zuzustellen, das heißt der Betroffene ist gegebenenfalls schon 24 Jahre alt, wenn das Verfahren abgeschlossen ist.
- j) Der Bundesrat erwartet, dass die Änderungen des Staatsangehörigkeitsgesetzes zeitnah in Kraft treten, damit nicht noch mehr Optionspflichtige die deutsche Staatsangehörigkeit verlieren. Die Beibehaltung des derzeit geltenden Staatsangehörigkeitsgesetzes hat zur Konsequenz, dass seit 2013 immer mehr Optionspflichtige mit Vollendung des 23. Lebensjahres die deutsche Staatsangehörigkeit kraft Gesetzes verlieren. Für diesen Personenkreis müssen unbürokratische Altfallregelungen sowie Übergangsregelungen für die Personen, die sich bereits im Optionsverfahren befinden, getroffen werden.
2. Zu Artikel 1 Nummer 1 (§ 29 Absatz 3 StAG)
Der Bundesrat bittet, im weiteren Gesetzgebungsverfahren im Gesetzestext klar zu stellen, dass die Beibehaltungsgenehmigung auch von Amts wegen erteilt werden kann.
Begründung:
In der Begründung zu § 29 Absatz 3 StAG-E wird darauf hingewiesen, dass eine Beibehaltungsgenehmigung auch von Amts wegen erteilt werden könne. Dies kommt in der Systematik des § 29 Absatzes 3 StAG-E aber nicht ausreichend zum Ausdruck, da die Regelung eine Ausschlussfrist für die Stellung des Antrages durch den Betroffenen enthält. Einer derartigen Frist bedürfte es aber gerade nicht, wenn eine Genehmigung von Amts wegen erteilt werden kann.
3. Zu Artikel 1 Nummer 1 ( § 29 Absatz 5 Satz 2 StAG)
In Artikel 1 Nummer 1 § 29 Absatz 5 sind in Satz 2 nach den Wörtern "anhand der" die Wörter "gemäß § 34 übermittelten" einzufügen.
Begründung:
Es ist eine Klarstellung erforderlich, dass die zuständige Behörde nur auf der Grundlage der von der Meldebehörde gemäß § 34 StAG-E übermittelten Meldedaten die Prüfung durchführt.
Sofern in Fällen des mehrmaligen Umzugs wegen nicht vorhandener ununterbrochener Meldekette noch kein achtjähriger Inlandsaufenthalt festgestellt werden kann, ist der zuständigen Behörde die Feststellung des (Nicht)Vorliegens der Optionspflicht gemäß § 29 Absatz 5 Satz 2 StAG-E nicht möglich.
In diesen Fällen kommt dann § 29 Absatz 5 Satz 3 StAG-E zum Tragen:
Die betroffene Person ist durch die Staatsangehörigkeitsbehörde auf die Möglichkeit hinzuweisen, ihr "Aufwachsen im Inland" nachzuweisen.
4. Zu Artikel 1 (§ 33 StAG)
Der Bundesrat bittet, im weiteren Gesetzgebungsverfahren in Artikel 1 § 33 StAG klarzustellen, dass Entscheidungen nach § 29 Absatz 5 und 6 StAG im Register der Entscheidungen in Staatsangehörigkeiten (EStA) zu erfassen sind.
Begründung:
Die bisherigen Speichertatbestände im elektronischen Staatsangehörigkeitsregister genügen nicht, um die neuen Regelungen übermitteln und speichern zu können.
5. Zu Artikel 1 Nummer 2 (§ 34 Absatz 1 Nummer 4 StAG)
In Artikel 1 Nummer 2 § 34 Absatz 1 sind in Nummer 4 nach den Wörtern "derzeitige und" das Wort "vorhandene" und nach dem Wort "Anschriften" die Wörter "im Sinne von § 3 Absatz 1 Nummer 12 des Bundesmeldegesetzes" einzufügen.
Begründung:
Nach § 3 Absatz 1 Nummer 12 BMG speichern die Meldebehörden hinsichtlich der Anschriften eines Betroffenen folgende Daten:
"derzeitige Anschriften, frühere Anschriften im Zuständigkeitsbereich der Meldebehörde sowie Anschrift der letzten alleinigen Wohnung oder Hauptwohnung und der letzten Nebenwohnungen außerhalb des Zuständigkeitsbereichs der Meldebehörde, gekennzeichnet nach Haupt- und Nebenwohnung, bei Zuzug aus dem Ausland auch den Staat und die letzte Anschrift im Inland, bei Wegzug in das Ausland auch die Zuzugsanschrift im Ausland und den Staat."
Bei der aktuell zuständigen Meldebehörde ist daher nicht die gesamte Umzugshistorie einer betroffenen Person gespeichert. Es ist somit durchaus möglich, dass der nach § 34 StAG-E zur Datenübermittlung verpflichteten Meldebehörde - bei mehrfachem Umzug - nicht alle vormaligen Anschriften bekannt sind.
Daher ist die Klarstellung erforderlich, dass die nach § 34 StAG-E zur Datenübermittlung verpflichtete Meldebehörde nicht verpflichtet ist, in diesen Fällen die komplette Historie zu ermitteln.